Käfer in Verpackungsholz, Pilzsporen in Blumenerde und exotische Gartenpflanzen – nicht-einheimischen Arten können durch den internationalen Warenhandel und Reiseverkehr auch in die Schweiz gelangen. Gefährliche Insekten und Pathogene, die als blinde Passagiere mit Pflanzen und Pflanzenteilen reisen, können die einheimische Pflanzen- und Tierwelt bedrohen. Zudem besteht die Gefahr, dass sie Nutzpflanzen schädigen, was ökonomische Verluste verursachen kann. Der Klimawandel kann diese Problematik noch verschärfen, da er die Bedingungen für das Überleben und die Ausbreitung gebietsfremder Schadorganismen verbessert.
Einschleppung und Ausbreitung verhindern
Um die Einschleppung und Ausbreitung solcher Arten zu minimieren, ist es daher unerlässlich, Massnahmen zur Kontrolle, Überwachung und Prävention zu ergreifen. Dies umfasst neben Einfuhrbedingungen, wie Importverbote oder das Pflanzenpass-System (PP), strengen Kontrollen beim Import auch die Sensibilisierung der Bevölkerung, die Unterstützung von Forschungsprojekten, die sich mit diesen Themen beschäftigen sowie geeignete Überwachungsmassnahmen.
In den letzten Jahren wird vermehrt über die Einschleppungen von besonders gefährlichen Schadorganismen (bgSO) und deren Folgen berichtet. Sind solche Organismen erst einmal etabliert, ist deren Bekämpfung aufwendig – und entsprechend teuer.
Die Verhinderung der Einschleppung und Etablierung von gebietsfremden Schadorganismen geschieht:
A) Bei der Einfuhr
Verschiedene Massnahmen vermindern das Risiko der Einschleppungen von bgSO:
- Einfuhrverbote, spezifische Einfuhrbestimmungen
- internationale Standards für phytosanitäre Massnahmen (z.B. der ISPM 15-Standard für die Behandlung von Verpackungsholz)
- Pflanzengesundheitszeugnisse für den Handel mit Drittländern
- Pflanzenpass-System für den Handel mit EU-Mitgliedsstaaten

Abb. 3. Übersicht der verschiedenen spezifischen Massnahmen (1) Zur Verminderung des Einschleppungsrisikos eines bgSO, (2) zur Früherkennung einer Einschleppung (risikobasierte Kontrollen der für den PP zugelassene Betriebe und der Einfuhrbetrieben) oder (3) zur Früherkennung eines Befalls (Gebietsüberwachung) durch einen bgSO. © BAFU
B) Im Inland
Spezifische Überwachungsmassnahmen im Landesinnern tragen zur Früherkennung bei, falls bgSO trotzdem den Weg über die Landesgrenze schaffen. Dazu gehören:
- Kontrollen auf Lagerplätze mit Holzverpackungen sowie bei Pflanzenproduktions- und Importbetrieben - auch mit Spürhundeteams von Detection Dogs Schweiz GmbH, Mitglied des Verbandes Spürhundewesen Schadorganismen Schweiz
- Sensibilisierung und Informationskampagnen diverser Zielgruppen (z.B. Forstdienst, grüne Branche, Bevölkerung)
- Gebietsüberwachung - gezielte Suche nach gelisteten Schadorganismen

Abb. 4. Spürhund Oskar der Detection Dogs Schweiz GmbH, Mitglied im Verband Spürhundewesen Schadorganismen Schweiz, bei der Lagerplatzkontrolle im Auftrag des Bundes. Foto: www.vss-schweiz.ch
Pilotprojekt
Zwischen 2020 und 2022 entwickelte die Forschungseinheit Waldgesundheit und biotische Interaktionen (Eidg. Forschungsanstalt WSL) zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und sechs Kantonen im Rahmen eines Pilotprojekts Methoden und Abläufe für eine risikobasierte Gebietsüberwachung in der Schweiz.
Nach erfolgreicher Testphase wurde die Gebietsüberwachung zwischen 2023 und 2025 sukzessive auf weitere Kantone ausgeweitet, um dann ab 2025 die Schweiz repräsentativ zu überwachen. Die Gebietsüberwachung findet ab 2025 in 16 Kantonen auf 75 Flächen statt (Abb. 5). Nicht alle 26 Kantone betreuen Gebietsüberwachungsflächen, da sich die geographische Flächenverteilung auf die am meisten gefährdeten Gebiete konzentriert, basierend auf der Anwendung eines bio-ökonomischen Modells. Zusätzlich gibt es noch Fallenstandorte, die vom Eidg. Pflanzenschutzdienst (EPSD) betreut werden.

