Um montane Fichtenbestände zu stabilisieren, sind frühe Eingriffe notwendig. Die Bestände stocken oft in steilem Gelände mit mangelnder Erschließung. Deshalb sind häufig teure Ernteverfahren notwendig. Die frühen Stabilisierungsmaßnahmen fallen oft defizitär aus. Wenn man allerdings Zinseffekt, gesparte Kulturkosten und Kalamitätsrisiken in die Kalkulation mit einbezieht, sieht die Rechnung schon anders aus.

Szenario "behandelt" contra Szenario "unbehandelt"

Der Lehrstuhl für Waldbau an der Technischen Universität München hat zwei verschiedene Behandlungsszenarien miteinander verglichen:

Szenario "unbehandelt": es wurden außer einer Kulturbegründung keinerlei Maßnahmen bis zu einer fiktiven Ernte im Alter 100 unterstellt

Szenario "behandelt": es sieht zusätzliche Durchforstungs- und Verjüngungseingriffe im Bestandesalter 40, 60 und 80 vor

Die Umtriebszeit wurde für beide fiktive Behandlungsvarianten auf 100 Jahre festgelegt, da die Wuchsreihen nur bis zu diesem Zeitpunkt mit Daten untersetzt waren. Sämtliche Maßnahmen wurden finanziell bewertet, wobei aktuelle Holzpreise, Kulturkosten und Holzerntekosten verwendet wurden. Aufgrund starker Schwankungen bei den Holzerntekosten wurde der Vergleich von "unbehandelt" und "behandelt" für sechs verschiedene Verfahren durchgeführt.

Harvester: Holzeinschlag mit Harvester und Bringung mittels Forwarder

Kombiniert: Motormanuelle Fällung im Bestand, Vorrücken zum Rückeweg mittels Schlepper, dort Aufarbeitung mit Harvester, anschließende Rückung zur Forststraße mit Forwarder

Schlepper: Konventionelles motormanuelles Verfahren mit Schlepperrückung

Vollbaum: Vollbaumbringung mit Seilkran

Seil bergauf: Motormanuelle Aufarbeitung und Bergaufseilung

Seil bergab: Motormanuelle Aufarbeitung und Bergabseilung

Deckungsbeitrag und Kapitalwert

Bei einfachen finanziellen Betrachtungen werden oft nur Deckungsbeiträge errechnet, also Ein- und Auszahlungen der verschiedenen Perioden werden lediglich aufsummiert. Abb. 1 zeigt die Deckungsbeiträge für sämtliche Ernteverfahren. Bleibt die Säule über Null, schneidet die behandelte Variante finanziell vorteilhafter ab. Liegt der Wert im negativen Bereich, ist es finanziell vorteilhafter keine Behandlung durchzuführen. In diesem Fall ergibt sich beispielsweise beim Harvesterverfahren eine Differenz von 6.000 Euro zugunsten der behandelten Variante.

In einem zweiten Schritt wurden Kapitalwerte errechnet. Diese berücksichtigen, dass die Zahlungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen. Alle Zahlungen werden auf den Zeitpunkt Null abgezinst. Mit zwei Prozent wurde ein sehr moderater und für den Forstbereich üblicher Zinssatz verwendet. Abb. 2 zeigt, dass die Berücksichtigung solcher Zinseffekte für die Behandlung der Bestände spricht. Auch für die Varianten "Schlepper"und "Vollbaum" empfiehlt sich dann eine Behandlung.

Verjüngung kostenlos

In den Fichtenbeständen stellte sich waldbaulichen Eingriffen eine erfreulich gemischte Naturverjüngung ein. Dies wurde in die finanzielle Betrachtung mit einbezogen, indem die Kosten für eine Verjüngung, die im unbehandelten Szenario zumindest teilweise künstlich eingebracht werden muss, angesetzt wurden. In Abb. 3 kann man erkennen, dass die angesetzte kostenlosen Naturverjüngung im Wert von 2.700 Euro den Vorteil einer Behandlung bei den ersten vier Ernteverfahren steigert bzw. en Nachteil bei den beiden Seilverfahren dämpft.

Risiko als entscheidender Faktor

Waldbehandlung ist generell auf lange Zeiträume angelegt und das Ergebnis somit verschiedenen Unsicherheiten und Risiken unterworfen, die in den weiteren Berechnungen berücksichtigt wurden. Beispielsweise kann der Holzpreis schwanken. Entscheidender Faktor bei der Berechnung war jedoch das Ausfallrisiko der Bestände aufgrund von Kalamitäten. Um dieses Risiko in die finanziellen Betrachtungen einbeziehen zu können, bedient man sich der "Überlebenswahrscheinlichkeiten". Sie geben die Wahrscheinlichkeit an, mit denen ein Bestand eine bestimmte Periode überlebt und in die nächste Altersklasse eintritt. Je älter ein Bestand wird, desto höher wird das Risiko, dass er einer Kalamität zum Opfer fällt und desto geringer wird demnach die Überlebenswahrscheinlichkeit.

Es wurden mehrere tausend Male Kapitalwerte pro Szenario berechnet, wobei die Holzpreise in den Grenzen der Standartabweichung zufällig schwankten. Auch das Überleben der Bestände schwankte zufällig im Rahmen der vorgegebenen Überlebenswahrscheinlichkeiten. Fiel ein Bestand aus, wurde der Erlös für das Holz halbiert, da Kalamitätsholz oft niedriger bezahlt wird und mit höheren Erntekosten belastet ist. Daraus ergaben sich Häufigkeitsverteilungen (Abb. 4).

Die risikobedingten Schwankungen in den verschiedenen Szenarien lassen sich bewerten und vergleichen, indem man ein "Sicherheitsäquivalent" berechnet. Dies berücksichtigt, dass forstliche Wirtschafter dem Risiko unsicherer Einnahmen gegenüber eher abgeneigt sind. Geringere aber dafür sichere Einnahmen werden von dem Waldbewirtschafter eher in Kauf genommen als mit etwas Risiko höhere Einnahmen zu erwirtschaften. Von dem Mittelwert der Kapitalwerte wird für die ungewollten Schwankungsmöglichkeiten ein bestimmter Betrag abgezogen. Wie hoch dieser Betrag ist, hängt vom persönlichen Grad der Risikoaversion ab (Abb. 5).

Fazit

Die Berücksichtigung von Zinseffekten, naturalen Effekten wie der Naturverjüngung und vor allem der Kalamitätsrisiken können die waldbauliche Entscheidung stark beeinflussen. Unter Einberechnung dieser Faktoren wird eine Behandlung auch bei den teuren Seilverfahren finanziell vorteilhaft. Bei einer einfachen Deckungsbeitragsrechnung wäre dies nicht der Fall gewesen.