In der forstlichen Praxis besteht aktuell der dringende Wunsch, möglichst automatisiert geschädigte Bäume und Waldbestände räumlich zu erfassen und zu beobachten. Vor diesem Hintergrund wurde im August 2019 an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) das Foschungsprojekt "BeechSAT" gestartet. Neben dem Einsatz von Luftbildaufnahmen sollte dabei insbesondere auch die Verwendbarkeit satellitengestützter Sensoren zur Schaddetektion getestet werden. Dabei lag der Schwerpunkt auf der Erfassung geschädigter hauptständiger Buchen.

Im Fokus der Untersuchungen lagen zwei Gebiete in Unter- und Oberfranken:

  • Die Fläche mit der Bezeichnung "Waldbrunn" (Größe: 125 km²) liegt im Südwesten der Stadt Würzburg und beinhaltet den Irtenberger und den Guttenberger Wald.
  • Die Fläche "Ebrach" (Größe: 50 km²) beinhaltet Ausschnitte vom Bürgerwald, Ebracher Forst und vom Koppenwinder Forst.

Abbildung 1 zeigt die Lage beider Untersuchungsgebiete mit einer Laub-/Nadelholzkarte im Hintergrund. Ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der Flächen war die unterschiedliche Dichte und Verteilung der geschädigten Buchen in den beiden Waldgebieten. So kommen in der Fläche Waldbrunn großflächigere Schäden vor, d. h. es sind neben einzelnen Bäumen auch größere zusammenhängende Baumgruppen betroffen, wohingegen die Schäden in Ebrach zum Aufnahmezeitpunkt eher kleinflächig bzw. einzelbaumweise auftreten.

Auswahl von Luft- und Satellitenbilddaten

Zu Beginn des Forschungsprojekts BeechSAT wurden im August 2019 Luftbildbefliegungen für beide Projektgebiete durchgeführt. Ziel war hierbei die Erzeugung stereoskopischer Luftbilder mit hoher räumlicher Auflösung. Diese Daten wurden im weiteren Projektverlauf als Referenzdatensatz zum Training der Klassifikationsalgorithmen sowie zur Validierung der Satellitenbilddaten benötigt.

Auf Grundlage der Luftbilddaten wurden an der LWF "True-Orthophotos" mit einer Bodenauflösung von 0,20 m berechnet. Im Vergleich zu klassischen Orthophotos werden Baumpositionen in "True-Orthophotos" lagegenauer abgebildet. Parallel zur Luftbildbefliegung wurden Bilddaten unterschiedlicher Satellitensysteme beschafft. Schließlich standen für die Untersuchungen in BeechSAT folgende Datensätze zur Verfügung:

  • Luftbilddaten: 4 Spektralbänder mit 0,20 m Bodenauflösung
  • WorldView-3: 8 Spektralbänder mit 1,20 m und ein panchromatisches Band mit 0,30 m Bodenauflösung
  • SkySat: 4 Spektralbänder mit 1,10 m und ein panchromatisches Band mit 0,80 m Bodenauflösung
  • PlanetScope Dove: 4 Spek­tralbänder mit 3 m Bodenauflösung
  • RapidEye: 5 Spektralbänder mit 5 m Bodenauflösung
  • Sentinel-2: 13 Spektral­bänder mit 10 m, 20 m oder 60 m Bodenauflösung

Die genannten Satellitensysteme unterscheiden sich hinsichtlich ihrer räumlichen, spektralen, radiometrischen und zeitlichen Auflösung sowie hinsichtlich der Kosten für die zur Verfügung stehenden Datenprodukte. Auf der Basis dieser Daten konnten die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Luft- und Satellitenbilddaten verglichen werden. Nur die Sentinel-2 Daten des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus der EU stehen kostenfrei zur Verfügung.

Maschinelles Lernen zur Detektion geschädigter Bäume

Eine zentrale Forschungsfrage von BeechSAT war, inwieweit die Erfassung geschädigter Baumkronen in den Fernerkundungsdaten automatisiert erfolgen kann und welche Genauigkeiten hierbei erreicht werden können. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Ansätze aus dem Bereich des maschinellen Lernens getestet. Im Besonderen wurden Methoden des "überwachten Lernens" eingesetzt, d. h. im vorliegenden Fall wurde ein Verfahren zur semi-automatischen Klassifizierung geschädigter und vitaler Bäume in den Bilddaten vorab mit einem manuell erstellten Lerndatensatz "trainiert". Deshalb wird der Lerndatensatz auch oft als Trainingsdatensatz bezeichnet. Bei der vorliegenden Fragestellung handelt es sich bei den Trainingsdaten um Bildbeispiele mit vitalen und geschädigten Baumkronen.

