Die Fachleute sind sich einig, dass ein Baumartenwechsel hin zu Bestockungen mit einem erhöhten Anteil an Laubhölzern angezeigt ist. Gleichzeitig sollten Bewirtschafter im Rahmen des naturnahen Waldbaus möglichst mit Naturverjüngung arbeiten. Oft ist jedoch in der vorhandenen Bestockung weit und breit kein Samenbaum der gewünschten Baumarten zu sehen oder die Qualität der potenziellen Mutterbäume lässt für eine zukünftige Wertholzproduktion zu wünschen übrig.

In solchen Fällen wurde bisher in der Schweiz entweder mit der vorhandenen, ungeeigneten Naturverjüngung weiter gearbeitet, oder der Altbestand wurde zügig geerntet und mittels Pflanzung umgewandelt. Die erste Variante ist mit Blick auf das Risiko für die Zukunft wenig empfehlenswert und die zweite Variante zieht oft enorme Folgekosten nach sich.

Möglicherweise geht es auch anders: Bäumchen, die aus Samen im Wald keimen, haben gegenüber gepflanzten Jungbäumen unbestrittene Vorteile, beispielsweise ein besser ausgebildetes und unverletztes Wurzelwerk sowie eine ausreichende Anzahl Nachwuchsbäumchen. Samen fallen bekanntlich nicht nur lotrecht vom Baum, sondern werden durch Wind und Tiere in alle Himmelsrichtungen verfrachtet. Je schwerer jedoch der Samen sind, umso langsamer ist seine natürliche Verbreitung. Die Tierverbreitung geschieht nach dem Zufallsprinzip und meistens in nur geringer Dichte. So lassen sich beispielsweise einzelne kleine Eichen und Kirschen mitten in Nadelholzbeständen beobachten, welche vermutlich von Vögeln oder Säugetieren eingebracht wurden. Dieses System der Natur ist gut, aber für unsere wirtschaftlichen Ansprüche zu wenig gezielt und zuverlässig. Wir brauchen jedoch nicht tatenlos zuzusehen, sondern können der Natur sanft nachhelfen, indem wir Baumarten mit schweren Samen auf den gewünschten Standorten selber säen.

Die Aussaat mit Wasserwerfer

Mit Maschinensaat verbinden wir Bilder aus dem Ausland, mit grossflächigen Kahlschlägen, Stockrodung und anschliessender Bodenbearbeitung, um schlussendlich mit Maschinen säen oder Jungbäume setzen zu können. Diese Verfahren gleichen landwirtschaftlichen Produktionsmethoden und sind zwar rationell, führen aber zu Monokulturen sowie Bodenverdichtungen, die bei uns unerwünscht und notabene vom Gesetz im Prinzip nicht erlaubt sind.

Vereinzelt berichteten uns Förster von kleinen Versuchen, bei denen sie eigenhändig die Saat ausgebracht hatten, insbesondere mit Walnüssen und Eicheln. Die Erfahrungen sind etwas widersprüchlich und leider nicht durch systematische Versuche belegt. Bis heute hat sich diese einfache Handsaat im Wald nicht durchgesetzt.

An der SHL Zollikofen wurde in einem Forschungsprojekt das Ziel verfolgt, mit gewöhnlichen Landwirtschaftsmaschinen rationell und ohne Bodenbearbeitung zu sähen und so die Naturverjüngung zu ergänzen. Getüftelt wurde mit gängigen Geräten wie Güllefässern, Druckpumpen und fahrendem Schlauchhaspel. Die Grundidee war dabei immer dieselbe: Das Saatgut wird ab Waldstrasse oder Rückegasse mittels Wasserwerfern in die Schlagflächen gespickt. Nach anderthalb Jahren Entwicklung und verschiedensten Versuchen mit technischen Verbesserungen steht nun fest: Die Aussaat im Wald mittels Wasserwerfern ist technisch machbar. Die Gerätschaft lässt sich problemlos durch die vorhandenen Rückegassen ziehen und das Saatgut wird in genügender Dichte ausgebracht. Innert weniger Minuten lassen sich durch diese Methode die Samen auf einer Breite von fünfzig bis sechzig Metern ausbringen. Erprobt wurde das Verfahren vorerst mit Kirschsteinen und Eicheln.

