Mit Beginn der Borkenkäferkalamität im Frankenwald im Norden Bayerns sind in kurzer Zeit großflächig Kahlflächen entstanden, die es aus verschiedenen Gründen rasch wiederzubewalden gilt. Neben der naturräumlichen Ungunst (raues Frankenwaldklima i.V.m. steilen und exponierten Lagen, meist nährstoffarmen, flachgründigen Böden mit artenarmer Altbestockung) erschwert insbesondere die rasch einsetzende Vergrasung die Wiederbewaldungsbemühungen erheblich. Vor diesem Hintergrund hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zusammen mit den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg-Kulmbach sowie Bayreuth-Münchberg einen neuartigen, hochmechanisierten Ansatz zur Begründung von Mischbeständen mit Hilfe marktüblicher Holzerntetechnik und neuentwickelter Bodenbearbeitungs- und Saattechnik großflächig im Gelände erprobt.
BiMiSa – die Grundidee
Die beschriebenen, erschwerten Ausgangsbedingungen erfordern die Renaissance in jüngerer Vergangenheit weniger gebräuchlicher Waldbauverfahren. In Anlehnung an natürliche Entwicklungen sollen auf den Schadflächen im Frankenwald durch Saat begründete Vorwälder (hier mit Birken) eine rasche Etablierung neuer Wälder ermöglichen. Gleichzeitig werden weitere Klimaxbaumarten (hier: Weißtanne, Douglasie, Europäische Lärche und Winterlinde) mit ausgesät, die unter dem schützenden Birkenschirm aufwachsen. Ergänzt wird diese Saat durch Naturverjüngung, insbesondere aus Fichte sowie Kiefern, Vogelbeeren und vereinzelt Eichen. Dadurch werden frühzeitig leistungsfähige, resiliente Mischbestände begründet.
Entgegen bisheriger Versuche mit Handsaaten oder Drohnensaaten hat die LWF im Rahmen des Projektes BiMiSa ein vor wenigen Jahren entwickeltes Anbaugerät für Harvester (Abbildung 1) zum Einsatz gebracht. Dieses besteht aus einem Scheibenräumgerät sowie einer Aussaatvorrichtung für Samenmaterial zweier Größenklassen. Damit werden einerseits große Flächenleistungen erzielt und andererseits die Samen durch gezielte Öffnung der obersten Mineralbodenschichten effektiv und aussichtsreich ausgebracht (Abbildung 2).
Projektkonzeption und Umsetzung
Die Planungsarbeiten für das Projekt BiMiSa begannen im Oktober 2022. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, die entsprechende Umsetzungsempfehlungen für die Forstpraxis ermöglichen, wurde das Projekt großflächig auf insgesamt 20 ha komplett geräumten Schadflächen konzipiert. Es wurden ausschließlich Flächen im Privatwald ausgewählt. 12 Waldbesitzer stellten ihre Flächen für entsprechende Saatversuche zur Verfügung. Das Forstsaatgut wurde über das Bayerische Amt für Waldgenetik (Birke), den Pflanzengartenstützpunkt Bindlach der Bayerischen Staatsforsten (Winterlinde, Lärche) sowie durch einen Saatguthändler (Tanne, Douglasie) zur Verfügung gestellt. Die Aussaat erfolgte mit witterungsbedingten Unterbrechungen zwischen März und Mai 2023 durch einen entsprechend spezialisierten Unternehmer.
Ein wichtiges Ziel der Saatversuche war es, eine flächige Befahrung des Waldbodens zu vermeiden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden vor Aussaat auf den Kahlflächen Fahrtrassen mit einem Abstand von 25m eingemessen und mittig markiert. Über den 14m langen Greifarm des Harvesters sollten die Zwischenfelder maschinell besät werden.
Die Kosten des Saatgutes bzw. der Saat selbst übernahm die Bayerische Forstverwaltung im Zuge des Pilotversuchs, die Waldbesitzer mussten die Kosten der Zäunung tragen sowie im Zuge einer längerfristigen vertraglichen Regelung die anschließende Zaunkontrolle sowie Pflege übernehmen und den uneingeschränkten Zugang für wissenschaftliche Erhebungen ermöglichen.
Um die Wahrscheinlichkeit für die Begründung von Mischbeständen unter einem entsprechenden Vorwaldschirm möglichst hoch zu halten, wurden für das Projekt vergleichsweise hohe Saatgutmengen angewendet. Die verwendeten Saatgutmengen sowie die Saatgutkosten sind in Abbildung 3 aufgeführt.
Bisherige Ergebnisse und Erfahrungen
Auf den Saatflächen wurde aus Praktikabilitätsgründen jeweils dieselbe Mischung der in Abbildung 3 aufgeführten fünf Baumarten gesät. Lediglich beim Birkensaatgut wurde zwischen unbehandeltem und pilliertem Saatgut variiert. Pro Hektar Saatfläche wurden ca. 1.800 lfm Saatrinnen angelegt.
