Die Rotbuche (Fagus sylvatica L.) wird aufgrund ihrer historischen und gegenwärtigen Dominanz oft als die "Mutter des Waldes" bezeichnet. Diese Bezeichnung unterstreicht ihre Bedeutung als dominierende Baumart vieler Waldgesellschaften Mitteleuropas und ihre Rolle für deren Biodiversität, wobei Deutschland im Zentrum ihres Verbreitungsgebietes liegt. Betrachtet man jedoch ihre aktuelle Situation, so zeichnet sich ein besorgniserregendes Bild ab. Vor dem Hintergrund, das potenziell 74 % Deutschlands unter den aktuellen Klimabedingungen natürlicherweise aus Buchendominierten Wäldern bestehen würden, ist diese Entwicklung umso besorgniserregender.

Die Baumart nicht nur ein ökologisches und ökonomische Schwergewicht, sondern auch vielfach im Fokus der Forschung. Der vorliegende Beitrag greift auf viele überregionale Studien zur Buche zurück, doch im Vordergrund stehen Forschungsergebnisse aus dem nordostdeutschen Tiefland. Maßgeblich ist hier das Forschungsprojekt BuVit – welches versucht in der Transmissionzone zwischen kontinentalem und atlantischem Klima Erkenntnislücken zu schließen.

Die Zukunft der Buche in den Anbaurisko-Modellen

Doch wie sieht die langfristige Perspektive der Buche im norddeutschen Tiefland aus? Anhand von europäischen Inventurdaten, die im Forschungsprojekt EVA (Evidenzbasierte Anbauempfehlungen im Klimawandel) ausgewertet wurden, lässt sich mithilfe von Artverbreitungsmodellen ein Blick in die Zukunft wagen (Abb. 13a–c) –und diese sieht im Fall für die Rotbuche im nordostdeutschen Tiefland nicht gut aus. Deutlich erkennt man, wie sich je nach Szenario die Verbreitungsgrenze der Buche durch Brandenburg bewegt und auf Mecklenburg-Vorpommern zu wandert.

Die vorgestellten Modelle (bzw. die Kombination aus Artverbreitungs- und Wachstumsmodell) werden getrieben durch die langfristige Niederschlagssumme und die Durchschnittstemperatur im Sommer und Winter. Somit sind in den rein klimagetriebenen Karten bspw. noch nicht die trockenen Bodenverhältnisse der von Sand geprägten Brandenburger Altmoräne berücksichtigt. Dennoch ist schon heute das hohe Anbaurisko der Buche in Region zu erkennen, welches vom Risiko vergleichbar ist mit Regionen im Regenschatten des Erzgebirges oder Partien nördlich von Ungarn. Gemäß dem „Weiter-wie-bisher“-Szenario RCP 8.5 wäre ein Anbau der Rotbuche in Südbrandenburg klimatisch nahezu ausgeschlossen. Auch in den Bereichen Nordbrandenburg bis an die Ostsee ist der Anbau mit einem hohen Risiko versehen.

Abb. 2. Risikokarte der Rotbuche für das derzeitige Klima (a) und für den Zeitraum 2070-2100 basierend auf den Klimaszenarien RCP 4.5 (b) und 8.5 (c). Die Karten basieren auf zwei Modellen, dem Artverbreitungs- und dem Wachstumsmodell der Buche. Die drei Farbklassen grau – rosa – grün visualisieren das Klimarisiko aus dem Artverbreitungsmodell, hohes – mittleres –geringes Risiko. Die Farbintensität ergibt sich durch das Wachstumsmodell und weist auf eine hohe Oberhöhenbonität (dunkel) oder niedrige Oberhöhenbonität hin (hell). (A.Wöhlbrandt)

