Unser Klima ändert sich – das wird kaum mehr bezweifelt. Diskussionen zum Klimawandel fokussieren sich nun auf das zu erwartende Ausmaß der Klimaerwärmung, die Konsequenzen und mögliche Anpassungs- und Gegenmaßnahmen. Eine Häufung von sehr warmen und teilweise trockenen Sommern im letzten Jahrzehnt führte zur Zunahme von Trockenstress und Schädlingsbefall. Selbst Baumarten wie die Buche, die in Mitteleuropa bisher als eher resistent gegenüber Klimaerwärmung beurteilt wurden, zeigten Hitze- und Trockenschäden an Einzelbäumen (Abbildung 1).
Forstliche Standortsinformationssysteme müssen geänderte Klimabedingungen und ihre Auswirkungen auf die Wasserversorgung berücksichtigen, um auch in Zukunft als hilfreiche Grundlage für eine standortsgerechte Baumartenwahl dienen zu können.
Wasserhaushalt und Klimaänderungen: wie bringen wir das zusammen?
Um den Einfluss des Klimas auf den Wasserhaushalt im Wald darstellen und beurteilen zu können, müssen zunächst Klimadaten in guter Qualität und hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung vorliegen. Dank der hohen Dichte an Klimastationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und geostatistischer Regionalisierungsverfahren können in Bayern Klimatageswerte in einem 250 m-Raster genutzt werden.
Bayern ist durch einen deutlichen Klimagradienten geprägt mit kühl-feuchten Bedingungen in den Alpen und den Mittelgebirgen und den wärmsten und trockensten Regionen in Unterfranken. Dabei haben sich die Klimabedingungen in den letzten Jahrzehnten bereits deutlich verändert (Abbildung 2a und b): Werden die Klimanormalperioden 1961–1990 und 1991–2020 miteinander verglichen, erreichte der mittlere Temperaturanstieg in Bayern 1,2 °C (von 7,4 auf 8,6 °C). Das vergangene Jahrzehnt (2011–2020) lag mit 9,1 °C nochmal 0,5 °C höher.
Die langfristigen Mittel der Jahresniederschlagssummen veränderten sich in den Zeiträumen 1961–1990 und 1991–2020 dagegen in Bayern kaum (933 und 934 mm). Die Häufung von Trockenperioden in den vergangenen Jahren zeigte sich aber in einem Absinken des bayernweiten Durchschnitts auf 873 mm für die Jahre 2011–2020.
Hohe Temperaturen und geringe Niederschläge treffen dabei vor allem in den tiefliegenden Gebieten Unter- und Mittelfrankens aufeinander. Auch in der Mitte Bayerns lassen sich steigende Temperaturen und abnehmende Niederschläge erkennen. Weite Teile der bayerischen Mittelgebirge und Alpen zeigen zwar ebenfalls einen Temperaturanstieg, die dort deutlich höheren Niederschlagswerte reduzieren das Risiko sehr trockener Sommer aber deutlich.
Temperatur- und Niederschlagsentwicklung reichen nicht aus, um den Wasserhaushalt im Wald angemessen beurteilen zu können – selbst unter Hinzunahme weiterer Klimagrößen würden wichtige Einflussfaktoren fehlen. Hierzu gehört zum einen der Wald selbst, der über Baumart und Bestandsentwicklung den Wasserbedarf bestimmt. Zum anderen spielt der Boden eine wesentliche Rolle, da dort die Bäume über ihre Wurzeln das Wasser aufnehmen. Durch Zwischenspeicherung von Niederschlagswasser im durchwurzelten Boden kann die Wasserversorgung auch während längerer regenfreier Perioden aufrechterhalten werden. Dabei gibt es große Unterschiede hinsichtlich der Menge an pflanzenverfügbarem Wasser, das im Boden gespeichert werden kann, und der Geschwindigkeit, mit der Wasser im Boden versickert.
Der kombinierte Einfluss von Klima, Bestand und Boden auf den Wasserhaushalt kann am besten mit Hilfe von Wasserhaushaltsmodellen abgebildet werden. In unseren Arbeiten verwenden wir LWF-Brook90 (Hammel & Kennel 2001). Dieses Modell ist zwar eindimensional, aber es gibt wichtige klimatische und bodenphysikalische Gesetzmäßigkeiten logisch richtig wieder und wurde an vielen Flächen des intensiven forstlichen Monitorings geprüft. Mitberücksichtigt werden auch Hangneigung und Exposition, so dass beispielsweise südseitige Hanglagen höhere Verdunstungsraten aufweisen. Die für die Modellierung des Wasserhaushalts forstlicher Standorte in Bayern nötigen Bodendaten (Lagerungsdichte, Textur und Skelettgehalte der einzelnen Bodenhorizonte) stammen aus Analysen von Bodenprofilen, die den entsprechenden Bodeneinheiten von Standortstinformationssystemen zugeordnet wurden. In Bayern stehen hier zwei Möglichkeiten zur Verfügung: (1) das hinsichtlich der Auflösung von Einzelstandorten etwas gröbere Bayerische Standortsinformationssystem BaSIS und (2) die forstliche Standortkartierung, die allerdings regionalspezifisch durchgeführt wurde und vor einer bayernweiten Anwendung vereinheitlicht werden muss.
