Die Genetik eines Waldbestandes im Zusammenspiel mit den Standortsfaktoren entscheidet über Wachstum und Struktur des Waldes, aber auch über die Anpassung an derzeitige und künftige Umwelteinflüsse. Der Wahl des geeigneten Vermehrungsgutes sollte daher besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Angepasste Naturverjüngung

In Österreich werden die Waldbestände häufig natürlich verjüngt – eine naturnahe Art und Weise der Wiederbewaldung. Allerdings sollten dabei die Angepasstheit und Leistungsfähigkeit des Mutterbestandes berücksichtigt werden. Es macht keinen Sinn, einen schlechtwüchsigen Bestand natürlich zu verjüngen. Oft werden auch zu wenige oder qualitativ nicht entsprechende Überhälter als Samenbäume belassen und so die Qualität des Folgebestandes gefährdet. Geradschaftigkeit, Feinastigkeit und Holzdichte sind Eigenschaften, die unter starker genetischer Kontrolle stehen und sich deutlich auf die Nachkommen auswirken. Die Auswahl der verbleibenden Mutterbäume sollte nicht vom Harvesterfahrer entschieden werden.

Forstpflanzen: Höhe und Herkunft entscheidend

Bei der Kunstverjüngung ist besonderes auf den Ursprung des Vermehrungsgutes zu achten. Hier ist besonders Augenmerk auf die Eignung hinsichtlich Höhenstufe und regionaler Herkunft zu legen, da nur so bestens angepasste und gutwüchsige Bestände entstehen können (Informationen dazu auf herkunftsberatung.at).

Diesem Grundsatz entsprechend werden auch in der forstlichen Förderung nur Aufforstungsprojekte unterstützt, bei denen auch geeignetes Vermehrungsgut verwendet wird. Doch hier beginnen leider häufig die Probleme: Pflanzen und Saatgut von geeigneten Herkünften sind oft nicht verfügbar und es muss oft auf Material aus dem Ausland zurückgegriffen werden. Dies entspricht meist weder einer nachhaltigen Waldwirtschaft noch den Förderrichtlinien.

Saatguterntebeständen und Samenplantagen

Forstliches Saatgut der Hauptbaumarten kommt aus zwei möglichen Quellen: Saatguterntebeständen und Samenplantagen. Samenplantagen von Waldbäumen wurden seit Ende der 1950er Jahre in Österreich besonders von den Österreichischen Bundesforsten angelegt, um stets ausreichend qualitativ hochwertiges Saatgut von ausgewählten Bäumen (Klonen) für den eigenen Betrieb zur Verfügung zu haben.

Später im Zuge der Waldsterbensdebatte Ende der 1980er Jahre wurde vom Bundesforschungszentrum für Wald (der damaligen Forstlichen Bundesversuchsanstalt) begonnen, sogenannte Generhaltungsplantagen einzurichten, deren Ziel primär die Erhaltung der genetischen Vielfalt war. Diese Plantagen liefern heute Saatgut besonders von den selteneren Baumarten, von denen es keine ausreichend großen natürlichen Bestände mehr gibt. Für diese seltenen Baumarten sind die Plantagen besonders wichtig, um ihre genetische Vielfalt zu erhalten.

Nur wenige Bestände beerntet

Es wurde auch eine Reihe von Saatgutplantagen der Hauptbaumarten angelegt, allerdings können und sollen diese allein den Bedarf an forstlichem Saatgut nicht decken. Die Beerntung von Saatguterntebeständen darf daher nicht aus dem Auge verloren werden, da diesen der Vorzug gegeben werden soll, um die Wälder in Österreich künftig möglichst vielfältig und anpassungsfähig zu erhalten.

Leider werden derzeit nur relativ wenige Saatgutbestände beerntet. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass gute Samenjahre bei einigen Baumarten wie Fichte und Buche selten geworden sind, andererseits ist vielen Betrieben offenbar auch der Aufwand zu hoch, eine Beerntung zu organisieren. Häufig ist die Personalsituation so angespannt, dass neben dem Hauptgeschäft keine Zeit bleibt, um sich mit der Gewinnung von eigenem Saatgut im Betrieb zu beschäftigen.

Jeder Forstwirtin und jedem Waldbesitzer mit Weitblick sollte es aber ein Anliegen sein, die Eigenschaften seiner schönsten Bestände auch für die folgenden Generationen zu erhalten.

Abstimmung mit Baumschulen

Künftig wäre es sicher sinnvoll, wenn sich Betriebe und Baumschulen besser koordinieren würden: So könnten lokale Engpässe beim Saatgut vermieden und Synergieeffekte (Erntekosten, Zeitaufwand) genutzt werden.

Damit qualitativ hochwertige Mutterbäume öfter als einmal beernet werden können, ist stets der Lebendbeerntung (=Stehendbeerntung, siehe Abbildung 3) der Vorzug zu geben. Dabei sind natürlich aber auch die Erntekosten (Baumsteiger) erheblich höher als bei einer Liegendbeerntung im Zuge einer Nutzung.

Bei der Beerntung in Saatguterntebeständen sind einige Grundregeln zu befolgen: Je nach Art sollte eine bestimmte Mindestanzahl von Bäumen beerntet werden, die möglichst weit voneinander entfernt stehen sollten, wobei letzteres besonders für die schwerfrüchtigen Arten wie Eiche und Buche gilt. Entsprechend dem Ernteaufwand können auch Förderungen beantragt werden, Auskünfte dazu gibt die zuständige Forstbehörde.

Regionale Saatguterntebestände

Um eine möglichst hohe genetische Vielfalt zu erreichen, ist es sinnvoller, regional mehr Saatguterntebestände zu beernten als in einem Bestand eine sehr hohe Anzahl an Mutterbäumen. Das Bundesamt für Wald erteilt den Erntebestände die Zulassung: Grundlage sind die ausreichende Qualität und Stabilität des Bestandes. Für "ausgewähltes Vermehrungsgut" müssen bei den Hauptbaumarten 20 Mutterbäume beerntet werden, bei den Nebenbaumarten reichen zehn. Weitere Details sind der Homepage des Bundesamtes für Wald zu entnehmen.

Richtige Mischung entscheidend

Eine hohe Anzahl von Bestandesbeerntungen ist daher wünschenswert und wichtig, um Österreichs Wald in seiner ganzen Vielfalt für künftige Generationen zu erhalten. Ähnlich wie in vielen anderen Bereichen des Lebens kommt es auch im Wald auf die gesunde Mischung der Komponenten an: Baumartenmischung, aber auch die Verwendung von standörtlich angepasstem Vermehrungsgut aus unterschiedlichen Bestandesbeerntungen anstatt des alleinigen Einsatzes einer bestimmten Plantagenherkunft garantieren langfristig Strukturvielfalt und Ertragsfähigkeit.