Die Europäische Buche (Fagus sylvatica) ist in Österreichs Wäldern nach der Fichte die zweithäufigste Baumart. In Niederösterreich stellt sie rund 14,5 % der Baumarten und immerhin 39 % der Laubgehölze. Buchendominierte Waldbestände finden sich in Niederösterreich bis in etwa 1500 m Seehöhe, vom Alpenvorland bis zu den nördlichen Randalpen. Die Gesamtverbreitung zeigt ein weites Spektrum von Standortstypen, welche die breit gefächerten Temperatur- sowie Niederschlagsansprüche dieser Baumart widerspiegeln. Primär kommt die Buche in den natürlichen Waldgesellschaften Buchenwald, Fichten-Tannen-Buchenwald und Bergahorn-Eschenwald vor. Beigemischt ist sie im Eichen-Hainbuchenwald und Fichten-Tannenwald.

Allerdings wurde sie an vielen, für sie besonders geeigneten Standorten (mäßig trockene bis feuchte Standorte mit intermediärem bis sehr reichem Bodennährstoffhaushalt) durch die Fichte verdrängt. Dies führt aktuell angesichts des Rückganges der Fichte infolge der Klimaänderung und damit verbundenen Schädlingsauftreten europaweit zum Wechsel waldbaulicher Paradigmen (Überlegungen zum großflächigen Ersatz der Fichten durch Buchen).

Abgesehen von dem hohen Potential dieser Baumart vor allem in montanen Mischwäldern (Fichten-Tannen-Buchen-Wald) und der gerade dort erwarteten Begünstigung der Buche durch den Temperaturanstieg nehmen in tieferen Lagen infolge steigender abiotischer Stresseinwirkungen (einerseits Rückgang der Niederschläge, andererseits aber auch extreme sommerliche Regenperioden, hohe Sommertemperaturen) auch biotische Schädigungsfaktoren zu, von denen eine Begrenzung der Chancen für die Buche zu erwarten ist. So können trockene und heiße Sommer (wie z.B. 2003 oder 2018) die Buchen so schwächen, dass diese am Stamm von verschiedenen Borkenkäfern (Taphrorychus bicolor, Ernoporus fagi, Trypodendron domesticum, Xyleborus dispar) oder auch Prachtkäfern (Agrilus viridis) befallen werden und innerhalb weniger Monate absterben.

Buchenbestände, die vermehrt starken Stürmen, Spätfrost, Eisbehang oder Hagelereignissen ausgesetzt sind, werden oft vom Pilz Neonectria ditissima (Obstbaumkrebs, Buchenzweigkrebs) befallen. Dieser wundparasitische Krankheitserreger löst Wucherungen an Zweigen und Ästen aus und kann bei Altbäumen zu erheblichen Kronenverlichtungen und bei Jungbuchen zum Absterben führen.

Ein weiteres Syndrom wird allgemein unter dem Begriff Buchenkomplexkrankheit beschrieben. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Symptomen der Krone, verschiedenen stammschädigenden Insekten, Pilzen bzw. pilzartigen Organismen (Phytophthora) und dem Auftreten von Saftfluss am Stamm und an Wurzelanläufen. Die kausalen Zusammenhänge der verschiedenen Faktoren sind aufgrund regionaler Unterschiede in der Zusammensetzung und Gewichtung der Faktoren allerdings oft schwer zu beurteilen. Die Bedeutung von Krankheitserregern im Wurzelbereich ist dabei nicht erschöpfend geklärt.

Studie in Niederösterreich

Beobachtete Kronenschäden der Buche wie Verlichtung, reduzierte Blattgröße, Rückgang der Verzweigung (Abbildung 1a, b und c) in weiten Teilen des Wienerwaldes und anderen Regionen in Niederösterreich waren Anlass zu einem Forschungsprojekt in Buchenbeständen Niederösterreichs mit dem Fokus auf der Erfassung des Gesundheitszustandes der Buchen. Die Projektarbeiten wurden von 2008 bis 2010 durchgeführt. Im vorliegenden Artikel werden die wichtigsten Ergebnisse der Studie und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen präsentiert.

