Seit vielen Jahren werden Wuchshüllen in Forstkulturen und Naturverjüngungen zum Schutz vor Wildverbiss, bedrängender Konkurrenzvegetation aber auch zur Verbesserung des Anwuchses verwendet. Im folgenden Artikel soll ihr richtiger Einsatz aus wachstumskundlicher Sicht unter die Lupe genommen werden.

Geschichte der Wuchshüllen

Die erste Generation von Wuchshüllen wurde bereits im Jahre 1979 von Graham Tuley in England für den Einsatz in Offenlandschaften entwickelt: transparente stabile Hohlkammerfolien aus Polypropylen oder Polyethylen, die im Freien unter der Einwirkung der natürlichen UV-Strahlung rückstandslos zerfallen sollen. Die erste Generation waren geschlossen-wandige Röhren, in denen Forstpflanzen Schutz fanden.

Die zweite Generation von Wuchshüllen folgte dem Wunsch der Forstseite die schützende Wirkung gegenüber Verbiss möglichst lange zu gewährleisten. Deswegen wurden die neuen Hüllen gegenüber der energiereichen UV-Strahlung stabilisiert und leisteten auch tatsächlich besonders lange ihren Schutz. Zudem wurden ab der Mitte der 90er Jahre die Wände vieler Wuchshüllentypen mit Belüftungslöchern im unteren Drittel versehen, um Kohlendioxid, Luftfeuchte und Lufttemperatur im Inneren der Hüllen besser an einem guten Pflanzenwachstum auszurichten. Die belüfteten Hüllen dieser Generation fanden in Deutschland besonders nach den großen Stürmen der vergangenen Jahre eine große Verbreitung.

Erst im Lauf der Zeit wurde jedoch ein Nachteil offensichtlich: Die Zersetzbarkeit dieser sehr robusten Hüllen verlief zu schleppend. Die im Wein- und Gartenbau verwendeten Produkte unterlagen dort einer wesentlich stärkeren Einstrahlung als auf Waldflächen. Daher läuft zurzeit die Entwicklung einer dritten Generation: Wuchshüllen mit garantierter Mindesthaltbarkeitsdauer und danach folgender schneller Zersetzung.

Durch die Verwendung seltener Baumarten im Klimawandel, den Umbau von Nadelbaumbeständen und die nesterartige Begründung von Forstkulturen könnten Wuchshüllen künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Der wichtigste Grund für die Notwendigkeit von Wuchshüllen ist jedoch die oft unbefriedigende Regulierung der Wildbestände.

Hohe Erwartungen

Am Anfang der Entwicklung von Wuchshüllen standen andere Erwartungen als die heute formulierten Ansprüche. Durch ihre Herkunft aus der Landschaftspflege standen beispielsweise der Schutz der Pflanzen vor dem Verbiss durch Weidetiere oder der Schutz vor Abtrift von Pflanzenschutzmitteln im Vordergrund (Tab. 1). Doch schon in der frühen Entwicklungszeit der Wuchshüllen wurden weitere Vorteile deutlich, die danach als weitere Erwartungen an Wuchshüllen allgemein übernommen wurden: Beispielsweise die Beschleunigung des Höhenwachstums, die verringerte Spätforstgefahr oder auch die Möglichkeit durch den Einsatz von Wuchshüllen kleinere Pflanzensortimente verwenden zu können.

Tab. 1: Erwartungen an die Funktionsweise von Wuchshüllen.

Wirkungen

Während viele der genannten Vorteile wie z. B. die Schutzwirkungen einfach erklärbar sind, sind die sich in Wuchshüllen verändernden Wachstumsbedingungen für die Pflanzen in ihrer komplexen Wirkung erst nach längeren ökophysiologischen Untersuchungen verstanden worden. Bei diesen Wirkungen ist jedoch zwischen Wuchshüllen ohne bzw. mit Belüftung (zumeist als lochförmige Ausstanzungen umgesetzt) zu unterscheiden (Abb. 1).

An den unbelüfteten und bräunlich eingefärbten Wuchshüllen der ersten Generation konnten im Vergleich zu Gitterhüllen drei Jahre nach Pflanzung Steigerungen des Höhenzuwachses beobachtet werden: Als Baumarten mit großer (+>100 %) Steigerung des Höhenzuwachses gelten aus dieser Zeit z. B. Berg-Ahorn sowie Trauben- und Stiel-Eiche. Kurz drauf wurde jedoch klar, dass Pflanzen in unbelüfteten Wuchshüllen ein reduziertes Wachstum von Schaftdurchmesser und Wurzeln aufweisen und dieser große Höhenzuwachs nicht immer zu beobachten ist. Das Verständnis erbrachte erst die spätere Entdeckung zur Belüftung von Wuchshüllen und zu ihrer Durchlässigkeit hinsichtlich der photosyntetisch wirksamen Strahlung. Das Wachstum in Hüllen wird durch die Verfügbarkeit von Licht und CO2 sowie die Regulierung von Temperatur und Luftfeuchte gesteuert – in dieser Reihenfolge.

