Die Waldschadensdiskussion in den 1990er Jahren, aber auch die Notwendigkeit der Natura 2000-Lebensraumtypenerfassung in den Alpen beförderten den Einsatz von Fernerkundungsmethoden an der LWF entscheidend. Ähnliche Themen und Herausforderungen stellen auch heute die Triebfeder für den Einsatz der forstlichen Fernerkundung dar. Dabei hat sich gemäß dem Stand der Technik das Portfolio an eingesetzten Daten entscheidend erweitert und die Analysemethoden wurden weiterentwickelt.

Die traditionellen Sensorplattformen, die an der LWF verwendet werden, sind Flugzeuge und Satelliten. Seit einigen Jahren liefern auch sog. unmanned aerial vehicle (UAV)-Sensorplattformen, auch bezeichnet als Drohnen, räumlich höchstaufgelöste und dadurch detailschärfere Bilddaten. Die verbesserte Auflösung der Bilddaten ermöglicht die Anwendung aktueller Methoden der Bildanalyse. Hier wird seit mehreren Jahren Künstliche Intelligenz benutzt, um Algorithmen zu entwerfen, die auf Machine Learning bzw. Deep Learning basieren. 

Dies ermöglicht die Erstellung regelmäßiger oder anlassbezogener Produkte, die als digitale Dienste im Geoinformationssystem (GIS) bereitgestellt und einem großen Nutzerkreis aus Mitarbeitenden der Forstverwaltung, insbesondere des StMELF, der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) sowie der LWF als Raster- oder Vektordatensatz verwaltungsintern angeboten werden.

Im Folgenden werden ausgewählte Dienste und Produkte beispielhaft vorgestellt und ihre Anwendungsbereiche erläutert.

Befliegungsdaten – Grundlage präziser Waldinformationen

Seit dem Jahr 1987 wird von der Bayerischen Vermessungsverwaltung eine systematische Befliegung der bayerischen Landesfläche (Bayernbefliegung) durchgeführt. Die dabei in einem derzeitigen Befliegungsturnus von zwei Jahren standardisiert erfassten Luftbilddaten ermöglichen eine detaillierte Erfassung von Waldstrukturen, von Baumhöhen sowie von Bestockungsverhältnissen.

Diese Datengrundlage der Bayerischen Vermessungsverwaltung in zweijährigem Turnus wird von der LWF anlassbezogen durch eigene Befliegungsaufträge unter Verwendung bemannter Flugzeuge bzw. UAV-Systeme ergänzt. Als ein Beispiel können hier die seit 2021 von der LWF beauftragten, großflächigen Luftbildbefliegungen in Oberfranken genannt werden. Die dabei erstellten Bilddaten werden zur Erfassung und Dokumentation von Borkenkäferschäden eingesetzt. Abbildung 2 zeigt beispielhaft einen Ausschnitt aus dem Frankenwald, der die Entstehung und Entwicklung von Kahlflächen im Zeitraum von 2017 bis 2023 dokumentiert.

Basierend auf den Befliegungsdaten der LWF können unterschiedlichste thematische Karten erstellt werden. Als ein Anwendungsbeispiel kann die Erfassung von Schäden (verursacht durch Sturm, Borkenkäfer oder Trockenheit) genannt werden. Hierbei werden sowohl manuelle als auch automatisierte Auswertungsmethoden eingesetzt mit dem Ziel, die Schadflächen schnellstmöglich zu erfassen und zu kartieren (Abbildung 1). Dieses Kartenmaterial kann für die Forstpraxis eine wichtige Hilfsinformation zur Schadensbeurteilung sein und z. B. die Einleitung forstlicher oder administrativer Maßnahmen der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützen.

Hochauflösende Modelle für Bayern

Räumlich hochaufgelöste Befliegungsdaten, die mit Stereo-Luftbildkameras oder Laserscannern aufgezeichnet werden, ermöglichen die automatisierte Berechnung von entsprechend aufgelösten Höhenmodellen. Die folgenden Modelle stehen flächendeckend für Bayern zur Verfügung:

  • Digitale Oberflächenmodelle (DOM) zeigen die Oberfläche inklusive Vegetation und Bebauung und werden im Zuge der regelmäßigen Bayernbefliegung aus Stereo-Luftbildern berechnet und aktualisiert.
  • Digitale Geländemodelle (DGM) zeigen die Erdoberfläche ohne Vegetation und Bebauung und werden gebietsweise von der Bayerischen Vermessungsverwaltung mittels flugzeuggestütztem Laserscanning aktualisiert.
  • Vegetationshöhenmodelle werden an der LWF aus der Differenz von DOM und DGM regelmäßig für Bayern berechnet (Abbildung 3). Aus diesen Modellen können nicht nur Vegetationshöhen, sondern auch Überschirmungsanteile und Lücken im Kronendach abgeleitet werden.
  • Höhendifferenzmodelle – durch Subtraktion von zwei digitalen Oberflächenmodellen unterschiedlicher Aufnahmezeitpunkte werden von der LWF die Höhenveränderungen in der Vegetation ermittelt.

Die LWF nutzt die genannten Höhen­modelle auch für die Ableitung von Holzvorratskarten: Durch die Kombination der Vegetationshöhenmodelle mit Feldmessungen, z. B. aus Forstbetriebsinventuren, können regional angepasste Holzvorratsmodelle erstellt werden.