Bereits Anfang Mai 2023 keimten zahlreiche gesäte Tannen, gefolgt von Douglasien und einigen Lärchen. Erste Birken kamen im Sommer dazu. Erwartungsgemäß keimte die Linde noch nicht, dies wird für das Frühjahr 2024 erwartet. Die mehrfache Auszählung der Saatrinnen zeigte im Sommer 2023 ca. 10 Keimlinge pro Laufmeter. Dies entspricht mit rechnerisch 18.000 Stück pro Hektar etwa dem Zehnfachen einer Pflanzkultur und liegt weit über den erwarteten Endbaumzahlen. Abbildung 4 zeigt die vorläufigen Auflaufzahlen für die fünf Baumarten auf den BiMiSa-Flächen bis Ende November 2023.
Trotz teilweise ungünstiger Witterungsbedingungen sind zahlreiche Samen gekeimt; daher werden die Auflaufergebnisse derzeit als sehr positiv angesehen, zumal damit zu rechnen ist, dass auch in den Folgejahren noch weitere Keimlinge aufkommen werden. Im Sinne des Zieles der Begründung von strukturierten Mischbeständen ist die teilweise geclusterte Verteilung der Sämlinge in den Saatrinnen nach derzeitiger Einschätzung als positiv zu sehen. Den damit verbundenen zu erwartenden Pflegeaufwand wird die LWF in den Folgejahren untersuchen und entsprechende Empfehlungen für die Forstpraxis aussprechen.
Die Saat mit der integrierten Bodenbearbeitung durch den Harvester (inkl. abschließender Flächenräumung von störendem Astmaterial) hat im Projekt knapp 5.000 € (brutto) pro Hektar gekostet. Das verwendete Saatgut zur Begründung von Mischbeständen kostete rund 2.500 € pro Hektar (Abbildung 3). Für die notwendige Zäunung mussten die Waldbesitzer ca. 12 €/lfm Zaun (Rotwild) aufwenden. Bei den angegeben Kosten muss allerdings berücksichtigt werden, dass diese für einen Pilotversuch entstanden sind, welcher der Verfahrenserprobung sowie deren wissenschaftlichen Auswertung dient.
Wichtig für eine Reduzierung der Saat- und Bodenbearbeitungskosten pro Hektar ist die Bereitstellung größerer, möglichst zusammenhängender Waldflächen, die einen flächeneffizienten Einsatz ohne mehrfache Umsetzvorgänge der Maschine ermöglichen. Weiterhin kann ggf. eine Reduktion der Saatgutmenge und eine rechtzeitige Versorgung mit einer höheren Menge an Saatgut zur Senkung der Gesamtkosten beitragen. Die LWF wird hierzu fortlaufende Beobachtungen anstellen und zu gegebener Zeit entsprechende Empfehlungen aussprechen. Bei angepassten Wildbeständen kann zudem auf einen Zaunschutz verzichtet werden.
Ausblick
Im Nachgang zur beschriebenen, maschinellen Saat auf den Schadflächen wurde das Verfahren im Anschluss an eine reguläre Holzerntemaßnahme in einem Fichtenbestand im Frankenwald erprobt. Ausgesät wurden ca. 5 kg unpillierte Tannensamen pro Hektar. Abbildung 5 zeigt exemplarisch den Auflauferfolg in einer Saatrinne ca. sechs Monate nach Aussaat. Eine zahlenmäßige Auswertung dieses Saatversuchs unter Schirm im Altbestand liegt derzeit noch nicht vor.
Die LWF wird auch 2024 sowie in den Folgejahren die Saatflächen des Projektes BiMiSa regelmäßig aufsuchen und entsprechende Erhebungen mit dem Ziel anstellen, das Verfahren zu optimieren und Empfehlungen für die Anwendung in der Forstpraxis auszusprechen. Begleitend sollen Fragen wie "Standardsaatgutmischungen für verschiedene Wuchsregionen Bayerns", "Prozesskettenoptimierungen" sowie "Digitalisierte Verfahrensdokumentation" untersucht werden. Kurzfristig wichtig scheint eine Bewertung der Pflegenotwendigkeit und des zu erwartenden Pflegeaufwands sowie eine Verfahrensoptimierung der Pflege der Saatflächen in den ersten Jahren nach der Aussaat.
Zusammenfassung
Unter dem Akronym "BiMiSa" hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zusammen mit den beiden lokalen ÄELF im Frankenwald einen hochmechanisierten Forstmaschineneinsatz zur Begründung von Mischbeständen unter einem Vorwaldschirm angelegt. Dieser Freisaatgroßversuch stellt einen möglichen Alternativansatz sowohl für den regulären Waldumbau als auch zur Wiederbewaldung von großen Schadflächen dar.