Auswirkungen der Hitze- und Dürresommer

Während und nach den extremen Hitzesommern seit 2018 sind vielerorts Rotbuchen abgestorben. Betroffen waren zunächst ältere Bäume, die vorgeschädigt waren oder an prädestinierten Standorten stockten. Die anhaltenden ungünstigen Witterungs­bedingungen in den folgenden Jahren führten jedoch zu einer Ausweitung der Absterbe­erscheinungen auf alle Altersklassen. Auch Bestände auf günstigeren Standorten sind betroffen. Forscherinnen und Forscher der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) untersuchten diese Entwicklung auf Waldflächen in ihrem Zuständig­keits­bereich. Dazu gehören die Länder Niedersachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Abgesehen vom nördlichsten Bundesland traten die Absterbe­erscheinungen in allen Ländern auf. Sie wurden ausgelöst durch die warme Wetterlage vom März 2018 bis zum April 2019 und dem milden Winter 2018/2019. Eine solche langanhaltende Phase mit zu warmer Witterung und wenig Niederschlag wurde seit Aufzeichnungs­beginn 1881 erstmals festgehalten. Die Jahres­durchschnitts­temperatur lag mit 10,4 °C um 2,2 °C über dem Wert der Referenz­periode des Deutschen Wetter­dienstes. Die Niederschlags­defizite fielen insgesamt in  Schleswig-Holstein (-26,4 %) und Hessen (-26,9 %) etwas geringer aus als in Niedersachen (-32,3 %) und Sachsen-Anhalt (-34,2 %). Die außer­gewöhnlich heißen, trocken und sonnenreichen Juni- und Juli-Monate verstärkten den Schadens­fortschritt besonders.

Vertrocknete Blätter und Stammschäden

Buchenalthölzer auf süd  exponierten Hängen, Bestände auf Kuppenlagen oder auf sehr gut dränierenden Böden sowie Buchen an Bestandesrändern litten besonders unter den Hitzeschäden, in erster Linie in locker bis lückig stehenden Beständen. Ab Juli 2018 wurden regional vorzeitige Blattverfärbungen und Blattfall beobachtet, im August  waren in allen Altersklassen bereits rot und braun verfärbte Blätter zu erkennen. Sie waren abgestorben, stark ausgetrocknet und brüchig. Gleichzeitig fielen vorzeitig auch grüne Blätter ab, was teilweise zur vollständigen Verkahlung der Kronen führte. Zum Schadbild gehören weiterhin Schleimflussflecken und Rindenrisse. Im Herbst 2018 zeigten sich vermehrt Schäden durch Sonnenbrand. Ebenso wurden die Buchen durch Rindenpilze oder Rindenbranderreger sowie nachfolgenden Pilzen und/oder Buchenborkenkäfern und -prachtkäfern befallen. Aufgrund der beständigen Witterungsextreme litten die Bäume unter Wassermangel und wurden häufig von Rindenbranderregern (Neonectria coccinea oder Diplodia-Arten) befallen. Oft kamen diese Pilze auch schon in den betroffenen Bäumen endophytisch vor und gingen nur in ihre parasitische, pathogene Phase über. Sie verursachten Rindennekrosen, die zudem eine Störung der Wasser- und Nährstoffversorgung bewirkten. Im Spätherbst und Winter führte regional der Befall mit Hallimasch und Diplodia mutila oder Neonectria coccinea-Arten zum Absterben von älteren Rotbuchen. Oft traten auch schon Folgezersetzer der Rotbuche, wie Eutypella quaternata auf. Sie färben die Rinde an den befallenen Stellen charakteristisch grau bis orange. Diese Zersetzer fruchten mit ihrer Nebenfruchtform (Libertella faginea) in langen, gewundenen, leuchtend honiggelben bis orangen Sporenranken, die aus abgestorbenen Rindenpartien herausgedrückt werden.

