Mehr als ein Haufen: Was Kot verrät

Wer aufmerksam durch den Wald geht, entdeckt mehr als nur Bäume, Sträucher und Pilze. Auch die tierischen Bewohner hinterlassen zahlreiche Spuren. Neben Trittsiegeln oder Fraßspuren zählt vor allem Kot zu den sichtbarsten Hinweisen auf ihre Anwesenheit. Was für viele Waldbesucherinnen und Waldbesucher zunächst nur nach „Hinterlassenschaft“ aussieht, ist für Wildtierforschung und Monitoring eine wertvolle Informationsquelle.

Die Form, Größe und Konsistenz von Losung – so nennen Jägerinnen und Jäger den Tierkot – erlaubt oft Rückschlüsse auf die Art des Verursachers. Während Rehe und Rothirsche kleine, gleichmäßig geformte Kügelchen hinterlassen, sind die Haufen von Wildschweinen deutlich massiger. Bei Luchs oder Wolf wiederum kann Kot Hinweise auf die Nahrungszusammensetzung geben: Es finden sich darin Haare oder Knochenreste der erbeuteten Tiere

Losung verrät aber nicht nur, wer im Wald unterwegs war. Sie kann auch zeigen, wie viele Tiere ein Gebiet nutzen, ob Weibchen mit Jungtieren unterwegs sind oder welche Nahrungsquellen im Jahresverlauf bevorzugt werden.

Forschung am FVA-Wildtierinstitut

Am Wildtierinstitut der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) wird Kot systematisch für das Monitoring genutzt. Mit modernen molekulargenetischen Methoden gelingt es, aus anhaftenden Zellen der Darmschleimhaut DNA zu gewinnen. Diese erlaubt eine eindeutige Artbestimmung – und manchmal sogar die Identifikation einzelner Individuen. So konnten beispielsweise in einem Projekt der LWF in Freising zum Integralen Schalenwildmanagement im Bergwald Kotproben von Gams, Reh- und Rotwild ausgewertet werden, um Rückschlüsse auf Bestandsdichte und Wanderbewegungen zu ziehen.

Ein weiteres Feld ist der Einsatz von Artenspürhunden. Die speziell trainierten Hunde können Losung bestimmter Wildtiere zielgerichtet aufspüren – selbst dann, wenn diese für den Menschen kaum sichtbar ist. Damit eröffnet sich eine effiziente Möglichkeit, genetisches Probenmaterial für Forschungszwecke und für das Monitoring von seltenen Wildtieren zu gewinnen wie beispielsweise dem Baummarder (Projektseite auf fva-bw.de).

Kuriositäten & Besonderheiten

  • Wolf: Sein Kot enthält oft viele Haare und Knochenreste; durch den Kalkanteil wirkt er manchmal weißlich.
  • Luchs: Verscharrt seine Losung meist unter Laub oder Schnee, oft nahe einem gerissenen Beutetier.
  • Auerhuhn: Walzenförmiger Kot (Ø ca. 1 cm, Länge 5–6 cm). Unterscheidung zwischen Sommer- und Winterlosung je nach Nahrung.
  • Fuchs: Platziert Kot gezielt auf auffälligen Stellen als Reviermarkierung (s. Foto).
  • Mistkäfer: Zersetzen Losung für ihre Brut und tragen so dazu bei, dass Kot wieder in den Nährstoffkreislauf des Waldbodens zurückkehrt.

Kleine Spurensuche für Waldbesucher

Wer bei einem Spaziergang durch den Wald aufmerksam ist, kann selbst spannende Beobachtungen machen.

Auerhuhn (Tetrao urogallus)

Die Losung des Auerhuhns tritt in zwei charakteristischen Formen auf. Die häufigere Form ist die sogenannte Walzenlosung, deren Beschaffenheit sich stark mit den Jahreszeiten ändert. Die Winterlosung ist sehr fest, walzenförmig, etwa 3 bis 6 cm lang und 0,8 bis 1 cm dick (bei Hähnen etwas dicker). Sie ist dunkelbraun bis braungrau und enthält als Beleg der reinen Pflanzenkost deutlich sichtbare Pflanzenreste, vor allem die schwer verdaulichen Koniferennadeln. Im Gegensatz dazu ist die Sommerlosung oft weicher, knolliger und dunkler bis schwarz, da sie Beerenreste und saftigere Pflanzenteile enthält. Die zweite Form ist der Blinddarmkot, eine fladen- oder breiartige, zähflüssige Ausscheidung. Sie erscheint pechartig schwarzglänzend oder grünlichgelb und wird zur effizienteren Nährstoffaufnahme aus dem Blinddarm ausgeschieden. Auerhühner setzen ihre Losung häufig unter Schlaf- oder Ruheplätzen, meist in Bodennähe von Bäumen, sowie an Huderpfannen (Staubbadeplätzen) ab.

