Die Hainbuche hat ein großes natürliches Verbreitungsgebiet in Mitteleuropa, von den Pyrenäen über einen südöstlichen Teil von England nach Dänemark und Südschweden, wo sie ihren nördlichsten Arealpunkt erreicht. Im Osten verläuft ihre Grenze durch Litauen, die Ukraine und Bulgarien bis ans Schwarze Meer, wobei sie aber südliche und westliche Teile der Ukraine bzw. Rumäniens ausspart. Sie kommt im Kaukasus und im Elbrus-Gebirge sowie in der nördlichen Türkei entlang der Schwarzmeerküste vor. Im Elbrus-Gebirge steigt die Hainbuche sogar bis auf 2.300 m ü. NN. Die südliche Grenze bilden das nördliche Griechenland und der Süden Italiens.
In Bayern kommt sie fast flächendeckend vor, die höchsten Populationsdichten ihrer Verbreitung erreicht sie im Spessart-Odenwald, auf der Fränkischen Platte, im Fränkischen Keuper und Jura sowie in den wassergeprägten Lagen des Tertiären Hügellandes und der Schotterplatten- und Altmoränenlandschaft. Sie besitzt eine sehr weite Standortamplitude, fehlt aber in den höheren Lagen der Alpen und der ostbayerischen Mittelgebirge. In den Alpen steigt die Hainbuche bis auf 1.100 m ü. NN und im Bayerischen Wald bis auf 700 m ü. NN.
Die Hainbuche erreicht Baumhöhen von 28 m (Boratynski berichtet von 32 m im polnischen Nationalpark Bialowieza und von 35 m im Kaukasus bei ca. 100 cm Brusthöhendurchmesser). Sehr häufig tritt ein unregelmäßiger Verlauf des Stammquerschnitts auf: die sogenannte Spannrückigkeit.
Die Hainbuche ist vor allem eine wichtige Nebenbaumart, die wegen ihrer Schattenerträglichkeit, Wärme- und Trockenheitstoleranz und bodenverbessernden Eigenschaften gerne zur Eiche begründet wird. Ihre Wuchsleistungen bleiben hinter denen der Rotbuche und der Eiche zurück. Sie kann aber durchaus 150 bis 300 Jahre alt werden.
Sie ist eine Baumart des subatlantischen bis subkontinentalen Klimabereichs, die ein sommerwarmes Klima bevorzugt. Im Winter erträgt sie an ihrer nördlichen und östlichen Grenze der Verbreitung Temperaturen bis -30 °C. Im Vergleich zur Buche erträgt sie etwas höhere Temperaturen von Juni bis August und bevorzugt eine stärkere kontinentale Tönung.
Die Hainbuche ist eine der wichtigsten Komponenten des Eichen-Linden-Hainbuchenwalds, sei es als Nebenbaumart oder in der herrschenden Schicht. Des Weiteren ist sie in vielen artenreichen Laubwald- oder Nadel-/ Laubwaldgesellschaften vertreten.
Das Projekts AcCarTi
Das Ziel des Projekts AcCarTi war es, die Herkunftsempfehlungen und Herkunftsgebiete für die Baumarten Spitzahorn (Acer platanoides), Hainbuche (Carpinus betulus) und Sommerlinde (Tilia platyphyllos Scop.) auf genetischer Grundlage zu überarbeiten, um die Erntebasis zur Deckung des zukünftigen Bedarfs an Vermehrungsgut zu verbessern. Bei den ausgewiesenen Saatguterntebeständen ist eine deutliche räumliche Gruppierung zu erkennen: Im Norden, im Schwerpunkt der natürlichen Verbreitung, liegen auch die meisten Erntebestände.
Für die Hainbuche gibt es in Bayern 39 zugelassene Erntebestände (Stand Dezember 2021), von denen nur der Bestand 1-Lautertal im Herkunftsgebiet (HKG) “03 - Südostdeutsches Hügel- und Bergland” liegt. Alle anderen Bestände liegen im HKG "04 - West- und Süddeutsches Bergland sowie Alpen und Alpenvorland". Von diesen wurden 37 Bestände begangen und bewertet. Neben den 12 beprobten Beständen aus dem HKG 04 konnte auch der einzige Bestand aus dem HKG 03 (1-Lautertal) beprobt werden. Für die Baumart Carpinus betulus sind nach Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) ein Mindestalter von 50 Jahren und eine Mindestbaumzahl von 20 Bäumen vorgegeben, wovon 10 Bäume beerntbar sein sollen. Unter den beprobten Erntebeständen befanden sich zwei DKV-Sonderherkünfte: 17-Elchingen (Egaualb) und 18-Finningen (Riesalb).
