Seit 1983 wird die Waldzustandserhebung (WZE) immer im gleichen Zeitraum Ende Juli bis Anfang August durch die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) durchgeführt. Auch im Jahr 2023 fand diese jährliche Großrauminventur wieder statt. Die LWF organisiert dabei die Aufnahmen, stellt die Kontrollteams zusammen und wertet anschließend die Ergebnisse aus. Die Aufnahmen selbst werden seit 2022 durch externe forstliche Sachverständige durchgeführt. Im Jahr 2023 waren rund 25 Personen an den Aufnahmen beteiligt. Am 06.12.2023 wurden die Ergebnisse dann durch Frau Staatsministerin Kaniber dem Bayerischen Landtag im Rahmen des Waldberichts vorgestellt. Der Bericht rief nicht zuletzt angesichts der allerorts auftretenden Schäden in den bayerischen Wäldern wieder reges Interesse bei den Landtagsabgeordneten und der Öffentlichkeit hervor.

2023 wurden an über 450 zufälligen, systematisch über Bayern verteilten Stichprobenpunkten rund 17.000 Bäume hinsichtlich ihrer Vitalität begutachtet. Dabei dient der Nadel- beziehungsweise Blattverlust im Vergleich zu einem gesunden "Referenzbaum" als unspezifisches, aber deutliches Symptom für die Vitalitätsminderung und der Schadeinstufung. Neben der Kronenverlichtung werden bei der WZE sämtliche anderen erkennbaren Schäden am Baum – beispielsweise Fraßschäden durch Insekten oder durch abiotische Einflüsse entstandene Schäden – aufgenommen, welche Einfluss auf die Vitalität haben.

Unter den rund 17.000 Probebäumen fanden sich im Jahr 2023 circa 7.000 Fichten, 3.600 Kiefern, 2.500 Buchen, 1.000 Eichen (Stiel- und Traubeneichen) und 550 Weißtannen. Weitere Baumarten, die Teil der Inventur waren und nicht nur an vereinzelten Inventurpunkten vorkamen, sind Bergahorn (500), Schwarzerle (350), europäische Lärche (340), Birke (330), Esche (280) Winterlinde (140), Hainbuche und Douglasie (je 130). In Summe wurden dieses Jahr 44 verschiedene Baumarten bei der WZE begutachtet.

Abbildung 2 gibt einen ersten Überblick, wie sich der durchschnittliche Nadel- beziehungsweise Blattverlust in den letzten 25 Jahren entwickelt hat. Die mittlere Kronenverlichtung der bayerischen Bäume stieg in den letzten Jahren tendenziell an und erreichte 2023 einen Wert von 26,0 % und liegt damit auf demselben Niveau wie 2021. Die Grafik zeigt anschaulich, dass jeweils in den auf Dürre und Hitzeperioden folgenden Jahren der durchschnittliche Nadel- beziehungsweise Blattverlust ansteigt, wie etwa in den Folgejahren nach 2003, 2015 sowie 2019. Entsprechend erfolgte auch auf den trockenen und heißen Sommer 2022 eine Erhöhung um 2,2 Prozentpunkte.

Betrachtet man die Hauptbaumarten gesondert, sind weitere Unterschiede erkennbar.

Fichte: Der Nadelverlust der Fichten erreichte mit 25,1 % einen um 1,7 Prozentpunkte höheren Wert als im Vor­jahr. Die höchste Kronenverlichtung bei der Fichte wurde in Oberfranken festgestellt. Im Vergleich zum Vorjahreswert von 29,2 % Nadelverlust verbesserte sich der durchschnittliche Wert etwas auf 27,3 %. Allerdings sind dort seit dem Jahr 2022 aufgrund von natürlichem Absterben oder (Zwangs-)Nutzung rund 19 % der Probebäume aus der Stichprobe gefallen. Fichten mit einem deutlichen Schaden, also über 25 % Nadelverlust, waren zu über einem Drittel (34,4 %) in der Inventur vorhanden. Nur 14,7 % der aufgenommenen Fichten waren ohne Schadmerkmale.

Kiefer: Die bayerischen Kiefern erreichten 2023 einen durchschnittlichen Nadelverlust von 31,1 %, im Vorjahr waren dies noch 29,1 %. In den Mittelfränkischen Kieferngebieten erhöhte sich die durchschnittliche Kronenverlichtung um 0,6 Prozentpunkte auf 34,7 %. 52,7 % der aufgenommenen Kiefern erreichten einen Nadelverlust von über 25 % und wiesen damit einen deutlichen Schaden auf. Ohne Schadmerkmale waren nur 2,2 % der Kiefern. Regional hat der Befall mit Misteln (Viscum album) einen sehr bedeutenden Einfluss auf die Vitalität der Kiefern.

