Bäume sind genetisch die variabelsten Organismen unseres Planeten. Ihre genetische Vielfalt ist gefährdet und benötigt daher unseren Schutz sowie einen sorgsamen Umgang mit dieser Ressource. Eine nachhaltige Forst­wirtschaft muss ebenso aus genetischer Sicht nachhaltig sein, damit sich auch in Zukunft unsere Bäume erfolgreich an neue Umwelten anpassen können. Generhaltungswälder und Plantagen, welche den Genpool ge­fähr­deter Baum­arten schützen, tragen maßgeblich zu diesem wichtigen Ziel bei.

Die meisten Baumarten besiedeln große Areale und sind auch aufgrund ihrer langen Lebensdauer sehr vielfältigen Um­welt­bedingungen ausgesetzt. Die Anpassung des einzelnen Baumes und damit auch des Bestandes an verschiedene Umweltbedingungen wird maßgeblich über die Anzahl verschiedener Genvarianten (= genetische Vielfalt) gesteuert. Daher wird verständlich, dass insbesondere Baumpopulationen eine sehr hohe genetische Vielfalt zum langfristigen Überleben benötigen, um so ihre ökologischen und wirtschaftlichen Funktionen erfüllen zu können.

Zahlreiche Gefährdungen der Biodiversität

Unglücklicherweise ist diese genetische Vielfalt, das heißt die Biodiversität inner­halb der einzelnen Art, zahlreichen Gefährdungen ausgesetzt.

  • Die Zersplitterung der Baumvor­kommen beschränkt den Pollen- und Samenaustausch zwischen den Be­ständen;
  • der Klimawandel bedroht die genetische Vielfalt, da „Wanderungsbewegungen“ der Baumarten heute großteils nicht mehr möglich sind und die Klimaänderung für manche Baumarten zu schnell vor sich geht;
  • die künstliche Einbringung von stand­örtlich nicht angepassten Jungpflanzen kann in späterer Folge dazu führen, dass durch Vermischung der Erbanlagen in den Folgegenerationen die lokale Anpassung verloren geht;
  • besonders bei seltenen Baumarten werden oft nur wenige Samenbäume beerntet, sodass das daraus gewonnene Pflanzgut eine geringe genetische Vielfalt besitzt.

Als Folge der ersten Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (nunmehr bekannt als Forest Europe) wurden in den meisten europäischen Ländern nationale Strategien für die Generhaltung in den Wäldern umgesetzt. Auch in Österreich sind gezielte Maßnahmen zur Erhaltung der genetischen Vielfalt in Generhaltungswäldern und Generhaltungssamenplantagen getroffen worden.

Generhaltungswälder müssen zusammenhängende größere Fläche haben

Generhaltungswälder sollen eine Größe von 30 ha und mehr haben und möglichst auch alle Altersstufen sowie Bestandesstrukturen der jeweiligen Zielbaumart und Waldgesellschaft beinhalten. Dabei sollten mindestens 500 Individuen der Zielbaumart vorhanden sein. Es ist möglich, auch mehrere Zielbaumarten in einem Generhaltungswald zu schützen.

Generhaltungswälder sollen eine Größe von 30 ha und mehr haben und möglichst auch alle Altersstufen sowie Bestandesstrukturen der jeweiligen Zielbaumart und Waldgesellschaft beinhalten. Dabei sollten mindestens 500 Individuen der Zielbaumart vorhanden sein. Es ist möglich, auch mehrere Zielbaumarten in einem Generhaltungswald zu schützen.

Um negative Einflüsse auf die Verjüngung des Generhaltungswaldes durch Pollen- und Sameneintrag zu verhindern, dürfen angrenzende Bestände nicht mit genetisch ungeeigneten Herkünften bestockt sein. Durch gezielte Maßnahmen soll sich die Zielbaumart natürlich verjüngen bzw. die betreffende Baumart im Bestand gefördert werden, daher sind in Generhaltungswäldern waldbauliche Eingriffe möglich und unter Umständen ­sogar erforderlich, einerseits um die Natur­verjüngung zu fördern, andererseits um die Strukturvielfalt zu erhöhen. Die Regulierung des Wildbestandes gehört ebenso zu den Aufgaben der Pflege.

In diesen Generhaltungswäldern soll der vielfältige Genpool durch eine Neukombination der Erbanlagen im Zuge der sexu­ellen Reproduktion und natürlichen Auslese möglichst ungehindert ablaufen können, um auch bei Umweltänderungen sehr gut angepasste Genressourcen zur Verfügung zu haben. Eine Gewinnung von Saatgut aus diesen Wäldern ist ausdrücklich erwünscht.

Tabelle 1: Anzahl und Fläche der Generhaltungswälder in natürlichen Waldgesellschaften in Österreich (Stand 2015)
Natürliche Waldgesellschaft (Hauptgruppe)AnzahlFläche (ha)
Lärchen-Zirbenwälder19823,3
Karbonat-Lärchenwald4103,5
tiefsubalpiner Fichtenwald431.810,2
montaner Fichtenwald10232,2
Fichten-Tannenwald441.267,2
Fichten-Tannen-Buchenwald782.819,5
Buchenwald26447,8
Eichen-Hainbuchenwald19320,0
bodensaurer Kiefern-Eichenwald13165,5
Lindenmischwald627,0
Bergahorn- und Bergahorn-Eschenwald959,5
Bergahorn-Buchenwald22,5
Schwarzerlen-Eschenwald15,7
Grauerlen(-busch)wald, (-auwald)115,0
Berg-Spirkenwald449,8
Latschengebüsche (alpine Latschengebüsche, -moorwald)115,0
Weißkiefern-Birken-Spirken-Moorwald339,0
Karbonat-Kiefernwald8181,0
Silikat-Kiefernwald183,0
Schwarzkiefernwald (Schwarzkiefernwald des Alpenostrandes und südostalpiner Hopfenbuchen-Schwarzkiefernwald)4214,9
Auwald329,9
Sondergesellschaft – Eibe11157,6
Sondergesellschaft.- Speierling12,0
Sondergesellschaft – Edelkastanie16,6
Summe3128.877,7