In bestimmten Wuchsbezirken (WB), in denen keine oder wenige Ernteeinheiten liegen, konnten neue Vorkommen gefunden und beprobt werden, wie z. B. Wuchsgebiet (WG) 5 Fränkischer Keuper und Albvorland: Hier konnte in Vorkommensgebieten ohne Erntebestände die Erntebasis bei der Hainbuche verbessert werden. Leider gibt es im ostbayerischen Bereich (HKG 03) noch eine unzureichende Ausstattung an Erntebeständen. Für eine mögliche Anlage einer ersten Samenplantage in Bayern konnten vorerst 77 Plusbäume ausgewählt werden (Tab. 1).
Bei der Hainbuche wurden Blattproben gewonnen und in einem Labor in der Schweiz analysiert. Aufgrund der zahlreich vorhandenen Individuen konnte die Probenzahl von 50 Bäumen immer erreicht werden. Nach folgenden Kriterien wurden Bestände gesucht, ausgewählt und beprobt:
- Mindestens 50 Bäume, davon mindestens 10 für die Saatguternte geeignet
- mindestens BHD > 20 cm oder Blühreife
- gute Vitalität und mittlere/gute Qualität
- Abstand zu schlecht veranlagten Beständen mind. 400 m
- die Vorkommen sollten autochthon oder bekannten Ursprungs sein
In den Jahren 2021 und 2022 zeigten die untersuchten Vorkommen keine ausgeprägten Merkmale einer nachlassenden Vitalität durch Trockenheit, Insekten oder Pilzschäden oder hohen Temperaturen. Bei der Rotbuche hingegen waren des Öfteren entsprechende Symptome zu erkennen, v. a. in Regionen, in denen auch in den Jahren zuvor Absterbeerscheinungen aufgetreten sind.
Typische Bestände v. a. in Ober- und Unterfranken waren Eichen-Hainbuchenbestände mit Mischbaumarten von Ahorn, Linde, Buche, Elsbeere, Kirsche, Esche oder auch gepflanztem Nadelholz. In diesen Beständen hatte die Hainbuche überwiegend eine dienende Funktion zur Schaft- und Bodenpflege. Durch eine zunehmende Orientierung in der Pflege hin zu trockentoleranten Mischbaumarten wurden gute Individuen immer wieder begünstigt und gefördert. Im Ergebnis konnten diese Bäume in die Oberschicht mitwachsen. Die qualitativ gut veranlagten Stämme konnten auch an Dimension zulegen. Dauerte diese Phase der Hainbuchenpflege schon eine längere Zeit an, gab es hier auch die besten Exemplare zu bewundern (Abb. 1).
In den allermeisten Fällen ist die Hainbuche einzeln bis truppweise beigemischt. Die Hainbuche kann sich in vielen Beständen sehr gut natürlich verjüngen. Eine erhöhte Verbissbelastung mit einer Präferenz für die Hainbuche war nicht zu erkennen. Auf schwierigeren Standorten mit einer stauenden Schicht wie z. B. auf Pseudogley findet die Hainbuche, meist zusammen mit der Eiche, auch noch ihre Anwendung, da sie die oberen Schichten intensiv durchwurzelt und sogar mit einigen wenigen Wurzeln in den stauenden Horizont eindringt.
Genetik
Begutachtung und Beprobung der Vorkommen
Um die genetischen Strukturen eines Vorkommens möglichst repräsentativ zu erfassen, wurde eine Stichprobe von 50 Bäumen pro Vorkommen für die genetische Untersuchung ausgewählt, die rasterförmig über das Vorkommen verteilt sind. Die relativ hohen Probenzahlen sind wichtig, um die genetischen Parameter (Struktur, Vielfalt und Diversität) richtig interpretieren zu können.
Ergebnisse der genetischen Analysen an Hainbuche
Die genetische Charakterisierung soll einen Überblick über die genetische Variabilität ermöglichen sowie räumlich-genetische Muster in Bayern aufzeigen. Daraus sollen Empfehlungen für Maßnahmen zur Erhaltung und Nutzung dieser Baumart abgeleitet werden. 15 neu entwickelte DNA-Marker wurden erstmals für eine populationsgenetische Untersuchung der Hainbuche in Bayern eingesetzt. Da die Hainbuche eine oktoploide (= einen achtfachen Chromosomensatz enthaltende) Baumart ist, ist die Bewertung ihrer genetischen Variation und Struktur nicht so einfach wie bei anderen, diploiden Baumarten wie z. B. der Sommerlinde.
Im Rahmen dieser Arbeit werden die ersten Ergebnisse der genetischen Variationsstudie der Hainbuche in Bayern vorgestellt. Die Anzahl der Allele (Na) schwankte zwischen 13,67 (Population 13-Puschendorf) und 16,13 (Population 20-Freilassing) mit einem Gesamtdurchschnitt von Na = 15,1. Die höchste Anzahl an privaten Allelen wurde in den Populationen 1-Lautertal, 6-Karlstadt, 7-Bamberg, 12-Riedenheim, 15-Kelheim, 20-Freilassing (Npriv = 4) beobachtet (Abb. 2).
