Die Bewirtschaftung des Staatswalds von Baden-Württemberg erfolgt schon seit Jahrzehnten nach den Grundsätzen einer naturnahen Waldwirtschaft, zu denen unter anderem die Favorisierung der von Natur aus vorkommenden Baumarten gehört. Im Umkehrschluss bedeutet dies eine kritische Einstellung gegenüber eingeführten Baumarten, allerdings besteht angesichts der beobachteten Klimaveränderungen auch Sorge um die Zukunftssicherheit der heimischen Baumarten.

In Baden-Württemberg hat der versuchsweise Anbau eingeführter Baumarten lange Tradition: Im ehemaligen Forstbezirk Güglingen wurde bereits um 1840 mit solchen Anbauten begonnen. Weitere umfangreiche Versuche wurden in den ehemaligen Forstbezirken Nagold, Weinheim, Breisach und Reutlingen angelegt. Die Initiative ging in der Regel auf das Engagement einzelner Amtsleiter zurück und die Fortführung der Versuche hing stark vom Interesse der Amtsnachfolger ab, so dass die Daten wissenschaftlichen Anforderungen häufig nicht genügen.

Die an der Abteilung Waldwachstum der FVA vorhandenen Versuche mit eingeführten Baumarten haben gegenüber Praxisversuchen die Vorteile einer lückenlosen Dokumentation und exakten Datenerfassung. Sie wurden nun ertragskundlich analysiert, um einerseits die Auswertbarkeit dieser Anbauten aus statistischer Sicht kritisch zu beleuchten und andererseits eine Vorstellung über das Leistungspotenzial dieser Baumarten zu erhalten. Außerdem erfolgte für datenmäßig gut belegte Baumarten ein Leistungsvergleich mit in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Versuchsflächen mit Hauptbaumarten.

Daten

Das vorhandene Material beinhaltet mehr als 350 Versuche mit 40 eingeführten Baumarten. Für wissenschaftlich belastbare Aussagen mussten jedoch bestimmte Anforderungen erfüllt sein, was nur bei 15 Baumarten der Fall war (Abb. 2). Datenmäßig sehr gut belegt sind die Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Roteiche (Quercus rubra) und Japanlärche (Larix kaempferi) mit 67, 49 bzw. 40 Versuchsanlagen. Für Küstentanne (Abies grandis), Sitkafichte (Picea sitchensis), Riesen-Lebensbaum (Thuja plicata), Scheinzypresse (Chamaecyparis lawsoniana) undSchwarzkiefer (Pinus nigra) standen für die Auswertungen jeweils immerhin 10 bis 17 auswertbare Anlagen zur Verfügung, während dies bei Hickory (Carya ovata), Weymouthskiefer (Pinus strobus), Nordmannstanne (Abies nordmanniana), Serbische Fichte (Picea omorika), Riesen-Mammutbaum (Sequoiadendron giganteum), Walnuss (Juglans regia), undTulpenbaum (Liriodendron tulipifera) nur bei 4 bis 8 Anlagen der Fall war. Die für diese Baumarten hergeleiteten Grundbeziehungen zwischen Alter und Oberhöhe (H100) sowie H100 und Gesamtwuchsleitung an Volumen (GWLV ) sind daher nur von begrenzter Aussagekraft.

Auswertungen

Die aus den Versuchsflächendaten berechnete Entwicklung von H100 und GWLV wurde für jede Baumart getrennt regressionsanalytisch untersucht. Die Modellergebnisse ermöglichten zum einen die Herleitung von Bonitätsfächern, zum anderen den schon erwähnten Leistungsvergleich mit heimischen Baumarten.

Abb. 3 zeigt als Beispiel den Oberhöhenbonitätsfächer der Küstentanne mit der Oberhöhenentwicklung der Versuchsparzellen, Abb. 4 die Beziehung zwischen H100 und GWLV . Für einige Baumarten (Küstentanne, Japanlärche, Roteiche) konnten bestehende Oberhöhen- und GWLV -Beziehungen aktualisiert bzw. verbessert, für andere Baumarten erstmals solche Beziehungen zur Verfügung gestellt werden.

