Christbaumproduktion und -handel sind ein einträgliches Geschäft. Auf dem Weltmarkt wollen mittlerweile auch Araber und Chinesen einen Christ­baum kaufen. Die Produktion ist dagegen zurückgegan­gen, zum Beispiel in Deutschland. Als Folge sind die Preise gestiegen.

In der Schweiz bleibt die Nachfrage konstant oder steigt ebenfalls leicht. In Zahlen heisst das: In die etwas über drei Millionen Haushalte werden rund eine Million Christbäume gestellt. Das entspricht einem Marktvolumen von rund 40 Millionen Franken.

"Tendenz steigend", ergänzt Josef Brägger. Er vertritt die IG Suisse Christ­baum, die sich für heimische Bäume ein­setzt. "Und es werden nicht nur mehr Haushalte, es gibt sogar einen Trend zum Zweitbaum", erklärt er. Viele Leute wür­den bereits Tage oder Wochen vor Weih­nachten einen Baum in den Garten oder auf den Balkon stellen und ihn mit elektrischen Lämpchen dekorieren. Auch die Zahl der Christbäume in Innenstädten, Läden usw. nehme zu. Es wäre also ein guter Zeitpunkt, um in die Produktion des "Tannenbaums mit seinen grünen Blättern" zu investieren.

Wenige Bäume aus dem Wald

"Das Bedauerliche ist nämlich, dass die Schweizer Produzenten nur gerade 30 bis 40% der Nachfrage selber decken", erklärt Brägger. Der Rest – man weiss es – stammt aus ausländischen Kul­turen, vor allem aus Dänemark. Darüber sind mittlerweile auch viele Konsumen­ten informiert. Aber für sie gilt zudem eine Gleichung, die schon lange nicht mehr der Realität entspricht: Christbaum gleich Baum, Baum gleich Wald!

Es stammen aber bei weitem nicht alle Schweizer Christbäume aus dem Wald. Wie viele davon aus landwirtschaftlichen Kulturen kommen, weiss keiner genau. In der IG Suisse Christbaum sind denn auch hauptsäch­lich Landwirte und Baumschulen oder Gärtnereien Mitglied. Gemäss Aussagen von Josef Brägger sind Forstreviere nur vereinzelt vertreten. "Weihnachtsbaum­produktion ist eine geschätzte landwirt­schaftliche Nischenproduktion", heisst es darum auch in einem Argumentarium der IG für einheimische Bäume. Für Wald­bäume wird auf die FSC-zertifizierten Bäume verwiesen.

Kann es denn so schwierig sein, im Wald erfolgreich Christbäume zu produzieren? Die Zahlen lassen es fast ver­muten. Die Schutzgemeinschaft Deut­scher Wald (SDW) schätzt zum Beispiel, dass in Deutschland nur rund 5% im Rahmen der üblichen Waldpflege direkt aus der Forstwirtschaft stammen. Offizielle Angaben, wie viele Christbäume aus dem Wald stammen, gibt es in der Schweiz dagegen nicht.

Hans-Peter Luder ist Privatwaldbesitzer im Kanton Bern – und Christbaumprodu­zent mit Leib und Seele. Er schätzt, dass in der Schweiz vielleicht jeder zehnte Christbaum aus dem Wald stammt. "Und es ist möglich, damit Geld zu verdienen", ist er überzeugt. Er muss es wissen, denn er kennt beide Seiten der Produktion. Auf dem Land hat er auf rund 7 ha Christ­bäume gepflanzt, im Wald sind es 3,5 ha. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Unter dem Strich bleibt Luder pro Baum praktisch gleich viel, egal ob er im Wald oder auf dem Feld produziert wurde. Wie ist das möglich?

