Bereits vor Jahrzehnten und Jahrhunderten haben sich Forstwissenschaftler in fernen Ländern damals aus wirtschaftlichen Gründen nach nicht-heimischen Baumarten umgesehen. Heute sind wir auf der Suche nach nicht-heimischen Baumarten, die bereits heute in Regionen wachsen, die unserem Klima von morgen entsprechen. Während in der Arbeitswelt eine Probezeit von höchstens sechs Monaten vorgesehen ist, um den neuen Mitarbeiter kennenzulernen, dauert es bei den Baumarten Jahrzehnte, bis wir erkennen und wissenschaftlich belegen können, ob die Entscheidung auf den richtigen Kandidaten gefallen ist. Um den Waldbesitzern in seiner Suche nach Baumarten der Zukunft zu unterstützen, werden schon jetzt nicht-heimische Baumarten auf ihre Anbaufähigkeit in unseren Wäldern auf bereits besonders trocken-warmen Standorten in auf Dauer angelegten Versuchanbauten getestet.

Die warmen und relativ trockenen Jahre 2016, 2017 und 2018 haben den Waldbesitzern vor Augen geführt, dass sich in manchen Teilen Bayerns das Klima zukünftig so drastisch verändern könnte, dass ein Großteil der heimischen Baumarten mit in der Vergangenheit niedrigem Anbaurisiko verloren gehen könnte. Immer mehr heimische Baumarten kommen bei Bedingungen wie im Sommer 2018 unmittelbar an ihre Grenzen und sterben ab oder erleiden Folgeschäden.

Suche nach nicht-heimischen "Baumarten im Klimawandel"

Schaut man über Bayern hinaus, findet man weltweit Regionen, die mit ihrem heutigen Klima unserem Klima der Zukunft entsprechen könnten. Dort vorkommende Baumarten wären auf den ersten Blick gute Alternativen, um die heimische Baumartenpalette zu ergänzen. Allerdings ist die Auswahl nicht so einfach wie sie scheint. Denn nicht alle Baumarten, die mit warmen und trockenen Jahren gut zurechtkommen, vertragen gleichzeitig kalte Winter mit Frostperioden. Einigen hoffnungsvollen Kandidaten fehlt der holzwirtschaftliche Wert oder die Integrationsfähigkeit in heimische Ökosysteme. Welche Baumarten gute Chancen in Bayerns Wälder der Zukunft haben könnten, erforscht ein aktuell laufender Versuch, der länderübergreifend nicht-heimische Baumarten untersucht. Diese nicht-heimischen Baumarten sollen das bestehende Baumarten-Portfolio ergänzen und somit das Anbaurisiko auf mehrere Schultern verteilen.

Ein gutes Beispiel, wie sich das Anbaurisiko einer Baumart mit sich ändernden klimatischen Bedingungen verändert, ist unser Brotbaum – die Fichte. Geschwächt durch Hitze und Trockenheit, Schneebruch und Feinwurzelabrisse wird sie zunehmend ein Opfer der Fichtenborkenkäfer. An der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) wurde mit Unterstützung des Amtes für Waldgenetik (AWG) bereits vor mehreren Jahren nach nicht-heimischen Baumarten gesucht, die mit dem Klima der Zukunft gut zurechtkommen sollten.

In einem 2012 gestarteten Langzeitexperiment sind bis zu sechs verschiedene nicht-heimische Baumarten an fünf unterschiedlichen Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz angebaut worden, um deren Eignung für den Praxisanbau zu prüfen. Dabei handelt es sich unter anderen um die Türkische Tanne (Abies bornmuelleriana), die Orientbuche (Fagus orientalis), die westliche Hemlocktanne (Tsuga heterophylla) und die Silberlinde (Tilia tomentosa), die auf allen Versuchsflächen gepflanzt wurden. Ergänzt wurden diese Baumarten auf vier Flächen um die Libanon-Zeder (Cedrus libani). Als heimische Vergleichsbaumart wurde in Bayern die Stieleiche (Quercus robur) gewählt, in Thüringen und in der Schweiz die Traubeneiche (Quercus petraea) sowie die Schwarzkiefer (Pinus nigra) in Österreich. Das Saatgut für die Versuchsanbauten stammt von autochthonen Beständen im Herkunftsgebiet und wurde in Süddeutschland angezogen.