Abb. 5. Gebietsüberwachung in der Schweiz. Beteiligte Kantone blau gefärbt (Farbe intensiver gefärbt je höher die Flächenzahl), Tortendiagramm mit den verschiedenen Flächentypen farblich dargestellt. Der Kanton Tessin betreut auf eigene Initiative einen zusätzlichen Standort, vergleichbar mit einem EPSD-Standort, sowie drei Zusatzstandorte für die Überwachung des Citrusbockkäfers (CLB).
Gebietsüberwachung
Für die Gebietsüberwachung untersuchen kantonale Waldschutzbeauftragte und Inspektorinnen und Inspektoren des EPSD siedlungsnahe Überwachungsflächen regelmässig auf derzeit acht Quarantäneorganismen (QO), eine Kategorie der besonders gefährlichen Schadorganismen, für welche schweizweit eine Melde- und Bekämpfungspflicht gilt (s. Tab. 1).
| Wiss. Name | Deutscher Name | Wirtspflanze(n) | Spezifischer Flächentyp für die Überwachung |
| Agrilus anxius | Bronzefarbener Birkenprachtkäfer | Birke | Birken-Fläche |
| Agrilus planipennis | Asiatischer Eschenprachtkäfer | Esche | Eschen-Fläche |
| Anoplophora chinensis | Citrusbockkäfer | div. Laubgehölze | Laubholz-Fläche |
| Anoplophora glabripennis | Asiatischer Laubholzbockkäfer | div. Laubgehölze | Laubholz-Fläche |
| Bursaphelenchus xylophilus | Kiefernholznematode | Föhrenarten, weitere Nadelgehölze | Föhren-Fläche |
| Dendrolimus sibiricus | Sibirischer Seidenspinner | div. Nadelgehölze | Lärchen-Fläche |
| Phytophtora ramorum | Plötzlicher Eichentod | Lärche, Eiche, Buche, Edelkastanie, Schneeball, Rhododendron | Lärchen-Fläche |
| Fusarium circinatum | Pechkrebs der Föhre | div. Föhrenarten, Douglasie | Föhren-Fläche |
Die kantonalen Waldschutzbeauftragten suchen pro Fläche 25 ausgewählte Bäume auf Krankheitssymptome ab und betreuen spezielle Fallen für Pilzsporen sowie Lockstofffallen für Insekten (s. Abb. 6). WSL-Forschende bestimmen danach die gefundenen Organismen und der EPSD meldet die Gebietsüberwachungsresultate jeweils jährlich an die Europäische Kommission - dazu hat sich die Schweiz im Rahmen des Landwirtschaftsabkommens mit der Europäischen Union (EU) verpflichtet.
Während der Pilot- und Erweiterungsphase (2020-2024) konnten keine der überwachten Schadorganismen entdeckt werden, dafür aber andere eingeschleppte Organismen wie etwa eine exotische Bockkäferart (Xylotrechus stebbingi) und weitere gebietsfremde Borken- und Ambrosiakäferarten aus Asien (Xylosandrus compactus, Anisandrus maiche). Diese Ergebnisse zeigen, wie sinnvoll solche Überwachungsflächen im Inland für die frühe Entdeckung von neuen Schadorganismen sind. Da alle Proben an der WSL gelagert werden, kann auch später noch für Überprüfungen darauf zurückgegriffen werden.

Abb. 7. Xylostrechus stebbingi - eine Bockkäferart aus Asien - die sich mittlerweile im Tessin sowie auch in anderen Teiler der Schweiz ausbreitet. Foto: Doris Hölling

Abb. 8. Anisandrus maiche - ursprünglich in Ostasien beheimatet - konnte 2022 aus Fallen im Tessin bestimmt werden. Foto: Waldschutz Schweiz
Was darüber hinaus noch unternommen wird
Die Gebietsüberwachung ist aber nur ein Teil der Überwachung von bgSO in der Schweiz. Wichtig ist, dass Berufungsgruppen im Wald und in der grünen Branche über das Thema informiert sind, um diese Organismen und deren Symptome erkennen und melden zu können.
- Dafür wurden an der WSL spezifische Factsheets erarbeitet, welche hier zu finden sind. Zudem gibt es für invasive asiatische Laubholzbockkäferarten ein Merkblatt sowie zwei Praxishilfen (Symptomerkennung für die Praxis, Bestimmungshilfe).
- Weitere Informationen wie die aktuelle Befallssituation der überwachten Organismen sind auf der Webseite des BAFU erhältlich.
- Zudem führen die Forschungseinheit Waldgesundheit und biotische Interaktionen der WSL und das BAFU diverse Kurse und Schulungen durch, um die Praxis mit Informationen, Anschauungsmaterial und Übungen fit zu machen für die wichtige Früherkennung und unterstützt ggf. die Kantone bei der Bekämpfung sowie bei Schulungen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit etc.