Technische Fragen

Es wurden ausschliesslich landwirtschaftliche Standardmaschinen eingemietet. Und es zeigte sich, dass der Beizug erfahrener Landwirte bei der Handhabung äusserst hilfreich ist. Die erste Idee erwies sich in der Praxis nur als teilweise zufrieden stellend: Das Saatgut direkt in das Druckfass zu geben, funktioniert zwar relativ gut mit Kirschsteinen im "Hadorn-Fass" (16 m3 Inhalt, drei Kammern, Förderschnecke am Boden, 7 bar Druck). Der Arbeitsablauf hingegen muss gut durchdacht werden, da zuerst rund 2 m3 Wasser aus dem Schlauchhaspel des Rollomat ausgestossen werden müssen, bevor das Saatgut austritt. Gleiches gilt am Schluss der Saat, denn es wäre schade, die Kirschsteine im Rollomat zu verlieren. Zudem zeigte das in Stichproben kontrollierte Verteilmuster der Samen, dass diese nicht regelmässig genug über die gesamte bespritzte Fläche verteilt wurden. Weitere Versuche mit seitlicher Zuführung der Samen in den Wasserkreislauf erwiesen sich ebenfalls als nur teilweise befriedigend.

Besser bewährt hat sich ein Aufsatz auf den Wasserwerfer. Dabei handelt es sich um ein selbst konstruiertes "Low- Tech-Verteilgerät" (Abb. 2) – immer noch der Grundphilosophie folgend, dass es so einfach wie möglich sein soll. Das Verteilgerät ist schnell in den Wasserwerfer eingebaut, das Verfahren lässt sich wesentlich vereinfachen und das Saatgut wird sparsam sowie zufrieden stellend gleichmässig verteilt. Beim relativ hohen Preis der Kirschsteine ist dies ein Argument, das in die Waagschale fällt. Das Verteilgerät steht als Prototyp in mehreren Versionen zur Verfügung und kann nun zusammen mit einem professionellen Gerätebauer noch zu einem verkaufsbereiten Produkt weiter entwickelt werden. Dies könnte in Zukunft ein neuer Service sein im Angebot von spezialisierten Unternehmungen.

Effiziente Methode nach Sturmschäden

Die vielen Vorteile der erprobten Methode verblüffen: Durch das Verteilgerät kann das Saatgut gut dosiert und mit dem Wasserwerfer sehr effizient ausgebracht werden. Sind die Maschinen einmal aufgestellt, so konnte eine Viertel Hektare innert drei Minuten besät werden. Ein gut eingespieltes Team von zwei Mann sollte es auf eine Durchschnittsleistung von ungefähr 1 ha pro Einsatzstunde bringen. Besonders geeignet könnte die Methode nach grossflächigen Schadereignissen wie beispielsweise dem Orkan "Lothar" sein. Die Methode erlaubt es, innert kurzer Zeit ausgedehnte Flächen ohne vorgehende saubere Räumung zu besäen und so hoffentlich das Wettrennen gegen die aufkeimende Konkurrenzvegetation zu gewinnen.