Ausmähen genügt nicht

Luder geht durch seine Fichtenkultur im Wald. Sie ist unter einer Hochspan­nungsleitung angelegt. Er erkennt mit einem Blick, wenn ein Baum nicht opti­mal gedeiht, die Äste zum Beispiel zu weit auseinanderstehen, die Quirle zu eng sind oder die Farbe nicht passt. Jetzt im Spätherbst ist es natürlich zu spät, um die Qualität für die kommende Verkaufs­saison zu verbessern. Aber unter dem Jahr gehört das zu seinen wichtigen Auf­gaben – egal ob die Christbäume im Wald oder auf dem Feld stehen. "Die Bäume brauchen Pflege", erklärt er, was eigent­lich logisch sein müsste. Aber nur Ausmähen genüge eben nicht, um die Qualitätsanforderungen, vor allem der Grossverteiler, zu erfüllen.

Dies sieht auch Brägger so: "Während der eigentlichen Wachstumsphase kann mit einem der Tannenart angepassten Formschnitt die Ausbeute von Bäumen der ersten Klasse um 30% gesteigert werden." Zwar sind die Ansprüche an einen Christbaum individuell, doch haben sich mittlerweile einige allgemeingültige Kriterien herausgeschält, an denen sich der erfolgreiche Produzent zu orientieren hat:

Tipps zum schönen Christbaum aus dem Wald

  1. Seien Sie sich bewusst, dass es sich hier um eine Spezialkultur handelt, die spezielles Wissen und volles Engagement benötigt.
  2. Klären Sie zuerst die möglichen Absatzkanäle und die Kundenwünsche.
  3. Klären Sie, ob der Standort (Boden, Licht usw.) zur anvisierten Baumart passt und ob es einen Wildschutzzaun braucht.
  4. Ein guter Start ist wichtig! Die Qualität der Pflanzen muss stimmen. Zudem müssen sie mit der nötigen Sorgfalt gesetzt werden (z. B. Jiffy-Pots mit einem Pflanzrohr).
  5. Setzen Sie die Bäume so breit, dass sie sich bis zur vorgesehenen Ernte beim Wuchs nicht gegenseitig bedrängen.
  6. Die Unkrautbekämpfung ist besonders in den ersten Jahren wichtig.
  7. Stellen Sie Sitzstangen für Vögel auf, denn schon das Gewicht eines Buchfinks reicht aus, um den Gipfeltrieb zu brechen.
  8. Schneiden Sie Zwiesel und beschneiden Sie nach Bedarf auch das Breitenwachstum.
  9. Regulieren Sie die Länge des Triebes, zum Beispiel mit der Top-Stopp-Zange.
  10. Fehlt ein Gipfeltrieb, kann der stärkste Seitentrieb an einem Stecken aufgebunden werden. Äste am Quirl können in die richtige Position gezogen werden.
  11. Geerntete Bäume nicht aufeinanderlegen, sondern auf Naturboden stellen.
  12. Schaffen Sie beim Direktverkauf eine weihnachtliche Stimmung. Ein hartes Geschäft ist es nur für Sie, nicht für den Kunden!

Quelle: "Weihnachtsbäume – erfolgreich anbauen und vermarkten", Heinrich Maurer, ISBN 3-8001-4945-1, Fr . 43.70, Verlag Ulmer, www.ulmer.de

Einfacher auf den Punkt bringt es Ursula Geisman vom Hauptverband der deutschen holzverarbeitenden Industrie: "Der ideale Weihnachtsbaum ist etwa so gross wie Marylin Monroe – und auch fast so schön."

Gerne wird eingewendet, dass Christ­bäume auf dem Land lukrativer seien, weil eine Düngung möglich ist, die für Farbe und Wachstum sorgt. Brägger warnt aber die Produzenten von Christ­bäumen ausserhalb des Waldes: "Bei der Düngung ist äusserste Zurückhaltung angebracht. In vielen Fällen braucht es wenig bis gar keine zusätzliche Nährstoff­versorgung, denn sonst wachsen die Bäume zu stark und der Astkranzabstand wird zu weit." Er räumt allerdings ein, dass im Erntejahr eine Spätsommerdüngung den Bäumen auf dem Feld die dunkelgrüne Färbung verbessern könne.

