Aktuell geforderte Alternativmaßnahmen wie »assisted gene flow« oder »assisted migration« könnten eine Chance sein, aber auch Risiken bergen und sollten noch detaillierter untersucht werden.

Im laufenden Waldklimafonds Verbundprojekt »sensFORclim« wurden insbesondere an submarginalen Buchenbeständen teils deutliche Trockenschäden in mehreren Bundesländern gesichtet. Besonders interessant ist die beobachtete Variabilität, die sich darin äußert, dass in der Nachbarschaft zu geschädigten Bäumen regelmäßig auch vitale Individuen bzw. Bestände vorkommen. Es sind bereits Bestände untersucht worden, die sich vom beobachteten Trend einer abnehmenden Vitalität mit Annährung an den warmtrockenen »Rear Edge« positiv abheben.

Anfragen beim Amt für Waldgenetik (AWG) nach dürreretoleranten bayerischen Buchenherkünften können aktuell immer noch nicht befriedigend beantwortet werden, da die Klimasensitivität heimischer Erntebestände bisher weitgehend unbekannt ist. Denn die Reaktion von Erntebeständen auf bisherige Klimaextreme wurde bisher nur in wenigen Fällen untersucht. Daher ist es unverzichtbar zunächst zu prüfen, ob bayerische Buchenherkünfte eine besondere Klimatoleranz aufweisen und zur Stabilisierung der Waldbestände verwendet werden können. Erst in einem weiteren Schritt werden Herkünfte aus anderen Bundesländern oder anderen Ländern in Betracht gezogen.

Das durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten finanzierte Projekt »sensFORbeech« ist eine notwendige Ergänzung, da in »sensFORclim« mutmaßlich klimaplastische (sub)marginale Buchenbestände in Bayern unterrepräsentiert sind. Der Grund hierfür liegt darin, dass wärmegetönte Buchenwälder aus naturräumlichen Gründen in Baden-Württemberg großflächig vorkommen und geeignete Bestände daher sehr viel leichter zu finden waren als in Bayern. Als Konsequenz stehen für die Waldbaupraxis bisher und auch in naher Zukunft keine solchen Pflanzen aus Bayern zur Verfügung. 

Ziel des Projektes ist es, nach klimatolerantem, heimischen Vermehrungsgut der Buche zu forschen und für die Praxis verfügbar zu machen. Hierzu werden bayerische Erntebestände durch die Kombination ökologischer Nischenmodelle mit Methoden der Resilienzforschung und der ökologischen Genetik untersucht, um besonders klimaplastische Herkünfte zu identifizieren. Der Fokus des Vorhabens liegt auf dem Submarginal- und Marginalbereich der Buche, bei denen eine höhere Frequenz klimaplastischer Populationen erwartet werden. Dabei rücken trocken-geschädigte Buchenbestände insbesondere im Fränkischem Raum in den Fokus der Forschung.

Als Projektpartner leistet die Technische Universität München mit dem Lehrstuhl für Waldwachstumskunde hinsichtlich der Resilienzforschung einen wesentlichen Anteil am Projekt. Die Verbindung des Projekts »sensFORbeech« mit dem laufenden Waldklimafonds-Projekt »sensFORclim« garantiert gewinnbringende Synergieeffekte, die Wissenschaft und Praxis zugutekommen werden.

Vorgehensweise

Für die Auswahl von Untersuchungsbeständen werden Nischenmodelle verwendet, die anhand europäischer Forstinventurdaten mit markoökologischen Klimadaten (WorldClim) kalibriert wurden. Zur Stratifizierung wurde der mit einem Nischenmodell prognostizierte, ökologische Raum in einen Optimums-, Intermediär- und Marginalbereich des künftigen Vorkommens aufgeteilt. Dabei wurde ein aus heutiger Sicht moderates Temperaturerhöhungsszenario (+2,5 °C gegenüber 1970 - 2000 vgl. EEA 2017) zugrunde gelegt. Bereits im Projekt »sensFORclim« wurde gezeigt, dass mit diesem Szenario die aktuellen Problemgebiete der Buche gut getroffen wurden und gleichzeitig eine ausreichende Abdeckung des Gradienten mit Untersuchungsbeständen erreicht werden kann (Mellert et al. 2021).

Regionen mit geringen CMI-Werten (< 0,7) sind zunächst prioritär als großräumige Suchkulisse in Bayern interessant geworden. Betroffen sind nun die Wuchsgebiete Fränkische Platte, der Westrand des Fränkischen Keupers sowie Spessart-Odenwald (Abb. 2). Die Ergebnisse der makroökologischen Modelle werden dazu mit lokalen Standortsdaten abgeglichen, wobei der Wasserhaushalt und die Standortstrophie in wärmebegünstigten Gebieten und auf bodenbedingten Trockenstandorten zur Identifizierung solcher Bestände berücksichtigt werden.

