Der Siegeszug der Kunststoffe in der waldbaulichen Praxis in den letzten Jahrzehnten ist unübersehbar. Vor allem Wuchshüllen haben mittlerweile eine breite Verwendung gefunden. Aber es gibt auch zahlreiche andere Produkte, die aus Kunststoffen bestehen oder in denen Kunststoffe enthalten sind. Dazu zählen beispielsweise Verbissschutzclips, Fegeschutzspiralen, Pflanztöpfe, Netze zur Bodenstabilisierung, aber auch Beimengungen in Pflanzsubstraten oder bei der Wurzelschutztauchung.

Unübersehbar – vor allem bei Wuchshüllen – ist aber auch, dass manche Praktiker im Wald sich nicht ausreichend um die sachgemäße Entsorgung der stummen Helferlein kümmern. Dabei ist die rechtliche Seite der Thematik eigentlich klar: Stoffe oder Gegenstände, die ihren Einsatzzweck (der Gesetzgeber spricht von der "ursprünglichen Zweckbestimmung") nicht mehr erfüllen, müssen sachgemäß entsorgt werden. Verrotten darf im Wald nur, was zuvor dort gewachsen ist.

Biobasiert, biologisch abbaubar und kompostierbar: Was heißt das?

Häufig wird darauf verwiesen, dass Kunststoffprodukte als "biobasiert" oder "vollkommen biologisch abbaubar" gekennzeichnet sind. Doch was verbirgt sich hinter den Begriffen? Wir versuchen, einen kurzen, aber keineswegs vollständigen Überblick zur Orientierung zu geben.

Beginnen wir zunächst mit den biobasierten Kunststoffen. Der Begriff bedeutet, dass die Grundstoffe, aus denen das Produkt hergestellt ist, aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sind und nicht auf Rohölbasis. Die Rohstoffe sind in der Regel Polylactid (PLA) oder PLA-Blends und damit synthetische Polyester auf Milchsäurebasis. Dies ist aus Gründen der Nachhaltigkeit zu begrüßen, sagt aber noch nichts über das Abbauverhalten der Stoffe im und auf dem Boden oder in Abfallentsorgungsanlagen aus.

Hierfür ist die biologische Abbaubarkeit entscheidend. Diese bezeichnet das Vermögen organischer Chemikalien, biologisch, also durch Lebewesen oder deren Enzyme zersetzt zu werden. Für die Prüfung der biologischen Abbaubarkeit gibt es Industrienormen. Diese definieren, unter welchen Bedingungen die Abbaubarkeit geprüft wird. Man muss also genau hinschauen, welchen Abbau eine DIN-Norm beschreibt, um beurteilen zu können, was mit einem Stoff bei Verbleib auf oder im Boden passiert.

Nehmen wir hierzu ein Beispiel: Häufig findet sich auf Forstprodukten und speziell auf Wuchshüllen die Angabe "kompostierbar nach DIN EN 13432". Die dabei angewandte europäische Prüfnorm untersucht die Kompostierung unter idealen Bedingungen einer industriellen Kompostieranlage (90 % Abbau innerhalb von 6 Monaten bei 58 ± 2 °C). Das sind jedoch Bedingungen, die im Wald niemals erreicht werden. Wie man sieht, erfolgt auch kein Nachweis des vollständigen Abbaus. Zertifizierungsnormen zum Abbauverhal­ten unter Waldbodenbedingungen gibt es derzeit nicht. Ganz praktisch gesprochen heißt das: Auch wenn eine Wuchshülle als "biobasiert und kompostierbar nach DIN EN 13432" bezeichnet wird, muss sie aus dem Wald gebracht und ordnungsgemäß entsorgt werden, wenn sie nicht mehr gebraucht wird oder nicht mehr wiederverwendet werden kann. Auskunft zur richtigen Entsorgung geben die örtlichen Abfallwirtschaftsbetriebe.