Die Ergebnisse sowie die Methoden sind im Detail bei Corcobado et al. (2020) beschrieben. Ziele des Projektes waren die Analyse der in Wurzeln und im Stamm auftretenden Pathogene mit dem Schwerpunkt auf Phytophthora-Arten (Oomyzeten-Eipilze) sowie die Klärung vermuteter Zusammenhänge zwischen Krankheitserregern und den weit verbreiteten Kronenschäden. Letztere ließen einerseits latente Feinwurzelschäden durch bodenbürtige Phytophthora-Arten, andererseits auch primäre Trockenstress-Schäden mit sekundär auftretenden Wurzelpathogenen (Hallimasch und andere) sowie Käferbefall am Stamm und an Ästen als Ursache vermuten.

Wurzelsysteme von Bäumen mit starker Kronenverlichtung und hohem Totastanteil wurden mit solchen von in der Krone weitgehend symptomlosen Baumen biometrisch verglichen, wobei auch die Mykorrhizierung „erkrankter“ im Vergleich mit „gesunden“ Buchen untersucht wurde. Darüber hinaus wurde der Faktorenkomplex im Zusammenhang mit standorts- und bodenspezifischen Parametern sowie klimatischen Gegebenheiten analysiert. Ein weiteres Ziel der Arbeit war die Klärung des Einflusses der Bodentypen auf das Vorkommen der verschiedenen Phytophthora-Arten.

Methoden

Gesamt wurden 34 Untersuchungsflächen in Laubholz-Altbestanden im Wienerwald, im Alpenvorland, in den Voralpen, den niederösterreichischen Kalkalpen, der Buckligen Welt, im Waldviertel, im Weinviertel, im Leithagebirge und im Rosaliengebirge eingerichtet.

Diese hatten eine Ausdehnung von 1 bis 8,6 ha und waren mit über 60-jährigen Rotbuchen bestockt. Auf allen Flächen traten bei Buchen Kronenverlichtungen in unterschiedlicher Intensität auf. Auf 24 Flächen wurde das Auftreten von Phytophthora (Läsionen und Saftfluss am Stamm und Wurzelanlauf) bei jeweils bis zu 500 Buchen überprüft. Auf zehn Intensiv-Untersuchungsflächen wurden zusätzlich detaillierte Untersuchungen an jeweils sechs Einzelbäumen (drei mit und drei ohne Kronensymptome) durchgeführt, wobei Phytophthora-Nachweise im Boden, wurzelbiometrische Analysen, Untersuchungen der Mykorrhizierung sowie Bodenanalysen im Vordergrund standen.

Bei den Einzelbäumen wurden Krankheitssymptome am Stamm und an Wurzeln taxiert sowie Insektenschäden und Pilze erfasst (Läsionen, Wunden, Sonnenbrand etc.). Die Analyse der in den Läsionen an Stamm und Wurzeln vorhandenen Phytophthora-Arten erfolgte mittels Isolierung aus absterbenden Geweben aktiver Läsionen (frischer Saftfluss und frisch abgestorbener bzw. absterbender Rand der Läsion).

Abb. 2a, b und c: Buchen mit Saftfluss am Stamm als Symptom des flächig absterbenden Rindengewebes (Läsionen): Läsionen vom Wurzelsystem aus aufwachsend. Fotos: BFW

Abbildung 2d und e: Läsionen mit Saftfluss auf Wurzelanläufen. Fotos: BFW

Phytophthora im Boden wurde mittels Ködertests mit Bodenmaterial aus dem Wurzelraum der Probebäume und nachfolgender Isolierung nachgewiesen. Zusätzlich kamen zur Identifikation molekulare Methoden zur Anwendung. Insgesamt wurden auf 27 der 34 Flächen Gewebe- und Bodenproben auf Vorhandensein von Phytophthora untersucht.

Weiters wurden Wurzelproben von Buchen mit und ohne verlichtete Kronen biometrisch verglichen, um zu überprüfen, wieweit eine Verarmung des Feinwurzelanteils mit den Kronenschaden in Zusammenhang steht.

