Forschung zur Vitalitätsschwächung der Buche

Dem Wald geht es vielerorts schlecht – wo wir im Sommer volle grüne Kronen erwarten konnten, zeigen Buchen nach den vergangenen Jahren mit beständigen und ungewöhnlichen Hitze- und Dürreperioden auffällige Laubverluste und Vergilbungen. Absterbende Äste stören eine gesunde Kronenstruktur, brechen aus der Krone und können damit auch weitere Schäden verursachen. Nicht zuletzt stellen sie eine Gefährdung für Waldbesuchende dar. Der Buchenwald – ein kränkelnder Patient!?

Solche Wälder stellen das fachkundige Personal vor immer größere Probleme – wie gelingt hier eine die Bestände erhaltende und zukunftstragende Bewirtschaftung? Wie entwickelt sich der Zustand geschädigter Buchenbestände? Welche Möglichkeiten haben wir, die Vitalitätsverluste zu mildern und zukünftig vitalere Strukturen nachhaltig mit der Buche zu schaffen?

An der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) gibt es eine Reihe von Ansätzen und Untersuchungen, die diese Fragen genauer unter die Lupe nehmen.

Pilz verursacht Fäule

Hitze- und Dürreperioden führen an Buchen dazu, dass latente Krankheitserreger, welche in der Rinde und im Holz der Bäume leben, ihr Schadpotenzial entwickeln. Zu diesen Erregern zählt unter anderem auch die Pilz-Gattung Biscogniauxia. Die Art Biscogniauxia nummularia (auch Pfennig-Kohlenkruste genannt) gehört in Baden-Württemberg zu den am häufigsten isolierten Pilzarten aus erkranktem Buchengewebe. Der Pilz verursacht Rindennekrosen und Fäulen im Holz (Abb. 2a und b), die zu Astbrüchen und Stabilitätsverlusten der Bäume führen.

Daher bestimmt die Abteilung Waldschutz der FVA unter kontrollierten Bedingungen die Fäuledynamik und Holzabbaurate von zwei dieser Biscogniauxia-Arten, um eine Entwicklung der Schädigung an lebenden Bäumen einschätzen zu können (Abb. 2c). Es ist anzunehmen, dass solche wärmeliebende Biscogniauxia-Arten mit dem Fortschreiten des Klimawandels zu einem ernstzunehmenden Schaderreger für den Altbestand der Rotbuche, Baum des Jahres 2022, werden könnten.

Schleimfluss, Astlöcher und Insektenfraß

Absterbende Kronen, nicht ausreichend belaubte Äste, Sonnenbrand und abgeplatzte Rinde oder Schleimfluss – auch Insektenbefall kann den Buchen erheblich zusetzen. Von Dürre geschwächte Bäume werden leicht Opfer vom Kleinen Buchenborkenkäfer oder Buchenprachtkäfer, wovon sie sich oft kaum erholen können. Neben der Dürre kann aber auch Blattfraß, etwa durch Raupen verschiedener Schmetterlingsarten wie Schwammspinner und Frostspanner, oder durch Rüsselkäfer wie der Springrüssler, die Buchen für einen Befall rindenbrütender Käfer disponieren.

Insgesamt verstärkt Pilz- und Käferbefall den ohnehin trockenheitsbedingten Schaden der Buchen, so dass sie sich nicht als resilient erweisen können.

Naturverjüngung schafft‘s nicht

Im Sommer 2022 häuften sich Beobachtungen und Meldungen zu Wachstumsanomalien und Absterbeerscheinungen infolge Trockenheit auch in natürlich verjüngten Buchen (Abb. 4a). Beobachtungen haben daraufhin gezeigt, dass nach langer Sommertrockenheit ab Mitte August lokal reichlich gefallener Niederschlag wieder zu günstigen Wachstumsbedingungen und so zu erneuten Triebbildungen geführt haben. Diese vorweggenommenen Knospenaustriebe und Triebbildungen, welche eigentlich erst im darauffolgenden Frühjahr für den Austrieb vorgesehenen sind (Prolepsis), können aufgrund unzureichender Verholzung besonders frostanfällig sein (Abb. 4b).

Die festgestellten Absterbeerscheinungen sind mit den anhaltenden und wiederkehrenden klimatischen Extrema der letzten Jahre und einem für die Buche ungünstigen Standort begründbar. Die in diesem Zusammenhang erhobenen Daten und die an der FVA gelagerten Laborproben werden für die weiteren Forschungsarbeiten von Nutzen sein.

Baumkronen verzweigen sich schlechter

Eine Verschlechterung der Verzweigungsstruktur der Baumkronen und somit langfristig auch eine schlechtere Belaubung scheinen die unteren Höhenlagen zuerst zu treffen. Höher gelegene Buchenstandorte reagieren verzögert. So zeigen die Auswertungen der Bonituren im Winter und für den Sommer auf den Untersuchungsflächen in Baden-Württemberg, dass die Schäden sich 2021 und 2022 auf ähnlichem Niveau befinden und überwiegend eine Schädigung der Klasse 2 (mittelstark geschädigt) aufweisen. Eine weitere Stufe höher würde zur Einordnung in die Schadstufe 3 mit starker Kronenverlichtung führen und langfristig das Absterben der Buchen bedeuten. Ob dieses Szenario eintritt, können nur Folgeaufnahmen zeigen.

Orthofotos: der Blick von oben auf die Buchen-Mortalität

Die auf Schadursachen zurückzuführende außerordentliche Holznutzung stieg bei den Buchen in den vergangenen Jahren rasant an und befindet sich seitdem auf einem sehr hohen und nie zuvor gemessenen Niveau. Die Zahlen müssen jedoch vorsichtig interpretiert werden: Nicht alle entnommenen Buchen sind zum Zeitpunkt der Entnahme bereits vollständig abgestorben. Dies erfolgt aufgrund von Verkehrssicherung und Arbeitssicherheut oft bereits vorher. Da sich der Absterbeprozess im Gegensatz zu zum Beispiel von Borkenkäfern befallenen Nadelhölzern länger hinzieht, sind die hohen Schadholzanfälle 2020 und 2021 zumeist auch durch eine Vorschädigung in den Jahren zuvor bedingt. Die tatsächliche Mortalität von Buchen ist daher anhand von Holznutzungsdaten schwer einzuschätzen. Deshalb wurde sie innerhalb des Notfallplan-Projektes des Landes für den Wald zur Buchenresilienz an der FVA noch einmal genauer untersucht. Um den Zustand auch von nicht bewirtschafteten Buchenwäldern beschreiben zu können, wurden im Juli 2021 vier Bannwäldern in Baden-Württemberg mit einer Drohne beflogen. Die aufgenommenen Orthofotos wurden hinsichtlich der Kronenverlichtung und Mortalität ausgewertet (Abb. 6).

Für Aussagen zu Unterschieden zwischen bewirtschafteten und unbewirtschafteten Buchenwäldern wurden beide Kollektive betrachtet. Das Ergebnis: Es gibt im Vergleich nur geringe Unterschiede in der Mortalität.

Jahresringe geben Hinweise

Auf allen Scheiben (Abb. 7) konnten die anerkannten Weiserjahre für Buchen identifiziert werden. Zuwachseinbußen nach besonderen Hitze- und Trockenjahren waren auf allen Standorten in unterschiedlichem Ausmaß erkennbar. Neben Trockenheit und Standort spielten auch Alter und gewissermaßen Baumhöhe und soziale Stellung eine Rolle. Ein Zusammenhang zwischen Fruktifikation und vermindertem Zuwachs konnte ebenfalls ausfindig gemacht werden.