Das Zusammenleben der Buche mit Pilzen beginnt, wenn das zarte Würzelchen des Buchenkeimlings in Kontakt mit dem Boden und der darin lebenden Mykorrhizapilze kommt. Und es endet erst lange nach dem Tod des Baumes, wenn das tote Buchenholz restlos abgebaut ist.

Während ihres gesamten Lebens und darüber hinaus beherbergt die Buche eine unfassbar grosse Anzahl Pilzarten (Tab. 1) – von vielen profitiert sie, von anderen wird sie geschwächt und womöglich sogar getötet. Einige der Interaktionen dauern kurz, vielleicht nur einige Monate, andere dauern Jahrzehnte.

Tab. 1: Überblick über die Anzahl Funde und Arten von Pilzen, verschiedener ökologischer Gruppen aus der SwissFungi Datenbank. *Pilzfunde, bei denen als Begleitbaumart Buche angegeben wurde (nicht zwingend der Mykorrhizapartner) ** Pilzfunde, bei denen als Wirtspflanze Buche angegeben wurde.

Besiedelt werden nicht nur die Wurzeln, sondern auch die Rinde, die Blätter, ja sogar die Fruchtbecher und dies während des gesamten Lebens der Buche. Zusätzlich wurden auf Borke und Holz der Buche bisher 350 Flechtenarten nachgewiesen. Dieser Teil der pilzlichen Diversität soll in diesem Artikel jedoch ausgeblendet werden.

Mykorrhizapilze

Doch zurück zum Buchenkeimling: Das nach Nähr­salzen und Wasser suchende Würzelchen wird blitzschnell von Pilzhyphen entdeckt, die ihrerseits nach Zucker suchen. So beginnt die Ektomykorrhi­za-Symbiose, die der Buche zeitlebens erhalten bleiben wird.

Die fadenförmigen Zellen der Pilzhy­phen ummanteln die feinen Wurzelspitzen und drängen sich auch zwischen die Wurzelzellen, wo der Stoffaustausch stattfindet. Der Keimling liefert dem Pilz Zucker aus der Photosynthese und erhält als Gegenleistung diverse Nährsalze wie Phosphate und Nitrate sowie Wasser.

Die Funktion von Mykorrhizapilzen auf die Nähr­stoffversorgung des Baumes zu reduzieren, würde aber zu kurz greifen. Ektomykorrhizapilze tragen auch zur Humusbildung bei, können stabilisierend auf Rutschhänge wirken, die Vitalität der Pflanzen steigern und die Wurzeln vor Wurzelparasiten schützen.

Viele Ektomykorrhiza-Pilzarten können mit ver­schiedenen Baumarten Partnerschaften bilden. Ei­nige sind jedoch ausschliesslich auf eine Baumart, zum Beispiel die Buche, spezialisiert. Die Pilzarten­gemeinschaft verändert sich im Laufe des Buchen­lebens. Es werden stetig Partnerschaften aufgelöst und neu gebildet. Es gibt Arten, die besonders häufig bei Jungbuchen zu finden sind, und solche, die typischerweise erst in einem älteren Wald ge­deihen können. Letztere sind tendenziell seltener, weil Altwaldstadien in unseren Wirtschaftswäldern leider selten sind; eine Tatsache, der jedoch zuneh­mend mit der Ausscheidung von Naturwaldreser­vaten entgegengewirkt wird.

Häufige und eng an Buche gebundene Arten sind z. B. der Kleinsporige Buchen-Speitäubling (Rus­sula mairei; Abb. 1) oder der Graugrüne Milchling (Lactarius blennius). Bedeutend mehr Glück muss man haben, um den zwei gefährdeten Arten Kleiner Zinnobertäubling (RL Status EN, Russula emeticicolor) oder Buchen-Rauhkopf (RL Status EN, Cortinarius tophaceus) zu begegnen. Auch Speisepilzbegeisterte finden in den Buchenwäldern eine reiche Vielfalt, wie zum Beispiel die charakte­ristische und beliebte Herbsttrompete (Craterellus cornucopioides; Abb. 2), den Sommer-Steinpilz (Boletus aestivalis) oder die hypogäisch (unter der Erde) wachsende Sommer-Trüffel (Tuber aes­tivum).