Im Anschluss an die wurzelbiometrischen Analysen wurde die Mykorrhizierung verglichen. Im Jahr 2009 erfolgte eine Aufnahme standörtlicher Daten auf den Intensiv-Untersuchungsflächen durch das Institut für Waldökologie und Boden des BFW.

Symptome am Stamm und an Wurzeln

Für Phytophthora-Befall typische Symptome am Stamm (Läsionen am Stamm inklusive solcher im Bereich des Wurzelhalses) traten bei 133 von insgesamt 6464 Buchen auf, und zwar auf 25 von 34 Flächen. Wurzelhals-Läsionen (Abbildung 2a-e) wurden auf 24 der 34 Flächen bei 87 Buchen dokumentiert. Isolierte Läsionen am Stamm ohne Verbindung zum Wurzelraum (aerial canker, Abbildung 3a und 3b) wurden auf 13 Flächen bei 46 Buchen registriert (siehe Tabelle 1 im Originalartikel, Seite 41). An den vier höchst gelegenen Standorten in den niederösterreichischen Kalkvoralpen fanden sich keine Stammläsionen mit Saftfluss.

Auf vier Flächen wurde ein gehäuftes Auftreten von Buchen mit Wurzelhals-Läsionen und Phytophthora-Befall entlang von Forstwegen beobachtet (Abbildung 3a-e). Darüber hinaus fanden sich auf drei Flächen viele vom Wind geworfene Buchen mit stark geschädigten Feinwurzeln. Alle drei Flächen waren durch temporär staunasse Böden mit hohem Tongehalt charakterisiert.

Abb. 3a und b: Lokal begrenzte Läsionen in höheren Stammregionen, Abb. 3c: Aktive Phytophthora-Läsion nach Entfernung der äußeren Rindenschichten als orangebraune Fläche erscheinend. Fotos: BFW

Abb. 3d: Lokale Infektionsstellen von Phytophthora an Wurzeln, Abb. 3e: Buche mit Phytophthora-Läsion im Nahbereich einer Forststraße. Fotos: BFW

In einigen Beständen wurden in Läsionen mit nachgewiesenem Befall durch P. ×cambivora (Wurzelhalsbereich) Bohrgänge von Borkenkkfern (vor allem Taphrorychus bicolor) festgestellt. Auf diesen Flächen waren auch auf verholzten Wurzeln zahlreiche Phytophthora-typische Läsionen zu erkennen (Abbildung 2d).

Nachweis von Phytophthora-Arten

Phytophthora-Arten wurden insgesamt auf 25 der 34 Flächen nachgewiesen (siehe Tabelle 2 im Originalartikel, Seite 42). Folgende sieben Arten wurden identifiziert: P. ×cambivora, P. plurivora, P. cactorum, P. gonapodyides, P. syringae, P. psychrophila und P. tubulina. Am häufigsten war P. ×cambivora, gefolgt von P. plurivora und P. cactorum. Die fünf anderen Arten wurden jeweils nur auf einer der Flächen nachgewiesen. Phytophthoratubulina wurde als neue Art beschrieben.

Geologie und Einflüsse des Substrates auf das Vorkommen von Phytophthora

Die Flächen verteilten sich auf sechs Grundgesteinstypen. Bei zehn Flächen war der Untergrund Kalk, bei neun Tonstein, bei acht Gneis/Grandiorit, bei fünf Sandstein, bei drei Schiefer und bei einer alluviale Ablagerungen. Phytophthora wurde zwar in allen Grundgesteinstypen nachgewiesen, doch ergaben sich Unterschiede bei den einzelnen Arten. Die statistische Analyse der Daten mittels kanonischer Korrespondenzanalyse zeigte, dass etwa 30 % der Variabilität der Verbreitung der Phytophthora-Arten durch den geologischen Untergrund erklärt werden konnten.

