Das Jahr 2015 stellte innerhalb der vergangenen Dekade das erste einer Abfolge von Trockenjahren in Bayern dar, gefolgt von 2018 und 2019. Nach Hitzeeinwirkung und anhaltender Trockenheit zeichnete die Waldkiefer (Pinus sylvestris) im Rednitz- und Regnitzbecken deutlich. Seitdem häuften sich die Meldungen über abgängige Kiefern. Es wurde beschrieben, dass die Kiefer zunächst mit vergilbten oder verbraunten Nadeln "zeichnete" und daraufhin abstarb. Zugleich wurde ein mehr oder weniger starker Befall durch Misteln gemeldet. Zum Teil wurden an den Kiefern Fraßbilder von rinden- oder holzbrütenden Insekten festgestellt. Zum Teil starben die Kiefern nach der ersten Feststellung von Symptomen innerhalb kurzer Zeit ab. Bei einem solch raschen Verlauf des Schadgeschehens war eine Beteiligung von zoologischen oder phytopathologischen Erregern wahrscheinlich.

Beprobung im Raum Nürnberg

Um mehr über das Schadgeschehen an der Kiefer im Raum Nürnberg zu erfahren und die beteiligten Schaderreger zu identifizieren, wurden im Sommer 2020 im Raum Nürnberg an fünf Probekreisen 74 Kiefern beprobt. Vom örtlichen Forstbetrieb der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) wurde eine kreisförmige Verbreitung des Schadens vermutet. Man beobachtete ausgehend von abgestorbenen Kiefern weitere Abgänge im näheren Umfeld. Folglich wurden Probekreise für das Versuchsdesign gewählt. Das Zentrum der Probekreise bildeten stark vitalitätsgeschwächte oder bereits abgestorbene Kiefern. Um diese "Brandherde" herum wurden die nächstgelegenen lebenden und bereits abgestorbene Kiefern als Probebäume bestimmt.

Im ersten Schritt wurden Kiefern für die Untersuchungen ausgewählt und die Vitalität der Einzelbäume bestimmt. Erfasste Vitalitätsmerkmale waren Nadelverlust, Verbraunung der Nadeln und Mistelbefall jeweils in Klassen. Im zweiten Schritt wurden die Kiefern gefällt. Entlang des Stammes und der Krone wurde nach Hinweisen auf den Befall durch holz- oder rindenbrütende Insekten oder Pilzbefall gesucht. In einem dritten Schritt wurden Proben im Labor ausgewertet. Durch DNA-Barcoding konnten Funde von Insekten eindeutig bestimmt werden.

Geringer Befall durch biotische Schaderreger

Die beprobten Kiefern wiesen deutliche Vitalitätsverluste auf: Von den 74 beprobten Kiefern waren sieben bereits abgestorben und 67 vitalitätsgeschwächt. Über 80 % der Kiefern hatten zum Zeitpunkt der Erhebungen schon mehr als 40 % ihrer Nadeln verloren. Durch die im ersten Schritt bestimmte Vitalität der Einzelbäume konnte der Befall durch biotische Schaderreger mit der Vitalität der Kiefern in Verbindung gebracht werden. Der Befall durch rinden- und holzbrütende Insekten wurde besonders an bereits abgestorbenen oder stark geschwächten Kiefer gefunden. Kiefern mit relativ vitalem Erscheinungsbild waren dagegen nur selten und in geringer Intensität befallen. Die Befürchtungen eines massiven Auftretens von Schadinsekten auf den Versuchsflächen bewahrheiteten sich im Sommer 2020 also nicht.

An den lebenden Kiefern waren außer dem Blauen Kiefernprachtkäfer nur wenige andere Arten in geringem Umfang zu finden. An abgestorbenen oder stark vitalitätsgeschwächten Kiefern wurden dagegen der Große und Kleine Waldgärtner (Tomicus piniperda, T. minor), der Kiefernrüssler (Pissodes pini) und weitere Borkenkäferarten gefunden (vgl. Tab. 1). Auch Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) und Buchdrucker (Ips typographus) konnten an den beprobten Kiefern nachgewiesen werden. Das Auftreten der beiden Arten verdeutlicht die potenzielle Gefährdung der Kiefer, wenn Fichten-Käferholz in Kiefernbeständen gelagert wird. Außerdem waren verschiedene Bockkäferarten zahlreich an den Probebäumen anzutreffen (Tab. 1). Diese sind aus Sicht des Waldschutzes aber nicht relevant und z. T. sogar positiv einzuschätzen.

Mit Blick auf die Holzentwertung sind sie aber durchaus von Bedeutung. Der Blaue Kiefernprachtkäfer nimmt beim Schadgeschehen auf den Probeflächen eine besondere Rolle ein. Es deutet sich an, dass diese Art die Kiefern bereits zu einem früheren Zeitpunkt als andere Arten besiedelt.

