Der Erreger der Russrindenkrankheit, Cryptostroma corticale, ist ein in Europa invasiver Pilz, der vermutlich aus Nordamerika stammt. In Österreich wurde im Jahr 2004 erstmals der Befall an Bergahornen (Acer pseudoplatanus) an verschiedenen Standorten beschrieben. Es ist kein Zufall, dass die Krankheit nach dem Rekord-Hitze Jahr 2003 erstmals auffiel: C. corticale lebt endophytisch und symptomlos in seinen Wirtsbäumen und tritt erst dann in Erscheinung, wenn ein latent infizierter Baum unter Stress gerät, zum Beispiel durch anhaltende Hitze und Trockenheit. Dann beginnt der Pilz, der während der latenten Phase horizontal im Holz entlang von Ästen und dem Stamm wächst, sich radial im Holzkörper auszubreiten. Im Querschnitt von befallenen Ästen und Stämmen sind grüne bis gelbe Verfärbungen typisch, die sich über mehrere Meter erstrecken können (Abbildung 1).
Betroffene Bäume sterben von der Krone ausgehend zurück. Im Kambium angelangt, bildet C. corticale Sporenlager aus, die unter der sich ablösenden Rinde als schwarze, rußige Schicht sichtbar werden. Die Sporenlager zerstören neben dem Kambium auch den Bast ihres Wirtsbaumes, wodurch die Nährstoffversorgung des bereits geschwächten Baumes gekappt wird und dieser abstirbt.
Die Konidiosporen von C. corticale werden über den Wind zu anderen Wirtsbäumen vertragen und können über weite Strecken transportiert werden – Distanzen bis zu 1,2 Kilometer wurden nachgewiesen. Als Hauptinfektionsweg des Pilzes gelten Wunden und Rindenrisse der Wirtsbäume; einer neuen Studie zu Folge war C. corticale auch im Holz von Bergahornstecklingen nachweisbar, nachdem deren intakte Rinde mit Sporensuspension besprüht worden war (Bußkamp et al., 2024).
Einatmen großer Sporenmengen schadet Menschen
Cryptostroma corticale bildet besonders große Mengen an Sporen, in der Literatur werden Werte von 30 bis 170 Millionen Sporen pro cm² genannt (Gregory & Waller, 1951). Beim Menschen kann das Einatmen großer Sporenmengen zu gesundheitlichen Problemen führen. Abhängig von persönlicher Prädisposition (z. B. Allergien, Asthma, Immunschwäche, vorbelastete Lunge) und Dauer der Exposition kommt es zu Atemwegsbeschwerden und grippeähnlichen Symptomen.
Sporenbelastung geringhalten
Beim Arbeiten mit sporenbelastetem Material wird empfohlen, das Aufwirbeln der luftbürtigen Sporen so gering wie möglich zu halten und die Arbeiten bei feuchter Witterung durchzuführen, da dann die Sporenlast geringer ist. Ist dies nicht möglich, kann als Alternative das Benetzen des befallenen Holzes mit Wasser erfolgen. Außerdem ist im Winter und Frühjahr der Sporenflug deutlich geringer als im Sommer. Darüber hinaus sollte zusätzlich zur persönlichen Schutzausrüstung mit Atemschutzmaske (FFP3) und Visier gearbeitet werden.
Im Rahmen des Waldfonds-Projekts CLIFF werden am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) Untersuchungen zur Sporenbelastung von Forstfachkräften bei der Aufarbeitung von sporenbelastetem Holz durchgeführt (Abbildung 2). Es zeigt sich, dass besonders der Motorsägen-Führer einer erhöhten Sporenbelastung ausgesetzt ist. Nach der Arbeit sollte die Arbeitskleidung von Sporen befreit werden, um das Verbringen von Sporen in Innenräume zu vermeiden. Zusätzlich sollten alle verwendeten Arbeitsgeräte gründlich gereinigt und desinfiziert werden.
Wenn möglich, ist eine maschinelle Fällung bei Bäumen mit der Russrindenkrankheit zu bevorzugen, da diese auch die Gefahr durch herabstürzendes Totholz reduziert. Denn die von ihr versursachte Weißfäule führt dazu, dass abgestorbene Kronenteile spröde und sehr anfällig für Windbruch werden. Eigene Beobachtungen erkrankter Ahorne zeigten zusätzlich eine Besiedlung der Stammbasis durch Sekundärschädlinge, welche die Stabilität der Bäume beinträchtigen können (Abbildung 1).
Ökonomische Bedeutung nicht unterschätzen
Innerhalb der letzten Jahre wurde in betroffenen Gebieten eine hohe und rasch voranschreitende Mortalität beobachtet. So zum Beispiel in Bayern, wo es auf vier Untersuchungsflächen zwischen 2018 und 2020 zum Absterben von 60 % der Ahorne gekommen ist. Ähnliches konnte in Wäldern Niederösterreichs und urbanen Grünräumen in Wien beobachtet werden. Durch die Verfärbung und die Holzfäule kommt es zu einer Entwertung der Stämme. Darüber hinaus können sich Sporenlager auch an asymptomatischen liegenden Stämmen entwickeln, wenn diese aus betroffenen Beständen entnommen werden. Daher sollte man ein Augenmerk auf das Vorhandensein von C. corticale in Ahornbeständen haben, da dies für die Bewirtschaftung und weitere Verwertung des Holzes von essenzieller Bedeutung sein kann. Eine frühzeitige Entrindung löst das Problem nicht: Bei entsprechend langer Lagerungsdauer kann es zur Ausbildung neuer Sporenlager in Jahrringen des toten Holzes kommen. Aus gesundheitlichen Gründen sollte dieses Holz nicht als Feuerholz verwendet werden.
C. corticale ist weit verbreitet, wie Studien zeigen. Eine Studie aus Bayern dokumentierte, dass der Pilz in Regionen auftritt, in denen die Jahresdurchschnittstemperatur im langjährigen Mittel von 1991 bis 2020 bei 9,4 °C oder darüber lag. Die Bildung der Sporenlager wurde allerdings nur nachgewiesen, wenn das langjährige Mittel des Niederschlags der Regionen knapp unter 700 mm lag.
Als geringer anfällig gegenüber der Russrindenkrankheit gelten Spitz- und Feldahorn sowie einige nordamerikanische Ahorn-Arten. Vereinzelt wurde C. corticale auch an anderen Laubbaumarten, wie Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) und Esche (Fraxinus excelsior) nachgewiesen. In einer laufenden Studie des BFW werden europäische Ahornarten und andere heimische Laubbäume hinsichtlich ihrer Anfälligkeit gegenüber C. corticale unter dem Einfluss von Trockenstress untersucht (Abbildung 3).

Abb. 3: Versuchspflanzen des am BFW durchgeführten Inokulationsversuchs mit C. corticale an verschiedenen heimischen Laubbaumarten.
Betroffene Wälder können gemeldet werden
Unter den derzeitigen klimatischen Bedingungen ist damit zu rechnen, dass es auch an den gegenüber Trockenheit und Hitze weniger empfindlichen europäischen Ahornarten zu einer Zunahme von Krankheitsfällen kommen wird. Das BFW erhebt derzeit das Auftreten von Cryptostroma corticale in Waldbeständen in Österreich, Hinweise auf betroffene Waldbestände werden gerne von den Autorinnen entgegengenommen.
Weitere Informationen
- Weiterführender Artikel Endophytische Verbreitung von Cryptostroma corticale, dem Erreger der Rußrindenkrankheit, in Bayern.
Forstschutz Aktuell, Heft Nr. 69 zum kostenlosen Download