Feldhase (Lepus europaeus)

Die Losung des Feldhasen besteht aus kleinen, rundlichen bis leicht abgeplatteten Kügelchen, die meist gelblich-braun bis olivbraun gefärbt sind. Sie haben einen Durchmesser von etwa einem Zentimeter und eine matte, leicht faserige Oberfläche. Im Inneren sind oft fein zerkleinerte Pflanzenreste erkennbar, was auf die rein pflanzliche Ernährung des Hasen hinweist. Frische Losung ist weich und formbar, trocknet aber rasch und wird fest. Typischerweise liegen die Kügelchen locker verstreut auf dem Boden, häufig an sonnigen, offenen Stellen oder am Rande von Feldern und Wiesen.

Baummarder (Martes martes) und Steinmarder (Martes foina)

Bei ihrer Feldarbeit im Herbst 2021 fanden Wissenschaftler des FVA-Wildtierinstituts Kot – mit der Vermutung, dass er vom Baummarder stammt. Eine genetische Analyse bestätigte den Verdacht: Es handelte sich tatsächlich um Baummarderkot – rein morphologisch kaum von dem des Steinmarders oder des Fuchses zu unterscheiden.

Hier trotzdem ein Versuch der Unterscheidung:

Steinmarder

5–10 cm lang, ca. 0,5–1 cm dick, spindelförmig bis zylindrisch, häufig korkenzieherartig verdreht und an den Enden zugespitzt. Als Raubtier sind Haare und Knochenreste von Kleinsäugern (Mäuse, Vögel) häufig enthalten, besonders im Winter. Im Sommer/Herbst dominiert pflanzliche Nahrung (Früchte, Beeren), frisch weich-breiig, älter hart. Ablage an festen "Toilettenplätzen" (sog. Latrinen), meist an erhöhten oder geschützten Stellen im Siedlungsbereich (Dachböden, Mauern, unter Carports) zur Reviermarkierung.

Baummarder

6–12 cm lang, 0,7–1,2 cm dick, spindelförmig, oft leicht gebogen oder verdreht, an den Enden meist spitz zulaufend. Wie beim Steinmarder eine Mischung: Haare, Federn und Reste von Beeren/Samen sind üblich, je nach saisonaler Verfügbarkeit. Frisch weich bis breiig, älter hart und trocken. Zur Reviermarkierung an markanten Stellen im Wald (Baumstümpfe, Wurzelwerk, Felsvorsprünge), selten im direkten Siedlungsbereich.

Anhand äußerer Merkmale lassen sich Baummarder und Steinmarder sehr gut unterscheiden: Baummarder oder Steinmarder?

Dachs (Meles meles)

Dachslosung ist dunkelbraun bis schwarz und oft sehr geformt: sie wird in runden bis länglichen Häufchen abgelegt, die mehrere Zentimeter lang sein können. Sie enthält oft unverdauliche Bestandteile wie Samen, Beerenreste oder Insektenpanzer. Dachslosung wird gern an markanten Stellen (sog. Latrinen) abgelegt. Frisch ist sie meist weich und glänzend, älter hart und brüchig.

Reh (Capreolus capreolus)

Die Losung des Rehs besteht aus zahlreichen kleinen, eiförmigen Kotpillen, die meist dunkelbraun bis schwarz gefärbt sind. Jede dieser Pillen ist etwa ein bis anderthalb Zentimeter lang, glatt und leicht glänzend. Frische Losung ist fest und trocken, ältere zerfällt bei Berührung leicht. Im Winter liegen die Kotpillen häufig einzeln oder locker gehäuft auf dem Boden, während sie im Sommer – durch saftigere Nahrung – oft in kleinen Häufchen zusammenkleben. Typisch ist außerdem, dass die einzelnen Stücke nach hinten leicht zugespitzt sind, was sie gut von der rundlicheren Hirschlosung unterscheidet. Sie sind außerdem deutlich kleiner als bei Rothirschen.