Klimadynamischer Wasserhaushalt für forstliche Standortseinheiten
Regionalisierte Klimadaten, digitale Geländemodelle für Exposition und Hangneigung, Standortseinheiten aus BaSIS oder Standortskartierung, physikalische Analysen von Bodenprofilen und standardisierte Bestandskennwerte bilden also die Grundlage für die Wasserhaushaltsmodellierungen von Einzelstandorten. Als Kompromiss zwischen der möglichst genauen Berücksichtigung standörtlicher Unterschiede und der Anzahl an zu modellierenden Standortseinheiten, wurden Klimakenngrößen (Durchschnittswerte von Jahresmitteltemperatur und Jahresniederschlagssumme) und Lageeigenschaften (Exposition und Hangneigung) klassifiziert und mit den (unverändert übernommenen) Bodeneinheiten verschnitten (Abbildung 3). Bei Verwendung von BaSIS als Grundlage der Bodendaten ergaben sich so für ganz Bayern 811.050 Einzelstandorte mit durchschnittlich 3,45 ha Flächengröße.
Eine bayernweit einheitliche Modellierung muss über standardisierte Bestände erfolgen, da nur so der Standortsfaktor Wasserhaushalt vergleichbar und unabhängig von der aktuellen Bestandssituation dargestellt werden kann. Bereits bei der Überprüfung des Wasserhaushaltsmodells an Einzelflächen wurden die Hauptbaumarten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche einbezogen. Ein grundlegender Unterschied zwischen Nadel- und Laubwald wurde dabei deutlich: immergrüne Nadelwälder zeigen trotz geringerer Transpiration auf Grund der intensiven Interzeptionsverdunstung eine höhere Gesamtverdunstung. Um sowohl die hohe Gesamtverdunstung der Nadelwälder als auch die intensive Transpiration von Laubwäldern in den Sommermonaten zu berücksichtigen, erfolgt die endgültige Darstellung des Wasserhaushalts als Mittelwert der Ergebnisse für Buche und Fichte und damit in einer einzigen Wasserhaushaltskarte für die Forstpraxis.
Die Einteilung der Standorte in Wasserhaushaltsklassen ergab sich über das Verhältnis der durch Bodenaustrocknung reduzierten tatsächlichen Transpiration zur potenziell, also bei uneingeschränkter Wasserversorgung möglichen Transpiration. Die sieben Wasserhaushaltsklassen (Abbildung 4) ergeben einen Gradienten von Standorten völlig ohne Wasserstress (sehr frisch) bis hin zu solchen mit ständigem Trockenstress (sehr trocken).
Abbildung 4 zeigt links und in der Mitte die Ergebnisse der Wasserhaushaltsbeurteilung in Bayern für die Klimanormalperioden 1961–1990 und 1991–2020. Deutlich zu erkennen ist, dass die Klimaänderung bisher vor allem im nördlichen Bayern zu trockeneren Verhältnissen führte. Südlich der Donau und in Teilen der Mittelgebirge gewährleisten die vergleichsweise hohen Niederschläge weiterhin eine im Mittel ausreichende Wasserversorgung. Allerdings änderte sich auf 57 % der bayerischen Waldfläche die Wasserhaushaltsklasse in Richtung trockener. Der Flächenanteil mäßig trockener, trockener und sehr trockener Standorte stieg von 10 auf 19 %, während sehr frische Standorte von 32 auf 16 % abnahmen.
In Diskussionen mit der Forstpraxis wurde der Wunsch deutlich, auch kürze Perioden, insbesondere das vergangene Jahrzehnt, darzustellen (Abbildung 4 rechts). Vielerorts wurden in diesem Zeitraum neue Hitzerekorde erreicht und außergewöhnlich lange niederschlagsfreie Perioden im Sommer registriert. Neben der generellen weiteren Verschiebung der Wasserhaushaltsklassen ins Trockene fallen nun auch im Süden Bayerns größere Standortskomplexe mit eingeschränkter Wasserversorgung auf, besonders auf flachgründigen und skelettreichen Böden wie in Teilen der Münchner Schotterebene.
Grenzen der Methodik
Abbildung 4 verdeutlicht die erfolgreiche Umsetzung einer bayernweit einheitlichen, objektiven und klimadynamischen Beurteilung des Wasserhaushalts in der forstlichen Standortskunde. Die Qualität der Ergebnisse wird allerdings maßgeblich von Qualität und räumlicher Auflösung der Eingangsdaten bestimmt. Probleme bei der Regionalisierung von Klimadaten, wie beispielsweise die korrekte Abbildung von lokalen Gewitterschauern oder Steigungsregen, können die Ergebnisse der Wasserhaushaltsmodellierung ebenso verfälschen wie die ungenaue Abgrenzung von Bodeneinheiten oder die unterschiedliche Qualität der zur Verfügung stehenden Bodenprofile.
