Die Fichte, als Brotbaum der österreichischen Waldwirtschaft, hat in den letzten Jahren öfter für Schlagzeilen gesorgt. Borkenkäfer, Stürme und Co. machen ihr massiv zu schaffen. Sind das nur kurzfristige und relativ kleinflächige Probleme oder doch die Vorboten der Klimaänderung, die den Platz für die Fichte in Österreichs Wald massiv einschränken wird?

Die Fichte ist nach wie vor die vorherrschende und am weitesten verbreitete Baumart in Österreichs Wald. Die Zahlen der Österreichischen Waldinventur (ÖWI) bestätigen allerdings, dass die Fichte im Ertragswald an Boden verliert. Seit Beginn der 90er Jahre hat der Flächenanteil der Fichte von 55,7 % (ÖWI 1992/96) kontinuierlich auf 49,2 % (ÖWI 2016/18) abgenommen. Ein Trend, der nicht nur auf Tieflagenstandorte beschränkt ist, sondern über alle Höhenstufen ein sehr ähnliches Bild zeigt.

Trotz rückläufiger Fichtenfläche nimmt der Vorrat der Fichte im gleichen Zeitraum um ca. 100 Mio. Vorratsfestmeter (Vfm) zu (Abbildung 1), der jährliche Gesamtzuwachs der Fichte bewegt sich seit der Jahrtausendwende bei ca. 20 Mio. Vfm. Die aktuellen Zahlen der ÖWI 2016/18 stellen ein Zwischenergebnis der Erhebungsperiode 2016/21 dar und umfassen bislang die Hälfte aller Waldprobeflächen.

Der Anteil der Fichte am Gesamtzuwachs liegt aktuell bei zirka 65 %, am Gesamtvorrat bei rund 60 % (Abbildung 2).

Soviel zum Rückblick, jetzt schauen wir aber in die Zukunft. Hat die Fichte noch eine Chance?

Was ist eine Klimahülle?

In der globalen Klimafolgenforschung werden gerne zwei Szenarien verwendet: RCP 4.5 und RCP 8.5. Beide wurden für Österreich angewendet und die Daten sind für Modellierungen verfügbar. In der Grafik sieht man die unterschiedlichen Verläufe der Temperatur bis zum Jahr 2150, der Verlauf ab 2100 wurde extrapoliert.

RCP 4.5 (Abbildung 3, links) spiegelt eine relativ moderate Temperaturzunahme (+2,6 °C gegenüber dem vorindustriellen Wert) wider, wie sie bei global intensiven Klimaschutzmaßnahmen stattfinden könnte. Das zweite Szenario (RCP8.5, rechts) zeigt in etwa die Entwicklung ohne wirksame Klimaschutzmaßnahmen, wenn wir so weitermachen wie bisher (business as usual, +4,8 °C gegenüber dem vorindustriellen Wert).

Wenn wir nun die Wirkung von Klimaszenarien auf die Fichte beurteilen wollen, müssen wir uns ihre klimatische Verbreitung ansehen. Dafür eignen sich sogenannte Klimahüllen. Im einfachsten Fall haben sie nur zwei Achsen, die Jahresmitteltemperatur und den Jahresniederschlag.

Die Abbildung 4 zeigt, wo die Fichte in Österreich nach ÖWI ab 3/10 Grundflächenanteil vorkommt. Sie besiedelt den Temperaturbereich zwischen 2 und 10 Grad, die Niederschlagsamplitude beginnt bei 500 mm und endet bei 2400 mm (Abbildung 4a). Das Wuchsoptimum liegt dabei zwischen 7 und 10 Grad und rund zwischen 800 und 1200 mm Niederschlag.

Wo diese Fichtenstandorte mit dem Szenario RCP 8.5 im Jahr 2100 liegen würden, zeigt die Abbildung 4b. Rund 75 Prozent der Flächen haben dann Klimaverhältnisse, bei denen die Fichte derzeit nicht beobachtet wird. Er deckt aber auch zum Teil das optimale Wachstum ab, das wir dann vielleicht auf 1600 bis 1800 m Seehöhe erwarten könnten.

Solche einfachen Klimahüllen sind zum Modellieren praktisch, sie verwenden aber ausschließlich langfristige Mittelwerte. Die sind auch für das langfristige Vorkommen und Wachstum von Baumarten sehr wichtig. Darüber hinaus sind es aber die Extremwetterereignisse, welche der Fichte massiv zu schaffen machen. Diese können mit den hier angewendeten Methoden nicht erfasst werden.

Der Wald im Jahr 2150

Was wäre, wenn die Waldbewirtschaftung auf eine prognostizierte Klimaänderung mit Ersatz von Nadelholz durch Laubholz bei Endnutzung reagieren würde? Das BFW hat im Rahmen eines Projektes, in dem die Wirkungen der Klimaveränderungen und möglicher forstlicher Adaptierungsmaßnahmen auf Österreichs Forst- und Holzsektor untersucht werden, so ein Szenario durchgerechnet.

Derzeit ist das Verhältnis zwischen Nadel- und Laubholz in Österreichs Wald 80 zu 20 %. Im Jahr 2150 würde das mit 38 zu 62 % völlig umkehren. Dieses Szenario „Laub statt Nadel“ wurde bewusst so gewählt, natürlich ist aber der Ersatz von Nadel- durch Laubholz nicht die einzige Alternative.

Wie wird die Fichte wo wachsen?

Bei der Frage nach der Zukunft der Fichte geht es aber nicht nur um das zukünftige potentielle Vorkommen. Die Fichte ist auch wegen ihres raschen Wachstums für die Waldwirtschaft so wichtig. Wie wird sich das unter Klimaänderungen entwickeln?

Auch hier wird der Ansatz mit langfristigen Mittelwerten als Basis für das zukünftige Wachstum gewählt. Speziell untersucht hat das BFW hier die Veränderungen der Oberhöhenbonität.

Dafür wurden vereinfachte Klimaszenarien verwendet: Die Temperatur steigt in Österreich um 2,5 Grad Celsius im mo-deraten Szenario und um 5 Grad Celsius im "business as usual"-Szenario. Der Niederschlag wurde konstant gehalten. Die Österreichkarten (Abbildungen 5a und 5b) zeigen die Ergebnisse als Differenzen der Oberhöhenbonitäten zum aktuellen Wachstum.

In der Karte für das moderate Erwärmungsszenario findet man Verlust- und Gewinnlagen. In den Tieflagen betragen die Einbußen bis zu 12 m, im Mühl- und Waldviertel sowie in den Kalkalpen bis maximal 6 m Oberhöhe. Dem gegenüber steht das bessere Wachstum im alpinen Urgestein bzw. auf tiefgründigen Böden mit 4 m im Mittel.

Deutlicher sind die Unterschiede in der Karte mit 5 Grad Erwärmung ausgeprägt: Die Einbußen betragen bis zu 18 m, das Wachstum würde in den Verlustlagen rund halbiert werden. In den höheren Lagen der Alpen gibt es aber noch immer deutlich ausgeprägte Wachstumszunahmen.