Bisher wurden für den Feldahorn keine Saatguterntebestände ausgewählt, da die Baumart nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) unterliegt. Das angebotene Pflanzenmaterial kann aus unbekannten Quellen stammen mit der Gefahr, dass bei der Beerntung nicht auf die üblichen Qualitäts- und Vitalitätsmerkmale sowie eine ausreichende Anzahl der beernteten Bäume geachtet wurde.

Die Verwendung von geeignetem Vermehrungsgut ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherung von erhaltungswürdigen Genressourcen. Durch die Festlegung von Saatgutbeständen analog zu den Baumarten, die dem Forstvermehrungsgutgesetz unterliegen, wird die Erntebasis für den Feldahorn verbessert. Die Versorgung der Waldbesitzer mit geeignetem forstlichen Vermehrungsgut seltener heimischer Baumarten für künstliche Verjüngungsmaßnahmen ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Einbringung dieser Baumarten.  Das Projekt P34 "Erarbeitung von Herkunftsempfehlungen und Verbesserung der Erntebasis für Feldahorn, Flatterulme, Speierling und Eibe in Bayern auf genetischer Grundlage" hat das Ziel, die Versorgung mit geeignetem forstlichem Vermehrungsgut bei diesen Baumarten sicherzustellen und die Erhaltung der forstlichen Genressourcen zu fördern.

Der Feldahorn

Der Feldahorn (Acer campestre L.) gilt als Halbschattbaumart, die in der Jugend mehr Beschattung erträgt als in höherem Alter. In den kühleren Sommerregionen in Bayern kommt er deshalb hauptsächlich an Waldrändern vor und ist wegen des höheren Wasserangebots den Hauptbaumarten unterlegen. Acer campestre besitzt eine gute Regenerationsfähigkeit nach Schnitt oder Verbiss und bleibt meist streng monopodial im Wuchs. Er kann bis zu 27 m hoch und 150 bis 200 Jahre alt werden. Bei entsprechender Pflege des Feldahorns erreicht er auch gute Dimensionen bis 60 cm BHD.

Kartierung der Vorkommen in Bayern

Beim Feldahorn gab es 264 Fundorte aus dem bundesweiten Projekt mit mehr als fünf Bäumen. Daraus wurden 71 Vorkommen vor Ort besichtigt und nach folgenden Kriterien bewertet:

  • hohe Stammzahlen
  • hohe Vitalität und ausreichend Fruktifikation (Alter, Dimension)
  • gute bis sehr gute Qualität
  • autochthon oder bekannten Ursprungs
  • für die Verbreitung in Bayern repräsentative Bestände

Gründe für eine Ablehnung eines Vorkommens waren meist eine zu geringe Individuenzahl oder Flächengröße. Weitere Ausschlussgründe waren ein zu geringes Alter, zu geringe Dimensionen, eine unterdurchschnittliche Qualität und eine unbekannte Herkunft. Aus den 71 Vorkommen wurden 20 Bestände genetisch beprobt (Abb.2, Abb. 3).

Zu den natürlich vorkommenden Beständen konnte auch eine bayerische Samenplantage bei Lehmbach beprobt werden. Die genetische Ausstattung (v. a. Vielfalt und Diversität) von Feldahornen, die man vor 15 Jahren als Plusbäume ausgesucht, als Klone vermehrt und als Samenplantage (2006) angelegt hat, wurde mit den Feldahornvorkommen in Bayern verglichen. Wälder, in denen der Feldahorn mit Anteilen von 5 bis 20 % auch im Bestandsinneren vorkommt, befinden sich im Norden von Bayern. Vor allem die Mittelwaldbewirtschaftung begünstigte den Feldahorn. Auf Standorten, wo die Trockenheit zunimmt, kann er seine ganze Konkurrenzkraft ausspielen und erreicht Baumhöhen über 20 m und Durchmesser über 40 cm. Es gibt Bestände, in denen seit Mitte der 1980er-Jahre auch der Feldahorn in der Pflege berücksichtigt wurde (z. B. Vorkommen-Nr. 2, 4, 6, 9).