P. cyanea trat an noch lebenden Kiefern und an Bäumen mit geringeren Nadelverlusten auf. Nachweise von einzelnem Befall durch die Art gab es bereits ab Nadelverlusten von 20 %. Die Art befällt also Bäume mit einem relativ vitalen äußeren Erscheinungsbild. Einzelner Befall durch den Rindenbrüter muss aber nicht zwangsläufig zum Absterben der Kiefern führen. Ist die Kiefer vital genug, kann sie den Larvenfraß abwehren und ausheilen.

Häufiger, stammumfassender – und damit wahrscheinlich für die Kiefer tödlicher – Befall von P. cyanea trat erst bei deutlichen Benadelungsdefiziten (ab Nadelverlusten von 40 % oder mehr) auf. Ein weiteres Indiz für ein größeres Schadpotenzial ist die Häufung der Funde von P. cyanea. Die Art wurde im Vergleich zu allen anderen an mehreren beprobten Kiefern nachgewiesen. Zu erwähnen ist außerdem, dass bei der Beprobung die Art P. cyanea in allen Bereichen vom Erdstamm bis zur Krone aufgetreten ist. Eine weitere Art des Kiefernprachtkäfers, der Phaenops formaneki, konnte hingegen nicht nachgewiesen werden.

Die Feststellungen über den Blauen Kiefernprachtkäfer bestätigen Erkenntnisse aus dem Wallis in der Schweiz. Versuche ließen dort den Schluss zu, dass dem Blauen Kiefernprachtkäfer lokal die Rolle eines primären Schadinsekts zukommen kann. In diesem Zusammenhang wird oft auch der Sechszähnige Kiefernborkenkäfer (Ips acuminatus) genannt, der im Raum Nürnberg allerdings nur in sehr geringem Umfang gefunden wurde.

Blauer Kiefernprachtkäfer (Phaenops cyanea und formaneki):

Der Blaue Kiefernprachtkäfer ist durch seinen zickzackförmig verlaufenden Fraß in Borke und Bast zu erkennen. Die Fraßgänge gewinnen mit dem fortschreitenden Larvenfraß an Breite. Die Larve hat eine typische Kochlöffelform (Abb. 7). Das Fraßmehl des Blauen Kiefernprachtkäfers unterscheidet sich durch seine wolkenartig-verpresste Form von anderen Fraßbildern. Im Gegensatz zum Fraßmehl von bspw. Bockkäfern sind darin keine Holzspäne enthalten. Das Ausbohrloch des blaugrün glänzenden Käfers hat eine schrägovale Form (D-förmig). Die Generationsabfolge ist ein- bis zweijährig. Die Art P. cyanea tritt erfahrungsgemäß eher im grobborkigen Bereich auf. P. formaneki ist dagegen vor allem im Bereich der Spiegelrinde anzutreffen.

  • Flugaktivität: ab Mai mit Hauptschwärmzeit von Juni bis August
  • Verpuppung: in der Grobborke
  • Befallsmerkmale: charakteristischer Fraßgang, Spechtabschläge (Abb. 6), schrägovale Ausbohrlöcher

Blick auf Diplodia

Als weiterer biotischer Schaderreger war der Pilz Sphaeropsis sapinea Syn. Diplodia pinea, Verursacher des Diplodia–Triebsterbens, an der Kiefer anzutreffen. Um die Präsenz des Pilzes innerhalb der Probekreise nachzuweisen, wurde auf Fruchtkörper (Pyknidien) und Sporen von S. sapinea an Zapfen im Bestand kontrolliert. Der Befall der Bäume selbst wurde anhand des Anteils des Splintholzes mit der typischen Blaufärbung an Fällschnitt, Trennschnitten entlang des Stammes und an vier Schnitten an der Hauptachse der Krone bestimmt. Das Diplodia-Triebsterben wurde in allen fünf Probekreisen nachgewiesen.

Die Beobachtungen deuten darauf hin, dass das Diplodia-Triebsterben erst zu einem späten Stadium im Absterbeprozess zu großflächiger Bläue führt. Bisher ist noch unklar, in welchem Umfang die Anwesenheit geringer Mengen des Myzels (noch vor dem Auftreten der Verfärbung) zur Schwächung des Baumes beiträgt und wie weit es bereits im Stamm verbreitet sein könnte, bevor die Bläue erkennbar wird. Ein starker Befall kann im Zusammenhang mit dem Absterben der Kiefern innerhalb eines Jahres stehen. Eine Infektion mit S. sapinea muss aber nicht zwangsläufig dazu führen, besonders unter sich verbessernden Umweltbedingungen. Stresssituationen kann der Pilz jedoch nutzen, besonders da er oftmals bereits endophytisch und symptomlos in den Zweigen vorhanden sein kann.

Diplodia-Triebsterben (Sphaeropsis sapinea Syn. Diplodia pinea):

Typisch für den Befall von Kiefern mit dem Diplodia-Triebsterben sind die verbraunten Nadeln an den Triebspitzen. Die befallenen Triebe krümmen sich und zeigen starken Harzfluss. Die schwarzen Fruchtkörper (Pyknidien) können sowohl an der Nadelbasis als auch auf der Rinde sichtbar werden. Der darunter liegende Holzkörper ist durch das Myzel des Pilzes blau verfärbt. Die Verfärbung ist dementsprechend schon bei der Fällung sichtbar. Andere Pilze können nachträglich das Holz besiedeln und zu weiteren Verfärbungen führen.

