Kostenabschätzung der Strukturkartierung von Fließgewässern im Wald
Was bedeutet EStruKa?

An der Abteilung Wald und Gesellschaft der Forstlichen Forschungs- und Versuchsanstalt in Freiburg (FVA) wurde ein Verfahren zur EinzelStrukturKartierung (EStruKa) von Gewässern im Wald entwickelt (s. Kartierungsanleitung: Fließgewässer im Wald)
Es baut auf den Vorgaben zur Gewässerstrukturkartierung der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) auf und wurde an die Gegebenheiten kleiner Fließgewässer im Wald angepasst.
Wozu eine Strukturkartierung?
Eine Strukturkartierung von Fließgewässern in Wäldern wird unter anderem dann notwendig, wenn im Rahmen der WRRL Maßnahmenpläne festgelegt werden sollen und noch keine Kartierungen zu den Gewässern vorliegen.
Grundsätzlich gilt, dass hierfür alle Fließgewässer ab einer Mindesteinzugsgröße von 10 km² relevant sind. Eine Übersicht über den Stand der Strukturkartierungen in Baden-Württemberg findet sich beim Zentralen Kartenservice der LUBW .
Durchführung des EStruKa-Verfahrens
Das EStruKa-Verfahren ist zweigeteilt:
- Teil1, die Strukturerfassung, beinhaltet die Erfassung von Gewässer- und Umfeldstrukturen.
- Teil2, die Naturnähebeurteilung, dient zur Beurteilung der Naturnähe von Waldbeständen in der Aue bzw. im Gewässerumfeld und von Referenzflächen.
Ziel der Strukturerfassung des EStruKa-Verfahrens ist die kartographische Erfassung von Gewässer- und Umfeldstrukturen einschließlich der Bewertung des Zustands und der Dringlichkeit von Maßnahmen.
Der Arbeitsablauf der Strukturerfassung ist in die Abschnitte Vorbereitung, Außenarbeiten und Nachbereitung aufgeteilt.
Die Vorbereitung beinhaltet alle Arbeitschritte die bis zu den Außenarbeiten notwendig sind. Die Kartierungen bei den Außenarbeiten können auf zwei unterschiedliche Arbeitsweisen erfolgen, entweder auf Kartenausdrucken und entsprechenden Tabellenblättern oder direkt im PDA.
Die Nachbereitung der Daten umfasst alle Arbeitsschritte bis zur bereinigten Geodatenbank mit allen kartierten Informationen.
Wie viel Arbeitszeit steckt in einer Einzelstrukturkartierung?

Teil1 des EStruKa-Verfahrens
Die Strukturerfassung wurde in einer Zeitstudie von der Abteilung Forstökonomie in Zusammenarbeit mit der Abteilung Wald und Gesellschaft der FVA im Zeitraum Juli bis Oktober 2006 erfasst.
Teil2 des EStruKa-Verfahrens
Die Naturnähebeurteilung wurde anhand Befragungen geschätzt, da im Zeitraum keine entsprechenden Kartierungen stattgefunden haben.
Arbeitszeitstudie
Die Arbeitszeitstudie (Tab. 1) wurden im Rahmen des Interreg-Projektes: "Optimierung wasserwirtschaftlicher und gewässerökologischer Belange in der Waldwirtschaft" an der Abteilung Forstökonomie in Zusammenarbeit mit der Abteilung Landespflege durchgeführt.
Insgesamt wurde die Kartierung einer Fließgewässerstrecke von 17 km aufgeteilt in 7 Bachabschnitte beobachtet. Die mittlere Länge der erfassten Bachabschnitte ist ca. 2400 m, das durchschnittliche Gefälle beträgt 14 %.
Der Zeitbedarf für die Einzelstrukturkartierung der Bachabschnitte schwankt, auch im Hinblick auf die Durchschnittsdauer je Gewässerkilometer, sehr stark. Offensichtlich spielen die konkreten Gelände- / Gewässerbedingungen eine entscheidende Rolle, so dass ein mittlerer Zeitbedarf allenfalls grobe Richtwerte geben kann.
Außenarbeiten erfordern die Hälfte der Arbeitszeit

Im Mittel nehmen die Arbeitzeiten für die Vor- und Nachbereitung und die Außenarbeiten einen ähnlichen Umfang ein. Insgesamt deutet sich aber ein degressiv zunehmender Anteil der Außenarbeiten an. Eine exakte Funktion lässt sich aufgrund der geringen Fallzahl zwar nicht herleiten. Die folgende Tabelle (Tab. 2) gibt aber Rahmenwerte der benötigten Außenarbeitszeiten und deren Anteil an der Gesamtarbeitszeit für unterschiedliche Abschnittlängen bei mittleren Geländeverhältnissen an.
Die Außenarbeitszeit der Strukturkartierung setzt sich aus verschieden Teilschritten zusammen, die von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst sind.
Wegezeiten sind länger als Kartierzeiten
Ein großer Teil der Arbeitszeit der Außenarbeiten (47 %) wird durch die zurückgelegten Wege zwischen den einzelnen Kartierungen beansprucht. Ebenso wichtig sind die Kartierzeiten (36 %).Die Anteile der Arbeitszeiten für die Orientierung (10 %) und für die Fahrten im Wald (6 %) innerhalb der Aufnahme eines Bachabschnittes unterliegen hohen Schwankungen und stellen insgesamt jedoch nur einen unbedeutenden Teil dar.
Wegezeiten sind abhängig vom Bachgefälle
Als Faustregel kann als Wegezeit für einen Kilometer Gewässerstrecke 1 h als Grundzeit plus 2 Minuten je Steigungsprozent angenommen werden. Verbleibende Differenzen liegen in der Zugänglichkeit des Bachbettes begründet.
Der Zeitbedarf für die Kartierarbeiten ist eindeutig von der Anzahl der zu kartierenden Objekte pro Gewässerkilometer abhängig.
Insgesamt wurden die Kartierungen von 393 Objekten erfasst. Davon waren 292 Querhindernisse, 51 Gewässerquerungen, 23 Längsverbauungen und 27 sonstige Objekte.
24 Kartierungen pro Gewässerkilometer