Räumlich-genetische Strukturen
Zur Bestimmung möglicher Cluster bzw. Gruppierungen (K) zwischen den untersuchten Populationen wurden der modellbasierte Cluster-Algorithmus im Programm STRUCTURE und die empirische Statistik deltaK genutzt (implementiert im Programm CLUMPAK).
Durch das Programm wurde ein maximaler deltaK-Wert von rund 20,986 bei einem Gruppierungswert von 2 erreicht. Demnach können die 20 Populationen höchstwahrscheinlich in zwei Gruppen eingeteilt werden, jedoch ohne einen eindeutigen räumlichen Gradienten. Die nächste relevante Gruppierung wird bei einem deltaK = 8,524 und vier Clustern K = 4 definiert (Abb. 3).
Die Ergebnisse der genetischen Distanz wurden anhand des paarweisen genetischen Abstands basierend auf Jost berechnet. Die Populationen (1 bis 12) im Norden Bayerns scheinen sich untereinander kaum zu unterscheiden. Im Gegensatz dazu weisen die Populationen im Süden eine gewisse genetische Distanz auf. Besonders der paarweise genetische Abstand bei den Beständen 13 und 19 fällt dabei auf.
Folgerungen
Für den Klimawandel ist die Prognose der Hainbuche durchaus positiv. Durch die Erwärmung in höheren Lagen, wie z. B. im Bayerischen Wald, könnte sich eine Erweiterung des Areals ergeben. Aber auch in den trockenwarmen Gebieten in Bayern bleibt die Hainbuche eine relativ risikoarme Option. Sie wurde bisher hauptsächlich als dienende Baumart zur Schaftpflege verwendet. Die Hainbuche kommt mit einer Vielzahl unterschiedlicher Standorte zurecht. Wegen ihrer Schattenerträglichkeit, Sommerwärme- und Trockenheitstoleranz sowie ihrer bodenverbessernden Eigenschaften wird sie zunehmend als Alternativbaumart diskutiert. Durch die Erweiterung der Baumartenpalette kann das Risiko gestreut und auf mehrere Baumarten verteilt werden.
Im Rahmen des AcCarTi-Projekts wurden 20 Hainbuchen-Vorkommen für genetische Untersuchungen ausgewählt. Die im Auftrag des Thünen-Instituts und des AWG neu entwickelten 15 DNA-Marker wurden erstmals für eine populationsgenetische Untersuchung der Hainbuche in Bayern eingesetzt.
Da die Hainbuche eine oktoploide Baumart ist, ist die Bewertung ihrer genetischen Variation und Struktur nicht so einfach, daher werden hier erste Ergebnisse der genetischen Variationsstudie der Hainbuche in Bayern vorgestellt, die in weiteren bundesweiten Studien verwendet werden sollten.
Die Anzahl der Allele (Na) lag im Mittel bei 15 und schwankte nicht sehr stark. Private Allele waren ebenfalls recht gleichmäßig über Bayern verteilt. Diese Ergebnisse zur Hainbuche zeigen, dass die genetische Vielfalt aller beprobten Bestände recht hoch war und sowohl die bereits zugelassenen als auch die neu vorgeschlagenen Saatguterntebestände aus genetischer Sicht geeignet sind und als Erhaltungs- und Erntebestände genutzt werden können.
Die Analyse des paarweisen genetischen Abstands ergab geringe Distanzen zwischen den Populationen, wobei die Bestände im Norden einander ähnlicher sind. Die Bestände 13, 15, 16 und 19 wiesen eine höhere genetische Distanz zu mehreren untersuchten Beständen auf. Die Ergebnisse der Populationsdifferenzierung zeigten eine leichte Gruppierung in zwei Cluster, ohne eine eindeutige geografische Gliederung. Bei der Auswahl von Erhaltungsbeständen sollten diese Bestände berücksichtigt werden.
Für eine detailliertere DNA-basierte Bewertung wäre es jedoch sinnvoll, mehr Hainbuchenpopulationen in ganz Deutschland zu beproben und die genetische Vielfalt und Struktur in einem größeren Bereich zu vergleichen. Diese umfassendere Studie über die Hainbuche wird derzeit in Zusammenarbeit mit dem Thünen-Institut durchgeführt.
Auf einen Blick
- Im Rahmen des Projekts AcCarTi wurden 20 Bestände der Hainbuche in Bayern genetisch untersucht
- Für die genetischen Analysen werden 15 neu entwickelte Kernmikrosatellitenmarker verwendet
- Erste Ergebnisse zu genetischen Vielfaltsparametern sowie die räumlichgenetische Struktur zwischen den zugelassenen und neuen Erntebeständen werden dargestellt
- Ernte- und Erhaltungsbestände werden für Bayern empfohlen
Die Förderung des Projektes erfolgt durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELFT) über das Kuratorium für forstliche Forschung.