1 Allgemeines

Name (wiss.): Paulownia tomentosa (Thunb. ex Murray) Steud., 1841

(deutsch): Blauglockenbaum, Kiri-Baum, Kaiser-Paulownie.

Familie: Scrophulariaceae.

Natürliches Verbreitungsgebiet: hauptsächlich Zentral- bis Westchina (28°-40° n. Br., 105°-123° ö. L.), vor allem in folgenden Provinzen: Liaoning, Shanxi, Henan, Shaanxi, Gansu, Sichuan, Hubei sowie Jiangxi. Sie kommt dort in Höhenlagen von 500 bis 1800 m ü. NN vor.

Vorkommen und Anbaugebiete in Mitteleuropa: 1834 wurde die Art nach Europa (Frankreich) eingeführt. Sie gilt als etabliert in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, der Schweiz und Spanien. In Deutschland finden sich größere Bestände nur in wärmeren Regionen Südwestdeutschlands. Tendenziell eingebürgert ist sie in Baden-Württemberg, Hessen, NRW und Sachsen, unbeständige Vorkommen werden für die Bundesländer Berlin, Bayern, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz genannt. Als Ziergehölz und Stadtbaum findet man sie – oft einzeln – in Städten, in Arboreten, Grünanlagen und Gärten, so z.B. in Leipzig, Würzburg und Bremen-Schwachhausen.

2 Ökologie

2.1 Standortansprüche

P. tomentosa verlangt einen vollsonnigen und windgeschützten Standort.

- Nährstoff- und Wasserbedarf: Sie bevorzugt nährstoffreichen, tiefgründigen, gut drainierten Lösslehm oder sandigen Lehmboden, ist aber auch zur Besiedelung von Rohböden befähigt. Sie braucht Böden mit einem pH von 5,0 bis 8,5. Für hochproduktive Plantagen wird fruchtbarer Ackerboden benötigt.

- Wärmebedarf: Im natürlichen Verbreitungsgebiet toleriert P. tomentosa erhebliche Temperaturspannen von -20 bis +40°C; bei Jahresmitteln zwischen 11 und 17°C. Das Wuchsoptimum wird bei Wärmeperioden mit Tageswerten zwischen 24 und 29°C erreicht; in Mitteleuropa gedeiht P. tomentosa am besten im Weinbauklima.

- Ausschlussgründe: Sie meidet Standorte mit stagnierender Nässe und hohem Grundwasserstand sowie sehr saure und salzhaltige Böden.

2.2 Standortpfleglichkeit

Die Blattstreu ist gut zersetzbar und bildet günstige Humusformen (Mull).

2.3 Wachstum

P. tomentosa ist ein 12 bis 15 (bis 25) m hoher, meist breitkroniger Baum.

- Wuchsverhalten (Jugend, ältere Bestände): Als Pioniergehölz ist sie in der Jugend raschwüchsig und erreicht die höchste Wuchskraft mit 20 bis 30 Jahren. Allerdings ist sie jedoch auch sehr kurzlebig; im Alter von 60 bis 70 Jahren sterben die meisten Bäume ab.

- Konkurrenzverhalten: Bei der Frühjahrspflanzung kann es aufgrund eines vergleichsweise späten Blattaustriebs der Sämlinge auf Waldstandorten, z. B. auf frischen Schlägen, zum Unterliegen gegenüber der Konkurrenz der Begleitvegetation kommen. In der direkten Konkurrenz mit anderen Baumarten gerät die Art ebenfalls häufig ins Hintertreffen.

- Wurzelsystem: P. tomentosa hat ein gut entwickeltes, weitstreichendes Wurzelsystem. Eine dominierende Hauptwurzel fehlt meist; geotrop orientierte, teils gekrümmte Wurzeln erschließen jedoch Bodentiefen von 0,8 bis 1,0 m. Die oberflächennahen Wurzeln wachsen sehr dicht in einem Radius bis etwa 0,5 m, teilweise bis 4 m; in tieferen Bodenbereichen ab ca. 0,4 m können plagiotrope Seitenwurzeln deutlich über die Kronenprojektion hinausreichen.