Abb. 1: Anzahl Kartierungen pro Gewässerkilometer (GK).
Im Mittel wurden insgesamt ca. 24 Objekte pro GK kartiert (Abb. 1). Diese verteilen sich auf 18 im Bereich der Querhindernisse, 3 Gewässerquerungen, 1 Längsverbauung und 2 sonstige Objekte. Die größten Streuungen der Anzahl der zu kartierenden Objekte liegen bei den Querhindernissen wobei die Anzahl der Querhindernisse mit zunehmendem Bachgefälle steigt.
Eine Kartierung in 1,5 Minute

Abb. 2: Mittelwerte und Streuungen der Kartierzeiten.
Die einzelnen Kartierzeiten (Abb. 2) schwanken erheblich, da es durch die örtlichen Gegebenheiten zu Ausreißern nach Oben kommen kann. Im Mittel über alle Kategorien wird pro Kartierung 1Minute und 30 Sekunden benötigt. Bei der Berechnung dieses Mittelwertes wurden Extremwerte (10 % Maximal- bzw. Minimalwerte) als Ausreißer eliminiert
Naturnähebeurteilung braucht Expertenwissen und Zeit
Die Zeiten für die Bestimmung der Naturnähe der bachbegleitenden Waldbestände wurden aus mündlichen Auskünften von FVA-Mitarbeitern geschätzt.
Ziel der Naturnähebeurteilung (Teil 2) ist es in einem Bereich von 25 m um die Bachläufe die vorhandene Vegetation mit der heutigen potentiellen natürlichen Vegetation (hpnV) zu vergleichen.
Hierfür wird in einem ersten Schritt aus vorhandenen Daten wie Baumartenkarten und Standortskarten und der Literatur die hpnV bestimmt. Dies ist eine sehr arbeitsintensive und anspruchsvolle Expertentätigkeit. Je nach Datenlage werden pro Bach ca. 2-3 Arbeitstage benötigt, bzw. ein Einzugsgebiet von 10 km² benötigt ca. eine Woche Arbeitszeit. Hierin beinhaltet ist dann auch die Vorbereitung von Arbeitskarten für die Außenarbeiten.
Die Kartierung vor Ort kann nach einer Einarbeitungszeit auch von Hilfskräften durchgeführt werden. Als Zeitrahmen wird eine Tagesleistung von 1 Gewässerkilometer angenommen.
Die Nachbereitung beinhaltet die Einarbeitung der erhobenen Daten in ein GIS, und kann mit ca. einem halben Tag/pro Bach veranschlagt werden.
Ein Bericht in 4 Tagen
Die Karten- und Berichterstellung erfolgt für beide Teile des EStruKa-Verfahrens gemeinsam. Die Zeiten hierfür wurden ebenfalls auf der Basis von Gesprächen mit FVA-Mitarbeitern geschätzt.Für die Kartenerstellung im Maßstab 1:3000 kann ca. 1 Stunde/Gewässerkilometer veranschlagt werden. Für den Bericht werden ca. 4 Tage pro Bach benötigt.
Was kostet eine Strukturkartierung nach dem EStruKa-Verfahren?

Nachfolgend wird auf der Basis der o.g. Ausführungen eine Einschätzung für die Gesamtkosten des Verfahrens, auf der Basis eines Bachabschnitts einer mittleren Länge von 2000 m und einer Entfernung zur Dienststelle von 30 km vorgenommen (Tab. 3).
Insgesamt betragen die Aufwendungen für einen Bachabschnitt mit 2 km Länge knapp 4500 €. Als Minimalwert muss von einer Größenordnung von 1.500-2.000 € je Gewässerkilometer ausgegangen werden. Die meisten Kosten liegen im Bereich der Beurteilung der Naturnähe der gewässerbegleitenden Vegetation und in der Berichterstellung. Trotz aller derzeit noch verbleibenden Unsicherheiten, namentlich bei der Schätzung des Aufwands zur Beurteilung der Naturnähe muss daher gefolgert werden, dass die Strukturkartierung einen relevanten Aufwand auslöst, der nicht ohne Weiteres aus den Erträge der Forstwirtschaft heraus finanziert werden kann.
Hinweis
Dieser Beitrag ist Teil des Ratgebers "Handbuch Wald & Wasser".
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