Parasitische Pilze

Von den Guten zu den Bösen: Während die Buche um die einen Pilze weibelt, kämpft sie zeitlebens gegen die anderen. Angriffsflächen bieten Wur­zeln, Stammfuss, Holz, Rinde und Blätter, und sie wird auf allen diesen Ebenen attackiert. Jedoch kann sich die Buche an ihrem natürlichen Standort gut gegen Pathogene behaupten und anders als etwa Esche und Ulme, blieb sie bisher auch weit­gehend verschont von gebietsfremden, invasiven Schädlingen.

Kürzlich wurde jedoch eine neue Blattkrankheit an der Buche in Europa beschrie­ben, welche höchstwahrscheinlich durch eine in­vasive Pilzart (Petrakia liobae) bisher unbekann­ten Ursprungs verursacht wird. Die sogenannte Petrakia-Blattbräune führt zu braunen Blattflecken (Abb. 3) während des Sommers und wurde bereits in allen Landesteilen der Schweiz nachgewiesen. Sie ist zwar wohl harmlos und führt nicht zum Absterben von ausgewachse­nen Bäumen. Dass sie jedoch einen Effekt auf die Überlebens- und Konkurrenzfähigkeit von Jung­bäumen haben könnte, wäre vorstellbar und eine genauere Untersuchung wert.

Eine weitere interes­sante Blattkrankheit, die sogenannte Buchenblatt­bräune, wird durch Apiognomonia errabunda ver­ursacht. Es ist der weitaus häufigste Blattbesiedler der Buche und interessant, weil die Interaktion sowohl antagonistisch, neutral bis mutualistisch sein kann. Die meisten Infektionen im Frühjahr verlaufen symptomlos bis zum Laubabwurf im Herbst. Bei günstigen Bedingungen für den Pilz kann er aber pathogen werden und braune Blatt­flecken verursachen. Einen mutualistischen Effekt kann der Pilz entfalten, wenn die Blätter durch die Buchengallmücke Mikiola fagi befallen wird. Die Gallen dieses Insekts stimulieren nämlich den Pilz, worauf dieser die Insektengalle zum Absterben bringt. Man vermutet, dass dadurch eine mas­senhafte Ausbreitung der Gallmücke verhindert werden kann.

Ein fast gänzlich unbekannter Pilz, aber ein wahrhafter Serienkiller der Buche ist der Rasig-krustige Buchenkugelpilz Melanamphora spinifera. Dieser vor allem in Buchen-Jungwuchs allgegenwärtige Pilz ist am Stammfuss von jungen, von ihm abgetöteten Buchen zu finden. Der Kon­kurrenzkampf im Jungwuchs nach Licht, Nährstof­fen und Wasser ist brutal und führt unweigerlich zur Schwächung einzelner Pflanzen. Dank dieser natürlichen Ausmusterung der Schwächsten durch M. spinifera erhalten die Übrigen mehr Licht und Nährstoffe und haben so bessere Chancen, einmal zu einem ausgewachsenen Baum zu werden.

SwissFungi

SwissFungi ist das nationale Daten- und Informationszentrum zur Dokumentation, Förderung und Erforschung der Schweizer Pilzflora. Das Ziel von SwissFungi ist es, das Wissen über die Verbreitung, die Gefährdung und die Ökologie aller Pilze einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Verbreitungsdaten aus der Datenbank werden für alle Arten mit einer Genauigkeit von 5x5 km im öffentlich zugänglichen Verbreitungsatlas dargestellt.

Holzzersetzende Pilze

Einige Holzzersetzer schaffen einen nahtlosen Über­gang zu den parasitischen Pilzen, in dem sie das Kernholz und später auch das Splintholz lebender, älterer oder kranker Buchen besiedeln können. Dies führt zu einer Reduktion der Baumstabilität und letztlich zum Bruch des Stammes. Auf diese Weise kann der bekannte Zunderschwamm zu einer na­türlichen Bestandesverjüngung führen.

Teilwei­se schwach pathogen wirken die zahlreichen, oft wirtsspezifisch an dünnen, hängenden, Zweigen vorkommenden Arten. Deren winzige Fruchtkörper sind meist fast unsichtbar unter der Rinde einge­senkt.