2.4 Verjüngungspotenzial

- Ausbreitungsbiologie (generativ, vegetativ): Die Samen werden durch Wind und Wasser ausgebreitet. Die Baumart ist zur Ausbildung von Stockausschlägen und Wurzelbrut befähigt.

- Fruktifikation: Früchte bildet die Art ab einem Alter von 8-10 Jahren. Eine reichliche Fruktifikation findet etwa im 2-jährigen Turnus statt. Sie blüht im Mai vor Laubausbruch. Die Fruchtkapseln öffnen sich Anfang Januar bei trockenem und sonnigem Wetter. Sie sind im Reifezustand verholzt und enthalten etwa 1.200 Samen. Diese sind etwa 4 mm lang, geflügelt und sehr leicht. Das Tausendkorngewicht liegt bei 0,17 bis 0,25 g. 1 kg Saatgut enthält 4 bis 6 Mio. Samen. Die Keimrate bei Samen von voll ausgereiften Früchten beträgt 70 bis 90 %.

2.5 Waldschutz (Risiken)

- abiotische Risiken: Bei Immissionsuntersuchungen erwies sich P. tomentosa gegenüber Schwefeldioxyd und Ozon als weitgehend tolerant im Vergleich zu anderen Baumarten. Empfindlich ist die Paulownie gegen Sonnenbrand; südliche Expositionen sollten daher vermieden werden.

Schattentoleranz: Die Paulownie ist sehr lichtbedürftig, wenig schattentolerant und regeneriert sich am besten im Freistand.

Frosttoleranz: Die Art ist winter- und frosthärter als andere Paulownia-Arten. Besonders ältere Bäume tolerieren Winterkälte bis -20°C. Im künstlichen Anbaugebiet können noch nicht ausgereifte Pflanzenteile durch Frühfrost und noch nicht verholzte durch Spätfrost geschädigt werden; auch Frosttrocknis tritt, z. T. in Verbindung mit starker Besonnung, gelegentlich auf.

Trockenstresstoleranz: Die Art toleriert unbeschadet sommerliche Trockenperioden, so dass eine Förderung durch den Klimawandel wahrscheinlich ist.

- biotische Risiken:

Insekten: In ihrer Heimat in Zentralchina.findet eine Entwertung des Holzes durch Thylactus simulans (Cerambycidae) statt. Als Herbivore werden die Imagines von Anomala antiqua und A. corpulenta (Scarabaeidae) genannt. Die Raupen von Agrotis ypsilon und A. toxionis (Noctuidae) befallen Keimlinge und Jungpflanzen.

Pilze: Jungpflanzen können an Keimlings- und Wurzelfäulen erkranken. Bei der "Brennfleckenkrankheit" (Anthraknose) werden Blätter und Triebe von Sämlingen befallen. Es kommt zu vorzeitigem Blattfall und Triebsterben. Auch Sphaceloma paulowniae verursacht an jungen Sämlingen und ebenso an mehrjährigen Pflanzen Blatt- und Triebschäden.

Sonstige Pathogene: Mykoplasmen verursachen Hexenbesen und können dadurch beträchtliche Zuwachsverluste hervorrufen.

3 Bedeutung für die Artenvielfalt / Biodiversität

- Auswirkungen (+; -) auf Ökosysteme (Beispiele): Frühe Blühbereitschaft, regelmäßige Samenproduktion und Ausbreitung der sehr leichten und zahlreichen Samen durch Wind und Wasser hat zur lokalen Expansion der Paulownie – ausgehend von Einzelbäumen in Städten – auf Ruderalflächen, Bahngeländen, Industrie- und Gewerbebrachen und in Siedlungen geführt. Sie hat in Deutschland den Status einer potenziell invasiven Art erhalten und ist auf der grauen Liste des Bundesamts für Naturschutz (BfN) aufgeführt und steht somit unter Beobachtung.

- Dauerhaftigkeit der Auswirkungen: Die Art ist zum klonalem Wachstum über Stockausschlag und Wurzelbrut befähigt und zeigt somit eine Persistenz am eroberten Standort.