Die Zukunft der Buche im Nordostdeutschen Tiefland sind Mischwälder

Das bedeutet jedoch auch, dass heimische Baumarten mit weniger Konkurrenzkraft aber höherer Trockentoleranz wieder mehr das Waldbild bestimmen könnten. Im Nordostdeutschen Tiefland werden das auf den bisherigen Buchenstandorten vornehmlich Stiel- und Traubeneiche sein. Aber auch die Linde und der Ahorn werden von der sinkenden Dominanz der Buche profitieren. Für die Naturwaldreservate in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise deutet sich eine steigende Dominanz des Ahorns auf Buchenstandorten schon jetzt an. In unbewirtschafteten Waldarealen wird sich durch Absterbeerscheinungen die Reinbestands-Dominanz der Buche auflösen, was mittelfristig zur Bildung von Mischbeständen führen wird.

Diesen Trend sollte man auch in den bewirtschafteten Waldbeständen vorweggreifen. Mittlerweile existieren schon viele Studien zur erhöhten Trockentoleranz von Mischbeständen gegenüber Reinbeständen. Auch wenn positive Mischungseffekte für den Gesamtbestand meist zutreffend sind, kann sich jedoch für die einzelne Mischbaumart der Effekt zu Dürrephasen sowohl positiv als auch negativ auswirken. So zeigte sich zum Beispiel bei der Mischung Buche mit Fichte eine verbesserte Dürreresistenz der Buche. Die Mischungen Buche mit Weißtanne und Buche mit Kiefer wiesen keinen Mischungseffekt zu Dürrezeiten auf. Manche Mischungen gehen jedoch auch zu Lasten der Trockenheitstoleranz der Rotbuche, beispielsweise bei der Mischung mit Douglasie aber auch mit der Eiche. Neben dem positiven Einfluss auf den Zuwachs gibt es jedoch immer noch das verminderte Risiko eines kompletten Bestandeszusammenbruchs und auch der Einfluss durch abiotische Schäden ist in den Mischbeständen vermindert. Sowohl in den bewirtschafteten als auch in den unbewirtschafteten Wäldern im Nordostdeutschen Tiefland führt an Mischbaumarten in den Buchenbeständen kein Weg vorbei.

Waldbauliche Maßnahmen um die Buche langfristig zu sichern

“Mischung, Mischung, Mischung“ – der Schwerpunkt des Waldbaus mit der Buche sollte zukünftig bei der Erhöhung der Mischungsanteile von dürretoleranteren Arten liegen. Heute besitzt die Buche in ihrem Optimum häufig eine Dominanz in der Verjüngung. Hier müssen dennoch schon zu Beginn initiale Mischbaumarten begründet werden und mit entsprechendem Pflegeaufwand naturverjüngte Mischbaumarten der ersten Baumschicht gehalten werden. Das sind insbesondere Linde, Hainbuche und Eiche aber auch Nadelhölzer wie Weißtanne und Douglasie. Wird die Dominanz der Buche in der Jugend nicht gebrochen, erfolgt dies anschließend außerplanmäßig durch Absterbeerscheinungen.

„Früh, mäßig, oft“ – Die Untersuchungen haben gezeigt,dass das Vitalitätsrisiko ab dem Alter 80 sprunghaft ansteigt, auch das Risiko Mischbaumarten zu verlieren ist bei der kronenplastischen Buche permanent gegeben Die Option darauf zu reagieren besteht darin, schon bis zum mittleren Baumholz (ca. 80 Jahre) die Kronenausformung durch eine Z-Baumorientierte Lichtwuchsdurchforstung abgeschlossen zu haben. Danach, in der Altbestandspflege, sollte dann die Eingriffsstärke verringert werden.

Permanente Verjüngung im Bestand“ – Diese waldbauliche Maßgabe scheint sich mit dem vorab beschriebenen Dichtstand im Alter zu widersprechen. Grundlage ist die scheinbar große genetische Vielfalt innerhalb eines Buchenbestandes. Der Ansatz des Großschirmschlags, bei dem sich in einem großen Verjüngungshieb die nächste Generation etablieren muss, erbringt zwar gute Stammqualitäten, ist allerdings vor dem Hintergrund des Klimawandels nicht mehr zielführend. Vielmehr muss permanent die Möglichkeit der genetischen Rekombination von Elternbäumen genutzt werden, um die Diversität des Gesamtbestandes in die nächste Waldgeneration mitzuführen. Waldbaulich wird dies durch ein Flächenmosaik unterschiedlicher Entwicklungsstadien erreicht.