Verglichen mit anderen ökologischen Studien ist dieser Wert für einen einzelnen Faktor ausgesprochen hoch. Phytophthora ×cambivora war schwerpunktmäßig an temporär vernässten Standorten (Quellaustritt, Muldenlagen) und auf eher sauren Böden (pH CaCl2 3,8-4,2) mit toniger bzw. sandiger Textur (auf Tonstein, Gneis, Granodiorit und Sandstein) sowie in Böden auf Schiefer anzutreffen. Die Art wurde nie in Karbonatgesteinböden nachgewiesen.

Im Gegensatz dazu wurde P. plurivora, die zweithäufigste nachgewiesene Art, sowohl aus Böden auf Gneis, Schiefer wie auch auf Kalk sowie aus tonigen Sanden mit einem pH-Wert zwischen 3,7 und 7,5 isoliert. Phytophthora cactorum wurde sowohl auf Tonstein, Karbonat oder Schiefer nachgewiesen.

Kronenverlichtung, Wurzelparameter und Phytophthora

Die Intensität der Kronenverlichtung war bei den als „krank“ angesprochenen Buchen auf Flächen, wo Phytophthora nachgewiesen wurde, um 38 % höher als bei den „gesunden“ Buchen. Demgegenüber war dieser Unterschied auf den Flächen, wo Phytophthora nicht nachgewiesen wurde, nur 23 %.

In allen Phytophthora-infizierten Beständen war der Feinwurzelzustand der „gesunden“ Buchen ohne Kronenverlichtung besser als derjenige von „kranken“ Buchen mit starken Verlichtungen. Dies war zwar auch in den Phytophthora-freien Flächen der Fall, doch war dort der Unterschied deutlich geringer. Sowohl aufden mit Phytophthora infizierten wie auf den Phytophthora-freien Flächen war die Mykorrhizierung der Wurzelspitzen bei Buchen ohne Kronenschäden höher als bei Buchen mit Kronenschäden.

Befall durch Pilze

An 21 der 34 Standorte wurde eine Reihe von Pilzarten nachgewiesen, die mit Phytophthora-Läsionen assoziiert waren (Tabelle 3). Mit dem Auftreten von Wurzelhalsfäulen (Fruchtkörper auf Rindenläsionen bzw. am Stammholz) war Hallimasch (Armillaria spp.) an zwölf Standorten, gefolgt vom Zunderschwamm (Fomes fomentarius) an zehn Standorten am häufigsten assoziiert.

Eine Besiedlung des Holzes durch den Spaltblättling (Schizophyllum commune) war auch häufig mit Sonnenbrandschäden an der Südseite von Buchenstämmen verbunden. Mit isolierten Stammläsionen (aerial canker durch Phytophthora) waren Zunderschwamm, Spechtloch-Schillerporling (Inonotus nidus-pici), Beringter Schleimrübling (Oudemansiella mucida), Obstbaumkrebs (Neonectria ditissima) und Schuppiger Porling (Polyporus squamosus) assoziiert.

Tabelle 3: Mit verschiedenen Symptomen und Schäden assoziierte Pilzarten.
PilzartWurzelhals-LäsionenAerial cankerSonnenbrandMechanische Schäden an StarkwurzelnMechanische Schäden am StammTotholz in der Krone
Angebrannter Rauchporling (Bjerkandera adusta)X     
Austernseitling (Pleurotus osteratus)X     
Beringter Schleimrübling (Oudemansiella mucida)XX    
Brandkrustenpilz (Kretzschmaria deusta)X   XX
Buckel-Tramete (Trametes gibbosa)X  X  
Feuerschwamm (Phellinus igniarius)X     
Hallimasch (Armillaria spp.)X     
Kohlenbeere (Hypoxylon spp.)X    X
Obstbaumkrebs (Neonectria ditissima) X    
Pustelpilz (Neonectria spp.)X  XX 
Rotbuchen-Rindenkugelpilz (Biscogniauxia nummularia)X   X 
Rotrandiger Baumschwamm (Fomitopsis pinicola)X    X
Schichtpilz (Stereum sp.)X     
Schmetterlingstramete (Trametes versicolor)X     
Schuppiger Porling (Polyporus squamosus)XX    
Spaltblättling (Schizophyllum commune)X XXX 
Spechtloch-Schillerporling (Inonotus nidus-pici) X    
Striegelige Tramete (Trametes hirsuta)X  X  
Tramete (Trametes spp.)X     
Vielgestaltige Holzkeule (Xylaria polymorpha)X     
Vierfrüchtige Quaternaria (Eutypella quaternata)    X 
Violetter Schichtpilz (Chondrostereum purpureum)X     
Zunderschwamm (Fomes fomentarius)XX   X