Entlang einer Linie südlich von Nürnberg findet man größere Vorkommen nur noch an Waldrändern (Nr. 15, 16, 17, 19, 20). Hier findet eine Pflege zugunsten des Feldahorns nur selten statt. Er wird durch seinen Wärme- und Lichtbedarf und wegen des besseren Wasserangebots von den konkurrenzstärkeren Hauptbaumarten wie Buche und Fichte an den Waldrand gedrängt. Südlich der Donau taucht der Feldahorn nur noch einzeln oder truppweise am Waldrand auf.

Für die Auswahl geeigneter Vorkommen ist eine Bestimmung der genetischen Variation notwendig. Die durchgeführten Laboranalysen in Bayern zeigen bei den untersuchten Populationen eine geringe Schwankung der genetischen Variation untereinander. Die gesamtdeutsche Studie, basierend auf 12 Populationen, zeigte große Unterschiede zwischen den Populationen in Hinblick auf die genetische Diversität.

Genetische Variation

Die Samenplantage in Lehmbach liegt bei den meisten genetischen Diversitätsparametern leicht über den Durchschnittswerten der Bestände.

Bestände, mit einem überdurchschnittlichen Ne-Wert (über 2,9) sollten bevorzugt beerntet werden (in Abb. 2 grün markiert). Bestände mit Werten unter 2,5 sollten für eine Saatguternte nicht in Betracht gezogen werden. In Verbindung mit einer hohen allelischen Vielfalt und unter Berücksichtigung besonderer Vorgehensweisen könnten sie dennoch in die Nutzung miteinbezogen werden:

  • Saatgutgewinnung bei möglichst vielen Bäumen
  • durch Pflegemaßnahmen das Blühen der Bäume fördern
  • genügend Abstand von 20 bis 30 m zwischen den Erntebäumen oder Baumgruppen
  • gleichmäßige Verteilung der Erntebäume über den Bestand

Abgrenzung von Herkunftsgebieten

Die vorhandene genetische Variabilität und Struktur von Populationen einer Art sind das Ergebnis von mikroevolutionären Prozessen: natürliche Selektion, Mutation, genetische Drifts und Genfluss. Einige Faktoren führen zum Verlust der genetischen Vielfalt (z. B. genetische Drifts), während andere sie erhöhen (z. B. Genfluss).

Die Gesamtverbreitung des Feldahorns in Europa ist kontinuierlich. Lokale Populationen variieren jedoch erheblich in Dichte und Größe. Daher ist ihre genetische Konnektivität oft gering. Das spiegelt sich auch in einer relativ hohen regionalen und überregionalen genetischen Differenzierung wider. Die Untersuchung der räumlich-genetischen Struktur ergab die optimale Anzahl an Clustern bei K=2 (Abb. 4.).

Studien zur genetischen Variation an mütterlich vererbten Chloroplastenmarkern über ganz Europa zeigen eine verhältnismäßig geringe genetische Variation. Einzelne Haplotypen dominieren dabei die Populationen. In Süddeutschland kommt es zur Vermischung von mehreren Haplotypen und damit zu einer vergleichsweise hohen genetischen Vielfalt. Ein ähnliches Bild war in den untersuchten bayerischen Feldahornbeständen zu finden. So wurden anhand des Markers ccmp6 insgesamt drei verschiedene Haplotypen gefunden (Abb. 5). Dabei überwiegen zwei Haplotypen (rot und blau), die, teilweise gemischt und teilweise einzeln in den Beständen auftretend, zufällig über das Untersuchungsgebiet verteilt sind. Bei einer Population (3-Klosterlangheim) kommt noch ein zusätzlicher Haplotyp (grün) vor.  Bei Betrachtung der Ergebnisse aus beiden Markertypen kann für Bayern keine räumlich genetische Struktur abgeleitet werden. Daher wird für Bayern ein Herkunftsgebiet vorgeschlagen.

Erhaltungsbestände und -plantagen

Erhaltungsmaßnahmen bei Waldbäumen sollten sich auf die Erhaltung der genetischen Variation innerhalb der Art konzentrieren, aber auch die Einzigartigkeit des bestehenden Genpools berücksichtigen. Die genetische Variabilität einer Art spiegelt ihr adaptives Evolutionspotenzial wider und ermöglicht ihr, sich an unterschiedliche Umweltbedingungen anzupassen. Die Pollenausbreitung und damit ein Teil des Genflusses erfolgen beim Feldahorn überwiegend durch Insekten. Windbestäubung und Selbstbefruchtung sind hingegen nur in geringerem Maße beteiligt. Die Insektenbestäubung kann lokal begrenzt sein. Durch den Rückgang von geeigneten Lebensräumen wurde das natürliche Verbreitungsgebiet des Feldahorns stark fragmentiert und damit der Genfluss eingeschränkt.