Versuchsflächen

Die Versuchsflächen sollen die Bandbreite der klimatischen Bedingungen in Mitteleuropa widerspiegeln. Die Waldböden sind carbonatfrei, reichen von gut durchlüftet bis hin zu hydromorph und haben eine Durchwurzelungstiefe von 65–115 cm. In Deutschland gibt es drei verschiedene Standorte, zwei in Bayern (Großostheim und Schmellenhof) und einen in Thüringen (Oldisleben). Ein Versuchsstandort liegt in Österreich (Bruckneudorf) und ein weiterer in der Schweiz (Mutrux). Die potenziellen natürlichen Waldgesellschaften der einzelnen Standorte wären zum einen von Buchen und zum anderen von Eichen dominierte Gesellschaften. Die Durchschnittstemperatur der Jahre 1981–2010 liegt für die fünf Flächen zwischen 7,9 und 10,4 °C. Die Vegetationslänge hat zwischen den Standorten eine Differenz von 44 Tagen und der durchschnittliche Jahresniederschlag variiert zwischen 500 und 1.150 mm/Jahr.

Pro Versuchsstandort wurden in der Regel sieben verschiedene Baumarten (sechs nicht-heimische und eine heimische Referenzbaumart) mit jeweils drei Wiederholungen gepflanzt. Somit sind an jedem der Standorte pro Baumart drei Teilflächen gepflanzt worden. Bei den sieben verschiedenen Baumarten ergibt dies insgesamt 21 Teilflächen. In jeder Teilfläche wurden ab Herbst 2012 jeweils 17 x 17 Pflanzplätze angelegt. Der Pflanzverband für die Flächen wurde auf 2 x 2 m festgelegt, dies entspricht 289 Pflanzen pro Baumart. Jede Versuchsfläche hat dabei eine sog. Kernzone mit 26 x 26 m (13 x 13 = 169 Bäume) für einen längerfristigen Wachstums- und Ertragsversuch und einen Pufferstreifen von 8 m Breite (120 Bäume), um zwischenartliche Konkurrenz zu vermeiden und eine spätere waldwachstumskundliche Untersuchung der Kernzone zu ermöglichen. Um zusätzliche Einflüsse durch den angrenzenden Altbestand zu vermeiden, sollte um jede Versuchsfläche ein zusätzlicher Pufferstreifen von 20 m angelegt werden. Die Pflanzen waren je nach Baumart zwischen ein (Eiche) und vier Jahre (Tanne) alt. Es wurden sowohl wurzelnackte Pflanzen als auch Ballenpflanzen verwendet. Es handelt sich um Kahlschlagsflächen.

Überlebensprozente

Im Folgenden werden die Ergebnisse der drei Flächen in Bayern und Thüringen vorgestellt. Über alle Baumarten hinweg sind in den ersten zwei Jahren im Vergleich zu den Folgejahren die Ausfälle am höchsten. Allerdings unterscheiden sich die Überlebensprozente je nach Baumart und Standort. Am wenigsten wirkt sich der Standortsunterschied zwischen den Versuchsflächen bei der Zeder aus, am stärksten bei der Orientbuche. Hohe Ausfälle auf allen drei Standorten finden sich bei der Tanne und Zeder. Im Vergleich der Baumarten weisen Silberlinde und heimischen Eichen noch hohe Überlebensraten auf. Bereits nach dem ersten Winter sind die Ausfälle im Sommerhalbjahr und Winterhalbjahr fast auf dem gleichen Niveau.

Türkische Tanne

Die als Hybrid zwischen Abies nordmanniana und Abies cephalonica hervorgegangene Türkische Tanne (Syn.: Bornmüllers Tanne, Abies bornmuelleriana) hat eine ausgesprochene Trockenheitstoleranz und erträgt gleichzeitig Fröste bis –18 Grad. Die natürlicherweise im Nordwesten der Türkei beheimatete Tanne wird in den dort vorkommenden Waldgesellschaften oftmals von Orientbuche, Wald- und Schwarzkiefer sowie Eiche begleitet. Die Türkische Tanne bevorzugt tiefgründige, gut drainierte und nährstoffreiche Böden. Die Tannenarten gelten generell als viel Schatten ertragende Baumarten, dies gilt auch für die Türkische Tanne. Sie ist sehr gut im Zuge eines Femelhiebs in Bestände einzubringen. Auf den Versuchsflächen sind die Tannen auf Freiflächen gepflanzt worden. Dies könnte die zunächst hohen Ausfälle in den ersten 1 bis 1½ Jahren nach Versuchsanlage erklären. Generell ist aber festzustellen, dass sich nach den anfänglich teilweise sogar hohen Ausfallraten die Überlebenswahrscheinlichkeit dieser Baumart stabilisiert und ab dem zweiten Jahr die Individuenzahl eher gleichbleibend ist. Letztendlich haben am Standort Oldisleben von den ursprünglich 289 gepflanzten Tannen ca. 80 Stück überlebt. Dies entspricht einer Überlebensrate von 28 %. Die höchsten Überlebensraten sind am Standort Schmellenhof zu verzeichnen gewesen. Hier haben 54 % der Pflanzen überlebt. Im Vergleich dazu waren es am Standort Großostheim 37 % der ursprünglich gepflanzten Tannen.

Die Erklärung für die höheren Ausfälle am Versuchsstandort Großostheim im Vergleich zu Schmellenhof könnte die fehlende Hangneigung in Kombination mit der Freiflächensituation sein. Die Fläche in Schmellenhof hat eine leichte Hanglage, was die Anfälligkeit für Spätfrost durch Kaltluftabfluss reduziert.

Libanon-Zeder

Grundsätzlich zeichnet sich die Libanonzeder durch ihre hohe Toleranz gegenüber Sommertrockenheit und gleichzeitiger Toleranz gegen kalte Winter aus (Kältetoleranz: –35 °C). Sie gilt daher als potenzielle Baumart zur Anpassung unserer Wälder an den Klimawandel. Ihre natürliche Verbreitung ist in der Türkei, dem Libanon und in Syrien. Ein optimales Wachstum zeigt diese Baumart bei einem jährlichen Niederschlag von 600–1.200 mm und einer durchschnittlichen Temperatur von 6–12 °C. Die Niederschläge können dabei auch vermehrt im Winterhalbjahr vorkommen. In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet kommt die Libanonzeder in Mischung mit Kiefer, Eiche und Tanne oder als Reinbestand vor. Außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets ist die Libanonzeder aktuell in Italien oder den Mittelgebirgslagen Frankreichs vorzufinden. Sie kommt hauptsächlich auf kalkhaltigen und stickstoffreichen, lehmigen oder feinsandigen Böden vor, hat aber eine hohe Variabilität, was den Boden pH-Wert betrifft. Hohe Ausfälle verzeichnet die Libanonzeder dagegen auf flachgründigen Standorten. Bei der Bestandesbegründung empfiehlt sich laut Literatur die Verwendung zweijähriger Pflanzen. Bisherige Anbauerfahrungen in Baden-Württemberg zeigen, dass die Herkünfte aus der Türkei besser wachsen als jene aus dem Libanon. Das Holz ist vielfältig als Bau-, Tischler- und Möbelholz zu verwenden und hat eine hohe Verwitterungsbeständigkeit.

Im Vergleich zu Türkischer Tanne sind die Unterschiede bei den Ergebnissen der Libanonzeder zwischen den Versuchsstandorten weniger groß. Aber auch hier sind vor allem in den ersten 1 bis 1 ½ Jahren große Ausfälle zu erkennen. Danach pendeln sich die durchschnittlichen Überlebensraten für alle drei Standorte schließlich bei 31 bzw. 34 % ein.

Orientbuche

Die Orientbuche gilt in Kleinasien als die wüchsigste und forstwirtschaftlich bedeutendste Baumart, mit einer ausgesprochenen Schattentoleranz. In humiden Regionen benötigt die Orientbuche mind. 500 mm Niederschlag im Jahr, in sommertrockenen Gebieten sind es rund 600 mm Niederschlag. Solange sie ihr Laub trägt, hat die Orientbuche lediglich eine Frosttoleranz von –5 °C. Die natürliche Verjüngung der Orientbuche kann gut durch waldbauliche Eingriffe gesteuert werden. Ältere Untersuchungen belegen, dass die Orientbuche vermutlich schon länger in heimische Buchenbestände mit eingemischt wurde.

Während die Überlebensrate der Orientbuche auf den Versuchsstandorten Oldisleben und Großostheim bei über 80 % lag, waren die Ausfällen am Standort Schmellenhof deutlich größer. Wir führen das auf den wechselfeuchten Standort mit seinem zeitweiligen Wasserüberschuss zurück, mit dem die Orientbuche erhebliche Schwierigkeiten hat. Zwar blieben die Ausfälle ab dem 3. Jahr nahezu unverändert, allerdings waren zu diesem Zeitpunkt bereits über 70 % der jungen Buchen in Schmellenhof ausgefallen.

Silberlinde

Als eine der drei natürlich in Europa vorkommenden Lindenarten könnte die Silberlinde aufgrund ihrer Toleranz gegenüber Hitze, Sommertrockenheit und Frost eine Erweiterung der heimischen Baumartenpalette im Klimawandel darstellen.

Als eine der drei natürlich in Europa vorkommenden Lindenarten könnte die Silberlinde aufgrund ihrer Toleranz gegenüber Hitze, Sommertrockenheit und Frost eine Erweiterung der heimischen Baumartenpalette im Klimawandel darstellen. Die mittleren jährlichen Niederschläge im Hauptverbreitungsgebiet der Silberlinde liegen bei 500 bis 650 mm Niederschlag, die Jahresmitteltemperatur liegt dort bei 10 bis 11,5 °C – also Klimabedingungen, wie sie für Bayern im Jahr 2100 zu erwarten sind. Die Silberlinde bevorzugt fruchtbare, wenig saure oder neutrale Mineralböden und zeigt ein Wuchspotenzial ähnlich unserer heimischen Lindenarten.

Im Gegensatz zu den anderen nicht-heimischen Baumarten halten die Ausfälle der Silberlinde über die vier Versuchsjahre hinweg immer noch leicht an und stagnieren nicht. Nichtsdestotrotz zeigt sie höhere Überlebensraten im Vergleich zu Libanonzeder und Türkischer Tanne.

Referenzbaumarten: Trauben- und Stieleiche

Die drei Referenzflächen zeigen zum einen die gute Angepasstheit heimischer Herkünfte an unsere klimatischen und standörtlichen Bedingungen, da vor allem in Oldisleben und Großostheim die Ausfälle sehr gering ausgefallen sind. Allerdings ist in Großostheim und Schmellenhof auch zu sehen, dass generell bei Aufforstungen in den ersten zwei Jahren mit Ausfällen gerechnet werden muss und dies kein Phänomen ist, welches nur bei nicht-heimischen Baumarten auftritt.

An allen drei Standorten ist zu erkennen, dass nach spätestens 2½ Jahren die Ausfälle der Referenzbaumarten sehr gering sind und die Pflanzen Fuß gefasst haben.

Schlussfolgerungen

Die Untersuchungen zeigen, dass die Suche nach nicht-heimischen Baumarten, die wir bereits unter den heutigen klimatischen Bedingungen anbauen können, nicht leicht ist. Grundsätzlich können nach vier Jahren zwar Aussagen über die Anwuchswahrscheinlichkeit getroffen werden, aber wie sich diese Baumarten in den folgenden Jahren entwickeln werden, ist noch unklar. Umso wichtiger ist es, Anbauversuche langfristig zu beobachten, um eine möglichst hohe Aussagekraft zu ihrem Wuchspotenzial und ihrer Leistungsfähigkeit auf unseren Standorten zu gewinnen. Gleichzeitig sollten weitere Anbauflächen mit nicht-heimischen Baumarten angelegt werden, um die Baumartenpalette in unseren Wäldern stetig zu erweitern. Hierbei ist die ertragskundliche Herangehensweise, bei Anlage von Anbauversuchen auf möglichst homogene Umgebungungsbedingungen zu achten wie zum Beispiel gleiche Lichtverhältnisse auf den Anbauflächen nicht grundsätzlich zielführend, da dies den Arteigenschaften mancher Baumarten nicht gerecht wird. So treten auf unseren ca. 2 ha großen Freiflächen Spätfrostschäden an der Türkischen Tanne auf, die den Kulturerfolg beeinträchtigen. Dies ist einer der Gründe, warum die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft beim Thema nicht-heimische Baumarten neben den klassischen Versuchsanbauten ein neues System entwickeln will, um solche Baumarten in Zukunft auch unter praxisnahen Bedingungen zu testen. Dabei sind dann allerdings zwei Versuchsstandorte für ganz Bayern nicht mehr ausreichend. Diese Praxisanbauversuche sollen auf kleinerer Fläche, dafür aber in großer Anzahl über ganz Bayern verteilt angelegt werden, um eine möglichst große Standortsvielfalt abzudecken. Auf diese Art und Weise können weitere Erfahrungen und Ergebnisse für nicht-heimische Baumarten gesammelt werden.