 

Schlussfolgerungen

Die Studie ergab eine weite Verbreitung von für Phytophthora typischen Krankheitssymptomen und bodenbürtigen Phytophthora-Arten. Die Gesamtzahl der in Buchenbeständen nachgewiesenen Phytophthora-Arten war mit sieben im internationalen europäischen Vergleich hoch. So wurden in Bayern, das flächenmäßig etwa dreimal so groß ist wie Niederösterreich, im Zuge früherer vergleichbarer Studien neun Arten, in Italien zehn und in 13 weiteren europäischen Staaten zwischen einer und sechs Arten identifiziert.

Die drei in den niederösterreichischen Buchenbeständen häufigsten Arten, P. ×cambivora, P. plurivora und P. cactorum, sind nach derzeitigem Wissensstand als in Europa nicht heimische, invasive Arten anzusehen. Gerade bei P. plurivora weist die weite, vorwiegend symptomlose Verbreitung in verschiedenen asiatischen Ländern (Japan, Nepal, Yunnan (China) und Taiwan) und die hohe Diversität dieser Art in Asien auf einen asiatischen Ursprung hin. Von den seltener nachgewiesenen Phytophthora-Arten sind P. gonapodyides, P. psychrophila und vermutlich P. tubulina europäischen Ursprungs.

Als Ursache für die starke Ausbreitung dieser Wurzelpathogene ist größtenteils die unbeabsichtigte Verschleppung mit verseuchtem Pflanzenmaterial auch anderer Baumarten anzusehen. Die fast ubiquitäre Infektion von Pflanzenproduktionsflächen mit P. ×cambivora, P. plurivora, P. cactorum und mehr als 50 weiteren Phytophthora-Arten ist die Hauptvoraussetzung für die Verbreitung in Waldökosysteme.

Allerdings kommen noch weitere, in Europa oft übersehene Ausbreitungswege dazu, die auch auf den Menschen zurückzuführen sind. So weist die auf einigen Untersuchungsflächen beobachtete Konzentration von Buchen mit Phytophthora-Wurzelhalsfäule entlang von Forstwegen auf eine mögliche Einschleppung mit waldfremdem Material als Straßenbelag hin. Abfälle von Erdmaterial aus Gärten, vermischt mit Ziegel- und Bauschutt, sind eine sehr wahrscheinliche Quelle nicht nur von Neophyten, sondern auch von Krankheitserregern.

Weitere mögliche Verbreitungswege sind Reifen oder Ketten von Fahrzeugen sowie Forstmaschinen und letztlich auch Schuhwerk. Der Nachweis der Besiedlung primärer Phytophthora-Läsionen durch den Borkenkäfer Taphrorychus bicolor wirft die Frage auf, ob diese Käferart ihrerseits als sekundärer Vektor für Phytophthora fungieren kann. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass bestimmte Schneckenarten Phytophthora-Keime im Zuge ihrer Wanderung auf Buchenstämmen verbreiten und so Infektionen verursachen, die zu Läsionen weiter oben am Stamm (aerial canker) führen.

Zusätzlich zu den in der vorliegenden Studie aufgezeigten Zusammenhängen zwischen Phytophthora-Läsionen und sekundären Fäule-Erregern soll nicht unerwähnt bleiben, dass gerade in den forstwirtschaftlich intensiv genutzten Beständen eine große Zahl von Verletzungen unterschiedlichster Art (Steinschlagschäden, Fällschäden, Sturmschäden, Eisbehang, Sonnenbrand etc.) festgestellt wurden, die für eine Vielzahl von Pilzarten ebenfalls Eintrittspforten darstellen. Die Frequenz der Mykorrhizierung der Feinwurzelspitzen war bei den Buchen ohne Kronenschäden höher als bei den geschädigten.