Interpretation der "Momentaufnahme"

Die Beprobung kann nur als Momentaufnahme der Kiefernschäden gewertet werden. Sie war auf eine Region beschränkt, mit Schwerpunkt auf biotischen Schaderregern, zu einem bestimmten Zeitpunkt im Sommer 2020: Insgesamt war hier der Einfluss der rinden- und holzbrütenden Insekten sowie der pilzlichen Erreger auf den ausgewählten Probeflächen gering. Hier könnte sich eine Erholung im Jahr 2020 mit etwas günstigerer Witterung für die Kiefer abzeichnen. Über den Sommer 2020 gab es – im Gegensatz zu den beiden Vorjahren – immer wieder Niederschläge. Zudem waren sehr heiße Tage im Jahr 2020 seltener. Das könnte zu einem Rückgang der Insektenpopulationen und der pilzlichen Schaderreger geführt haben. Möglicherweise ist auch die Besiedelungsspitze bereits in den vorherigen Extremjahren erreicht worden.

Es lässt sich ableiten, dass im Rahmen von Sanitärmaßnahmen im Waldschutzjahr 2020 eine Entnahme von absterbenden und abgestorbenen Kiefern ausreichend war. Das ist insofern von Interesse, da bei der Bekämpfung des Blauen Kiefernprachtkäfers der Brutraumentzug zu einer weiteren Auflichtung und Erwärmung der Kronen und somit zu einer erhöhten Disposition des verbleibenden Bestandes führen würde. Das würde wiederum die Brutbedingungen für den Blauen Kiefernprachtkäfer verbessern. Aus Sicht des Waldschutzes gibt es also derzeit keine allgemeingültige Empfehlungen für mögliche sanitäre Maßnahmen in den betroffenen Kieferbeständen.

Wie geht es weiter mit der Kiefer im Raum Nürnberg?

Auslösend für das Schadgeschehen an der Kiefer waren mit großer Wahrscheinlichkeit die vorangegangenen Extremjahre. Trotz festgestellter herabgesetzter Vitalität war der Befall durch Schadinsekten und pilzliche Erreger im Sommer 2020 gering. Rindenbrütende Insekten könnten aber dennoch zum Absterben der Kiefern beitragen oder den Prozess des Absterbens beschleunigen. Da sich solche Extremjahre in Zukunft voraussichtlich häufen werden, nimmt im Zuge der Klimaerwärmung auch die Disposition der Kiefer gegenüber Schaderregern zu. Dadurch könnten die bisher als sekundär beschriebenen Schadinsekten zunehmend an Bedeutung gewinnen. Es ist daher wichtig, das Schadgeschehen weiter zu beobachten.

Die Ergebnisse der Beprobung in Nürnberg sind aus Sicht des zoologischen Waldschutzes beruhigend. Auf den Probeflächen wurden keine besonders hohen Dichten von Schadinsekten an der Kiefer gefunden. Trotzdem war die Vitalität der Kiefern auf den Probekreisen deutlich herabgesetzt. Die hohen Sommer- und Wintertemperaturen, in Verbindung mit den niedrigen Niederschlägen, sind für das natürliche Verbreitungsgebiet der Waldkiefer untypisch. Das Wettergeschehen scheint der entscheidende Treiber des Schadgeschehens zu sein.

Neben Sanitärhieben als kurzfristiger Maßnahme und langfristigem Waldumbau mit klimatoleranteren Baumarten können sich Durchforstungsmaßnahmen positiv auf die Vitalität von Kiefernwäldern auswirken. Untersuchungen aus der Schweiz belegen eine höhere Widerstandskraft gegenüber Trockenheit bei durchforsteten Beständen. Außerdem zeigten sich an gut durchforsteten Beständen positive Effekte auf den Kronenzustand der Kiefern und das Schadniveau blieb geringer.

Die Waldkiefer mag es kühl und trocken

Die Reaktion der Kiefer auf die vergangenen Hitze- und Trockenjahre zeigt schon jetzt an, dass die Baumart mit der zukünftigen Witterung ihre Probleme haben könnte. In Zukunft werden solche Extremjahre keine Seltenheit mehr sein. Eigentlich ist die Kiefer eine Baumart des kühlen und trockenen Klimas und bringt daher für die Zukunft keine erfolgversprechenden Voraussetzungen für den Großraum Nürnberg mit. Ganz im Gegenteil: Die Temperaturen steigen weiter an und der Anbau der Waldkiefer wird risikoreicher. In erster Linie sind also abiotische Faktoren für den aktuellen Schadprozess an der Baumart Kiefer verantwortlich. Durch die Vitalitätsverluste wird die Kiefer anfälliger gegenüber Schaderregern. Langfristig gesehen gelten also auch für risikoreiche Kiefernbestände die Grundsätze des Waldumbaus.