Das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IPA) der Uni Bochum hat nun in Zusammenarbeit mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt BW (FVA) und dem Julius-Kühn-Institut (JKI) diagnostische Tools zum Nachweis von Cryptostroma corticale Sporen- und Myzelantigenen entwickelt.

Rußrin­denkrankheit bei Ahornbäumen

Seit etwa 2017 wird vermehrt das Auftreten der Rußrin­denkrankheit bei Ahornbäumen in Deutschland nachge­wiesen. Diese Baumkrankheit wird durch den Pilz Cryp­tostroma corticale (C. corticale) ausgelöst (Abb. 1, mehr dazu auf waldwissen.net). Durch eine Infektion des Pilzes in der Rinde und im Holz kommt es letztendlich zu einem vermehrten und beschleunigten Absterben geschwäch­ter Ahornbäume. Eine durch den Pilz verursachte Weißfäule, zusammen mit auffälligen, grünlich-grauen Verfärbungen im Stamm, machen das Holz für die Weiter­verarbeitung unbrauchbar.

Rußrindenkrankheit für exponierte Beschäftigte ein gesundheitliches Risiko

Befallene Ahornbäume können unter ihrer Rinde großflächig angelegte Sporenmengen von bis zu 170 Mio. Sporen/cm2 aufweisen. Werden sie gefällt, so kann es durch Einatmen der Sporen bei Beschäftigten zu schweren Entzündungsreaktionen begleitet von Lungen- und Atemwegssymptomen kommen. Eine häufige und intensive Exposition gegen C. corticale kann bei exponierten Beschäftigten eine exogen allergische Alveolitis (EAA) verursachen. Bei der EAA handelt es sich um eine seltene interstitielle Lungenerkrankung, die auch als Berufskrankheit anerkannt werden kann (BK-Nr. 4201). Da diese Thematik und insbesondere die Aufklärung der gesundheitlichen Risiken inklusive einer spezifischen Diagnostik bei Erkrankungsverdachtsfällen auch für weitere Unfallversicherungsträger von Interesse sind, wurde C. corticale als Forschungsthema in das laufende „IPA-Projekt 145-Bioaerosole“ aufgenommen.

Spezifischer IgG-Nachweis als ein Baustein der EAA-Diagnostik

Obwohl C. corticale als potenzieller Auslöser einer EAA bei exponierten Beschäftigten in der Forstwirtschaft sowie in holzverarbeitenden Betrieben, Papierfabriken und Sägewerken bekannt ist, stehen bisher keine validierten Testmöglichkeiten zur Verfügung. Somit fehlt der serologische IgG-Antikörpernachweis gegen C. corticale als ein wichtiger Baustein in der Diagnostik der EAA. Um diese diagnostische Lücke zu schließen, wurden am IPA Tools zum Nachweis von spezifischen IgG-Antikörpern bei Verdacht auf eine EAA durch C. corticale entwickelt und etabliert. Für eine Bewertung der spezifischen IgG-Daten sind Referenzwerte (sogenannte Cut-off-Werte) erforderlich. Nur so kann abgeschätzt werden, was dem „Normalbereich“ bei gesunden Probanden entspricht und ab welcher Konzentration die spezifischen IgG-Antikörper einen weiteren Hinweis auf eine EAA darstellen.

Herstellung von Testantigenen

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Kooperation mit dem Julius-Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig sowie der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) konnte Ausgangsmaterial für die Herstellung valider Antigen-Testtools zur Verfügung gestellt werden (Abb. 2 und 3). Die Pilzmaterialproben (Abb. 2) wurden von den Kooperationspartnern kultiviert, Myzel und Sporen nachfolgend präpariert, mikroskopisch identifiziert (Abb. 3) und genetisch sequenziert. Das geprüfte Sporen-und Myzelmaterial von C. corticale wurde anschließend im IPA aufgearbeitet und extrahiert. Die qualitativen Proteinmuster sind innerhalb der Sporen bzw. Myzelien in den verschiedenen Stämmen vergleich­bar. Von den 15 verschiedenen Stämmen von C. corticale wurden jeweils die Sporen-(Abb. 4A) und Myzelextrakte (Abb. 4B) gepoolt. Die enthaltenen Proteine/Antigene wur­den nachfolgend biotinyliert und an Streptavidin-ImmunoCAPs gekoppelt.

Fazit

Die vom IPA entwickelten diagnostischen Tools zur spezi­fischen IgG-Messung auf Antigene von C. corticale Sporen-und Myzelantigenen ermöglichen es, EAA-Verdachtsfälle von Beschäftigten mit klinischen Symptomen, bei denen eine Exposition gegen C. corticale vermutet wird, quantita­tiv zu analysieren. Erhöhte spezifische IgG-Antikörperwerte im Serum von Patienten stellen einen wichtigen Baustein in der Diagnose einer EAA dar und leisten damit einen Beitrag zur komplexen Diagnosestel­lung. Diese am IPA entwickelten spezifischen Testungen können bei entsprechenden Ver­dachtsfällen angefordert werden (Formular auf www.ipa-dguv.de).