Derzeit sind in Österreich 312 Generhaltungswälder in 24 Waldgesellschaften mit einer Gesamtfläche von fast 8.900 ha eingerichtet worden (Tabelle 1). Die geografische Verteilung der Reservate ist etwas ungleichmäßig (Abbildung 2): Während etwa in Kärnten und Tirol sehr viele Bestände identifiziert wurden, fehlen diese in weiten Teilen Oberösterreichs und im öst­lichen Niederösterreich.

Die österreichischen Generhaltungswälder sind Teil eines für Europa harmonisierten Netzwerkes (www.eufgis.org). Diese Website basiert auf einer Datenbank, an deren Erstellung das BFW maßgeblich beteiligt war. Die Betreuung und Revision dieser Generhaltungswälder fällt in eine der gesetzlich vorgeschriebenen Aufgabenbereiche des BFW und ist mit erheblichem Aufwand verbunden.

Derzeit wird in Abstimmung mit dem Biodiversitätsindex Wald evaluiert, welche Generhaltungswälder künftig weitergeführt werden sollen bzw. in welchen Wuchsgebieten neue gewidmet werden sollen. Die Bewirtschaftung und Widmung der Wälder geschehen in Abstimmung mit den Waldbesitzern, allerdings gab es dafür bisher leider keine Förderungen. Dies soll sich im Rahmen des neuen Programmes zur Ländlichen Entwicklung 2014-2020 in Österreich ändern.

Dort wo eine Erhaltung vor Ort (in situ) in natürlich vorkommenden Wäldern möglich ist, wird in Generhaltungswäldern die genetische Vielfalt einzelner Baumarten gesichert und gegebenenfalls gefördert. Bei bestimmten, seltenen Baumarten sind die Populationen bzw. Einzelindividuen so stark zerstreut, dass auf natürliche Weise kein Saatgut hoher genetischer Vielfalt mehr produziert ­werden kann. In solchen Fällen werden Populationen künstlich in Form von Generhaltungsplantagen außerhalb des natür­lichen Ortes (ex situ) begründet, um Saatgut mit einer ausreichend hohen genetischen Vielfalt der Forstwirtschaft wieder zur Verfügung stellen zu können.

55 Generhaltungsplantagen

Erhaltungssamenplantagen wurden insbesondere für seltene Baumarten eingerichtet, von denen keine ausreichend großen, natürlichen Populationen mehr existieren. Dabei werden wie in Obstkulturen üblich kleine Zweigteile (Reiser) ausgewählter Bäume auf sogenannten Unterlagspflanzen veredelt und so das Erbgut mehrfach kopiert (Klon). Diese Kopien einzelner Bäume werden dann in Generhaltungsplantagen so ausgepflanzt, dass bei einer allfälligen Saatgut­produktion eine Befruchtung durch möglichst verschiedene Klone ermöglicht wird.

Beginnend in den 1990er Jahren, wurden bisher insgesamt 55 Gener­haltungs­plantagen von 18 Baumarten angelegt. Die aufwändige Pflege und Betreuung der Plantagen werden teilweise vom BFW selbst bzw. in Kooperation mit Partnern in den Bundesländern (Landesforstgärten Tirol, Steiermark, Landesforstdienste Oberösterreich, Niederösterreich, Burgenland und Vorarlberg) sowie der Österreichischen Bundesforste AG durchgeführt. Mittlerweile ist das Saatgut aus diesen Erhaltungsplantagen zu einer nachgefragten Ware bei den österreichischen Baumschulen geworden.

Auch hier wird derzeit evaluiert, ob bestimmte Plantagen – etwa jene von den Wirtschaftsbaumarten – als Generhaltungsplantagen weitergeführt werden sollen. Neuanlagen von Plantagen sind ebenso geplant, besonders bei Baumarten, bei denen ein sehr hoher Anteil des am Markt verfügbaren Materials aus dem Ausland kommt (Stieleiche, Vogelkirsche, Spitzahorn).

Nur genetisch diverse Wälder schaffen viele Nischen

Durch diese Maßnahmen wird dem Verlust an genetischer Vielfalt entgegen­gewirkt und damit auch die Biodiversität auf allen Ebenen gesteigert. Nur genetisch diverse Wälder schaffen die Vielzahl von Nischen, die nötig sind, um eine Vielzahl von anderen Organismen zu beherbergen. Auch die Anpassungsfähigkeit und Resistenz der Wälder gegen biotische und abiotische Schadfaktoren hängen stark von der genetischen Vielfalt der Baumbestände ab, und damit letztlich auch deren wirtschaftliche Nutzung und die damit verbundene Wertschöpfung. Die forstliche Generhaltung spielt daher in Österreich eine wichtige Rolle, um die Vielfalt und Wuchskraft der Wälder auch in schwierigen Zeiten für künftige Generationen zu erhalten.