Mit den üblichen landwirtschaftlichen Tarifen (ART Tarife der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon 2008) gerechnet kommt der Maschineneinsatz inklusive Bedienung schätzungsweise auf Fr. 200 bis 400.– pro Hektare zu stehen, je nach totaler Fläche, die in diesem Wald besät werden kann. Bei unseren Versuchen lag dieser Wert etwas höher, da wir für das Umstellen der Geräte und die Auswertungen zusätzlich Zeit benötigten. Hinzurechnen muss man den Preis für das Saatgut, der je nach Ansprüchen und Lieferant ins Gewicht fallen kann. Ein Kilo Kirschsteine von auserlesener Herkunft und fachgerecht stratifiziert, bekommt man ab Fr. 200.–, das Kilo Eicheln ist ab Fr. 30.– im Fachhandel erhältlich. Bei den Eicheln muss mit 50 bis 80 kg/ha gerechnet werden, für die Kirschen werden etwa 6 bis 8 kg/ha benötigt, sofern ein gut justiertes Dosiergerät verwendet wird. Obwohl das Saatgut seinen Preis hat, wird sich die Investition für Waldbesitzer lohnen, denn es stehen viel mehr Bäumchen für die spätere Auslese von qualitativ hoch stehenden und gut verteilte Z-Bäumen zur Verfügung als bei einer Pflanzung mit vergleichbaren Begründungskosten.

Der Boden wird geschont

Ein weiterer, ökologischer Vorteil: Die "Beregnung" bringt die Samen in guten Bodenkontakt, so dass der Keimerfolg besser sein dürfte als bei einer Handsaat. Die eingebrachte Feuchtigkeit kann je nach Witterung ein weiterer Vorteil sein. Idealer Zeitpunkt für Kirschen- und Eichensaat ist vermutlich Mitte Oktober, kurz vor dem Laubfall, so dass die Samen nachher geschützt überwintern können. Alternativ könnte auch im Zeitraum März/ April gesät werden, was den Ausfall durch Tierfrass und Pilzbefall verringern würde. Diese Variante wurde bisher noch nicht getestet.

Als entscheidender Vorteil gegenüber anderen Saatverfahren ist die Bodenschonung zu nennen: Lediglich jede zweite Rückegasse wird befahren und eine vorgängige Bodenbearbeitung erübrigt sich. Mit der landwirtschaftlichen Beregnungsanlage könnten auch Zuschlagsstoffe wie Kompost auf nährstoffarme Böden ausgebracht werden, wobei der gesetzliche Rahmen zu beachten ist. Die natürlich aufwachsenden Sämlinge bilden ein kräftiges Wurzelwerk und erfahren keinen Pflanzschock. Zudem müssen die Schlagflächen nicht zwingend sauber geräumt werden, was viel Geld spart. Wie bei gepflanzten Bäumchen, benötigt der Jungwuchs bei Edellaubholz eine sorgfältige Pflege, wobei sich die vergleichsweise hohen Baumdichten als erzieherisch wertvoll erweisen könnten.

Offen Fragen

Und damit sind wir bei den noch offenen Fragen: Wie ist der Keim- und Wachstumserfolg im Detail? Wie ist die Anfälligkeit auf Tierfrass und Krankheiten? Welches ist nachweislich der beste Zeitpunkt im Jahr für die Aussaat? Soll vor oder nach dem Holzschlag gesät werden? Welches Pflege- und Schutzkonzept dürfte das beste Kosten-Leistungsverhältnis bieten? Welche Anpassungen braucht es am Verteilgerät, wenn mit anderen Baumarten oder sogar mit Mischungen gesät wird? Und zu guter Letzt: Wie kann die Bereitstellung von genügend und qualitativ hochwertigem Saatgut zu günstigen Konditionen gesichert werden? Und bietet sich auch hier ein neues Geschäftsfeld an?

Ein Folgeprojekt zu den oben umrissenen technischen, ökologischen und waldbaulichen Fragen ist noch in Entstehung und bedarf eines grossen finanziellen Engagements eines Forschungsförderers, der sich hoffentlich finden lässt.

Edelbauhölzer fördern

Das Projekt "Innovative Methoden der Aussaat von Kirsche und Eiche" der SHL wurde durch das Staats-
sekretariat für Bildung und Forschung SBF finanziert und lief im Rahmen der internationalen COST Action E42 (Growing Valuable Broadleved Tree Species ValBro). Diese will die Edellaubhölzer fördern: Ahorn, Erle, Esche, Kirsche, Linde, Elsbeere, Nussbaum, Ulme und in der Schweiz auch die Eiche.