Rothirsch (Cervus elaphus)

Die Losung des Rothirsches besteht aus mehreren dunkelbraunen bis fast schwarzen Kotpillen, die etwa zwei bis drei Zentimeter lang sind und damit deutlich größer als die des Rehs. Sie werden meist in kleinen Häufchen oder locker auf dem Boden verteilt abgesetzt. Die Kotpillen sind länglich bis zylindrisch geformt, an den Enden jedoch meist abgerundet. Bei männlichen Tieren (Hirschen) kann ein Ende leicht zugespitzt („Zäpfchen“) und das andere eingedellt („Näpfchen“) erscheinen, während die Stücke bei weiblichen Tieren (Alttieren/Kahlwild) oft an beiden Enden stumpfer und runder sind. Frische Losung ist fest und glänzend, wird mit der Zeit jedoch trocken, brüchig und zerfällt leicht. Je nach Nahrung können faserige Pflanzenreste enthalten sein, und im Sommer kann die Losung durch saftige Kost etwas breiiger wirken.

Wildschwein (Sus scrofa)

Die Losung des Wildschweins ist meist dunkelbraun bis schwarz und besteht aus mehreren zusammengeballten Kotbeeren, die häufig zu wurstförmigen Stücken verbunden sind. Frische Losung ist eher fest, wird aber bei Nässe oder längerer Liegezeit weich und zerfällt leicht. Oft sind unverdauliche Pflanzenreste wie Fasern oder Schalen erkennbar. Größe und Form können stark variieren – sie hängen vom Alter und der Ernährung des Tieres ab. Bei pflanzenreicher Kost ist die Losung meist heller und faseriger, während sie bei eiweißreicher Nahrung kompakter und dunkler erscheint.

Rotfuchs (Vulpes vulpes)

Die Losung des Rotfuchses ist typischerweise ein wurstförmiges, längliches Kotstück von etwa 3 bis 10 cm Länge und läuft an einem Ende charakteristisch spitz oder gedreht zu. Die Farbe variiert von dunkelgrau bis schwarz und kann bei Frische leicht glänzen. Als Allesfresser ist der Kot fast immer mit unverdaulichen Nahrungsresten durchsetzt, wobei Haare, Federn, kleine Knochenteile oder Beerenkerne deutlich erkennbar sind. Die Konsistenz ist halbfest bis fest, wird aber trocken und brüchig, je älter die Losung ist. Ein wichtiges Indiz ist der Ablageort: Der Fuchs nutzt die Losung zur Revier- und Duftmarkierung und platziert die Stücke daher oft einzeln und an exponierten, erhöhten Stellen (z. B. auf Steinen, Grasbüscheln oder Baumstümpfen).

Luchs (Lynx lynx)

Die Losung des Luchses besteht aus mehreren dunkelbraunen bis schwarzen, zylindrischen Kotballen, die oft zusammengeklebt eine längliche Form annehmen. Die einzelnen Stücke sind etwa 2 bis 3 cm dick und die Gesamtlänge variiert meist zwischen 3 und 12 cm. Als reiner Fleischfresser ist die Losung fast ausschließlich mit Beutetierhaaren durchsetzt; Knochen- oder Federnreste können ebenfalls enthalten sein. Frische Losung ist fest, leicht feucht und kann einen charakteristischen Geruch nach Raubkatze aufweisen. Ein entscheidendes Merkmal ist die Ablage: Luchse verscharren ihre Exkremente in der Regel katzentypisch unter Laub, Gras, Erde oder Schnee, wenn möglich. Ist der Boden zu hart, kann die Losung zwar offen an exponierten Stellen (Felsvorsprüngen, Baumstämmen) liegen, doch das Verscharren oder ein nahegelegener Scharrhaufen ist ein häufigeres und verlässlicheres Indiz. Oft findet man den abgesetzten Luchskot in der Nähe eines genutzten Risses.

Wolf (Canis lupus)

Die Losung des Wolfs ist langgestreckt, zylindrisch bis leicht gedreht und meist dunkelbraun bis schwarz. Sie wird in einzelnen Stücken oder kleinen Häufchen abgelegt. Typisch ist, dass die Kotstücke teilweise Haare, Knochenreste oder Federn enthalten, da der Wolf ein reiner Fleischfresser ist. Frische Losung ist fest und leicht feucht, älter wird sie hart und brüchig. Die Länge der einzelnen Stücke variiert meist zwischen 10 und 20 cm, die Dicke liegt bei etwa 2–3 cm. Wölfe hinterlassen ihre Losung oft an markanten Stellen wie Wegen, Lichtungen oder Baumstämmen zur Reviermarkierung. Wegen des hohen Kalkanteils in den Knochen erscheint Wolfskot weißlich.

Fazit

Wildtierkot ist weit mehr als ein lästiger Haufen am Wegesrand. Für die Wissenschaft ist er ein wertvolles Puzzlestück, um mehr über das Leben im Wald zu erfahren. Und auch für Naturinteressierte bietet er die Möglichkeit, den unsichtbaren Bewohnern des Waldes näherzukommen.