Die Vogelkirsche (Prunus avium L.) gehört zu den seltenen Baumarten in unseren Wäldern. Daher liefert eine Großrauminventur mit einem weiten Stichprobenraster wie die Bundeswaldinventur (BWI) nur Anhaltspunkte über ihr Vorkommen. Trotzdem erscheint es interessant, das Auftreten der Vogelkirsche im Spektrum der von der 2. Bundeswaldinventur (Stichjahr 2002) erfassten Baumarten zu beleuchten.
Bevorzugt am Waldrand
Abb. 1: Kirschblüten. (Foto: FVA/Weidner)
Die Vogelkirsche gehört zur Gruppe der so genannten "anderen Laubbäume mit niedriger Lebenserwartung" (ALN), die laut 2. Bundeswaldinventur bundesweit einen Anteil von 4 Prozent erreicht. Der Anteil der Vogelkirsche an der gesamten Baumartenfläche liegt im Gesamtwald bei 0,4 Prozent, dies entspricht einer Baumartenfläche von fast 39.000 ha. Innerhalb der Baumartengruppe der ALN steht sie mit einem Anteil von gut 10 Prozent hinter Erlen-, Birken- und Weidenarten an vierter Stelle. Die Vogelkirsche gilt als typische Waldrand-Baumart. Dieser Charakter lässt sich auch aus den Aufnahmen der Bundeswaldinventur bestätigen. Für die BWI-Probebäume mit einem Brusthöhendurchmesser ab 7 cm lässt sich der Abstand zum Waldaußenrand berechnen; und bei der Vogelkirsche befindet sich in der Tat rund ein Viertel des Vorkommens dieses Kollektivs in einem Streifen von 15 m entlang von Waldaußenrändern.
Eher im Westen
Tab. 1: Vorkommen der Vogelkirsche im Bundesgebiet nach der 2. Bundeswaldinventur (Stichjahr 2002).
Nach Bundesländern betrachtet ist sie relativ am häufigsten in Rheinland-Pfalz, im Saarland, in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Hessen vertreten. Betrachtet man die absolute Fläche, hat sie ihre größten Flächen, die zusammen gut 80 Prozent des bundesdeutschen Vorkommens ausmachen, in den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Sie ist damit eine Baumart, die weit überwiegend mit 94 Prozent ihrer Fläche in den westlichen Bundesländern vorkommt. In Baden-Württemberg nimmt laut Bundeswaldinventur die Vogelkirsche eine Fläche von rund 5.700 ha ein, wobei hier nur Bäume erfasst sind, die zum Hauptbestand gehören.
Betrachtet man das Vorkommen der Vogelkirsche nach Wuchsgebieten, so hat sie bundesweit gesehen ihre größte Fläche im Neckarland. Andere nennenswerte Vorkommen finden sich in Rheinland-Pfalz im Saar-Nahe-Bergland, Hunsrück, Moseltal und Mittelrheintal, in Bayern auf der Fränkischen Platte, in Nordrhein-Westfalen im Bergischen Land, Sauerland und der Niederrheinischen Bucht, im Saar-Hügel- und Bergland des Saarlandes sowie in Niedersachsen im Südniedersächsischen Bergland.
Vorrat und Zuwachs
Der gesamte bundesdeutsche Derbholzvorrat der Vogelkirsche erreicht 2002 einen Wert von 8,2 Mio. Vorratsfestmetern in Rinde, davon stehen 1,2 Mio. in Baden-Württemberg.
Die gesamte Zahl der Vogelkirschen mit einem Brusthöhendurchmesser in Rinde von mindestens 7 cm beläuft sich in Deutschland auf rund 33 Mio. Exemplare mit einem mittleren Volumen von ca. 0,25 m³ Derbholz in Rinde. Etwas mehr als die Hälfte ist jünger als 40 Jahre, nur 1,5 Prozent älter als 100 Jahre. Trotz des geringen Stichprobenumfangs lässt sich auch der laufende periodische Volumenzuwachs für die Periode 1987 bis 2002 im alten Bundesgebiet abschätzen: Die Vogelkirsche weist als mittleren Wert über alle Vorkommen einen periodischen Zuwachs von ca. 10 m³ Derbholz in Rinde pro ha und Jahr auf.