Brennnesseln (Gattung Urtica) sind windbestäubte, ein- oder mehrjährige Kräuter, seltener auch verholzende Halbsträucher. Nach «The World Flora Online» gibt es 54 akzeptierte Arten, die weltweit mit Verbreitungsschwerpunkt in den gemässigten Zonen vorkommen. Sie gehören zur Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae) die etwa 50 Gattungen beinhaltet.

In der Schweiz kommen nur zwei Arten vor: die seltene Kleine Brennnessel (Urtica urens) und die häufige Grosse Brennnessel (Urtica dioica; Abb. 1). In Deutschland und Österreich kommen ausserdem die Röhricht-Brennnessel (Urtica kioviensis) und die Auen-Brennessel (Urtica subinermis) vor. In Deutschland sind zudem noch unbeständige Vorkommen der ursprünglich mediterran verbreiteten Pillen-Bennessel (Urtica pilulifera) zu finden.

In der Schweiz ist die Grosse Brennnessel fast überall zu finden, sie fehlt nur in den Hochlagen der Alpen. Als stickstoffliebende Art kommt sie in unterschiedlichen Gebüsch-, Saum-, Unkraut- und Ruderalgesellschaften vor. Wie der Artname «dioica» bereits vermuten lässt, handelt es sich bei der Grossen Brennnessel um eine zweihäusige Art, das bedeutet, es gibt rein weibliche und rein männliche Pflanzen. Die ausdauernde Art verfügt über kräftige Rhizome und erreicht Wuchshöhen von über einem Meter (bis 3 m, Abb. 2).

Die gegenständig stehenden, kurz gestielten, herzförmigen Blätter haben einen gesägten Rand und sind wie der Stängel stark behaart. Sie tragen neben nicht-stechenden Borsten- und Drüsenhaaren zahlreiche Brennhaare, auch Trichome genannt (Abb. 3). Die Spitzen der Brennhaare sind durch eingelagerte Kieselsäure hart wie Glas, zerbrechen bei der kleinsten Berührung und verwandeln das Haar so in eine Nadel, die die im verdickten unteren Teil des Haares befindliche Brennflüssigkeit injiziert. Sie enthält Histamin, Acetylcholin und Serotonin, wodurch eine juckende Hautreaktion mit Schwellung verursacht wird, die sogenannte Brennnesseldermatitis.

Die Grosse Brennnessel ist eine wirkliche Allrounderin. Sie dient nicht nur zahlreichen Insektenarten als Futterpflanze, darunter auch einige Schmetterlingsraupen (Abb. 4), sondern wird seit je her als Nutz- und Heilpflanze geschätzt. Sie enthält zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe, Flavonoide, Silikate, Vitamin A und C, Eisen, Kalium, Mangan und Calcium. Als Heilpflanze wird sie bei Harnwegserkrankungen, Rheuma und Arthrose, Erkältungskrankheiten und zur Entgiftung eingesetzt, findet aber auch Anwendung in Cremes und Shampoos. Als Faserpflanze hat sie ähnliche Eigenschaften wie die Baumwolle. Die Grosse Brennnessel ist aber vor allem sehr schmackhaft und deshalb eine empfehlenswerte Nahrungspflanze.

Ein paar Haushaltstipps

Neben Tee (ein paar junge Blätter zusammen mit ein paar jungen Birkenblättern aufgebrüht), Brennnesselchips (junge Triebspitzen oder Blätter mit etwas Olivenöl und Salz in der Pfanne nicht zu heiss anbraten) oder gerösteten Samen (gut für Salate), ist die Art als Zusatz für Suppen, Spinat, Pesto oder zum Füllen von Teigtaschen zu empfehlen. Brennnessel-Jauche (1 Kilo Material auf 10 Liter Wasser 14 Tage zugedeckt ziehen lassen und dann verdünnt anwenden) ist ein sehr guter Dünger für den Gemüsegarten.

Die Grosse Brennnessel wurde zur Heilpflanze des Jahres 2022 gekürt.

Abb. 4. Zwei häufige Schmetterlinge an Brennnessel: Raupe des Tagpfauenauges (Aglais io) und Kleiner Fuchs (Aglais urticae). Letztere Art trägt die Brennnessel sogar im Namen. Fotos: Thomas Reich (WSL)

(TR)