"Der Boden ist im Wald besser, was den pH-Gehalt betrifft", sagt Luder. Wenn mit den richtigen Arten, zum Beispiel Fichte, am richtigen Standort gearbeitet werde, sei es gar ein Vorteil gegenüber dem Freiland. Zudem sei der Bodenpreis günstiger als auf Landwirt­schaftsland. "Alles Faktoren, die bei einer korrekten Rechnung berücksichtigt wer­den müssen." Zudem sei der Markt noch aufnahmefähig für Bäume aus dem Wald. Wie Luder sagt, sei es bei FSC-Christbäumen sogar so, dass die Nachfrage bei weitem nicht befriedigt werden könne.

Vieles muss stimmen

Peter Wyss ist Förster von Beruf, produziert heute allerdings vollamtlich Christbäume. Auch er ist Mitglied der IG Suisse Christbaum. "Die Christbaumproduktion ist ein Stiefkind der Schweizer Forstwirtschaft", stellt er fest. Er weiss, dass es kein einfaches Geschäft ist. "Der Standort muss stimmen, die Pflege, die Vermarktung und vieles mehr", sagt er. In seinen Flächen würde zum Beispiel dreimal im Jahr gemäht.

Er hat aufgrund seiner Erfahrung Kosten und Ertrag gegenübergestellt. Im Optimalfall – das heisst, es darf keine Frostschäden, Krankheiten usw. geben – lässt sich mit einer Hektare Nordmanns­tannen über neun Jahre ein Nettoerlös von rund Fr. 30 000.– erwirtschaften (siehe Tab. 1). Die Ausbeute ist allerdings nicht nur von den Launen der Natur abhängig. Wenn man die Bestände nicht pflegt, entspricht nur gerade die Hälfte der Bäume den geforderten Quali­täten, hat Wyss die Erfahrung gemacht. Im Gegenzug lässt sich mit der richtigen Pflege eine Ausbeute von fast 90% er­reichen.

Tab. 1 - Kosten / Ertrag Nordmannstannen auf Waldboden

Die Hälfte kann es

Natürlich ist es auch für öffentliche Forstreviere möglich, in diesem Geschäft erfolgreich zu sein. Das lässt sich auch statistisch belegen. Waldwirtschaft Schweiz (WVS) fasst jedes Jahr die Betriebsabrech­nungen (BAR) von rund sechshundert Forstbetrieben zusammen. Dies ergibt ein detailliertes Bild über Erfolg und Misserfolg in den Betrieben. Der Posten Nebennutzungen beeinhaltet gemäss Angaben des Bereichs Betriebswirtschaft der WVS zu 85% Kosten und Erträge aus Christbaumkulturen. Und da fällt auf den ersten Blick auf: Rund die Hälfte der Be­triebe schreibt schwarze Zahlen mit Christbäumen. Aber eben: Die andere Hälfte ist mit den Spezialkulturen im roten Bereich. Ob man sich im Plus oder im Minus be­findet, kann man – zumindest zum Teil – selber beeinflussen.

Achtung: Nicht alles ist erlaubt!

Reine, dauerhafte Christbaumkulturen gelten in der Schweiz nach allgemeiner Rechtsauffassung nicht als Wald. Wer im Wald Christbäume produzieren will, muss darauf Rücksicht nehmen:

Unter Hochspannungsleitungen, entlang von Autobahnen oder Eisenbahnentrassees sind Christbaumkulturen meist kein Problem. Einige setzen Christbäume auch in Rückegassen, wo sie sowieso wieder weg müssen. Auf "normalen" Waldflächen muss die Kultur so angelegt werden, dass sie in Wald übergeht und die Christbäume nur eine Zwischennutzung darstellen. Möglich ist das zum Beispiel, indem zwischen den Christbäumen andere, geeignete Baumarten gepflanzt werden, die nach der Ernte der Christbäume den Bestand bilden.

(TR)