Im Projekt BeechSAT wurden mehrere Methoden des überwachten Lernens eingesetzt, unter anderem klassische Verfahren als auch Verfahren des Deep Learning; mehr dazu im Abschnitt "Mit Deep Learning bessere Genauigkeit".

Die räumliche Auflösung der Bilddaten ist besonders wichtig

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts BeechSAT zeigen, dass eine automatisierte Erfassung geschädigter und abgestorbener Bäume mit Hilfe von Fernerkundungsdaten grundsätzlich möglich ist. Abbildung 4 zeigt beispielhaft das Ergebnis einer semi-automatischen Klassifizierung basierend auf Luftbilddaten und verschiedenen Satellitenbilddaten (SkySat, RapidEye und Sentinel-2) für einen kleinen Ausschnitt der Untersuchungsfläche Waldbrunn. Die oberen Abbildungen zeigen jeweils Color-Infrarot (CIR)-Darstellungen der Fernerkundungsdatensätze. Abgestorbene Bäume können in den CIR-Bildern anhand von grün-bläulichen bis weißlich-grauen Farbtönen identifiziert werden, wohingegen vitale Baumkronen unterschiedliche Rottöne aufweisen. Die untere Abbildungsreihe zeigt das jeweils zugehörige Ergebnis einer semi-automatischen Bildklassifizierung. In roter Farbe sind die identifizierten abgestorbenen Baumkronen bzw. Baumgruppen dargestellt.

Die manuelle Erstellung der Trainingsdaten für die überwachte Bildklassifizierung ist der zeitaufwändigste Arbeitsschritt bei dieser Vorgehensweise. Die erzielbare Genauigkeit ist abhängig von der Qualität der Eingangsdaten. Der Informationsgehalt der Bilddaten muss vorab von einem erfahrenen Fernerkundungs-Interpreten begutachtet werden, um zu prüfen, welche Klassen in den vorliegenden Daten potenziell getrennt werden können.

Der Informationsgehalt der Fernerkundungsdaten ist besonders abhängig von der räumlichen Auflösung der Bilddaten. Dies soll Abbildung 5 verdeutlichen. Hier wurden Auswertungsmöglichkeiten für eine visuelle Bildinterpretation und für eine semi-automatische Bildklassifizierung getrennt für Einzelbäume und Baumgruppen für die im Projekt BeechSAT eingesetzten Fernerkundungsdaten beurteilt.

Luftbilddaten mit der höchsten räumlichen Auflösung der eingesetzten Bilddaten bieten die besten Möglichkeiten zur Erkennung von geschädigten und abgestorbenen Bäumen. In Luftbildern sind Baumkronenstrukturen und somit auch die Schadmerkmale "Entlaubung" und "Kronentotholz" gut erkennbar. Im Idealfall erfolgt die Erfassung manuell über eine stereoskopische Luftbildinterpretation. Auch bei der automatisierten Auswertung wurden in BeechSAT auf Grundlage der mit dem Digitalen Oberflächenmodell (DOM) orthorektifizierten Luftbilddaten (True-Orthophotos) die höchsten Genauigkeiten erzielt.

Bezogen auf die Satellitenbilddaten konnten mit den hochaufgelösten Sensoren WorldView-3 und SkySat die besten Ergebnisse erzielt werden. Die sehr hohe räumliche Auflösung des panchromatischen Kanals (0,3 m) von WorldView-3 kommt der Auflösung der Luftbilddaten (0,2 m) sehr nahe. Dadurch könnten in den WorldView-3-Bildern Trainingsdaten für hauptständige, abgestorbene Bäume erfasst werden. Bei allen anderen untersuchten Satellitenbilddaten (SkySat, PlanetScope, RapidEye und Sentinel-2) musste zur Erstellung der Trainingsdaten zusätzlich auf die Luftbilder zurückgegriffen werden.