Zum Auffinden potenzieller Marginal- und Submarginal-Bestände wurden zudem einerseits Buchenschäde aus dem Waldschutzmeldewesen der LWF (Schißlbauer et al. 2022) für den Staatswald als auch für den Kommunal- und Privatwald bezogen. Andererseits wurde eine Literaturrecherche zu thematisch ähnlichen Projekten zum Auffinden potenzieller Marginal- und Submarginal-Bestände aus anderen Forschungsprojekten betrieben. Auf lokaler Ebene konnte sich das Projekt auf die aktuellen Aussagen der BaySF-Forstbetriebe und dem AELF stützen. Fielen Auswahlbestände auf Erntezulassungsbestände (EZR), wurden diese zur Auswahl einer Untersuchungsfläche bevorzugt. Demzufolge können Synergieeffekte wie Herkunftsversuche und bereits geprüfte Erntebestände genutzt werden.

In regionaler Nachbarschaft zueinander wurden Bestandspaare gebildet und zwar jeweils ein Bestand auf gut wasserversorgten Böden und einer auf Böden mit geringer Wasserspeicherkapazität. Auf diese Weise sollen insgesamt 10 Bestände bzw. fünf Bestandspaare auf submarginale und marginale Standorten ermittelt und beprobt werden. Zudem wurde angestrebt, die unterschiedlichen Bestandespaare hinsichtlich der Standortstrophie von basenarm zu basenreich anteilig möglichst aufzuteilen (Abb. 3).

Im Projekt »sensFORbeech« werden übergreifende Auswertung genetischer, dendroökologischer und standörtlicher Daten durchgeführt. Pro Untersuchungsfläche werden mindestens 24 Probebäume vollständig interdisziplinär untersucht. Für die genetische Analyse werden von 48 Probebäumen Knospen zur genetische Analyse mittels neutralen und adaptiven Markern verwendet. An 24 – 30 Probebäumen und deren unmittelbaren Nachbarbäumen werden wachstumskundliche Daten erhoben und deren Vitalität anhand Methoden der Waldzustanderhebung angesprochen. Außerdem werden in diesem Zusammenhang zwei Bohrkerne je Probebaum entnommen, um Wachstums-, Zuwachs- und Resilienzparameter anhand von Jahrringanalysen zu gewinnen. Eine Bodenansprache am Mikrostandort mit Abschätzung der Trophie und des Wasserhaushalts findet an den Probebäumen statt. Durch die interdisziplinäre Arbeitsweise können Zusammenhänge zwischen unterschiedlichsten phänotypischen und genetischen Merkmalen in den Blick genommen und die Reaktionen innerhalb der untersuchten Baumarten in Bezug auf relevante klimatische und bodenkundliche Faktoren erfasst werden.

Bodenwasserhaushalt und Standortstrophie

Neben dem Regionalklima im Untersuchungsgebiet wurde ein besonderes Augenmerk auf den lokalen Bodenwasserhaushalt gelegt. Zum einen um eine Überlagerung des Klimas durch Bodeneffekte durch Zuschusswasser zu vermeiden, zum anderen um den standörtlichen Grenzbereich zu definieren, der durch ungünstigen Bodenwasserhaushalt unter marginalen Klimaverhältnissen gekennzeichnet ist. Zur Vermeidung von Überlagerungseffekten wurden grundsätzlich nur terrestrische Böden ausgewählt. Grenzertragsstandorte mit geringer Wasserspeicherkapazität bei marginalem Klima erreichen i.d.R. eine Wasserhaushaltsstufe von »mäßig frisch« oder ungünstiger. Diese Standorte stecken die standörtlichen Limits für den Anbau der jeweiligen Baumart zum Trockenen hin ab.

Analog zum Co-Projekt »sensFORclim« wurde die Einteilung der Basenverlaufstypen (Basentyp: AK Standortskartierung 2016) beibehalten, um die Vergleichbarkeit der Bestände projektübergreifend aufrecht zu erhalten. Dies ist ein Ausdruck der Basensättigung im gesamten Tiefenprofil und werden folgendermaßen ausgeschieden:

  • basenreich (Basentypen 1 und 2),
  • mittelbasisch (Basentyp 3) und
  • basenarm (Basentypen 4 und 5)

Grenzbestände wurden stets in der Nähe zu Marginalbeständen gesucht. Diese Anordnung der Untersuchungsbestände als Vergleichspaar erleichtert es, Rückschlüsse auf etwaige Bodeneffekte zu ziehen.