Kriterien für die Anfälligkeit

Die  Anfälligkeit der Rotbuchen gegenüber Pilzerkrankungen nach Hitzeeinwirkung und lang anhaltender Trockenheit, gekoppelt mit hoher Sonneneinstrahlungsintensität  wird durch verschiedene Kriterien bestimmt. Vorrangig waren es die Prädisposition und Vorschädigung des Einzelbaums durch folgende Faktoren:  

  • Freistellung oder Sonnenexposition durch starke forstliche Eingriffe oder Windwürfe
  • Stockung in Kuppen- oder Randlagen, in südlich (südwestlich bis südöstlich) exponierten Hanglagen oder auf flachgründigen oder gut drainierenden Böden 
  • Wurzelschäden (z.B. durch Sturm, Überstauung, Befall mit Wurzelpilzen)

Im Jahr 2019 trieben Rotbuchen, deren vertrocknete und verbraunte Blätter den Winter über in der Krone verblieben waren und die oft Feinreisigverluste aufwiesen, meist nicht mehr aus. Seit dem Sommer sind alle Altersklassen der Rotbuche von Hitze- und Trockenheitsschäden betroffen. Die Buchen-Vitalitätsschwäche trat nun auch bei jüngeren Baumhölzern und in geschlossenen Beständen und sogar in Nordhanglagen auf. Entsprechende Schäden zeigten sich zunehmend auch bei Rotbuchen, die in günstigeren Lagen stockten, z.B. in leicht geneigten Nordhängen auf Muschelkalk oder anderen gut nährstoffversorgten Böden. Ebenso in Beständen, die an gute Wasserversorgung gewöhnt waren und trocken fielen, oder vorgeschädigte Einzelbäume in geschlossenen Beständen. Teilweise waren nur Einzelbäume betroffen. Jedoch gab es auch Regionen, in denen sich ganze Rotbuchenbestände in der Auflösung befanden und die Schäden wirtschaftlich deutlich fühlbar waren.

Zahlreiche pilzliche Schaderreger

Typische Pilze für Sonnenbrand der Buche, wie der Spaltblättling (Schizophyllum commune), oder für Stammschäden, wie der Austernseitling (Pleurotus ostreatus), traten bereits im Schadensverlauf einiger Bäume auf. Ebenso der Zunderschwamm (Fomes fomentarius), der typisch für das fort­geschrittene Stadium der Buchen-Vitalitätsschwäche ist. Gegenüber früheren Beobachtungen, die das Schadbild der sogenannten Buchen-Vitalitätsschwäche beschrieben, traten zusätzliche bzw. scheinbar neue pilzliche Schad­erreger an Rotbuche auf, wie Diplodia mutila (= Botryosphaeria stevensii ), D. corticola (= Botryosphaeria corticola) und Diplodia sapinea (= Sphaeropsis sapinea) bei älteren Bäumen sowie Botryosphaeriadothidea (Nebenfrucht­form: Fusicoccum aesculi) bei jüngeren Rotbuchen. Nach ersten Labor­untersuchungen erwies sich D. mutila  und D. corticola als besonders aggressiv. Beide Schaderreger können zu Schleimfluss­flecken, Rindenbrand, Rinden­nekrosen und Trieb­sterben führen.

Schwächeparasit Rindenkugelpilz

Insbesondere in wärmegetönten Regionen bzw. Standorten spielt die Holzfäule durch den Münzenförmigen Rindenkugelpilz (Biscogniauxia nummularia) eine Rolle. Dieser wärmeliebende Holzfäule­erreger wächst vom Stammfuß­bereich bis in die Krone der Rotbuche. Er ist in allen Regionen Europas mit Buchenwäldern heimisch und kommt endophytisch (symptomlos) in der Rotbuche, aber auch in verschiedenen anderen Pflanzen und Nadelbäumen vor. Bei Rotbuche ist er als Schwächeparasit bekannt und er bildet dort seine Hauptfruchtform (Abb. 6 + 7). Seine Nebenfruchtform tritt aktuell verstärkt und auffällig in Erscheinung (Abb. 8 + 9). Sie wird in der Rinde von Rotbuchen­stämmen gebildet und es zeigen sich folgende Schadsymptome, die zum Absterben der Bäume führen:

  •   flache, beulenartige Aufwölbung der obersten Rindenschicht 
  •  Aufplatzen und Zurückkrümmen der obersten Rindenschicht
  •  Freilegen einer zunächst weißen Sporenmasse, die später wachsiggrau und abgetragen wird
  • später Erscheinen einer grauen bis braunen Palisade aus Sporenträgern

Der Münzenförmige Rindenkugelpilz kann bei einer Devitalisierung, Hitze- oder Trocken­stress oder Vorschädigung von Rotbuchen mit dem vorzeitigen Übergang in seine parasitische Phase reagieren. Dies ruft eine intensive Holzfäule hervor, die zum Spröd- oder Grünast­bruch und Absterben der betroffenen Bäume führen kann. Dieser Pilz, der zur Gesellschaft der natürlichen „Astreinigung­spilze“ gehört, spielt im Rahmen der Klima­erwärmung eine zunehmend größere Rolle.

Sekundärer Käferbefall

Begleitend zu den pilzlichen Erkrankungen im Sommer 2019 zeigte sich auch ein verstärkter, sekundärer Befall der unter der Buchen-Vitalitätsschwäche leidenden Bäume mit unterschied­lichen rinden­brütenden oder holzentwertenden Käfern. Dazu zählen Buchen­pracht­käfer (Agrilus viridis), Kleiner Buchenborken­käfer (Taphrorychus bicolor), Schwarzer Nutzholzborkenkäfer (Xylosandrus germanus), Buchen- oder Laubnutzholz-Borkenkäfer (Trypodendron domesticum) und Sägehörniger Werftkäfer (Hylecoetus dermestoides).

Entwertetes Holz

Das Holz betroffener Bäume entwertete relativ schnell. Nach dem Abtrocknen wiesen die Stämme bei Luft­eintritt oft spritzkernartige Verfärbungen auf. Zudem bildete sich ein hoher Totholz­anteil in der Krone. Wie schnell die Holzent­wertung voranschritt und die Bruch- bzw. Standsicherheit der betroffenen Bäume vermindert wurde, hing davon ab, wie schnell der Schadens­verlauf voranschritt, welche holzab­bauenden Pilze beteiligt waren und wie der Einzelbaum darauf reagierte. Der im Frühsommer 2019 beobachtete, teilweise sehr schnelle Schadens­fort­schritt und die damit verbundene Holz­entwertung stellten ein akutes bzw. latentes Problem hinsichtlich der Arbeits- und Verkehrssicherung dar.

Ausblick

Bei der Buchen-Vitalitätsschwäche handelt es sich um einen mehrjährigen Prozess. Eine nachhaltige Erholung der betroffenen, stark geschädigten Bäume mit intensivem Befall durch Neonectria-, Diplodia-Arten, Hallimasch oder B. nummularia ist unwahrscheinlich. Aus  Sicht des Waldschutzes müssen Buchen, die unter der Vitalitäts­schwäche leiden, aufgrund des Pilz­befalls nicht beseitigt werden. Je nach individueller Einschätzung des Befalls mit sekundären Käfern könnte ein Sanitärhieb empfehlenswert sein. Es ist jedoch zu bedenken, dass eine weitere Auflichtung der Bestände zu einem Schadens­fortschritt bei den weniger stark geschädigten Buchen führen kann. Soll das betroffene Holz geerntet oder sollen Fällungen z. B. aus Gründen der Verkehrs­sicherung durchgeführten werden, sind insbesondere Aspekte der Arbeits­sicherheit zu berücksichtigen.