Bei der automatisierten Erfassung geschädigter und abgestorbener Bäume ist anzumerken, dass eine zuverlässige Unterscheidung von abgestorbenen Laubbaumkronen und abgestorbenen Nadelbaumkronen derzeit noch nicht gewährleistet werden kann. Eine Differenzierung der Schadbäume in Laub- und Nadelhölzer müsste derzeit nachträglich manuell anhand von Luftbildern erfolgen. Gegebenenfalls könnte die Nutzung von Texturmerkmalen aus Luftbildern zu einer automatisierten Trennung beitragen. Dieser Fragestellung soll in zukünftigen Studien nachgegangen werden.

Mit Deep Learning bessere Genauigkeit

Im Vergleich zu den in BeechSAT getesteten klassischen Verfahren des maschinellen Lernens (Random Forest, Support Vector Machine und künstliche neuronale Netze) konnten mit den Deep Learning-Methoden etwas bessere Genauigkeiten erzielt werden. Der Unterschied war für die hochaufgelösten Luftbilddaten am größten, was plausibel erscheint, da die eingesetzten Deep Learning-Methoden Strukturen bzw. Texturen und "Kanten" in den Daten "lernen" und deshalb von einer hohen räumlichen Auflösung der Bilddaten profitieren können. Dennoch ist der Einsatz von Deep Learning von Fall zu Fall abzuwägen, insbesondere aufgrund der Notwendigkeit, dass – im Vergleich zu herkömmlichen Methoden – ein größerer Trainingsdatensatz benötigt wird. Wenn dieser allerdings ausreichend groß und divers genug ist, wäre der Einsatz von Deep Learning zu empfehlen.

Ferner kann derzeit noch nicht davon ausgegangen werden, dass der in BeechSAT verwendete Trainingsdatensatz ausreicht, um die aktuell erstellten Klassifikationsmodelle ohne erneutes Training auf andere Untersuchungsgebiete übertragen zu können. Um dies zu ermöglichen, müssten weitere Projektflächen mit zusätzlichen Fernerkundungsdaten einbezogen werden. Sofern es zukünftig gelingt, ein übertragbares Deep Learning-Modell auf der Grundlage eines erweiterten Trainingsdatensatzes zu erstellen, wäre bei der Anwendung in neuen Gebieten theoretisch kein erneutes Training mehr nötig.

Zusammenfassung

BeechSAT konnte zeigen, dass eine automatisierte Erfassung abgestorbener Bäume mit Fernerkundungsdaten grundsätzlich möglich ist. Dabei zeigte sich, dass die räumliche Auflösung der Bilddaten sowohl für eine visuelle Bildinterpretation als auch für eine semi-automatische Auswertung besonders wichtig ist. Luftbilddaten mit der höchsten räumlichen Auflösung bieten die besten Möglichkeiten zur Erkennung von geschädigten Bäumen. Der Vergleich der getesteten maschinellen Lernverfahren zeigte, dass mit Deep Learning etwas bessere Genauigkeiten erzielt werden konnten. Bei einer automatisierten Auswertung ist derzeit noch keine zuverlässige Unterscheidung von abgestorbenen Laubbäumen und abgestorbenen Nadelbäumen möglich.

Ausblick: Erfassung von Borkenkäferschäden an Fichte

Die bisherigen Entwicklungen von BeechSAT sind von großer Relevanz für eine mögliche Erfassung abgestorbener bzw. absterbender Laubbäume auf einer größeren Fläche sowie für das sich nun anschließende Forschungsprojekt IpsSAT. IpsSAT untersucht Möglichkeiten zur automatisierten Erfassung von Borkenkäferschäden an Fichte. Hierbei wird das Ziel verfolgt, rotbraun und grau verfärbte Fichtenkronen mit den Fernerkundungsdaten zu identifizieren. Auch hier werden Luftbilddaten sowie die Satellitensysteme WorldView-3, SkySat, PlanetScope, RapidEye und Sentinel-2 auf ihre Eignung zur Schaddetektion geprüft. Die aktuell vorliegenden automatisierten Klassifikationsverfahren von BeechSAT sind bereits eine sehr gute Grundlage und sollen nun für die Fragestellungen in IpsSAT angepasst und weiterentwickelt werden.

BeechSAT wurde als Kooperationsprojekt der LWF (Abteilungen: Informationstechno­logie, Boden und Klima sowie Waldbau und Bergwald) mit der Firma IABG mbH durchgeführt und vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten finanziert.