Abbau so bald wie möglich, so spät wie nötig

Das Bäumchen in der Hülle kann bereits bei einer Wuchshöhe von 1,5–2 m der Konkurrenzvegetation und dem Wildverbiss entwachsen sein. Da es aber im Treibhausklima der Hülle und dort vor Wind geschützt aufwuchs, hat es sich noch nicht stabilisiert. Baut man die Hülle nun bereits ab, so droht es, ohne deren stützende Wirkung umzukippen. Daher sollte man die Hülle und den Stützpfosten nun noch einige Jahre am Baum belassen, bis es sich als Reaktion auf die Windeinwirkung durch nachholendes Wurzel- und Dickenwachstum stabilisiert hat. Da aber der Abbau spätestens vor Beginn des Zerfalls in Mikroplastik erfolgen muss, sollte man, um nicht in Zeitnot zu geraten, dem Baum stets bestmögliches und damit wuchsbeschleunigendes Lichtangebot bieten.

Alternativlos über der Erde?

Kunststoffprodukte sind mittlerweile ohne Zweifel wichtige Helfer im praktischen Waldbau geworden. Doch trotzdem sollten wir uns Gedanken machen, wie wir ihre Verwendung auf das unbedingt Nötige beschränken können.

Gerade Wuchshüllen werden in der Praxis auch wegen ihrer Verbissschutzwirkung großflächig und in hohen Stückzahlen auf Kulturflächen eingesetzt. Dazu muss man wissen, dass Wuchshüllen nur bei kleinen Kulturflächen oder bei weiten Pflanzabständen von den Kosten her günstiger sind als Zäune. Zugleich schützen Zäune nicht nur die gepflanzten Bäume, sondern auch die zusätzlich ankommende Naturverjüngung. Dadurch kann häufig die Vielfalt an Mischbaumarten erhöht werden, die so entstehenden höheren Pflanzenzahlen können auch für die Qualitätsentwicklung der jungen Bäumchen hilfreich sein. Es lohnt sich also, zu kalkulieren und Kosten zu sparen und gleichzeitig Kunststoffe zu vermeiden. Hierzu gibt es Kalkulationshilfen, die eine Kostenabschätzung ermöglichen, in welchen Fällen Wuchshüllen und in welchen Fällen Zäune kostengünstiger sind. Die Abbau- und Entsorgungspflicht nach Ende der Verwendung gilt natürlich für Zäune ebenso.
 

Mancherorts sieht man Wuchshüllen unter dem Kronendach von Altbäumen oder im Schatten von Birken und krautigen Pflanzen. Allzu oft sterben dann die Bäumchen in den Hüllen wegen Lichtmangel ab. Unter solchen Bedingungen könnte man sich eine Wuchshülle also auch ganz sparen.

Darüber hinaus gibt es für zahlreiche Verwendungen von Kunststoffprodukten mittlerweile Alternativen direkt aus nachwachsenden Rohstoffen. Dies gilt insbesondere für den Bereich des Verbiss- und Fegeschutzes. Auch bei den Wuchshüllen sind mittlerweile verschiedene Produkte in der Erprobungsphase – und teilweise bereits am Markt erhältlich. Hier sind allerdings noch praktische Fragen vor allem zur Lichtdurchlässigkeit, zur Haltbarkeit und zum Wuchsverhalten der Pflanzen zu klären. Wir möchten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sowie unsere Forstleute trotzdem ausdrücklich dazu ermuntern, diese Alternativen auszuprobieren und den Herstellern ihre Erfahrungen mitzuteilen. Denn nur so kann ein kontinuierlicher Entwicklungs- und Verbesserungsprozess erfolgen.

Einige forstliche Produkte aus Kunststoffen können auch wiederverwendet werden. Dies gilt vor allem für Wuchshüllen. Hier sollten möglichst haltbare und damit langlebige Produkte verwendet werden. Schon beim Kauf sollte darauf geachtet werden, dass die Verschlusssysteme so konstruiert sind, dass sie eine Wiederverwendung erleichtern. Günstig sind hier auch Formen, die gut zusammengelegt und damit platzsparend transportiert werden können. Kulturen mit Wuchshüllen sollten wie auch Zäune mindestens einmal im Jahr kontrolliert werden.

… und unter der Erde?