Beobachtung in Marginal- und Grenzbeständen

Im Zuge der Auswahl der Untersuchungsbestände im Spätsommer 2022 wurden aktuelle Trockenschäden insbesondere an Buche im Raum Würzburg und Schweinfurt gesichtet. Bestände auf trockenen bis mäßig frischen Muschelkalkstandorten (Fränkische Platte) wiesen sogar flächig deutliche Absterbeerscheinungen auf. Außerdem sind sonnenexponierte Waldränder, Hangkuppen sowie Oberhänge als auch stark aufgelichtete Bestände wie Buchen-Schirmhiebe zur Verjüngungsnutzung deutlich gezeichnet. Diese Beobachtungen decken sich mit den Untersuchungen von Thierfelder (2020), Meyer et al. (2022), Henkel et al. (2022) und Walthert et al. (2021). Wie auch Meyer et al. (2022) haben die Bayerischen Staatsforsten Schirmhiebe als problematisch im Zuge erhöhter Einstrahlung identifiziert (Höllerl et. al. 2022). Daneben scheinen auch Buchen-Reinbestände eine erhöhte Exposition zu Trockenstress-Reaktionen aufzuweisen. Selbst diese Beobachtung ist nach der Untersuchung von Pretzsch (2022) wohl folgerichtig.  

Der Laubabwurf begann heuer mancherorts teils schon Ende Juli. Entweder das Laub vertrocknete in der Krone und verblieb dort braun oder grünes Laub war als Notreaktion des Baumes auf dem Waldboden ersichtlich. Letzteres war eher an vitaleren bzw. jüngeren Bäumen aufgefallen. Der Absterbeprozess der Buche setzt sich augenscheinlich äußerst schnell fort und eine Revitalisierung findet bei höheren Schädigungsgraden der Primärkrone von Altbuchen häufig nicht mehr statt. Aufgrund von Embolien im Leitungsgewebe durch Trockenstress ist davon auszugehen, dass sich die negativen physiologischen Reaktionen der Buche im nächsten Jahr fortsetzen werden. Der Einfluss mehrerer Trockenjahre wie 2003, 2018, 2019 wirken massiv auf die Buche. Im Zuge der Untersuchung im Rahmen von »sensFORbeech« wurden etliche Rindennekrosen und teils Schleimflüsse festgestellt. Darüber hinaus werden Sekundärschädlinge wie der Buchenprachtkäfer oder Buchenborkenkäfer den Stress auf diese Baumart gewiss noch verstärken.

Auf schlecht wasserversorten Standorten in lichten Beständen ist in diesem Jahr selbst die Buchen-Verjüngung stark betroffen. Welke und braune Blätter an den Bäumchen sind hierbei starke Zeichen für Trockenheit (Abb. 4). Bei explorativen Bodenbeprobungen konnten an solchen Standorten kaum Feuchte im Boden in bis zu einem Meter Tiefe registriert werden. Untermauert wird dies durch Messungen der Waldklimastation Würzburg, die eine mangelhafte Versorgungslage des pflanzenverfügbaren Wasservorrats im Boden feststellte (Pressemitteilung der LWF). Nichtsdestoweniger sollte dieses aktuelle und stark ausgeprägte Trockenjahr und deren Schadeinwirkungen auf die Buche nicht darüber hinwegtäuschen, dass mögliche genetische Anpassungen als Potential noch vorhanden sein könnten. Langfristig könnten anhand dieser Untersuchung in Gegenden höherer Marginalität das Trockenjahr 2022 eine Chance darstellen und letztendlich weitere wichtige Erkenntnisse liefern. Nicht nur Untersuchungen am Amt für Waldgenetik, sondern auch Untersuchungen von Pretzsch (2022) rücken das derzeitig negative Bild der Buche wieder zurecht und setzen Zeichen für Anpassungen der Buche. Klimaangepasstes Saatgut kann als »assisted gene flow« zur Stabilisation in Gegenden noch intakter Buchen-Beständen sowie deren Naturverjüngung beitragen.

Ausblick

Deshalb ist es umso wichtiger, die Forschung an der Buche intensiv fortzusetzen, denn die Buche wird als Klimax-Baumart in ihrem Kernverbreitungsgebiet in deutschen Wäldern weiterhin eine große Rolle spielen.

Durch Fortschritte in den einzelnen Disziplinen sowie die Kombination moderner Methoden kann die Frage nach geeigneten klimaplastsichen Herkünfte im Klimawandel künftig immer präziser beantwortet werden. Durch das beantragte bayerische Vorhaben kann die Datenbasis für Bayern erheblich verbreitert werden. Damit würde gewährleistet, dass die bayerische Forstgenetik von den neuen Entwicklungen und Erkenntnissen zu den Genressourcen der Buche angemessen profitieren kann. Nach Abschluss des Projektes soll die Datengrundlage mit Daten aus Baden-Württemberg vereinheitlicht werden, um besser Aussagen für Süddeutschland treffen zu können.