Bisher war es oft schwierig, rasch und konsolidiert Informationen zum Vorkommen seltener heimischer und alternativer Baumarten in unseren Wäldern zu erlangen. Diese Informationen sind allerdings sowohl für die Forstpraxis als auch für die Forstwissenschaft hilfreich und wertvoll. Deswegen hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) zusammen mit dem Bayerischen Amt für Waldgenetik (AWG) auf Initiative der Arbeitsgruppe "Alternative Baumarten im Klimawandel" des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) das Digitale Arboretum Bayern erstellt. In dieser Datenbank werden vorhandene Informationen aus verschiedenen Datenquellen zum Vorkommen seltener heimischer und alternativer Baumarten in Bayern vereint und praxisgerecht aufbereitet. Anschauungsobjekte und Demonstrationsflächen können so rasch in der näheren oder weiteren Umgebung identifiziert werden. Außerdem wird die Suche nach potenziellen Erntebeständen erheblich erleichtert. Für wissenschaftliche Fragestellungen und Forschungsprojekte wird zudem die Suche nach potenziellen Untersuchungsobjekten vereinfacht.

Datenquellen des Digitalen Arboretums Bayern

Der Grundstock für das Digitale Arboretum wurde 2020 durch eine Abfrage der LWF bei den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) in Bayern gelegt. Dabei konnten alle Forstbeamten in Bayern ihnen bekannte Vorkommen seltener heimischer (z. B. Elsbeere, Speierling, Vogelkirsche) sowie potenzieller alternativer Baumarten (z. B. Küstentanne, Libanon-Zeder, Baumhasel) mit möglichst lagegenauer Angabe über das Bayerische Waldinformationssystem (BayWIS) melden. Um den Erhebungsaufwand zu reduzieren, wurde die Meldung auf waldbaulich relevante Vorkommen beschränkt, wobei die Auslegung des Begriffes den Forstpraktikern oblag. Die Abfrage wurde 2022 ein weiteres Mal durchgeführt. Insgesamt entstanden aus dieser Abfrage rund 1.100 Datensätze zu waldbaulich relevanten Vorkommen seltener heimischer und alternativer Baumarten aus dem Bereich der Privat- und Körperschaftswälder in Bayern.

In das Digitale Arboretum Bayern gingen ebenso Daten zu Versuchsflächen verschiedener Wissenschaftseinrichtungen (z. B. TUM, LWF) ein (ca. 120 Datensätze). Eine weitere Datenquelle stellte eine bayernweite Umfrage der LWF bei den ÄELF aus dem Jahr 2020 über das Vorkommen von Flatterulmen in Bayern dar (245 Datensätze).

Durch eine Abfrage der Inventur- sowie der Forsteinrichtungsdatenbank der Bayerischen Staatsforsten ergaben sich 4.200 Datensätze.

Aus Inventurdaten der FFH-Managementplanung konnten 3.200 Datensätze abgeleitet werden. Entsprechende Inventuren erfolgten in flächigen Lebens­raumtypen auf ca. 200.000 ha. Da in FFH-Gebieten naturnahe Wälder überproportional vorkommen, flossen durch diese Erhebungen hauptsächlich Vorkommen von seltenen heimischen Baumarten in das Digi­tale Arboretum ein. Wenngleich es sich hierbei nur noch im Einzelfall um waldbaulich relevante Vor­kommen handelt, werden dadurch gerade für sehr seltene Baumarten wie etwa Speierling, Elsbeere oder Französischer Ahorn wichtige Informationen bereitgestellt, zumal auch einzelne Exemplare dieser raren Baumarten bereits eine waldbauliche Relevanz haben können.

Eine weitere, ständig wachsende Datenquelle für das Digitale Arboretum Bayern ist die Datenbank für Praxisanbauversuche. Seit 2020 gibt es im Wald-Förderprogramm der Bayerischen Forstverwaltung den Fördertatbestand "Anlage von Praxisanbauversuchen". Damit kann im Privat- und Körperschaftswald unter gewissen Auflagen die Anlage von Kulturen mit alternativen Baumarten gefördert werden. Derzeit gehen in das Digitale Arboretum Bayern aus der Datenbank für Praxisanbauversuche rund 250 Datensätze ein.

