Wuchshüllen wurden bereits ab dem Jahre 1979 in Großbritannien erprobt und dort innerhalb eines knappen Jahrzehnts zum Standard und zur wichtigsten Innovation bei der Pflanzung von Laubbäumen. Im früheren Forstbezirk Güglingen hat die Abteilung Waldwachstum der FVA im Jahre 1987 erstmals Wuchshüllen bei einem Pflanzverbandsversuch mit Eichen in modifizierten "Nestern" eingesetzt.

Die Nester im Abstand 10x5 m und 5x5 m bestanden aus jeweils drei wuchshüllengeschützten Eichen, was Pflanzenzahlen von 600 bzw. 1200 Stück je ha entspricht. Die damals hohen Kosten für die Wuchshüllen und das Aufstellen ließen neben spontanen negativen Reaktionen von Fachkollegen zur Ästhetik solcher Kulturen (Abb. 1) von vornherein nur eine sehr eingeschränkte Verwendung erwarten, z.B. bei der Pflanzung von wertvollen Laubbäumen.

Zur gleichen Zeit wurden vor allem in Frankreich, aber auch in Österreich und Norddeutschland Untersuchungen zum Mikroklima, zu den Ausfällen und zum Wachstum verschiedener Laubbaumarten in Wuchshüllen angelegt und zum Teil über ein Jahrzehnt betrieben. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse vorgestellt.

Mehrere Typen in der Prüfung

Bei den Wuchshüllen kann zwischen sogenannten "Minigewächshäusern" (Akyplant, Sheltatree, Tubex, Ecotub, Sylvitub) und perforierten, netzartigen Schutzhüllen (Samex, Nortene) unterschieden werden (Abb. 2). Das verwendete Material ist Polypropylen oder Polyäthylen, mehr oder weniger UV-stabil, weiß bis braun oder grün und meist doppelwandig. Die 0,6-1,8 m hohen Wuchshüllen sind viereckig, achteckig, dreieckig oder rund, mit und ohne Belüftungslöcher bzw. Perforierung, und sie haben einen Innendurchmesser von 5-21 cm, im Mittel 10 cm. Farbe und Form bestimmen die Lichtdurchlässigkeit und den Strahlungshaushalt. Die Befestigung ist meist ein Stab aus Kastanien-, Robinien- oder Eichenholz, vereinzelt auch aus Metall. Bambus sollte wegen seiner geringen Haltbarkeit nicht verwendet werden. Die Lebensdauer bis zum Zerfall betrug anfänglich 6 bis 8 Jahre, heute noch 3 bis 5 Jahre, wobei die sich zersetzenden Plastikreste länger in den Kulturen sichtbar bleiben.

Wirkungen auf das Mikroklima

Wuchshüllen schaffen ein spezielles Mikroklima mit Auswirkungen auf die Temperatur, die Luftfeuchte, die Einstrahlung, die Photosynthese und damit auch auf das Wachstum. Die Temperaturerhöhung in Wuchshüllen mit Perforation beträgt im Mittel ca. 3,8°C, ohne Perforation ca. 6,9°C (gemessen um 14 Uhr). Dadurch werden die Brutto-Photosynthese und die Respiration gesteigert, aber die Netto-Photosynthese vermindert. Die Luftfeuchtigkeit in nicht perforierten Röhren ist konstant um etwa 21% höher als außerhalb. Dies bewirkte bei Waldkirschen und Nussbäumen eine um etwa 1/6 bis 1/10 verminderte Transpiration der Pflanzen. Der Einsatz von Wuchshüllen spart somit Wasser. Einen zusätzlichen Vorteil für die Pflanzen bot der Herbizideinsatz, weil dadurch auch das Wasserangebot von außerhalb der Wuchshülle nutzbar wurde. Eine Perforation oder Löcher verhindern durch den besseren Luftaustausch eine Überhitzung, sie vermindern aber Temperatur und Luftfeuchte und nähern sie derjenigen der Umgebung an.

Die Einstrahlung im Innern der Wuchshülle wird im Tagesmittel um etwa 20-55% vermindert. Sie wird auch, abhängig von der Farbe der Wuchshülle, in ihrer Qualität verändert: Dunkle Farben reduzieren die photosynthetisch aktive Strahlung stärker als helle bzw. transparente und beeinträchtigen damit die Photosynthese der Pflanzen. Der CO2-Gehalt in Wuchshüllen wird gegenüber der Umgebung stark vermindert. Dies erfolgt in Abhängigkeit vom Rauminhalt und von dem Anteil, den die Pflanze dabei einnimmt. Mit zunehmender Bodennähe steigt die CO2-Konzentration. Bei nicht perforierten Wuchshüllen erneuert sich die Luft nur sehr langsam. Als Folge wird das CO2 rasch verbraucht und die Photosynthese stark vermindert. Die Pflanze verbraucht am Anfang des Tages in kurzer Zeit sämtliches CO2.