Hinzu kommt, dass für manche Standorte das Trockenstressrisiko durch Zufluss von Grund- oder Hangzugwasser deutlich verringert wird. Gerade die warm-trockene Region Unterfrankens weist einen bedeutenden Anteil an Grundwasserstandorten im Wald auf. Hohe Verdunstungsraten können hier aus dem anstehenden Grundwasser gedeckt werden. Allerdings führen langanhaltende Trockenperioden auch zu einem lokalen oder auch regionalen Absinken der Grundwasserstände, was die Wasserversorgung im Wald verändern kann. Da das Grundwasser durch kapillaren Aufstieg in den Wurzelraum gelangt, spielt auch hier die Bodenart eine wesentliche Rolle, da sie Aufstiegshöhe und -geschwindigkeit bestimmt. An einer modellhaften Umsetzung dieser Verhältnisse wird gegenwärtig gearbeitet.
Eine weitere Besonderheit bei der Frage des Wasserhaushalts ist die adäquate Darstellung von Standorten, die ganzjährig oder zeitweise Wassersättigung im Boden zeigen, so dass die Luftversorgung der Wurzeln eingeschränkt wird. Sofern hierzu ausreichende Informationen aus der Beschreibung der Bodeneinheit und den Bodenprofilanalysen vorliegen, werden solche Verhältnisse auch im Wasserhaushaltsmodell nachgebildet.
Wechselfeuchte (stark, mäßig und schwach) wird ausgewiesen, wenn im Modell Böden mehr als 20 Tage im Jahr in den drei Tiefen 0–30 cm, 30–60 cm und 60–90 cm mit Wasser gesättigt sind. Der Vorteil der modellhaften und damit auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten basierenden Vorgehensweise ist auch hier die Berücksichtigung von Klimaveränderungen, insbesondere von Änderungen in der Niederschlagsmenge und -verteilung. Zunächst staunasse Standorte können bei langfristig geringeren Regenfällen auch wieder ausreichende Luftversorgung für die Baumwurzeln gewährleisten. Schwierig ist die Abbildung solcher Verhältnisse allerdings, wenn stauende Bodeneigenschaften nicht durch die verfügbaren Bodenprofildaten gestützt werden oder in einer Bodeneinheit kleinräumig wechseln. Auf Wunsch der Forstpraxis wird gegenwärtig versucht, Trockenstress- und Staunässerisiko ähnlich wie in der forstlichen Standortskartierung gemeinsam in einer Karte darzustellen.
Und was bringt die Zukunft?
Klimamodelle sagen vorher, dass die Temperaturen weiter ansteigen werden, während die Entwicklung der Niederschläge regional sehr unterschiedlich sein kann und insgesamt schwerer vorhersagbar ist. Wie schnell und wie stark sich unser Klima ändert, hängt maßgeblich von der Entwicklung der Treibhausgasemissionen ab.
Ergebnisse der Wasserhaushaltsmodellierungen für Klimaszenarien zeigten dementsprechend sehr unterschiedliche Entwicklungen. Prognosen, die leicht ansteigende Regenfälle vorhersagen, ergaben bei moderater Temperaturerhöhung nur geringe Änderungen im Wasserhaushalt. Modellkombinationen, die generell oder zumindest im Sommer von geringeren Niederschlagsmengen ausgehen, führten dagegen rasch zu sehr trockenen Verhältnissen in weiten Teilen Bayerns.
Insgesamt muss bayernweit von einer Verschlechterung der Wasserversorgung im Wald ausgegangen werden. Messdatenbasiert kann unser Verfahren zur Beurteilung des Standortswasserhaushalts solche Veränderungen durch fortlaufende Wasserhaushaltsmodellierung nachzeichnen und mitberücksichtigen. Entscheidungen zu Bewirtschaftungsformen und Baumartenwahl bekommen so neben rein klimatischen Ansätzen eine weitere Entscheidungsgrundlage. Dieser Ansatz berücksichtigt sowohl den schnell fortschreitenden Klimawandel als auch die statischen Standortseigenschaften Gelände, Boden und Grundwasser.
Zusammenfassung
Die Wasserversorgung im Wald wird stark durch Klimaveränderungen beeinflusst. Wasserhaushaltsmodelle können die Klimadynamik mit Informationen zu Gelände, Boden, Grundwasser und Bestand kombinieren und den Standortsfaktor Wasserhaushalt im Klimawandel dynamisch darstellen. Das Verfahren kann auch auf Klimaszenarien angewendet werden und erlaubt so einen Blick in die Zukunft. Die Ergebnisse bilden zusammen mit direkten klimatischen Einflussfaktoren (Hitze, Spätfrost, Sturm) und der Nährstoffausstattung der Böden die Grundlage für eine zukunftsgerechte Waldbewirtschaftung und Baumartenwahl unter sich ändernden Klimabedingungen in Bayern. Sie sollen zeitnah in das Bayerische Standortinformationssystem BaSIS übernommen werden.
Das Projekt wurde aus dem Waldklimafonds durch die Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft sowie für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz finanziert. Die Durchführung erfolgte in Kooperation mit den forstlichen Forschungsanstalten in Göttingen und Freiburg sowie dem Institut für Geographie der Universität Hamburg.