Aktueller Stand und Ausblick

Derzeit enthält das Digitale Arboretum Bayern rund 9.000 Datensätze. Die enthaltenen Daten unterscheiden sich allerdings qualitativ erheblich. So ermöglichen die Daten der Ämterabfragen lediglich eine grobe Lokalisation waldbaulich relevanter Vorkommen und können erst durch Kontaktaufnahme mit zuständigem Forstpersonal an den Ämtern genutzt werden. Ein unmittelbares, einfaches Auffinden der Bestände ist nicht möglich. Gleiches gilt für die Daten der Bayerischen Staatsforsten, deren Informationen lediglich größeren Waldbeständen zugewiesen werden können. Weiterhin umfasst die Aufnahme bei den Bayerischen Staatsforsten deutlich weniger alternative Arten bzw. beschränkt sich zum Teil lediglich auf Gattungsebene. Vergleichsweise genaue Daten liefert die FFH-Inventur, bei der oft auch Einzelbäume und nicht nur Bestände erfasst werden.

Derzeit wird seitens der LWF geprüft, ob weitere Datenquellen (z. B. aus dem Vertragsnaturschutzprogramm Wald) in das Digitale Arboretum Bayern integriert werden können.

Das Digitale Arboretum Bayern zeigt bereits jetzt, dass eine Vielzahl von Vorkommen seltener heimischer und alternativer Baumarten in Bayerns Wäldern existieren, die als wichtige Informations- und Arbeitsgrundlage sowohl für die Forstpraxis als auch für die Forstwissenschaft dienen können. Abbildung 4 zeigt eine Übersicht zum Vorkommen seltener heimischer Baumarten aus dem Digitalen Arboretum Bayern (Datenstand: September 2023), Abbildung 5 zeigt in analoger Weise das Vorkommen alternativer Baumarten.

Das Digitale Arboretum Bayern wird dauerhaft an der LWF geführt und weiterentwickelt. Die Ergebnisse sollen über BayWIS den Forstpraktikern zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Alle BayWIS – Nutzer sollen dann auch die Möglichkeit haben, weitere Vorkommen laufend zu ergänzen.

Anwendungsbeispiele

Die Suche nach Esskastanienbeständen mit Hilfe des Digitalen Arboretums Bayern wird im Folgenden dargestellt: Zunächst können aus der Datenbank des Digitalen Arboretums Bayern in BayWIS mit geringem Aufwand alle bekannten Esskastanienbestände in Bayern gefiltert werden. Wenn sich die Fragestellung nur auf ältere Bestände beziehen soll, kann die Suche auch auf ältere Bäume bzw. Bestände beschränkt werden. Durch das Anfügen der Wasserhaushaltsstufen aus dem Bayer. Standortinformationssystems (BaSIS) könnte anschließend jedem Datensatz eine Wasserhaushaltsstufe zugeordnet werden. Nun ergibt sich bereits ein guter Überblick, wo Esskastanien auf welchem Standort vorkommen. Damit lässt sich nun je nach Versuchsdesign sehr effektiv eine Vorauswahl treffen, die dann vor Ort verifiziert werden muss, was wiederum den Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen Forstbehörden oder Waldbesitzern erleichtert. Das Digitale Arboretum ermöglicht es im Vorfeld einer eigenen Maßnahme, Bestände mit ähnlichen Baumarten und Standortbedingungen zu finden und ggf. Erfahrungen bei Pflanzung und Pflege vorbereitend auszutauschen.

Das Digitale Arboretum bietet somit eine Plattform, die grundlegende und häufig nachgefragte Informationen über unsere Wälder aufbereitet, regelmäßig erweitert und dauerhaft zugänglich macht.

Zusammenfassung

Das Digitale Arboretum Bayern stellt eine neue, konsolidierte Datenquelle dar, die Informationen über das Vorkommen seltener heimischer und alternativer Baumarten in Bayern liefert. Es soll Forstpraktikern Hilfestellung bei der Suche nach geeigneten Anschauungsobjekten liefern und gleichzeitig der Forstwissenschaft die Suche nach Forschungsobjekten erheblich erleichtern. Das Digitale Arboretum Bayern wird an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft dauerhaft geführt, regelmäßig gepflegt und weiterentwickelt. Die Ergebnisse des Digitalen Arboretums Bayern sollen den Forstpraktikern über das Bayerische Waldinformations­system BayWIS zur Verfügung gestellt werden.