- Ökologische Integration: Eine ökologische Integration in natürliche oder naturnahe Waldökosysteme ist fraglich. Als obligate Lichtbaumart unterliegt sie oft anderen Waldbaumarten.

4 Wuchsleistung

4.1 Zuwachs

Kräftige Jungpflanzen haben einen jährlichen Zuwachs bis zu 4 m (Höhe) bzw. 5,5 cm (BHD). Die Jahresringe erreichen eine Breite bis 20 mm. 5-jährige Paulownien in Plantagen in China zeigen einen mittleren Höhenzuwachs von 1,9 m/Jahr und einen mittleren BHD-Zuwachs von 3,0 cm/Jahr. 10-jährige Bäume aus agroforstlichem Anbau erreichten mittlere Durchmesser (BHD) von 35 bis 40 cm und Holzmassen um 0,5 m³ (max. - 1,5 m³) pro Baum.

4.2 Gesamtwuchsleistung

Bei Stammzahlen von 400-600 Bäumen/ha und einem mittleren Einzelbaumvolumen von 0,25 Vfm (im Alter von zehn Jahren) ergeben sich Gesamtwuchsleistungen von 100 bis 150 Vfm/ha.

4.3 Herkunftsabhängigkeiten

Die Gattung Paulownia weist sieben Arten und zwei Varietäten auf. In Deutschland wird neben P. tomentosa u. a. die Art P. elongata kultiviert, die höhere Wuchsleistungen erwarten lässt. Besonders von letzterer werden selektierte Kultivare bzw. Sorten, z.T. auch Hybride mit anderen Paulownia-Arten, im Handel angeboten.

5 Qualität

5.1 Formigkeit

Bei intensiver Pflege sind gute Schaftformen auf den untersten Stammabschnitten bis etwa 6 m Höhe erzielbar.

5.2 Astreinigung

Konsequente Astung ist erforderlich.

5.3 Sortimente

In Wertholzplantagen ist astfreies hochwertiges Schnittholz und Furnier möglich.

5.4 Herkunftsabhängigkeiten

Über die natürliche Variabilität von P. tomentosa liegen keine genauen Informationen vor. Die Art unterliegt nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz.

6 Waldbauliche Behandlung

6.1 Konkurrenzfähigkeit

Die Paulownie ist nicht schattentolerant und kann daher auf Waldstandorten nur auf Lichtungen und unter genügend großen Lücken im Kronendach gedeihen. Im Schatten ist die Entwicklung der Jungbäume deutlich verzögert.

Alternative Anbaumöglichkeiten ergeben sich in Form von Wertholz- oder Kurzumtriebsplantagen bzw. im agroforstlichen Anbau.

6.2 Bestandesbegründung

Durch Pflanzung; bei Wertholzplantagen im Verband 4 m x 4 m bis 6 m x 6 m. Es empfiehlt sich eine konsequente Bodenvorbereitung, ggf. mechanische oder chemische Kontrolle der Begleitvegetation und die Verwendung kräftigen Pflanzgutes.

6.3 Mischungsformen

Im lichten Wald in gruppen- bis horstweiser Mischung. In Wertholz- oder Kurzumtriebsplantagen in Reinkultur, im agroforstlichen Anbau weitständig in Mischung mit Feldfrüchten wie Weizen, Raps und Süßkartoffeln.

6.4 Pflege- und Nutzungskonzepte

Paulownia verzweigt überwiegend sympodial; die damit einhergehenden Wuchsformen müssen für die Wertholzerzeugung oft mit einem hohen Pflegeaufwand korrigiert werden.

6.5 Ernte

Beim Anbau im Wald kann P. tomentosa nach Erreichen der Zielstärke einzelstammweise, in der Wertholzplantage auch im Kahlhiebverfahren genutzt werden.

7 Holzverwendung

7.1 Holzeigenschaften

Das geruchlose Holz besitzt gute physikalische und mechanische Eigenschaften und ist von mittlerer Dauerhaftigkeit. Die Dichte des Holzes (lufttrocken, Wassergehalt 15 %) liegt bei 0,26 – 0,33 g/cm³. Die Schwindung (rad., tang., vol.) liegt bei 0,105 %, 0,203 % bzw. 0,327 %. Die Druckfestigkeit parallel zur Faser beträgt 223 kgf/cm², die Biegefestigkeit 406 kgf/cm²; das Elastizitätsmodul 48 (1.000 kgf/cm²) und die Härte 183 kgf/cm².

