Biologie der Zecke

Zecken gehören zu den Spinnentieren, sie zählen nicht zu den Insekten. Weltweit sind über 800 Zeckenarten bekannt. In Europa ist vor allem die Familie der Schildzecken verbreitet. Unter denen wiederum spielt Ixodes ricinus, der gemeine Holzbock, bis 1500 m ü. N. eine besondere Rolle.

Die Entwicklung einer Zecke beginnt, wenn aus einem der zahlreichen Eier, die eine weibliche Zecke legt, eine Larve schlüpft. Larven sind, bei einer Grösse von weniger als einem halben Millimeter, mit blossem Auge kaum zu erkennen. Zum Blutsaugen befallen sie vor allem Kleinsäuger wie Mäuse oder Igel. Nach dieser ersten Blutmahlzeit verlässt die Larve ihren Wirt und häutet sich während einer mehrwöchigen Reifezeit zur sogenannten Nymphe. Die geschlechtslosen Nymphen verbringen wie die Larven zunächst eine Zeit freilebend, ehe sie sich ein Opfer für die nächste Blutmahlzeit suchen. Überhaupt verbringt eine Zecke die meiste Zeit freilebend, am Boden, im Unterholz, an Sträuchern oder Gräsern.

Nach dem Blutmahl entwickeln sich die Nymphen zu erwachsenen geschlechtsreifen Zecken. Die weiblichen Zecken saugen im Erwachsenenstadium erneut Blut. Die Weibchen brauchen das Blut des Wirts zur Bildung von bis zu 3000 Eiern. Eine vollgesogene weibliche Zecke wiegt schliesslich fast 200mal so viel wie eine Ungesogene. Um so viel Blut aufzunehmen, braucht sie allerdings auch eine ganze Weile. Bis zu 10 Tage kann eine weibliche Zecke saugen, ehe sie freiwillig von ihrem Opfer ablässt. Die männliche Zecke kann auch ohne weiteres Blutmahl die Eier des Weibchens befruchten.

Zecken sind Überträger von 2 wichtigen Krankheiten:

A) FSME (Hirnhautentzündung)

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, ist eine virale Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Der Erreger der FSME, das FSME-Virus, wird in erster Linie von Zecken auf den Menschen übertragen. Es sind jedoch auch einige wenige Fälle bekannt, in denen die Erkrankung durch den Genuss unpasteurisierter Milch von infizierten Kühen oder Ziegen ausgelöst wurde. Als gefährdet, an einer FSME zu erkranken, galten lange Zeit vor allem bestimmte Berufsgruppen wie Förster, Jäger, Wald- und Landarbeiter, da diese besonders häufig von Zecken gestochen werden. Inzwischen sind solche beruflich gefährdeten Personen jedoch meist gegen die FSME geimpft. Daher infizieren sich heutzutage etwa 90 Prozent aller Patienten während ihrer Freizeit mit dem Virus. Eine Infektion lässt sich durch eine Blutuntersuchung feststellen.

Wie verläuft eine FSME-Erkrankung?

Eine FSME ist im typischen Fall durch einen zweiphasigen Krankheitsverlauf gekennzeichnet. Sie beginnt dann zunächst mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, wie eine Sommergrippe. Unter Umständen ist die Erkrankung damit auch schon wieder überstanden. Bei einem Teil der Infizierten befällt das Virus jedoch das zentrale Nervensystem.

Die mildeste Form ist in diesem Fall eine Hirnhautentzündung (Meningitis). Sie geht mit hohem Fieber, starken Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit einher. Eine Hirnhautentzündung heilt in aller Regel nach einigen Tagen folgenlos aus. Eine schwerere Form der FSME ist die Gehirnentzündung (Meningoenzephalitis). Hier sind nicht nur die Hirnhäute, sondern das ganze Gehirn vom FSME-Virus befallen. Es kann neben den Symptomen einer Hirnhautentzündung unter anderem zu Bewusstseins-, Sprach- und Schluckstörungen, zu psychischen Veränderungen oder bestimmten Lähmungserscheinungen kommen. Restschäden behalten bei dieser Form der FSME etwa ein Viertel aller Erkrankten.

