Die Familie der Primelgewächse (Primulaceae) umfasst momentan 58 Gattungen mit etwa 2600 Arten, die weltweit von Permafrostgebieten bis in die Tropen vorkommen. Die Schweiz beherbergt zehn Gattungen aus der Familie. Neben der namensgebenden Gattung der Familie, den Primeln (Primula) oder im deutschsprachigen Raum auch Schlüsselblumen genannt, sind die bekanntesten Vertreter die Alpenglöckchen (Soldanella), Mannsschilde (Androsace), Alpenveilchen (Cyclamen) und Gilbweiderich (Lysimachia).

Mit weltweit rund 630 Arten sind die Primeln die artenreichste Gattung der Familie. Die meisten Arten sind krautig und ausdauernd, da sie unterirdische Rhizome bilden. Primeln haben ihren Verbreitungsschwerpunkt auf der Nordhalbkugel, wobei die meisten Arten im Himalaya zu finden sind.

Es gibt zudem über 60 akzeptierte, teils fruchtbare Hybriden, die entweder in der Natur oder durch Kreuzung in Gärtnereien entstanden sind. Aufgrund ihrer attraktiven Blütenstände sowie der oft langen Blühdauer sind Primeln beliebte Garten- und Zierpflanzen. Eine Stammform vieler Primelsorten ist der Bastard-Aurikel (P. ×pubescens). Er ist in der Natur durch die Kreuzung der kalkliebenden Aurikel (P. auricula) und der auf Silikat wachsenden Behaarten Primel (P. hirsuta) entstanden.

Abb. 1 - Zwei Vertreter der Primeln aus höheren Lagen und den Alpen: Links die Aurikel (Primula aruicula), auch Flühblümchen genannt, rechts die Behaarte Primel (Primula hirsuta). Ein anderer Name f¨ür letztere ist Rote Felsen-Primel. Beide Arten kommen meist auf Felsen vor, die Aurikel an kalkreichen, die Behaarte Primel an kalkarmen Standorten. Fotos: Thomas Reich (WSL)

Die beiden bekanntesten Schlüsselblumen

Wenn im deutschsprachigen Raum von «Schlüsselblume» oder «Himmelsschlüssel» gesprochen wird, ist meist die Wiesen-Schlüsselblume (P. veris) oder die ähnliche Wald-Schlüsselblume (P. elatior) gemeint. Der umgangssprachliche Name ist wahrscheinlich auf die Form der Blütenstände zurückzuführen, die mit viel Fantasie von der Seite an einen aufgerichteten Schlüssel mit einem zerteilten Schlüsselbart erinnert. In zahlreichen Sagen und Märchen dient diese Wunderblume dazu, geheimnisvolle Türen, Truhen und sogar Felsen oder Berge zu öffnen, um an einen Schatz zu gelangen.

Auch als Heilpflanzen spielen Schlüsselblumen seit Jahrhunderten eine bedeutende Rolle. Wegen des hohen Saponin-Gehaltes werden meist die getrockneten Blüten oder auch die Rhizome bei Erkältungskrankheiten zu schleimlösenden Hustentees oder -säften verarbeitet. Ein regelmässiges Dampfbad aus dem Auszug der Blüten soll zudem das Bindegewebe kräftigen. Vorsicht ist allerdings bei verschiedenen drüsigen Arten geboten, deren Sekrete allergische Hautreaktionen auslösen oder bei oraler Aufnahme zu Übelkeit und Erbrechen führen können.

Schlüsselblumen sind aber nicht nur für uns Menschen von Nutzen. Auch viele Insekten sind auf sie angewiesen. So dient beispielsweise die Wald-Schlüsselblume einigen Raupen- und Schmetterlingsarten als wichtige Futterpflanze. Bienen, Hummeln und andere Insekten sind dankbar für die frühe Futterquelle. Wegen der langen Kronröhre kommen als bestäubende Insekten jedoch nur langrüsselige Arten wie Hummeln und Tagfalter in Frage. Bienen verwenden aber häufig einen Trick, um an den Nektar zu gelangen: Sie beissen einfach ein Loch von aussen in die Kronröhre.

Abb. 4 - Die Mehl-Primel (Primula farinosa, links) kommt besonders in Alpennähe in Flachmooren und auf kalkhaltigen, feuchten Böden vor. Die Stängellose Schlüsselblume oder Schaftlose Primel (Primula acaulis, rechts) wächst in der Schweiz vor allem in den westlichen Landesteilen und im Tessin, in Deutschland hauptsächlich in Schleswig-Holstein. Fotos: Thomas Reich, Ulrich Wasem (beide WSL)

Video zu Schlüsselblumen

 

Literatur

  • Lauber K, Wagner G, Gygax A (2018) Flora Helvetica – Illustrierte Flora der Schweiz. 6. Aufl. Haupt Verlag, Bern.
  • Stevens, P. F. (2023). Angiosperm Phylogeny Website. (Zugegriffen am 30.3.2023)
  • WFO (2023): World Flora Online. (Zugegriffen am 30.3.2023)

 

(TR)