Die Höhendifferenzmodelle ermöglichen die Erfassung starker Veränderungen der Bestandeshöhen. Dadurch können Kahlflächen nicht nur erfasst und ihre Größe berechnet werden, sondern es kann auch ihre zeitliche Entwicklung visualisiert werden. Weitere Erläuterungen und Praxisbeispiele für die Verwendung von Höhenmodellen in der Forstwirtschaft finden sich im Leitfaden “Oberflächenmodelle aus Luftbildern für forstliche Anwendungen” der Arbeitsgemeinschaft forstlicher Luftbildinterpreten.

Die Baumartengruppenkarte

Die Baumartengruppenkarte für Bayern wird auf der Grundlage von Sentinel-2 Satellitendaten des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus der EU sowie Betriebsinventurdaten der Bayerischen Staatsforsten erstellt. Dabei werden die Stichprobenkreise der Betriebsinventur als Trainingsdatensatz verwendet, um ein maschinelles Lernverfahren zu “trainieren”. Das heißt, dem Algorithmus wird beigebracht, wie Baumartengruppen in den Satellitendaten aussehen.

Auf Grundlage dieser Auswertung steht derzeit eine thematische Karte für Bayern mit einer räumlichen Auflösung von 20 × 20 Meter zur Verfügung. Die Karte beinhaltet aktuell die folgenden Kategorien: Kiefer, Fichte und andere Nadelhölzer, Laubhölzer, Kahlflächen sowie Flächen mit einer Überschirmung < 50% (Abbildung 4).

Diese Karte ist eine Grundlage für weiterführende Analysen im GIS und kann Informationen für die forstliche Planung, für Monitoringaufgaben, Naturschutzprojekte und die Umsetzung von Anpassungsstrategien an den Klimawandel (Waldumbau) liefern. Zukünftig wird an der LWF eine Erweiterung bzw. Verfeinerung der Baumartengruppenkarte mit zusätzlichen Kategorien angestrebt.

Langfristige Beobachtung und Trendanalysen für Bayerns Wälder

Im Rahmen von Monitoringaufgaben werden Fernerkundungsdaten künftig noch intensiver eingesetzt, um langfristige Veränderungen in den Wäldern auf großer Fläche zu erfassen.

Für bayernweite Aussagen sollen hauptsächlich die kostenfreien Sentinel-2 Satellitendaten verwendet werden (Abbildung 5). Diese erlauben eine Analyse großflächiger Strukturveränderungen. Durch die Erstellung von Zeitreihen können Schadverläufe erfasst und Trends abgeleitet werden. Die Auflösung ist allerdings auf 10 x 10 Meter bzw. für bestimmte Auswertungen auf 20 x 20 Meter beschränkt.

Auf Ebene der Regierungsbezirke, der Landkreise, der ÄELF oder der Forst­betriebe sind dagegen räumlich höher aufgelöste Luftbilddaten geeignet. So kann beispielsweise die Entwicklung von Kronenschäden beobachtet und do­kumentiert werden. In zwei Forschungsprojekten der LWF mit den Kurzbezeichnungen ForstEO und AirLaserSpec wird an der semi-automatisierten Erfassung von Laubholzschäden mit Luft-, Laser- und Satellitendaten gearbeitet (Abbildung 6). Auch hier kommen neben klassischen Bildanalyseverfahren moderne KI-Methoden wie Deep Learning zum Einsatz. Die KI-Methoden profitieren im besonderen Maße von der Verwendung höchstaufgelöster Luftbild- bzw. Laserscanning-Daten aus UAV-Befliegungen. Aufgrund ihres Strukturreichtums und ihres sehr hohen Detailierungsgrades eignen sich diese Daten insbesondere für das Training der Klassifikatoren.

Neue Lösungen und kontinuierliche Weiterentwicklung bewährter Produkte

Als Ergänzung zu Geländeaufnahmen liefern die forstlichen Fernerkundungsprodukte und -dienste der LWF wertvolle Zusatzinformationen, um eine moderne, nachhaltige Waldbewirtschaftung in Bayern vor dem Hintergrund des Klimawandels zu unterstützen. Luft- und Satellitendaten ermöglichen es, fernerkun­dungssichtbare Waldstrukturen und Veränderungen flächendeckend zu erfassen. In den aktuellen Forschungsprojekten der LWF wird das Ziel verfolgt, die bereits bestehenden Geodatenprodukte und Dienste kontinuierlich zu verbessern und neue Lösungen für aktuelle Herausforderungen zu erarbeiten. Insbesondere Schadereignisse am und im Wald sollen mit Hilfe der Fernerkundung möglichst frühzeitig erkannt und noch genauer abgegrenzt werden, um auf Basis dieser Daten zukünftig noch besser zum Krisenmanagement beitragen zu können.
 

Zusammenfassung

Die Bayerische Forstverwaltung nutzt intensiv die forstliche Fernerkundung, um die Auswirkungen des Klimawandels, wie Trockenheit, Schadinsekten und Stürme erfassen zu können. Das Portfolio an Fernerkundungsmethoden wird stetig mit modernen Technologien und KI-gestützten Algorithmen erweitert. Die LWF bietet verschiedene Dienste und Geodatenprodukte an, die auf Luft- und Satellitendaten basieren, um flächige Waldinformationen ableiten zu können. Dazu gehören Befliegungsdaten zur Erfassung und Charakterisierung von Waldstrukturen und Schäden, digitale Höhenmodelle zur Analyse von Baumhöhen sowie Baumartengruppenkarten.