In der Schweiz erkranken jedes Jahr zwischen 60 und 120 Personen an der FSME. Es ist jedoch nicht jeder gleichermassen gefährdet. Das FSME-Virus tritt nur in bestimmten Regionen, sogenannten Endemiegebieten, auf. In der Schweiz kommen in den Kantonen Aargau, Bern, Graubünden, Luzern, Schaffhausen, Solothurn, St. Gallen, Thurgau, Zürich, Zug und dem Fürstentum Liechtenstein Endemiegebiete vor. Für diese Gebiete besteht eine Impfempfehlung der SUVA.

B) Lyme-Borreliose

Die Lyme-Borreliose, auch Borreliose, wird von spiralförmigen Bakterien, den sogenannten Borrelien, ausgelöst. Sie ist die häufigste durch Zecken übertragbare Erkrankung. In der Schweiz gibt es jährlich ca. 3'000 bis 5'000 Borreliose-Fälle. Je nach Gegend sind 5 bis 50% der Zecken von diesen erregern befallen.

Symptome einer Borreliose

Häufig verläuft eine Infektion unbemerkt und ist nur über Antikörper im Blut nachweisbar. Die Symptomatik einer Borreliose ist ausgesprochen vielschichtig. Viele Beschwerden, die durch eine Borreliose hervorgerufen werden können, werden auch bei anderen Erkrankungen beobachtet. Das erschwert die klinische Diagnose einer Borreliose.

Eines der wenigen charakteristischen Symptome ist das sogenannte Erythema migrans, auch Wanderröte genannt. Diese ringförmige Hautrötung wird rund um die Stichstelle der Zecke, aber auch an anderen Körperstellen, beobachtet. Allerdings muss das Erythema migrans nicht bei allen Borreliose-Patienten auftreten. Relativ häufig wird bei der Borreliose eine Gesichtslähmung (Facialisparese) beobachtet, die aber auch bei anderen Erkrankungen auftreten kann. Bei der Borreliose reichen die Symptome von Abgeschlagenheit und allgemeinem Krankheitsgefühl, über Hirnhautentzündungen bis zu Herzproblemen. Im Spätstadium der Borreliose werden häufig Gelenkentzündungen (Arthritiden) beobachtet. Allerdings können auch eine ganze Reihe weiterer Symptome mit einer Borreliose assoziiert sein. In Europa gibt es derzeit noch keinen Impfstoff gegen die Lyme-Borreliose. Die Krankheit lässt sich aber mit Antibiotika behandeln. Sie führt nicht zu einer Immunität.

Wie entferne ich Zecken richtig?

Die FSME-Viren kommen in den Speicheldrüsen vor. Die Borreliosebakterien befinden sich sowohl in den Speicheldrüsen als auch im Mitteldarm. Beim Stechen werden die Viren und die Bakterien direkt mit dem Speichel auf das Opfer übertragen. Die Zecke saugt aber nicht nur, sondern sie erbricht zwischendurch auch immer wieder. So werden zusätzlich noch Bakterien mit dem Darminhalt ins Blut des Opfers abgegeben. Zur Verhinderung einer Borreliose ist es deshalb wichtig, eine Zecke so schnell als möglich zu entfernen, denn erst durch das Erbrechen wird eine genügend grosse Anzahl Bakterien übertragen, die dann die Krankheit auslösen können.

Fast jeder kennt einen anderen "Geheimtip" zur Zeckenentfernung. Sie reichen vom Abbrennen der Zecke bis zum Drauftröpfeln von Öl. Doch solche Verfahren schaden mehr als sie nützen. Es kann sein, dass die Zecke in ihrem "Erstickungskampf" erst recht Erreger in die Wunde abgibt. Auch das Quetschen der Zecke beim Entfernen kann schädlich sein. Man sollte daher Zecken ganz vorsichtig mit einer feinen Pinzette oder Zeckenzange fassen und senkrecht zur Hautoberflläche herausziehen. Dazu setzt man die Pinzette dicht über der Haut an und zieht die Zecke vorsichtig heraus. Anschliessend die Stichstelle desinfizieren. Wer sich nicht sicher ist, die Zecke richtig entfernen zu können, sollte einen Arzt aufsuchen.

