In den letzten Jahrzehnten hat sich durch umfangreiche Forschungstätigkeit zur Eiche im Bereich der Genetik viel Expertise angesammelt. Dieses Wissen trägt aktiv zur Optimierung der Waldbewirtschaftung dieser Baumarten bei.

Die Verbesserung der Artidentifizierung einzelner Eichenarten, langfristige Herkunftsversuche, Eichenselektion für die Anlage zweier Stieleichenplantagen, Testen der Trockenheitstoleranz sind nur einige der Beispiele, wo die Genetik „mitmischt“, ihren Beitrag leistet und, erweitert um neue Forschungsmethoden wie Genomik, Transkriptomik, Metabolomik, auch weiterhin für die Praktikerinnen und Praktiker von großem Nutzen sein wird.

Einen Vogel erkennt man an seinen Federn - und eine Eiche? An ihrer DNA!

Artengrenzen bei Eichen sind notorisch unscharf und ihre taxonomische Komplexität, die sich auf die nicht eindeutige Artendifferenzierung bezieht, fordert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit Jahrzehnten heraus. Die Verschwommenheit der Artengrenzen wird im Prinzip durch zwei Prozesse verursacht; die Hybridisierung und Introgression, die einen Transfer (Beimischung) von Genen einer Art in den Genbestand einer anderen Eichenart durch wiederholte Kreuzung bedeutet. Beide Prozesse sind weit verbreitet und von  Bedeutung für die Evolution und Diversifizierung nicht nur im Pflanzenreich. Es ist beeindruckend, dass schätzungsweise 70 % der bedecktsamigen Blütenpflanzen (Angiospermen), zu denen auch die Eichen gehören, durch Hybridisierung entstanden sind.

Hybridisierung findet zwischen allen europäischen Weißeichenarten (Stiel­eiche, Traubeneiche, Flaumeiche etc.) statt. Somit besteht auch weiterhin ein Bedarf an leistungsfähigen diagnostischen Merkmalen und Markern für ihre Artbestimmung. Dafür wurden klassischerweise Blattmorphologie und molekulare Verfahren verwendet. Praktikerinnen und Praktiker haben mittelweile auch erkannt, dass allein auf der Morphologie basierende Artenzuordnungsansätze nicht ausreichen, da sie die umweltabhängige Entwicklung der Merkmale nicht berücksichtigen und bei der Bestimmung von Rückkreuzungen sehr schnell an ihre Grenzen stoßen.

Außerdem ist das Vorhandensein der Blätter saisonabhängig, und daher stehen Blattmerkmale nicht zu jeder Zeit für eine Artbestimmung zur Verfügung. Dafür werden zurzeit 18 molekulare Marker (nukleare Mikrosatelliten) standardmäßig in der Praxis verwendet, um Stiel- und Traubeneiche zu unterscheiden. Fortschritte bei molekularen Verfahren wie Next-Generation-Sequencing (NGS), DNA-Barcoding und Einzelnukleotid-Poly­morphismen (SNP) steigern die Bedeutung molekularer Marker für die Artenabgrenzung.

In der Schweiz wurde vor kurzem ein Set aus 58 SNP-Markern entwickelt und an mitteleuropäischen Eichenmischbeständen getestet. Dieses Markerset konnte mit der bisher höchsten Präzision in der Artenbestimmung punkten, muss allerdings noch in der Praxis ausführlich getestet werden. Ständig sinkende Genotypisierungspreise und das steigende Interesse seitens der Praktikerinnen und Praktiker lassen hoffen, dass dieses Set in einer reduzierten Form (<30 SNPs) für die Erkennung reiner Individuen bald auch für die Praxis zugänglich sein wird.

Der Dauertest der heimischen Eichen feiert 15 Jahre

Unter der Leitung des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) und im Rahmen des Projektes ProEiche wurde ab 2006 ein Eichenherkunftsversuch angelegt, in dem mittlerweile seit 15 Jahren 22 ausgesuchte Top-Herkünfte der Eiche (16 von der Stieleiche, sechs von der Traubeneiche) aus Österreich und angrenzenden Ländern an fünf Standorten in Österreich wachsen (sh. auch BFW-Dokumentation 13/2010).

BFW-Dokumentation 13 / 2010

Schüler S., Weißenbacher L. (2010): Herkunftsversuche mit Stiel- und Traubeneiche aus Österreich und angrenzenden Ländern.

