1 Allgemeines

Name (wiss.): Tsuga heterophylla (RAF.) SARG.
       (deutsch): Westliche Hemlocktanne (auch Schierlingstanne genannt).

Familie: Kieferngewächse (Pinaceae).

Natürliches Verbreitungsgebiet: Entlang der Pazifikküste von Alaska bis zum nordwestlichen Kalifornien und im Binnenland in einem schmalen zerteilten Band beiderseits der Grenze zwischen den USA und Kanada. Die besten Bestände findet man in den humiden Küstenregionen von Oregon, Washington, Britisch-Kolumbien und Alaska sowie auf den unteren Hängen der Kaskaden in Oregon und Washington.
Die Höhenverbreitung reicht von der Küste bis auf 2.130 m ü. NN. In küstennahen Standorten befindet sich das Optimum bei 0 bis 610 m ü. NN, im Landesinneren zwischen 490 und 1.280 m ü. NN.
Tsuga heterophylla ist eine Baumart des milden, feuchten Klimas mit reichlichen Niederschlägen während der Vegetationszeit. An der Küste liegen die mittleren Jahresniederschläge zwischen 380 und 6.650 mm und im Inneren zwischen 560 und 1.730 mm.

Anbaugebiete in Mitteleuropa: In Deutschland wurden die ersten Anbauten der Westlichen Hemlocktanne zwischen 1881 und 1900 durch die damaligen preußischen Versuchsanstalten initiiert. Außerhalb des Waldes findet man sie in vielen botanischen Gärten und Parks.

2 Ökologie

2.1 Standortsansprüche

  • Nährstoff- und Wasserbedarf: Bevorzugte Standorte sind gut durchwurzelbare, mäßig frische bis frische Lehmböden mit mäßiger Basenversorgung der kollinen und submontanen Stufe. Hierbei sind windgeschützte Lagen mit hoher Luftfeuchtigkeit von großer Bedeutung. Tsuga heterophylla stellt unter den Nadelbäumen die geringsten Ansprüche an die Nährstoffversorgung des Bodens.
  • Wärmebedarf: Frostschäden werden in Mitteleuropa nur selten beobachtet. Dagegen können Spätfröste ab Mitte Mai den Neuaustrieb schädigen.
  • Ausschlussgründe: Auf moorigen, tonreichen, dicht gelagerten sowie auf leichten Sanden und auf Kalkgestein gedeiht sie nicht. Starke Staunässe oder hoch anstehendes Grundwasser beschränken die Durchwurzelung auf wenige Dezimeter des Oberbodens und verschärfen die Windwurfgefahr (→ Wurzelsystem) erheblich.

2.2 Standortpfleglichkeit

Die Nadelstreu ist sehr schlecht zersetzbar und bildet in Reinbeständen sehr ungünstige Humusformen. Eine gruppen- bis horstweise Mischung mit anderen Baumarten (z.B. Buche, Winterlinde, Küstentanne oder Riesenlebensbaum) kann die Humuszersetzung verbessern.

2.3 Wachstum

  • Wuchsverhalten und Konkurrenz: Aufgrund ihres schnellen Starts in der Jugend und des anhaltend starken Wuchses ist Tsuga heterophylla eine unduldsame Mischbaumart. Die Massenleistung liegt weit über der von Fichte (Ekl. I,0) und entspricht der bzw. übertrifft sogar jene der Douglasie.
  • Wurzelsystem: Die westliche Hemlocktanne bildet ein oberflächennahes, flaches Wurzelsystem aus. Dadurch ist die Art sehr windwurfgefährdet und anfällig gegen Dürre.

2.4 Verjüngung, Ausbreitungsbiologie

  • Fruktifikation: Tsuga heterophylla blüht und fruchtet etwa ab Alter 20-25. Mastjahre sind häufig. Die Samenverbreitung erfolgt durch den Wind über z.T. sehr weite Strecken.

Praxisbeispiele für die weitstreichende Ausbreitung der Naturverjüngung (Entfernung zum Mutterbaum): 

- Nordamerika: durchschnittlich 600 m.

- Nordrhein-Westfalen (Regionalforstamt Arnsberger Wald) und Thüringen (Bad Berka, Blankenhain) max. 0,86 km.