Wie schütze ich mich vor Zecken?

Von Zecken übertragene Krankheiten haben in den letzten Jahren zugenommen. Sie können schwerwiegende Folgen haben. das Risiko lässt sich jedoch mit einfachen Massnahmen verringern.

Einen gewissen Schutz vor Zeckenstichen bietet geschlossene, helle Kleidung, auf der die Tiere besser zu erkennen sind und so frühzeitig abgesammelt werden können. Da Zecken hauptsächlich im Unterholz und an Gräsern sitzen, ist es vor allem sinnvoll, die Socken über die Hosenbeine zu ziehen. Auch insektenabweisende Mittelfür Haut und Kleider helfen eine Zeit lang. Besondere Vorsicht ist im Frühling und Herbst geboten.

Ausserdem sollte man hohes Gras, Gebüsch und Unterholz bis 1,5 m über Boden so gut es geht meiden. Nach einem Aufenthalt in Zeckenbiotopen sollte man sich zudem gründlich nach Zecken absuchen. Denn sie stechen nicht sofort, sondern suchen zunächst nach einer geeigneten Körperstelle. Dabei bevorzugen sie Stellen, an denen die Haut sehr dünn ist, so zum Beispiel Kniekehlen, Leistenregion, Achselhöhlen sowie hinter den Ohren; bei Kindern auch im Bereich des Kopfhaares.

Die sechs häufigsten Irrtümer über Zecken

  1. "Zecken fallen von den Bäumen."
    ==> Zecken lassen sich nicht von Bäumen fallen. Sie warten im Gras, im Unterholz und in Büschen bis 1,5 m Höhe auf Warmblüter, die die Zecken im Vorbeigehen abstreifen.
  2. "Vor allem Jäger und Forstarbeiter sind gefährdet."
    ==> 90 Prozent der FSME-Infektionen ziehen sich die Patienten bei Freizeit-Aktivitäten (Gartenarbeit, Campen, Wandern, Fahrradfahren usw.) zu.
  3. "Die Krankheit kommt nur im Frühsommer vor."
    ==> Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) tritt zwar gehäuft zu Beginn des Sommers auf, dennoch gibt es Erkrankungen auch schon im Frühjahr und bis in den Herbst hinein.
  4. "Bei uns besteht kein Risiko durch Zeckenstich."
    ==> In der ganzen Schweiz können Zecken die Lyme-Borreliose übertragen (keine Impfung möglich). FSME-Übertragungen werden vor allem in den Endemiegebieten beobachtet. Ob eine Person gefährdet ist, hängt jedoch nicht nur von ihrem Wohnort, sondern von ihrer Mobilität und ihrem Freizeitverhalten ab.
  5. "Mit der richtigen Kleidung kann ich mich schützen."
    ==> Im Prinzip halten Gummistiefel und lange Hosen Zecken ab oder zumindest auf. Sicheren Schutz kann Kleidung allein jedoch nicht gewähren. Zecken können eine ganze Zeit herumkrabbeln und nach einer geeigneten "Stichstelle" suchen.
  6. "Rechtzeitiges Entfernen der Zecke reicht aus."
    ==> FSME-Viren und Borreliose-Erreger können schon unmittelbar nach dem Stich mit dem Speichel übertragen werden. Deshalb sollte die Zecke so schnell als möglich entfernt werden.

Quelle

Der Text stammt von Baxter AG, Volketswil (© Copyright 2001-2003, Baxter Healthcare Corporation, Baxter AG Schweiz) und aus der Suva-Broschüre "Vorsicht, Zecken!" 27. Aufl. 2013.