Bestellung und PDF siehe BFW-Webshop

Die Jungbäume sind Nachkommen ausgewählter Mutterbäume aus Saatgut­­erntebeständen, von denen es aktuell in Österreich 111 von der Stieleiche und 91 von der Traubeneiche gibt. Die Herkunftsversuche wurden primär für die Erfassung der phänotypischen (erscheinungsbildbezogenen) Variation und Stabilität dieser Merkmale innerhalb und zwischen den Herkünften und die Prüfung der Anbaueignung der Eichen auf verschiedenen Standorten angelegt. Nach zehnjährigen Untersuchungen zu Wuchsleistung, Form und Stabilität  haben sich vor allem drei österreichische Herkünfte besonders bewährt:

•     die zwei sogenannten „Allrounder-Herkünfte“ Linz (Oberösterreich),

•     die Herkunft Klagenfurt (Kärnten) und

•     die „Wüchsige“, die Herkunft Luising (Burgenland).

Bestimmte Herkünfte könnten aber auch lokal bestimmte Vorteile aufweisen, wie etwa die „unberechenbare“ spättreibende Slawonische Stieleiche (Abbildung 1). Ob die voranstehenden Messungen und Evaluierung von über 33.000 Eichen im Herbst 2021 an allen fünf Standorten die erstklassige Qualität der österreichischen Herkünfte auch im Alter von 15 Jahren bestätigen, wird sich erst herausstellen.

 

Nachfrage deutlich größer als Angebot

Trotz der großen Anzahl von Saatgutbeständen und der Existenz einer Trauben­eichenplantage in Oggau am Neusiedler am See (Bezirk Eisenstadt Umgebung, Burgenland) und zweier Stieleichenplantagen in Feldkirchen (Kärnten) und Donnerskirchen (Burgenland) übersteigt die Nachfrage nach Eichenpflanzgut am Markt das Angebot um das Doppelte.

Abgesehen davon, dass es im Allge­meinen zu wenig Eichenpflanzgut auf dem Markt gibt, wurden die ent­sprechenden Saatguterntebestände (Linz, Klagenfurt oder Luising) selten beerntet oder im Verkauf angeboten. Importe aus dem Ausland federn den Mangel an heimischem Pflanzgut und die erhöhte Nachfrage ab, insbesondere bei der Trauben­eiche (Abbildung 2).

Die Bereitstellung von heimischem Vermehrungsgut für die forstliche Praxis soll mit der Anlage von zwei neuen Klonplantagen der Stieleiche in Zukunft verbessert werden. Als Ausgangsmaterial dienen hier die aktuellen Eichenher­kunfts­versuche, deren Bedeutung also nicht nur in der Weiterentwicklung der Herkunftsempfehlungen liegt.

Mit Hilfe moderner Auswertemethoden der Züchtung konnten bereits aus den Wuchs­daten der jungen Bäume und der zugrundeliegenden Familienstruktur in zwei Herkunftsversuchen (Wels und Weyerburg) die jeweils 50 besten für den jeweiligen Versuchsstandort geeigneten  Individuen identifiziert, beerntet und in mehreren Kopien veredelt werden (Abbildung 3). Diese sollen 2022 als Klonsamenplantagen, eine in Kärnten und die zweite im pannonischen Teil des Burgenlandes, angelegt werden.

Quo vadis Quercus in den nächsten fünf Jahren?

In Österreich zählen die Eichen zu den Baumarten, die als Gewinner des Klimawandels bezeichnet werden. Insbesondere die Stieleiche soll angesichts der zukünftigen globalen Erwärmung hö̈here Wachstumsraten erzielen und durch ihre verstärkte Aufforstung das Wirtschaftsrisiko fü̈r die Forstbetriebe verringern.

Die gestiegene Nachfrage der heimischen Forstwirtschaft nach Eichen spiegelt sich nicht nur im erhöhten Bedarf an Pflanzmaterial (z.B. zur Aufforstung nach Borkenkäferkalamitäten), aber auch in der Intensivierung der Forschung zu diesen Baumarten wider. In den nächsten fünf Jahren werden neue Erkenntnisse zur Genetik weiterer Eichenarten (u.a. Zerreiche, Flaumeiche, Ungarische Eiche, Roteiche) und weiterer Kleinarten und Hybriden erfasst, um das Potential dieser Taxa im Klimawandel abschätzen zu können.

Weiters werden die Stieleiche und die Traubeneiche sowie ihre genetische Variation und Reaktion auf Trockenstress am Waldstandort, aber auch unter kontrollierten Bedingungen untersucht, um unser Verständnis zum Einfluss der Genetik auf die Trockentoleranz zu vertiefen. Dies sind nur einige Beispiele an Fragestellungen, die derzeit in den laufenden Projekten am BFW in Kooperation mit nationalen und internationalen Kooperationspartnern erforscht und deren Ergebnisse der Praxis laufend bereitgestellt werden. Finanziert wird diese Forschung von Bund, Ländern und der Europäischen Union (VOLE) sowie dem seit diesem Jahr aktiven Waldfonds des BMLRT.