  • Invasivität: Die sehr stark schattenertragende, in Nadelholzbeständen häufig lückenlos auflaufende Naturverjüngung der Westlichen Hemlocktanne ist nur sehr schwer steuerbar. In angrenzenden Laubholzbeständen findet sich nur sehr spärlich Naturverjüngung der Westlichen Hemlocktanne. Im Arboretum Burgholz (Wuppertal) wird die Schattenfestigkeit der Tsuga heterophylla nur vom Riesenlebensbaum (Thuja plicata) übertroffen.
  • Aussagen zur Dichte der Naturverjüngung: Nordamerika: Ø 37.000 Bäume/ha. Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Arnsberger Wald: 6-9-/7-jährige horst- bis kleinflächige NV-Femel, 161 Bäume/m² (Ø-Höhe 32 cm); 9-13-/11-jährige horst- bis kleinflächige NV-Femel, 31 Bäume/m2 (Ø-Höhe 256 cm).

In der Schweiz hat Tsuga heterophylla den Status einer potenziell invasiven Art erhalten und steht somit unter Beobachtung.

2.5 Waldschutz (Risiken)

  • Abiotische Risiken: Starke Sonneneinstrahlung sowie Trockenheit führen zu enormen Ausfällen in jungen und mittelalten Beständen. Schneedruck führt vor allem in dichten Jungbeständen zu kleinflächigen Ausfällen. Infolge der dünnen Borke können (Boden)Feuer massive Schäden anrichten.
  • Biotische Risiken: Aus dem Heimatgebiet sind zahlreiche Insekten und Pilze bekannt, die der Tsuga heterophylla erheblichen Schaden zufügen. In Europa sind bisher nur wenige Organismen als Schädlinge der Westlichen Hemlocktanne hervorgetreten, z.B. Hallimasch (Armillaria mellea; bes. auf trockenen Standorten) und der Gemeine Wurzelschwamm (Fomes annosus) sowie der Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) und der Krummzähnige Tannenborkenkäfer (Pityokteines curvidens) in Stangen- und Baumhölzern. Rehwild fegt, Dam- und Rotwild schälen gelegentlich die Westliche Hemlocktanne. Verbissschäden sind i.d.R. unbedeutend.

3 Bedeutung für die Artenvielfalt / Biodiversität

3.1 Auswirkungen auf Ökosysteme

Häufige und starke Samenproduktion und Verbreitung der Samen durch Wind über z.T. große Entfernungen hat zu lokalen Expansion der Westlichen Hemlocktanne in benachbarte Nadelholzbestände geführt. 
Die sehr schlecht zersetzbare Streu fördert die Versauerung des Bodens.

Praxisbeispiele:
Im Arnsberger Wald, in Teilen der Bergischen Landes sowie im Arboretum Burgholz in Nordrhein-Westfalen tritt in einigen Beständen eine extrem stammzahlreiche, teilweise flächige Naturverjüngung von Tsuga heterophylla auf, so dass eine Verdrängung einheimischer Arten zu befürchten ist. 

3.2 Dauerhaftigkeit der Auswirkungen

Die ausschließlich generative Vermehrung der Art schränkt eine mögliche Persistenz nach Beseitigung der Mutterbäume stark ein.

3.3 Ökologische Integration

Eine ökologische Integration in natürliche oder naturnahe Waldökosysteme ist fraglich.

4 Wuchsleistung

Auf ertragskundlichen Dauerbeobachtungsflächen in Nordrhein-Westfalen übertrifft die Westliche Hemlocktanne die Fichte und erreicht im Alter von 50 Jahren ähnliche Höhen, Durchmesser, Grundflächen und Volumen wie die Douglasie.

Tabelle: Wuchsleistungen der Westlichen Hemlocktanne gegenüber Fichte und Douglasie auf ertragskundlichen Dauerbeobachtungsflächen in nordrhein-westfälischen Forstämtern
 h100 (m)Dg (cm)G/ha (m2)

V/ha (Efm o.R.)

Tsuga Rhein-Sieg-Erft*32,142,543556
Tsuga Ruhrgebiet*29,73047567
Tsuga Niederrhein*28,33137444
Tsuga Hocheifel*27,23444494
Fichte I. EK (Wiedemann 1936/42)23,719,338,7423
Douglasie I. EK (Bergel 1969)31,33341,7522

* Unveröffentlichte Daten ertragskundliche Beobachtungsflächen Sachgebiet Waldwachstumskunde, Team Waldbau, Wald und Holz NRW

5 Qualität

5.1 Formigkeit

Auffallend ist die recht hohe Zahl an starkastigen, unschnürigen oder drehwüchsigen Schaftformen.