Unterschiede beim Höhen- und Durchmesserwachstum

94 von 99 Versuchen in Frankreich zeigten, dass das besondere Mikroklima den Höhenzuwachs in den ersten Jahren zwar begünstigt, aber um den Preis eines signifikant um 20-30% verminderten Durchmesserzuwachses. Bei Hybridnüssen, die rasch wachsen und deren Terminalknospen daher nur kurze Zeit in der Wuchshülle bleiben, waren die Höhenunterschiede zwischen geschützten und frei erwachsenen Pflanzen nur während drei Jahren gegeben. Dagegen waren die Durchmesser der Pflanzen in den Wuchshüllen im Vergleich zu den freiwachsenden für etwa sieben Jahre geringer.

Der Vorsprung im Höhenwachstum ist nur temporär. Dies gilt generell auch für andere Laubbäume mit raschem Jugendwachstum, z. B. Kirschen. Auch Versuche mit Eschen auf gut wasserversorgten Standorten zeigten, dass die Wuchshüllen den Höhenzuwachs steigern, den Durchmesserzuwachs aber vermindern und damit labile Pflanzen erzeugen. Dies trifft im Ergebnis auch für andere Baumarten zu. Bei Baumarten mit langsamem Jugendwachstum sind die Gewinne an Höhen- und die Defizite am Durchmesserwachstum zwar weniger stark, aber für längere Zeit wirksam.

Ohne Wuchshüllen mehr Wurzeln und mehr Biomasse

Beim Wachstum der ober- und unterirdischen Biomasse sind die Vergleichspflanzen ohne Wuchshüllen den geschützten Pflanzen um 18-52% überlegen. Die Vergleichspflanzen hatten insbesondere einen höheren Anteil an Wurzelbiomasse. Die Begrenzung des Biomassewachstums im Innern nicht perforierter Wuchshüllen scheint auch das Wurzelwachstum stark zu beeinträchtigen. Das oben beschriebene Ungleichgewicht zwischen Durchmesser- und Höhenwachstum macht die Pflanzen empfindlicher gegen Wind, wenn sie aus der Wuchshülle herauswachsen. Die anschließend erfolgende Stabilisierung über ein stärkeres Durchmesser- und Wurzelwachstum kann über ein reduziertes Höhenwachstum zu einer starken Vermehrung der Seitenzweige und damit zu einer (eventuell vorübergehenden) Verbuschung führen. Die Kombination von Wuchshüllen mit Mulchscheiben oder der in Frankreich praktizierte Herbizideinsatz kompensieren ungünstige Effekte, die ansonsten durch die Wuchshülle entstehen.

Kosten

Für Baden-Württemberg fehlen abgesicherte Daten für das gesamte Verfahren. Nach einem Bulletin des französischen Office Nationale des Forêts aus dem Jahre 2000 ist bei 1,2 m hohen Wuchshüllen mit einem Aufwand von 2,00-3,50 EUR pro Wuchshülle zu rechnen (Wuchshülle, Befestigung, Ausbringen), bei 1,8 m hohen Wuchshüllen mit einem Aufwand von 2,50-5,00 EUR. Der Abbau ist in diesen Zahlen jedoch nicht enthalten.

Nachteile von Wuchshüllen

Die Pflanzen in den Wuchshüllen werden erwärmt, was gelegentlich die Mortalität erhöht; empfindlich ist hier vor allem die Buche. Das Risiko von Schimmelbildung und Fäule steigt mit zunehmender Feuchtigkeit in der Röhre und mit dem Anteil, den die Pflanze am Wuchsraum einnimmt. Wuchshüllen sind nicht bestimmt für Nadelbäume.

Die Wachstumsbeschleunigung in Wuchshüllen ist vorübergehend. Wenn die Pflanze aus dem Schutz herauswächst, verlangsamt sie ihr Höhenwachstum, um das Gleichgewicht zwischen Spross und Wurzelsystem wieder zu finden. Nach einem Jahrzehnt haben Pflanzen mit oder ohne Wuchshüllen dieselbe Höhe erreicht. Für perforierte (netzartige) Wuchshüllen ist der Gewächshauseffekt geringer, Zweige können seitlich herauswachsen. Das Eindringen von unerwünschter Vegetation (Gras etc.) in die Wuchshülle kann die Gefährdung durch Mäuse erhöhen.