Die allelische Vielfalt wird als wichtigster Maßstab für die Erhaltung forstlicher Genressourcen herangezogen und wird hier in drei Kategorien eingeteilt. Dabei werden Feldahornpopulationen mit einem Ar-Wert über 5,9 als besonders geeignet bewertet (5-Euerbach, 10-Kitzingen, 11-Iphofen, 12-Limpurger Forst, 15-Pilsach). Um diese wertvollen Populationen zu sichern, sollte die Verjüngung nur mit dem bestandseigenen Vermehrungsgut vorgenommen werden. Bei der zweiten Kategorie (Ar zwischen 5,3 und 5,9), die ebenfalls erhaltungswürdig ist, sollte das gleiche Vorgehen angewandt werden. Bei Populationen, die an der unteren Grenze liegen, kann über eine Anreicherung aus diesen höherwertigen Beständen nachgedacht werden. Populationen, die unter dem Grenzwert liegen (Ar unter 5,3), werden für die Erhaltung forstlicher Genressourcen nicht berücksichtigt. Neben den genetischen Vielfaltsparametern ist der Genfluss zwischen den Populationen besonders wichtig. Aus diesem Grund sollte langfristig über die Etablierung von Trittsteinpopulationen nachgedacht werden. Bei den Ex-situ-Maßnahmen sollte die vorhandene Samenplantage erweitert oder eine zusätzliche Erhaltungssamenplantage aufgebaut werden. Diese kann gleichzeitig zur Produktion von qualitativ hochwertigem Vermehrungsgut genutzt werden.

Ausblick

Der Feldahorn gehört zu den möglichen Ersatzbaumarten, die eine positive Prognose unter den zu erwartenden Klimabedingungen aufweisen. Um eine zukünftige Verwendung zu ermöglichen, wurden unterschiedliche Vorkommen phänotypisch bewertet und genetisch charakterisiert. Insgesamt wurden 20 Feldahornpopulationen in Bayern genotypisiert. Die beobachtete genetische Differenzierung zwischen diesen Populationen war gering und es wurde kein geografisches Muster gefunden. Die Rückwanderung der Baumart nach der letzten Eiszeit deutet auf eine Vermischung von unterschiedlichen Linien in Süddeutschland hin.

Die genetische Vielfalt unterscheidet sich zwischen den untersuchten bayerischen Vorkommen vergleichsweise wenig. Dennoch sollten einige Vorkommen mit geringerer genetischer Diversität von der Beerntung und von Erhaltungsmaßnahmen ausgenommen werden. Insgesamt können 15 Bestände als Generhaltungsbestände und 16 Bestände zur Saatguternte empfohlen werden. Durch die Beerntung möglichst vieler Bäume mit genügend Abstand zueinander und gleichmäßiger Verteilung über den Bestand kann die genetische Vielfalt im Saatgut erhöht werden. Dies sollte zwingend für Bestände im unteren Bereich der genetischen Vielfalt berücksichtigt werden.

Für die zukünftige Verwendung des Feldahorns bei Waldumbaumaßnahmen sollten die vorhandene Samenplantage und die genetisch vielfältigsten Bestände vorwiegend beerntet werden. Die vorgeschlagenen Erntebestände sollen in Anlehnung an die FoVG-Baumarten in das bayerische Erntezulassungsregister (EZR) aufgenommen werden. Zu den bereits vorhandenen Populationen wird die Erweiterung der bestehenden und der Aufbau einer neuen Samenplantage forciert. Dafür wurden bereits 30 mögliche Plusbäume ausgewählt und dokumentiert. Für die Anlage einer Samenplantage sollten mindestens weitere 50 Plusbäume ausgewählt werden. Das produzierte Pflanzmaterial aus den Erntebeständen kann neben der forstlichen Verwendung als gebietseigenes Pflanzmaterial Verwendung finden. Bei Pflanzungen in der freien Landschaft, also außerhalb des Waldes, darf nach §40 BNatSchG ausschließlich gebietseigenes Pflanzmaterial ausgebracht werden.