Der Leistungsvergleich ergab für Küstentanne und Douglasie sowohl in Bezug auf die Oberhöhenbonität HBon (Abb. 5) als auch auf die GWLV (Abb. 6) eine deutliche Überlegenheit gegenüber den heimischen Baumarten. Die Küstentanneist wiederum der Douglasie leicht überlegen. Während HBon bei der Japanlärche unter ähnlichen Wuchsbedingungen in etwa das Niveau von Fichte und Weißtanne erreicht, bleibt die GWLV deutlich hinter den beiden Vergleichsbaumarten zurück. Sitkafichte und Nordmannstanne liegen sowohl in Bezug auf die HBon als auch die GWLV hinter Fichte und Weißtanne. Die Roteiche erreicht mit beiden Kennwerten in etwa das Niveau der Rotbuche. Gegenüber der heimischen Eiche liegt sie in Bezug auf HBon um etwa 20%, in Bezug auf die GWLV um fast 40% höher. Für die anderen eingeführten Baumarten waren für einen Leistungsvergleich nicht genügend Versuchsanlagen in näherer Umgebung vorhanden.

Schlussfolgerungen

Die in dieser Untersuchung festgestellten herausragenden Wuchsleistungen von Küstentanne, Douglasie und Roteiche decken sich mit Ergebnissen anderer Autoren, nach denen diese aus einer Vielzahl untersuchter eingeführter Nadel- bzw. Laubbaumarten hinsichtlich ihres Leistungsvermögens hervorstechen und deshalb allgemein auch als anbauwürdig eingestuft werden. Wie sich diese Beurteilung unter dem fortschreitenden Klimawandel entwickeln mag, ist nur schwer prognostizierbar, vor allem wenn man bedenkt, dass sich die Einschätzung der Anbauwürdigkeit einer Baumart auch bereits unter aktuellen Umweltverhältnissen ändern kann. So ist die Wuchsleistung der Küstentanne zweifellos beeindruckend, aber in jüngerer Zeit mehren sich die Hinweise darauf, dass Trockenheit und Hallimasch ein massives Risiko für diese Baumart darstellen.

Aus der Untersuchung lässt sich ableiten, dass ertragskundlich sinnvoll auszuwertende Versuchsanlagen mit eingeführten Baumarten einen hohen Aufwand an Zeit, Fläche und nicht zuletzt Geld erfordern. Es mag enttäuschen, dass von den 40 ursprünglich auf der Datenbank der FVA vorhandenen eingeführten Baumarten nur 15 statistisch belastbar auszuwerten waren, zumal nur bei einigen wenigen eine wirklich gute Datengrundlage gegeben war. Es unterstreicht aber die von verschiedenen Autorengeschilderten großen Schwierigkeiten der Durchführung und Dokumentation solcher Versuche über einen längeren Zeitraum hinweg und das große Risiko des Scheiterns. Bei der Langfristigkeit der forstlichen Produktion besteht die Gefahr, Eigenschaften und Eignung einer bestimmten Baumart ohne Kenntnis möglicher Fehlversuche allein anhand von überlebenden Beständen zu beurteilen und aus Einzelfallbeispielen eine Allgemeingültigkeit abzuleiten. Um diesen Fehler zu vermeiden, müssen Versuche sorgfältig konzipiert werden, was in Anbetracht der Vielfalt der forstlichen Produktionsbedingungen schwierig und aufwändig ist. Diese Problematik dürfte bei Versuchsanlagen mit dem Fokus auf einer prospektiven Baumarteneignung unter sich verändernden Klimaverhältnissen eher noch größer sein. Es erscheint daher ratsam, hierfür Baumarten zu verwenden, über die bereits gute Vorkenntnisse aus dem Herkunftsland bzw. der "Analog-Region" vorliegen.