7.2 Wertholztauglichkeit

Eine gezielte Pflege mit konsequenter Astung vorausgesetzt, ist die Art zur Wertholzproduktion an ausreichend dimensionierten Bäumen mit astreinem Holz in relativ kurzen Zeiträumen befähigt.

7.3 Verwendungsbereiche in der Holzindustrie

In China verwendet man es aufgrund seiner günstigen akustischen Eigenschaften zum Bau von Musikinstrumenten sowie für Modell- und Segelflugzeuge, ferner unter anderem im Hausbau (Dach- und Deckenkonstruktionen, Türen, Fensterrahmen), in der Holzwerkstoffindustrie, für Gerätschaften und Werkzeuge im bäuerlichen Betrieb sowie für Schnitzereien. Auch in Japan wird das Holz vielfältig genutzt, zum Beispiel als Möbelholz, für Kästen, Schachteln, Schubläden und Musikinstrumente. Im Südosten der USA ist es darüber hinaus auch für die Papiererzeugung und Energiegewinnung bedeutsam.

7.4 Vermarktung

Aufgrund seiner interessanten Holzeigenschaften besitzt das Holz eine gewisse ökonomische Bedeutung, vor allem in China (auch Export), Japan und USA. Auch in Deutschland ist es bereits in Holz- und Baumärkten erhältlich.

8 Nebennutzungen

In der chinesischen Landwirtschaft werden bei kombiniertem Anbau von Paulownien mit Kulturpflanzen neben dem Holz Zweige, Blätter und Blüten genutzt. Die proteinreichen Blätter und Blüten gelten als wertvolles Viehfutter, und man rechnet bei einem 8- bis 10-jährigen Baum mit einem Ertrag von etwa 100 kg.

P. tomentosa wird in China auch pharmazeutisch genutzt. Die neben anderen Wirkstoffen Paulownin (C20H18O7 ·CH3OH) enthaltenden Blätter dienen als Grundsubstanz zur Behandlung von Bronchitis und Husten. Ferner stellt man aus ihnen sowie den flavonoid- und alkaloidhaltigen Früchten Haarpflegemittel her. Fruchtextrakte werden zudem zur Blutdrucksenkung und Behandlung asthmatischer Erkrankungen eingesetzt.

9 Literatur

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  • Kiermeier, P. (1977): Erfahrungen mit Paulownia tomentosa (Thunb.) Steud. im Rheingau. Mitt. Dtsch. Dendrol. Ges. 69: 11-22.
  • Monumental Trees 2003-2014. Monumentale Bäume. http://www.monumentaltrees.com/de/weltweit-paulowniatomentosa/ und http://www.monumentaltrees.com/de/baeume/paulowniatomentosa/rekorde/ , [2014, March 24].
  • Nehring, S.; Kowarik, I.; Rabitsch, W.; Essl, F. (Hrsg., 2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. Bonn (BfN-Skripten 352), S. 142-143.
  • Richter, M.; Böcker, R. (2001): Städtisches Vorkommen und Verbreitungstendenzen des Blauglockenbaumes (Paulownia tomentosa) in Südwestdeutschland. Mitt. Dtsch. Dendrol. Ges. 86: 125-132.
  • Stimm, B. et al. (2013): Paulownia – Hoffnungsträger aus Fernost? Eine schnellwachsende Baumart aus China in Bayern auf dem Prüfstand. LWF aktuell 96: 18-21.
  • Zhu, Zhao-Hua; Chao, Ching-Ju; Lu, Xin-Yu; Xiong, Yao Gao (1986): Paulownia in China: Cultivation and Utilization. Chin. Acad. Forestry, Beijing. Publ. Asian Network for Biological Sciences & International Development Research Centre.

Zusammenfassende Beurteilung der Anbauwürdigkeit