Tanne: Die in der Waldzustandserhebung begutachteten Tannen wiesen in der aktuellen Inventur einen durchschnittlichen Nadelverlust von 22,7 % auf. Im Vorjahr waren dies noch 18,9 %. In den Alpen wurde die geringste Kronenverlichtung von nur 18,6 % beobachtet. 27,9 % der beurteilten Tannen wiesen deutliche Schäden und damit einen Nadelverlust von mehr als 25 % auf, 20,0 % der Tannen wiesen keine Schadmerkmale auf. Zum Vergleich: Zu Zeiten des Waldsterbens in den 1980er/90er Jahren wiesen die Tannen aufgrund der damaligen Luftverschmutzung noch durchschnittliche Nadelverluste von teilweise über 40 % auf.

Buche: Buchen reagierten bereits im Jahr zuvor (kurz nach dem Aufnahmezeitraum der Waldzustandserhebung 2022) stark auf die Trockenheit und Hitze in den Sommermonaten. Der Einfluss dieser Witterungsextreme wurde mit einem durchschnittlichen Blattverlust von 23,5 % – um 3,7 Prozentpunkte schlechter als im Vorjahr – deutlich. 30,8 % der aufgenommenen Buchen wiesen deutliche Schäden auf, bei nur 15,5 % konnten keine Schadmerkmale festgestellt werden. Bei den Buchen wurden wegen des heißen und trockenen Sommers 2022 teils massive Trockenschäden beobachtet, welche vor allem in Unterfranken, Oberbayern und Mittelfranken auftraten. Bei den betroffenen unter- und mittelfränkischen Buchen waren die Kronen im Mittel zu 20% abgestorben. In Oberbayern zeichneten die von Trockenheit betroffenen Buchen nur halb so stark.

Warm-trockene Sommer begünstigen bei der Buche die Fruchtbildung im folgenden Jahr. Die Fruchtbildung bedeutet einen erhöhten Energieaufwand für die Bäume, was in wenigeren und auch kleineren Blättern resultieren kann und damit direkten Einfluss auf die festgestellte Kronenverlichtung hat. Seit Jahren kann ein erhöhtes Fruchtaufkommen bei den Buchen beobachtet werden. In der aktuellen Waldzustandserhebung konnte bei 56,3 % der Buchen ein Fruchtbehang festgestellt werden. 22,8 % der Buchen fruktifizierten im mittlerem bis starkem Ausmaß.
 

Eiche: Bei den Stiel- und Traubeneichen konnte ein durchschnittlicher Blattverlust von 24,9 % beobachtet werden, im Vorjahr waren dies noch 22,3 %. 37,2 % der Eichen wiesen eine deutliche Kronenverlichtung von mehr als 25 % auf, nur 11,4 % waren nicht geschädigt. Die mittelfränkischen Eichen schnitten in der aktuellen Waldzustandserhebung am besten ab, dort wurde nur ein mittlerer Blattverlust von 21,6 % festgestellt. Der Unterschied zwischen Nord- und Südbayern beträgt 6 Prozentpunkte, wobei die nordbayerischen Eichen mit 24,2 % die besseren Werte aufwiesen.

Betrachtet man alle Baumarten zusammen, erhöhte sich der Anteil der Bäume, welche in der Schadstufe 2 enthalten sind, auf 36,0 % (2022: 23,1 %). Diese Bäume weisen einen Nadel- beziehungsweise Blattverlust von 30–60 % auf. Gleichzeitig verringerte sich der Anteil der Bäume ohne deutliche Schäden von noch 28,5 % im Jahr 2022 auf 11,6 %. Abbildung 5 gibt einen Überblick über die Entwicklung der Anteile der Schadstufen aller Baumarten in den letzten 25 Jahren. Auch hier sind die auf Trockenjahre folgenden stärkeren Schäden zu erkennen. Über alle Baumarten hinweg konnte dieses Jahr ein durchschnittlicher Nadel- beziehungsweise Blattverlust von 26,0 % (2022: 23,8 %) festgestellt werden.

Zusammenfassung

Wiederholt wurde in der Waldzustandserhebung festgestellt, dass sich Jahre mit Trockenheit und Hitze erst im Folgejahr in einer verringerten Benadelung beziehungsweise Belaubung der Bäume niederschlagen. In den letzten Jahren konnte in Südbayern meist ein besserer Kronenzustand als in Nordbayern beobachtet werden. Dieser Unterschied ist im Jahr 2023 kaum mehr zu erkennen (nur noch 0,7 Prozentpunkte Differenz). Die heiß-trockenen Sommer hinterlassen nun auch in der südlichen Hälfte Bayerns ihre Spuren. Besorgniserregend ist der auffallende Anteil an Buchen mit massiven Trockenschäden in Unter- und Mittelfranken. Hier bleibt abzuwarten, inwiefern sich diese Buchen in den nächsten Jahren wieder regenerieren können.