Kunststoffe werden im forstlichen Bereich in verschiedener Form auch für Verwendungen im Boden angeboten. Im Gegensatz zum oberirdischen Einsatz besteht hier das Problem, dass die Entfernung aus dem Boden in der Praxis kaum mehr möglich ist. Auch hier wollen wir deshalb die verschiedenen Einsatzbereiche und mögliche Alternativen kurz beleuchten.

In diesem Zusammenhang ist zum einen der Bereich der Ballenpflanzen zu nennen. Hier sind Systeme am Markt, bei denen ein dünnes Netz aus biobasiertem Kunststoff das Kultursubstrat umhüllt. Das Netz ist nach der oben genannten DIN EN 13432 zertifiziert und kann nach der Pflanzung nicht mehr vom Wurzelballen entfernt werden. Aufgrund der ungeklärten Abbaubarkeit im Boden sind solche Pflanzsysteme in Bayern nach dem waldbaulichen Förderprogramm "WaldFöPR" nicht förderfähig.

Ein weiterer Bereich, in denen Kunststoffe zur Verwendung im Waldboden angeboten werden, sind die sogenannten Superabsorber oder Hydrogele. Diese Stoffe, die ähnlich beispielsweise auch in Windeln verwendet werden, sind in der Lage, große Mengen Wasser zu speichern, welches dann in Trockenphasen für die Pflanze verfügbar sein soll. Sie werden als Pulver, Granulat oder in Pillenform Kultursubstraten beigemischt oder bei der Pflanzung ins Pflanzloch gegeben. Auch als Verdunstungsschutz bei der Wurzelschutztauchung von Forstpflanzen werden diese Superabsorber verwendet. Hydrogele dürfen nach derzeitiger Rechtslage bei Einhaltung der Vorgaben der Düngemittelverordnung als Bodenhilfsstoff auch in Waldböden ausgebracht werden. Nach unserer Kenntnis liegt für diese Stoffe bislang keine Zertifizierung für die biologische Abbaubarkeit unter den Bedingungen in Waldböden vor. Deren Verwendung führt daher in Bayern zum Ausschluss von der Förderung nach WaldFöPR.

Trockenschäden an Forstkulturen können durch Wassermangel im Oberboden infolge fehlender Niederschläge entstehen. Häufiger sind aber als Ursachen vor allem vertrocknete Feinwurzeln, Schimmelbefall oder übermäßiger Wurzelschnitt. Schlechte Pflanzungsqualität, fehlender Verdunstungsschutz beim Transport und zu lange Zwischenlagerung können das Schadensausmaß noch weiter erhöhen. Der weit überwiegende Teil der bayerischen Waldböden hat ein gutes bis sehr gutes natürliches Wasserspeichervermögen. Mangelnde Bodenfeuchtigkeit durch zu geringe Niederschläge kann auch durch den Einsatz von Hydrogelen auf den allermeisten Standorten nicht oder nur kurzfristig ausgeglichen werden. Aufgrund des ungeklärten Abbauverhaltens unter Waldbodenbedingungen empfehlen wir, einen Einsatz im Wald genau zu hinterfragen. Für die Wurzelschutztauchung bereits in der Baumschule empfehlen wir bewährte Präparate auf Basis von Braunalgen (Alginate). Diese Schutzbehandlung sollte standardmäßig Teil jeder Ausschreibung, Pflanzgutbestellung und der Qualitätskontrolle bei Anlieferung sein. Sie ist derzeit in Bayern gemäß WaldFöPR förderfähig.

Zusammenfassung

Kunststoffbasierte Produkte spielen derzeit im prak­tischen Waldbau eine wichtige Rolle. Insgesamt ist das Wissen über den Zerfall von Kunststoffprodukten unter Waldbedingungen noch wenig bekannt. Zerti­fizierungsnormen zum Abbauverhalten unter Wald­bodenbedingungen gibt es derzeit nicht. Forstleute sowie Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sollten daher genau überlegen, ob ihr Einsatz sinnvoll ist oder ob es kunststofffreie Alternativen gibt. Nach Ende des Gebrauchs müssen alle Kunststoffprodukte aus abfallrechtlichen Gründen aus dem Wald gebracht und sachgemäß entsorgt werden.