5.2 Astreinigung

Die reichlich beasteten Stämme reinigen sich auf natürliche Weise nur sehr schlecht. Zur Erzeugung von Bau- und Konstruktionsholz ist eine Wertästung der Z-Bäume zwingend erforderlich.
 

6 Waldbauliche Behandlung

6.1 Bestandesbegründung

Wegen ihrer Schirm- und Seitendruckverträglichkeit ist sie geeignet zur raschen Schließung von mittleren Bestandeslücken. Zur Erzielung der erforderlichen Bestandesstabilität und der entsprechenden Zuwachsleistung sind regelmäßige Pflegeeingriffe und eine erste Durchforstung spätestens im Alter 20 zu empfehlen.

6.2 Mischungsformen

In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet findet man sie in Mischung mit Sitkafichte, Riesenlebensbaum, Küstentanne, Berg-Hemlocktanne, Douglasie, Nootka-Scheinzypresse, Oregon-Erle, Purpur-Tanne und Oregon-Ahorn auf. 
 

7 Holzverwendung

7.1 Holzeigenschaften

Das Holz ist harzfrei, hell und leicht (Rohdichte 0,45 g/cm³). Splint und Kern unterscheiden sich farblich nur wenig. Es ist wenig dauerhaft, aber nagelfest und leicht zu bearbeiten.

7.2 Verwendungsbereiche in der Holzindustrie

  • Chemisch: Papier und Zellstoff
  • mechanisch: Saunabau, Innenverkleidungen, Pfeilschäfte (Bogensport).

7.3 Vermarktung

Erfahrungen aus Europa fehlen noch.
 

8 Nebennutzungen

- Keine Angaben -

Zusammenfassende Beurteilung der Anbauwürdigkeit

9 Literatur

  • Brang, P.; Pluess, A. R.; Bürgi, J. (2016): Potenzial von Gastbaumarten bei der Anpassung an den Klimawandel. In: Bundesamt für Umwelt BAFU (Hrsg.): Wald im Klimawandel. Grundlagen für Adaptionsstrategien. Bern, S. 385-412.
  • Brögger, M. (2017): Verjüngungspotential der Westlichen Hemlocktanne (Tsuga heterophylla) in Nordrhein-Westfalen. Bachelorarbeit.
  • Frischbier, N. et al (2017): Zur Naturverjüngung der Westlichen Hemlocktanne (Tsuga heterophylla (Raf.) Sarg.) in Kleinbeständen in Thüringen. Forstarchiv 88: 131-135.
  • Haase, F.; Thren, M.; Freist, H. (2021): Die Hemlocktanne als Option für den Dauerwald? AFZ-Der Wald 76 (7/2021).
  • Hennon, P. E. (1999): Tsuga heterophylla. In: Enzyklopädie der Holzgewächse 17. Erg. Lfg. 09/1999. 
  • Hoffmann, M. (2004): Beiträge zum Wachstum der Baumarten Tsuga heterophylla und Thuja plicata im Wuchsgebiet Bergisches Land, Staatliches Forstamt Bergisch Gladbach-Königsforst. Diplomarbeit Univ. Göttingen.
  • Krumm, F. and L. Vitková (eds., 2016): Introduced tree species in European forests: opportunities and challenges. European Forest Institute. Joensuu.
  • Landesbetrieb Wald und Holz NRW (Hrsg., 2009): Burgholz – Geschichte und Perspektiven eines Versuchsreviers im Zeichen des Klimawandels (Schriftenreihe der Landesforstverwaltung NRW, 19). Düsseldorf.
  • LÖLF NRW (Hrsg.,1983): Merkblatt über fremdländische Baumarten – Westliche Hemlock; westliche Schierlingstanne. Recklinghausen.
  • Schenck, C. A. (1939): Fremdländische Wald- und Parkbäume, 2. Band, Die Nadelhölzer. Berlin.
  • Schober, R. und Spellmann, H. (2001): Von Anbauversuchen mit Tannen und anderen Koniferen aus Japan, Nordamerika und Europa. Frankfurt a.M.
  • Stratmann, J. (1988): Ausländeranbau in Niedersachsen und den angrenzenden Gebieten. Inventur und waldbaulich-ertragskundliche Untersuchungen. Frankfurt a.M.
  • Weidig, J. (2019): Alternative Baumarten im Klimawandel – Potenziale und Risiken. Vortrag. Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt.