Japans wichtigste Nadelbaumart ist in Mitteleuropa in der Regel nur als Ziergehölz in Garten- und Parkanlagen bekannt. Die Japanische Sicheltanne hat mit ihren sichelförmigen, hellgrünen Nadeln eine kontrastreiche optische Wirkung und ist einer der schönsten Nadelbäume.

1 Allgemeines

Name  
(wiss): Cryptomeria japonica [D.DON] [Syn.: Cupressus japonica Thunb. ex L.f.]
(deutsch): Sicheltanne, Japanische Zeder
(englisch): japanese cedar
(französisch): Cryptoméria du Japon / Cèdre du Japon
(japanisch): Sugi
Familie: Cupressaceae (Zypressengewächse)
Natürliches Verbreitungsgebiet: nicht mehr exakt bestimmbar

Das natürliche Verbreitungsgebiet der Japanischen Sicheltanne lässt sich nicht mehr exakt bestimmen, da sie schon seit Jahrhunderten in Japan künstlich durch Saat und Pflanzung vermehrt wird. Urwaldvorkommen liegen insbesondere in schwer zugänglichen Bergwäldern auf den japanischen Inseln Yakushima im Süden und Honshu im Norden. Dieses Areal ist über 1.000 km lang (30. bis 42. Breitengrad) und reicht bis in Höhenlagen von 1.200 m ü. NN, vereinzelt bis 1.900 m ü. NN. In Japan ist die Sicheltanne ein sehr wichtiger Forstbaum (z. Zt. 34,4 % des nationalen Holzvorrates bzw. 44 % der bewirtschafteten und künstlich verjüngten Forstflächen).

Im küstennahen Süden Chinas gibt es ein weiteres Verbreitungsgebiet dieser Art Cryptomeria japonica var. fortunei [HENRY].

Vorkommen und Anbaugebiete in Deutschland/Europa: Einige kleine Anbauten finden sich in Deutschland (Wuppertal-Burgholz, Weinheim, Bad Homburg, Bruchsal, München-Grafrath), in Dänemark und im milden und feuchten Süden Englands.

2 Ökologie

2.1 Standortansprüche
  • Nährstoff- und Wasserhaushalt: Cryptomeria japonica benötigt frische Böden und eine hohe Luftfeuchtigkeit (feucht-nebliges Klima). Am besten gedeiht sie auf tiefgründigen, frischen und gut drainierten Böden ohne Kalk.
  • Ausschlussgründe: mäßig trockene und durch Grund- oder Stauwasser beeinflusste Böden sind ungeeignet.
  • Wärmebedarf: gemäßigte Temperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit sind wichtige Voraussetzungen für das Wachstum der Sicheltanne.

Außerhalb der Mittelgebirge misslingen Anbauten i. d. R. aufgrund der hohen Temperaturen und der niedrigen Luftfeuchtigkeit in den Sommermonaten.

2.2 Wachstum

Die Japanische Sicheltanne kann Höhen bis zu 65 m und einen BHD von bis zu 200 cm erreichen. Sie kann 300 Jahre und älter werden; in den Ursprungsregionen kommen auch über 1.000-jährige Bäume vor.

  • Wuchsverhalten: Sie zeichnet sich durch ein sehr rasches Höhenwachstum in der Jugend aus. Das Höhenwachstum kulminiert im Alter von 20 bis 25 Jahren.
  • Schattentoleranz: Cryptomeria japonica gehört zu den Lichtbaumarten. In der Jugendphase kann sie geringe Beschattung allerdings gut vertragen und verjüngt sich in größeren Femeln.
  • Wurzelsystem: Die Japanische Sicheltanne ist ein Flachwurzler. Sie bildet keine senkrecht nach unten gehende Hauptwurzel aus, verfügt aber über ein gut entwickeltes Seitenwurzelsystem. Mittelalte Bäume wurzeln bis in Tiefen von 1 bis 1,5 m, die horizontale Ausdehnung des Wurzelsystems beträgt ca. 7 bis 8 m.
2.3 Verjüngungspotenzial
  • Ausbreitungsbiologie: Die Sicheltanne hat einhäusige, getrenntgeschlechtliche Blüten. Während sich männliche Blüten in Blattachseln am Ende der Zweige finden lassen, befinden sich die weiblichen Blütenzapfen an der Spitze von Kurztrieben. Das Tausendkorngewicht der Samen liegt im Mittel zwischen ca. 3,9 und 4,2 g. Aufgrund des hohen Anteils an Selbstbestäubung liegt die Keimrate mit etwa 20 % recht niedrig.
  • Fruktifikation: Die Blütezeit von Cryptomeria japonica liegt im März/April, die Zapfenreife im Oktober/November. Leere Zapfen verbleiben noch 1 bis 2 Jahre am Baum. Im Alter von ca. 20 Jahren wird die Japanische Sicheltanne geschlechtsreif und blüht fast jedes Jahr.
2.4 Waldschutz (Risiken)
  • Abiotische Risiken: Die Sicheltanne zeigt sowohl in Japan als auch in Mitteleuropa große Anfälligkeit gegenüber Schneebruch und -druck durch Nassschnee. In Japan wird zur Abmilderung des Problems ein zylindrischer Kronenschnitt empfohlen und praktiziert, der die Auflagefläche für Nassschnee verkleinern soll. Darüber hinaus hat die Sicheltanne Probleme mit Spätfrösten und Sommerdürre. Durch strenge Winterkälte kann es zu einer Blattbräunung kommen.
  • Biotische Risiken: Mäuse und Hasen können empfindliche Schäden hervorrufen. Verbissschäden durch Rehwild sind sehr selten; Fegeschäden kommen ganz vereinzelt vor.

3 Bedeutung für die Artenvielfalt/Biodiversität

3.1 Invasivität

Das Invasivitätspotenzial der Sicheltanne wird in Deutschland als gering, wenn überhaupt vorhanden eingestuft. Als Bekräftigung dieser These dient das Beispiel des Arboretums Burgholz. Hier greift die Sicheltanne nicht auf andere Bestände über, sondern bleibt ausschließlich in ihrem ursprünglich aus Pflanzung entstandenen Gebiet.

Die Weltnaturschutzunion IUCN bewertet die Situation weltweit außerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets weniger positiv und sieht ein mögliches Invasionspotenzial durch Samen und Stecklingsvermehrung.

4 Wuchsleistung

4.1 Zuwachs

Das Höhenwachstum kulminiert bereits zwischen 20 bis 25 Jahren, wohingegen das Dickenwachstum bis zum Alter 150 anhält.

In Japan erreicht sie im Alter von 35 bis 50 Jahren den dGzmax. (maximalen durchschnittlichen Gesamtzuwachs) mit ca. 12m³/a und ha.

Nach Untersuchungen von Hoffmann et al. (2015) zählt die Japanische Sicheltanne zu den Baumarten mit der höchsten Resilienz nach Trockenheit.

4.2 Gesamtwuchsleistung

In Japan wächst die Sicheltanne in massenreichen Beständen auf. Aus japanischen Quellen ergibt sich ein Wert von 1.176 m³ in der I. Ertragsklasse für die Sicheltanne im Alter 70. Die Höhe liegt in diesem Alter bei 32,2 m, der mittlere Durchmesser bei 40,2 cm und die Stammzahl bei 813.

5 Qualität

5.1 Formigkeit

Die Sicheltanne erwächst als kerzengerader Baum. Charakteristisch für den alten Baum ist die rötlich-braune, sich in langen Längsstreifen ablösende Borke.

6 Waldbauliche Behandlung

6.1 Bestandesbegründung

Die Pflanzung sollte mit 30 bis 45 cm hohen Sämlingen bei 2.400 bis 3.000 Pflanzen/ha erfolgen. Die beste Pflanzzeit ist der Winter bis zum März/April. Da sie in ihren Ursprungsregionen i. d. R. keine natürlichen Reinbestände bildet, sollte sie auch im mitteleuropäischen Raum gruppen- bis horstweise mit anderen Lichtholzarten gemischt werden.

6.2 Pflege- und Nutzungskonzepte

In Japan wird die Pflanzung meist unter dem schützenden Schirm eines stark durchforsteten Laubholzbestandes durchgeführt, dessen Räumung nach Ablauf von zehn Jahren erfolgt. Auch ein lockerer Schirm von Birken, Erlen, Kiefern oder Lärchen ist für die Pflanzung von Sicheltanne geeignet.

Hogrebe (1974) empfiehlt, Durchforstungen mäßig zu führen, um stärkere Wasserreiserbildung zu verhindern. Empfindlich reagiert Cryptomeria japonica auf langjährige Beschattung. Bei zu später Lichtstellung ist das Regenerationsvermögen gering. Die Anbauten in Deutschland lassen eine Festlegung von Umtriebszeiten aufgrund mangelnder Erfahrung nicht zu. Da bei älteren Versuchen zwischen 70 und 80 Jahren allerdings ein Leistungsabfall erkennbar ist, lässt sich hier wohl eine Tendenz ablesen. Darüber hinaus nennt Hogrebe Ansätze aus England, wo es möglich zu sein scheint, über Naturverjüngung neue Bestände heranzuziehen. Trupp- und gruppenweise Naturverjüngung findet sich auch in mittelalten stark durchforsteten Cryptomeria japonica-Beständen im Arboretum Burgholz.

7 Holzverwendung

7.1 Holzeigenschaften

Das Holz ist gekennzeichnet durch einen ca. 15 mm breiten, hellgelben Splint und einen dunkelbraunen, sehr dauerhaften Kern. Das Holz ist mit einer Rohdichte von 0,35g/cm³ sehr leicht, gut zu bearbeiten und frei von Harz. In Folge der Bearbeitung wölbt es sich nicht und reißt auch nicht auf. Sowohl im Freien als auch im Boden ist es von langer Dauer.

7.2 Verwendungsbereiche
  • Mechanisch: Die Sicheltanne wird vor allem als Bau- und Möbelholz genutzt und bei besonderer Maserung und Farbe auch hoch bewertet. In Japan wird sie im Hausbau und als Konstruktionsholz beim Brückenbau sowie zur Fertigung von Holzwannen verwendet. Des Weiteren findet ihr Holz Verwendung als Dachschindeln, in der Bildhauerei und zur Herstellung von Reisweinfässern.

    Durch einseitige Beflammung (karbonisieren) wird eine Patina um das Holz geschaffen, die dessen Dauerhaftigkeit erhöht. Diese Sonderbehandlung für Fassadenverkleidungen heißt nach alter japanischer Tradition "Shou Sugi Ban" und wird vor allem in Japan und Kanada, stellenweise auch in Europa praktiziert.
  • Chemisch: Gewinnung des ätherischen Sugiöls aus dem Holz und den Blättern der Sicheltanne.

8 Nebennutzung

In der Kranzbinderei wird das Grün der Sicheltanne hoch geschätzt.

9 Verschiedenes

Als Nationalbaum Japans wird die Sicheltanne gerne an Tempeln und Gräbern gepflanzt. Cryptomeria japonica ist in der Lage, relativ große Mengen SO2 (Schwefeldioxid) zu binden.

In Japan führt die allergene Wirkung des Pollens der Sicheltanne zu gesundheitlichen Beschwerden bei 10 % der Gesamtbevölkerung. Zusammen mit der Hinoki-Scheinzypresse ist sie damit der Hauptverursacher von Heuschnupfen in Japan.

10 Literatur

  • Dautzenberg, H. (2009): Cryptomeria japonica – Die Japanische Sicheltanne. In: Wald und Holz NRW (Hrsg.): Burgholz – Geschichte und Perspektiven eines Versuchsreviers im Zeichen des Klimawandels (Schriftenreihe der Landesforstverwaltung Nordrhein-Westfalens, Heft 19). Münster, S. 35-36.
  • Gilman, E.; Watson, D. (1993): Cryptomeria japonica 'Yoshino'. URL: http://hort.ifas.ufl.edu/database/documents/pdf/tree_fact_sheets/cryjapc.pdf (abgerufen am 12.03.2018).
  • Hein, S.; Belingrath-Kimura, S. D.; Kaiser, B. (2014): Wald- und Holzwirtschaft in Japan. Teil 1, Holzzentralblatt 19: 451-452.
  • Hein, S.; Belingrath-Kimura, S. D.; Kaiser, B. (2014): Wald- und Holzwirtschaft in Japan. Teil 2. Holzzentralblatt 20: 488-489.
  • Hoffmann, N.; Leder, B. und T. Vor (2015): Zuwachsanalyse ostasiatischer Baumarten auf einem nordrhein-westfälischen Standort unter Klimaaspekten. Forstarchiv 86: 123-138.
  • Hogrebe, H. (1974): Ist Cryptomeria japonica in Mitteleuropa anbauwürdig? Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft 67: 73-83.
  • Krüssmann, G. (1983): Handbuch der Nadelgehölze. 2. Auflage. Berlin, S. 98-105.
  • Matsumoto, Y.; Shigenaga, H.; Miura, S.; Nagakura, J. & H. Taoda (2006): Mapping of Japanese Cedar (Cryptomeria japonica) Forests vulnerable to global warming in Japan. Kyushu Research Center, Forestry and Forest Products Research Institute (FFPRI). Kyushu, pp. 181-188.
  • Ohne Verfasserangabe (2002). In: Schütt, P.; Schuck, J.; Stimm, B. (Hrsg.): Lexikon der Baum- und Straucharten. Sonderausgabe. Hamburg, S. 126.
  • Ohne Verfasserangabe (2006): Reisen in Japan: Yakushima – Unberührte Natur auf einer geheimnisvollen Insel, auf der die Zeit still steht. Japan National Tourist Organization. URL: http://www.de.emb-japan.go.jp/NaJ/NaJ0612/yakushima.htm (abgerufen am 28.02.2018).
  • Schenk, C. (1939): Fremdländische Wald- und Parkbäume – Die Nadelhölzer (Band 2). Berlin, S. 145-151.
  • Thomas, P.; Katsuki, T. & Farjon, A. (2013): Cryptomeria japonica. The IUCN Red List of Threatened Species 2013: e.T39149A2886821. URL: http://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2013-1.RLTS.T39149A2886821.en (abgerufen am 19.02.2018).
  • Vidakovic, M. (1991): Conifers – morphology and variation. 1. überarb. Aufl. Zagreb, S. 179-185.
  • Zhang, S. (2004): Cryptomeria fortunei. In: Schütt, P.; Weisgerber, H.; Schuck, H. J.; Lang, U. M.; Stimm, B. und Roloff, A.: Lexikon der Nadelbäume. Hamburg, S. 135-139.

Zusammenfassende Beurteilung der Anbauwürdigkeit