  • Licht: Die sichtbare und für die Pflanzen nutzbare Strahlung (sog. photosynthetisch aktive Strahlung, PAR) ist je nach Exposition, Lage im Relief sowie Farbe und Transparenz des Hüllentyps um ca. 20-70 % (Ø 50%) reduziert. Die trotzdem guten Wuchsleistungen zeigen, dass unser normales Tageslichtangebot weit über der Schwelle eines Engpasses liegt. Der Einsatz von Wuchshüllen unter einem lichten Kronenschirm kann jedoch bei lichtbedürftigeren Baumarten bereits zu einem kümmernden Wachstum führen (Abb. 2). Neben der Menge sollte auch die Qualität des einfallenden Lichtes durch die Färbung der Wuchshülle nicht zu sehr die natürliche Situation ändern. Dies könnte sonst eine veränderte Gestaltentwicklung der Pflanze bewirken (z. B. Vergeilen).
  • CO2: In belüfteten Wuchshüllen kommt es durch den leichten Luftstrom nicht zu einem Mangel an Kohlendioxid (freier Gastaustausch durch Kamineffekt). Dies führt in belüfteten Hüllen zur Förderung des Höhen- und zugleich des Dickenwachstums.
  • Lufttemperatur: Die mittägliche Temperatur ist in der Hülle je nach Bauweise um bis ca. 6° C (belüftet) oder bis ca. 12° C (unbelüftet) erhöht. Als positive Folge treiben die Pflanzen einige Tage früher aus und können auch dadurch im Innern der Hülle längere Jahrestriebe erreichen. In Wuchshüllen ohne seitliche Belüftungsöffnungen dagegen sind Lufttemperaturen möglich, die zu Überhitzung führen (Welke).
  • Luftfeuchte: Die relative Luftfeuchte ist in Wuchshüllen mit Belüftungsöffnungen der Situation außerhalb der Hülle angenähert. Es kommt somit nicht zu überfeuchten Situationen mit erhöhter Gefahr von Pilzbefall an den Assimilationsorganen. Beispielsweise reduziert eine Belüftung auch den Befall durch die Buchenblattlaus (Phyllaphis fagi).

Pflanzen in belüfteten Wuchshüllen weisen daher durch die Luftzufuhr kein reduziertes Durchmesserwachstum in der Wuchshülle auf und zeigen damit keine Stabilitätsprobleme bei Ihrem Herauswachsen. Jedoch bleibt in belüfteten wie auch in unbelüfteten Wuchshüllen das Sproß-Wurzelverhältnis durch die Windstille in der Hülle zu Ungunsten der Wurzelbiomasse reduziert.

Empfehlungen zum Einsatz

Bei der Auswahl von Wuchshüllentypen sollte daher aus wachstumskundlicher Sicht auf folgende Punkte geachtet werden:

  • Belüftete sollten unbelüfteten Wuchshüllen vorgezogen werden, um optimale Wachstumsbedingungen im Inneren zu gewährleisten.
  • Wuchshüllen sollten doppelwandig sein, um die zuweilen heißen äußeren Schutzwände von den empfindlichen Blättern fern zuhalten (Gefahr des Abwelkens).
  • Der obere Rand von Wuchshüllen sollte nach außen gebogen sein, damit sich die herauswachsenden Triebe sowie das Stammholz bei Windbewegungen nicht abscheuern.
  • Wuchshüllen müssen stabil im Boden verankert werden, um z. B. Schäden durch Mäuse zu vermeiden.
  • In wenig belichteten Verhältnissen, z. B. unter Schirm sind transparente Wuchshüllen sinnvoll.

Wie geht es weiter?

Aus waldbaulicher Sicht sind zurzeit noch einige Erwartungen unerfüllt. Das betrifft vor allem drei Bereiche:

  • Abbaubarkeit: Wuchshüllen sollen in ihrer natürlichen Waldumgebung rückstandslos zersetzbar sein oder zumindest mit dem Dickenwachstum des Bäumchens leicht aufplatzen (z. B. entlang einer Perforationsnaht). Faulendes Laub in den Hüllen oder zu lange an der Rinde angepresste Hüllenwände können sonst zum Absterben des Kambiums oder dem Entstehen unerwünschter neuer Wurzeln am Schaft führen. (Abb. 3). Andererseits sollten zersetzbare Wuchshüllen nicht zu schnell zerfallen (Mindestschutzdauer: ca. 5 Jahre), damit auch kleine Pflanzsortimente unter ausreichendem Schutz eine verbisssichere Höhe erreichen. Allerdings hat in Deutschland erst ein Hersteller in großem Umfang praxisnahe Tests in Waldbeständen aufgebaut. Dennoch sind solche Hüllentypen bereits auf dem Markt – zusätzlich auch als "Bio"-Produkte unter Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen.
  • Einsatz im Nadelholz: Der Fokus auf Laubbäume beim Einsatz von Wuchshüllen ist durch den Waldumbau hin zu gemischten Wäldern der vergangenen Jahrzehnte verständlich. Grundsätzlich ist jedoch ein Einsatz auch im Nadelholz möglich. Dadurch besteht erheblicher Informationsbedarf zur Kombination von Wuchshüllen mit Nadelholz. Das betrifft neben der Douglasie vor allem die Weiß-Tanne, speziell unter Schirm. Erste Versuche zur Lichtökologie dieser Baumart in Wuchshüllen in verschiedenen Schirmstellungen sind angelaufen. Dabei spielen Neuentwicklungen transparenter Hüllen mit geringer Rückstrahlung eine Schlüsselrolle.
  • Baumart Buche: Zwar konnten die Belüftungslöcher die bei der Rot-Buche beobachteten Probleme mit Verpilzung und den Befall durch die Buchenblattlaus (Phyllaphis fagi) lösen, geringe Röhrendurchmesser führen bei dieser Baumart jedoch häufig dazu, dass sich beim frühsommerlichen Schub des Höhenzuwachses der zunächst schlaff nach unten hängende Terminaltrieb nicht vollständig aufrichten kann und in dieser Stellung verholzt (Abb. 4). Hier ist weiterer Entwicklungsbedarf notwendig.