Während von den rund 14 Millionen Fichtenpflanzen, die jährlich in Österreich verkauft werden, nur rund 1 % aus dem Ausland stammen, ist der Anteil nicht-österreichischen Ursprungs bei den nicht bestandesbildenden Baumarten sehr viel größer. Diese Baumarten werden meist natürlich verjüngt, bei Bestandesumwandlungen ist aber eine Kunstverjüngung unvermeidbar. Bei Winterlinde und Vogelkirsche beträgt der Anteil der Jungpflanzen aus dem Ausland im Schnitt schon 70 %, beim Spitzahorn liegt der Anteil bereits bei über 95 % (Quelle: Bundesamt für Wald).

Über die genetische Variation der seltenen Baumarten ist wenig bekannt. Daher wird generell empfohlen, regionales Vermehrungsgut zu verwenden. Von den seltenen Baumarten existieren heute oft nur noch stark fragmentierte Reliktbestände, so dass der genetische Austausch zwischen diesen oft unterbunden oder stark eingeschränkt ist; dies führt langfristig über Inzuchterscheinungen zur Abnahme der Vitalität dieser Populationen und kann letztlich deren Erlöschen verursachen.

Zu wenig Saatgut von seltenen Baumarten vorhanden

Als Gegenmaßnahme wurde bereits in den 1990er Jahren auf europäischer Ebene begonnen Generhaltungsmaßnahmen umzusetzen: Durch die Einrichtung von Generhaltungswäldern (in situ) und Saatgutplantagen (ex situ) sollte die genetische Information aller Baumarten für die kommenden Generationen bewahrt werden. Obwohl in Österreich eine Reihe von Plantagen für viele Baumarten angelegt werden konnten, kann der Bedarf an Saatgut für viele Baumarten, zum Beispiel die meisten Ulmenarten, Feld- und Spitzahorn sowie die Eibe, aus heimischen Quellen nicht gedeckt werden.

Es muss betont werden, dass im Idealfall neben der Bereitstellung von Vermehrungsgut aus Plantagen auch Saatgut aus natürlichen Beständen geerntet werden sollte. Eine Beerntung von ausgewählten Erntebeständen oder Einzelindividuen in Beständen bietet sich hier an. Bei den nicht bestandesbildenden Baumarten, wie etwa Bergahorn und Schwarzerle, welche den Regelungen des Forstlichen Vermehrungsgut unterliegen, müssen mindestens zehn Mutterbäume beerntet werden. Sehr seltene Arten wie z.B. Sorbus-Arten, Ulmen und Eibe können sogar ohne Vorschriften beerntet werden.

Standards werden in Osteuropa nicht eingehalten

Die Herkunft des Pflanzgutes der seltenen Baumarten ist daher dem Konsumenten nicht bekannt. Saat- und Pflanzgut können sowohl aus dem Ausland eingeführt werden. Sehr billig aus Osteuropa, da hier die Lohnkosten um ein Vielfaches niedriger sind als in Österreich und es werden hier keinerlei Standards bei der Saatgutgewinnung eingehalten. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass Saatgut mit geringer genetischer Vielfalt in den Handel gelangt, wenn nur wenige Mutterbäume beerntet wurden oder wenn Saatgut nur von einem einzelnen Mutterbaum gewonnen wurde.

Dies bedeutet, dass die nächste Baumgeneration von Individuen gebildet wird, die möglicherweise weder lokal angepasst sind, noch die genetische Vielfalt aufweisen, um sich in Zukunft anpassen zu können. Zusätzlich kommt es dann zur Durchmischung der Erbanlagen mit den heimischen Populationen, wodurch diese dauerhaft beeinflusst werden können und unter Umständen durch Vitalitätsverlust die ökologische und wirtschaftliche Funktion langfristig nicht erfüllen können.

Was dies für die Population bedeutet, kann durch ein Zahlenbeispiel belegt werden: Vom Speierling gibt es in Österreich noch (geschätzte) 500 Altbäume; in den letzten Jahrzehnten sind sicherlich aber Tausende, oft mit unbekannter Herkunft, gepflanzt worden. Hier spricht man von "swamping", das heißt der heimische Genpool wird von anderem Material "überschwemmt" und somit ausgelöscht.

Natürlich ist nicht jedes Vermehrungsgut aus dem Ausland für eine bestimmte Region in Österreich ungeeignet; die Naturräume kennen keine politischen Grenzen. Es wäre allerdings wichtig sicherzustellen, dass in allen Nachbarländern auch für seltene Baumarten Standards zur Herkunftssicherheit und Erhaltung der genetischen Vielfalt bei der Beerntung (Anzahl der Mutterbäume, Größe des Bestandes) eingehalten werden.

Was kann auf nationaler Ebene getan werden?

Zunächst einmal sollten für die fehlenden Baumarten neue Erhaltungsplantagen angelegt werden; optimal wäre hier natürlich eine möglichst hohe Anzahl von Klonen, um die genetische Vielfalt einer Region dauerhaft zu sichern. Pro Plantage sollten etwa 50 Klone verwendet werden. Darüber hinaus ist aber auch die Bewirtschaftung der Erhaltungsplantagen zu optimieren, um ausreichende Samenmengen auch wirtschaftlich beernten und auf den Markt bringen zu können. Das BFW bemüht sich hier aktiv um entsprechende Mittel, um diese Maßnahmen umsetzen zu können.

Andererseits muss in der Bevölkerung und insbesondere bei den verantwortlichen Waldbewirtschaftern das Bewusstsein für die Bedeutung der genetischen Vielfalt und den Wert der seltenen Baumarten gestärkt werden. Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, die vitale Bestände bzw. auch nur Vorkommen der seltenen Arten ihr Eigen nennen, sollten sich aktiv um die Beerntung bemühen. So kann jeder Waldbesitzer seinen Beitrag zur Erhaltung der genetischen und Artenvielfalt beitragen.

Das BFW steht auch hier gerne beratend zur Seite. Die fachgemäße Gewinnung und Anzucht des Vermehrungsgutes der selteneren Baumarten schlägt sich natürlich auch im Preis nieder – Qualität steigert letztlich die Wertschöpfung und dies sollte dem Waldbewirtschafter etwas wert sein.