Eine weitere Gefahr ist, dass Wuchshüllen samt Pflanzen umgedrückt werden können. Meist geschieht dies durch Wind, besonders häufig bei rechteckigen Hüllen, zuweilen auch durch Wild. Eine geringe Standfestigkeit kann auch durch mangelnde Qualität der Stäbe verursacht sein. Einzelne Waldbesucher empfinden enge Verbände mit Wuchshüllen als unästhetisch. Andererseits werden Wuchshüllen oft auch als positiv wahrgenommen, denn sie zeigen, dass "die Förster etwas tun".

Vorteile von Wuchshüllen

Wuchshüllen sind ein sicherer Wildschutz für alle Laubbäume. Sie wirken sich günstig auf das Anwachsen aus, so dass die Ausfälle selten über 10 % betragen. Zusätzlich wird bis zum Herauswachsen aus der Hülle das Höhenwachstum beschleunigt. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass sie in einer üppigen Begleitvegetation leichter aufgefunden werden können.

Das Ausbringen von Schutzhüllen ist einfacher und billiger als eine Zäunung, zumindest bei den im Staatswald heute empfohlenen Pflanzenzahlen. Eventuell notwendige Reinigungen können punktuell, ohne großen Suchaufwand, ohne Risiko für die Pflanzen (versehentliches Mähen) und mit einem insgesamt deutlich verringerten Zeitaufwand durchgeführt werden. Von finanzieller Bedeutung ist auch, dass nach neueren Erfahrungen Wuchshüllen unter Umständen mehrfach verwendet werden können (z.B. 2 x 4 Jahre).

Schlussfolgerungen für die Praxis

Die Wuchshülle ist eine technische Innovation bei der Begründung von Laubbaumbeständen bei starkem Wilddruck und/oder bei starker Konkurrenzvegetation. Ihr Einsatz, d.h. die Anzahl und das Schutzziel, bedarf in jedem Einzelfall sorgfältiger Abwägung der Kosten und möglicher Alternativen bei der Regulierung der Konkurrenzvegetation und des Wilddrucks.

Gemäß aktuellen Forschungsergebnissen aus Frankreich (INRA) ist das optimale Mikroklima in den Röhren der Schlüssel für den Erfolg mit Wuchshüllen. Die negativen Effekte auf das Biomasse-Wachstum können durch eine Optimierung des kontrollierten Luftzutritts (ohne Kamineffekt) und in einer lokalen Vegetationskontrolle um die Pflanzen mit Herbiziden oder Mulchscheiben gemindert werden. Die besten Ergebnisse zeigen derzeit röhrenförmige Wuchshüllen aus hellem Material mit einer oder mehreren Öffnungen an der Basis. Sie bewirken den notwendigen Luftaustausch. Ihr positiver Effekt auf das Höhenwachstum (im Vergleich zu Pflanzen im Freiland) dauert an, bis die Pflanze aus der Wuchshülle herausgewachsen ist.

Wuchshüllen sind im Vergleich zu den Pflanzenkosten teuer. In die betriebswirtschaftliche Kalkulation muss neben dem Kauf und der Ausbringung auch die regelmäßige Kontrolle auf z.B. Schiefstand, ein eventueller Unterhalt und ein eventueller späterer Abbau samt Entsorgung einbezogen werden.

Anwendung in besonderen Verjüngungssituationen

Wuchshüllen kommen in erster Linie in Frage bei Laubbaumarten mit langsamem Jugendwachstum, bei Kleinpflanzen in üppiger sonstiger Naturverjüngung oder bei starker Vegetationskonkurrenz. Die Vorteile kommen auf Kleinflächen unter 4 ha oder/und bei Pflanzverbänden mit weniger als 1.000 Pflanzen pro ha zum Tragen. Die bevorzugten Anwendungsgebiete sind daher "Anreicherungspflanzungen" mit seltenen Laubbäumen in Naturverjüngungen, sukzessionsgestützte baumzahlarme Begründungskonzepte und Nesterpflanzungen. Im Ausland werden sie auch in Agroforst-Systemen und bei der Aufforstung ehemals landwirtschaftlicher Flächen eingesetzt.