Die mit Abstand artenreichste Gruppe bilden jedoch die Zersetzer von ausschliesslich totem, ste­hendem oder liegendem Stamm- und Astholz. Diese nützlichen Pilze recyceln quasi das Holz und führen dessen Nährstoffe zurück in den Kreislauf. Hier lässt sich eine Artensukzession im Verlaufe des Zerset­zungsprozesses beobachten. Wie diese Sukzession verläuft, ist sehr komplex und hängt unter anderem stark von den Erstbesiedlern ab. An hartem, berin­detem Holz treten mehrere, sehr oft ausschliesslich auf Buche wachsende Schlauchpilze wie die Rötliche Kohlenbeere (Hypoxylon fragiforme) auf. Sie bildet rostrote, halbkugelige Fruchtkörper, die in grosser Zahl Äste und Stämme überziehen können (Abb. 4). Danach ändert sich die Artenzusammensetzung und die Artenzahl steigt in der Optimalphase der Zerset­zung stark an.

Ganz selten kann man in dieser Phase die auffälligen Fruchtkörper vom Ästigen Stachel­bart (Hericium coralloides) beobachten (Abb. 5). Die als verletzlich eingestufte Rote-Liste-Art ist auf dickes Totholz von Buche angewiesen und bevor­zugt möglichst natürliche, totholzreiche Wälder.

Der Anteil an buchenspezifischen Arten nimmt mit weiter fortschreitender Zersetzung ab. Es treten ver­mehrt Generalisten und zum Schluss sogar Mykorr­hizapilze im wasserspeichernden Mulmholz auf.

Für die Holzzersetzer ist es enorm wichtig, flächen­deckend genügend Totholz, insbesondere dicke Stämme und Biotopbäume im Wald zu belassen. Für zahlreiche Arten sind auch Altwaldstadien, etwa in Form von Waldreservaten oder Altholzinseln, essen­ziell. Von solchen Massnahmen profitieren nebst den Pilzen gleichermassen viele andere Organismen.

Streusaprophyten

Neben den Guten und Bösen zählen die Streusapro­phyten wie die reinen Totholzabbauer zu den Nützli­chen. In einem Buchenwald ist der Boden meist durch eine dicke Schicht aus Buchenlaub und Frucht­bechern bedeckt. Unermüdlich bauen Pilze das viele organische Material ab und setzen die darin enthal­tenen Nährstoffe wieder frei.

In einer ersten Phase sind vor allem Schlauchpilze aktiv, die einfach ab­baubare, z. B. zuckerähnliche Stoffe zersetzen. Dar­auf folgen die Ständerpilze, welche die Zellulose und das Lignin verdauen. Gewisse Arten wie etwa die Buchenfruchtschalen-Holzkeule (Xylaria carpophi­la; Abb. 7) oder der Fleischfarbige Flockenschüppling (Flammulaster carpophilus; Abb. 6) sind dabei fast ausschliesslich auf den Fruchtbechern zu finden.

Dagegen sind die weniger als einen Millimeter grossen, schalenförmigen Fruchtkörper des Bräunlichen Buchenblatt-Haarbecherchens (Brunnipila fusce­scens; Abb. 8) im Frühjahr auf der Unterseite feucht liegender Blätter wohl in jedem Buchenwald anzu­treffen. Auch die kleinen, hutförmigen Fruchtkörper vom Buchenblatt-Helmling (Mycena capillaris) oder dem Niederliegenden Schwindling (Rhizomarasmi­us setosus; Abb. 9) sitzen meist direkt auf Blättern oder Blattstielen auf. Viele weitere Buchenstreuspe­zialisten wie der häufige Ledergelbe Schwindling (Marasmius torquescens) oder der vom Aussterben bedrohte Buchen-Helmling (Mycena fagetorum) machen bei diesem grossen Recyclingprozess mit.

Schlussfolgerungen

Falls Sie während der Lektüre auch zwischen den Zeilen gelesen haben, werden Sie bemerkt haben, dass eine Einteilung in gute, böse und nützliche Pilze keinen Sinn ergibt. Auch parasitische Pilze können einen direkten oder indirekten Nutzen für Buchenpopulationen haben. Im Extremfall können parasitische Pilze sogar eine mutualistische Wir­kung entfalten, wie im Beispiel von A. errabunda, die die Massenvermehrung der Buchengallmücke verhindern kann. Scheinbar harmlose Pilze wie M. spinifera sind eigentliche Serienkiller, sorgen aber gleichzeitig für die natürliche Selektion und das Überleben der Fittesten.

Alle Pilze, die mit Buche as­soziiert sind, haben ihren Platz und ihre Funktion im Ökosystem Buchenwald und wir können durch gezielte Massnahmen dazu beitragen, dass diese Diversität erhalten bleibt.

(TR)