Auf den Flächen mit relativ einheitlichem Baumbestand fand sich jedoch kein ökologischer Faktor zur Erklärung der Unterschiede in der Mykorrhizierungsfrequenz. Phytophthora kann die Intensität der Mykorrhizierung beeinträchtigen, doch ist dies nicht bei jeder Baumart und nicht bei jeder Phytophthora-Art gleich. Um diese Zusammenhänge im gegenständlichen Fall erschöpfend zu klären, wären umfangreichere Analysen sowie vor allem eine Typifizierung der Mykorrhizen erforderlich.

Mit 2002 und 2003 gingen der Studie zwei Jahre mit besonderen Temperatur und Niederschlagskonstellationen voraus. Nach extremen Niederschlagsmengen in der zweiten Jahreshälfte 2002 folgte 2003 ein überaus trockener und heißer Sommer. Danach waren die meisten Probeflächen von 2004 bis 2006 überdurchschnittlichen Spätwinter- und Frühjahrsniederschlägen ausgesetzt, wohingegen die Sommermonate 2004 und 2006 heißer und trockener als im langjährigen Durchschnitt waren. Mehrere Klimamodelle prognostizieren für Europa neben einem kontinuierlichen Temperaturanstieg eine deutliche Zunahme der Frequenz und der Dauer sowohl heftiger Sommerniederschläge wie extremer sommerlicher Trockenperioden.

Bei diesen Änderungen ist zu erwarten, dass insbesondere die invasiven wärmeliebenden Phytophthora-Arten wie etwa P. ×cambivora, P. cactorum, P. cinnamomi, P. niederhauserii, P. multivora und P. plurivora gegenüber den einheimischen, an kühlere Temperaturen angepassten Arten (P. castanetorum, P. psychrophila, P. pseudosyringae, P. tubulina und P. vulcanica) begünstigt werden. Dies könnte erklären, warum P. pseudosyringae, die in mehreren europäischen Ländern mit Schäden an Rotbuchen assoziiert ist und als wahrscheinlich ursprünglich europäische Art gilt, in der gegenständlichen Studie nicht nachgewiesen wurde. Dies ist vielleicht mit der Dominanz der genannten drei Arten und der Verdrängung autochthoner Arten aus den Waldböden zu erklären: Diesbezügliche konkurrenzbedingte Verschiebungen im Artenspektrum könnten auch durch steigende Temperaturen vor allem in den Wintermonaten zu erklären sein, von denen viele der invasiven Arten, wie z.B. P. cinnamomi, profitieren.

Um zukünftige Phytophthora-Epidemien in den niederösterreichischen Buchenbeständen zu vermeiden, muss einerseits der kontinuierlichen Ausbreitung durch den Menschen Einhalt geboten werden und andererseits auch auf Standortansprüche der Rotbuche im Lichte der klimabeeinflussten Bedrohung durch Krankheitserreger geachtet werden. Eine Vermeidung der Verschleppung von Phytophthora-Arten durch den Menschen wird am leichtesten durch die Förderung der Naturverjüngung zu erreichen sein. Bei künstlicher Bestandesbegründung ist die Verwendung von Phytophthora-freiem Pflanzenmaterial erstes Gebot. Dies gilt auch für andere Gehölze, mit denen Phytophthora verbreitet werden kann.

Weiters sollten nur geeignete Buchenstandorte ausgewählt werden, wobei der geologische Untergrund und die standörtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Ein Eintrag der Keime über Erdmaterial (wie Material aus dem urbanen Bereich, kontaminierte Erde in Ketten von Harvestern, Reifen von Traktoren und Geländefahrzeugen, Schuhwerk) muss ebenfalls vermieden werden und jegliche Deponie von Pflanzenabfällen aus dem urbanen Bereich im Wald ist zu unterlassen. Schließlich sollte eine schonende Waldwirtschaft betrieben werden, bei der Stamm- und Wurzelverletzungen aller Art vermieden und die Vitalität der Buchen gefördert werden.