„Migration bei der Buche“ – Die Herkunftsforschung zur Buche enthält noch viele offene Fragen. Dennoch gibt es Buchen-Herkünfte die scheinbar besser angepasst sind an den Klimawandel, und deren Potential man auch schon heute nutzen sollte. Man sollte aber zwischen zwei wesentlichen Pflanzsituationen wählen: 1) auf Landschaftsebene ist durch die Einbringung angepasster Buchenherkünfte eine Verbesserung der Resilienz der Population zu erwarten („assisted gene flow“). Das betrifft Standorte im Buchenoptimum die heute noch ohne Buche sind und in denen ein Waldumbau erfolgen soll. 2) In heutigen Buchenbeständen ist die künstliche Einbringung dürretoleranterer Buchen-Herkünfte nicht zielführend, weil der Effekt gegenüber der genetischen Vielfalt innerhalb der bestehenden Buchenpopulation wahrscheinlich zu gering ausfällt. Hier sind andere, deutliche dürretolerantere Arten zu nutzen, die sich in der Mischung mit naturverjüngten Buchen entwickeln sollen. Gerade auf den trockneren Standorten sollten auch mediterrane Arten zum Einsatz kommen, wie Zerreiche, Esskastanie und Baumhasel („assisted migration“).

„Keine künstliche Ausweitung in den Rückzugsgebieten“ – Es sollte offensichtlich geworden sein, dass sich die Buche in den kontinentalen Bereichen des Norddeutschen Tieflands auf dem Rückzug befindet. In der Wissenschaft spricht man vom „rear edge“ (hinteren Rand) eines Verbreitungsgebietes. Auch wenn 2018/19 viele Buchen auf trockenen Standorten im MV laut Forstamtsabfrage besser durch die Dürre gekommen sind, entbehrt das nicht dem langfristigen Prozess der Klimaerwärmung. Da nicht vorherzusehen ist, wie stark die Temperaturen in den nächsten Jahrzehnten noch ansteigen, ist der Anbau von Buchen an dessen trockenheitsbedingten Verbreitungsrand stets eine Risikoentscheidung, die im Ermessen des Waldbesitzers liegt. Ausgehend vom Bestockungszieltypen-Erlass für Mecklenburg-Vorpommern und der darin vorausgesetzten mäßig pessimistischen Klimaerwärmung, ist die Buche auf grundwasserfernen Standorte (T…2) in den südlichen Bereichen von Mecklenburg-Vorpommern (Klimastufe Tt) nur noch in geringer Beimischung zu etablieren. Die angepassten Baumartenempfehlungen der Länder bilden hier im speziellen eine gute Entscheidungsgrundlage zur langfristigen Entwicklung der lokalen Buchenbestände.

 

Letztlich ist zu sagen, dass die Buche nicht mehr uneingeschränkt als Waldumbauart herhalten kann. Dennoch darf man ihre vielen positiven Eigenschaften im waldbaulichen Umgang nicht ignorieren. Und so könnte die Baumart dennoch eine tragende Rolle in der Forstwirtschaft im norddeutschen Raum behalten. Wichtig ist jedoch angesichts der veränderten Klimabedingungen nicht ein Weiter-wie-bisher, sondern eine zukunftsangepasste Bewirtschaftung der „Mutter des Waldes“.

Literaturquellen entnehmen Sie bitte dem Originaltext in der Eberswalder Forstlichen Schriftenreihe.

 

Hier finden Sie eine Aufzeichnung des Vortrags von Dr. Eric Thurm zum Eberswalder Waldkolloquium 2025 – Vorträge | Landesbetrieb Forst Brandenburg