Auwälder stellen die Forstwirtschaft vor besondere Herausforderungen. Die Anzahl der möglichen Baumarten ist von Natur aus beschränkt, da mit den wiederkehrenden Überflutungen nur bestimmte wenige Baumarten zurechtkommen. Der krankheitsbedingte Ausfall von Eschen und Ulmen schränkt die waldbaulichen Möglichkeiten weiter ein und der Klimawandel verschärft die Situation zusätzlich. Es stellt sich also die Frage: Welche alternativen Baumarten eignen sich im Auwald für eine anpassungsfähige und möglichst naturnahe Waldbewirtschaftung?
Um dieser Frage nachzugehen startete 2018 das vom Waldklimafonds geförderte Verbundpojekt “Auwald im Klimawandel”. Im Zuge dessen sind im Frühjahr 2019 in Bayern und Baden-Württemberg 16 Versuchsflächen in vier Forstbetrieben auf insgesamt 6,1 Hektar angelegt worden. Im Fokus stehen Baumarten, die in der Auwaldbewirtschaftung bislang wenig Beachtung fanden. Konkret geht es um die heimischen Arten Feldahorn (Acer campestre), Schwarzpappel (Populus nigra) und Wildbirne (Pyrus pyraster) sowie die nicht-heimischen Arten Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera) und Hybrid-Platane (Platanus x hispanica). Als Referenzbaumart dient die Stieleiche (Quercus robur). Da die Rastatter Flächen in einem Natura 2000-Gebiet liegen, entfielen dort nicht-heimische Arten. An ihre Stelle traten Winterlinde (Tilia cordata) und die weniger vom Ulmensterben betroffene Flatterulme (Ulmus laevis).
Versuchsaufbau und Standortsbedingungen
Die Versuchsstandorte der bayerischen Forstbetriebe Genderkingen und Kaisheim liegen an der Donau im Bereich der Lechmündung; Rastatt und Bühl im baden-württembergischen Oberrheingraben. In jedem Forstbetrieb wählten die Projektbeteiligten als Ausgangsbestand sowohl Eschen- als auch Hybridpappelbestände aus. Diese Flächen gliedern sich wiederum in einen geräumten Teil (Freifläche) und einen angrenzenden Teil mit einem Altbestand, dessen Überschirmungsgrad auf etwa 0,5 abgesenkt wurde. Jede Teilfläche umfasst die Pflanzung von sechs Baumarten auf quadratischen Parzellen mit einer Kantenlänge von 16 Metern in zwei bis drei Wiederholungen (Abbildung 2). Das Pflanzgut stammt aus autochthonen Beständen im Herkunftsgebiet und wurde in Süddeutschland angezogen.
Überflutungen bei stärkerem Hochwasser und hohe Grundwasserstände prägen die Versuchsstandorte. Sie liegen auf lehmigen bis schluffig-tonigen, mittel- bis tiefgründigen, gut nährstoffversorgten Böden der Hartholzaue. Ausgenommen die Bühler Flächen: Diese liegen in der Kinzig-Murg-Rinne mit ihren aus saurem Schwarzwald-Ausgangsgestein entstandenen Böden. Bei teilweise aktivem Wassereinstau sind die Bühler Flächen häufig und länger anhaltend vernässt, sodass Gley-Böden und anmoorige Verhältnisse diese Versuchsflächen prägen. Das langjährige Mittel der Jahresdurchschnittstemperatur liegt im Bereich der Flächen im Oberrheingraben bei gut 11° C mit Niederschlägen von 880 mm bei Rastatt und 1.020 mm bei Bühl. Die Flächen an der Donau sind bei gut 9,4° C und 700 mm etwas kühler und weniger niederschlagsreich. Betrachtet man die jüngste Vergangenheit (2014-2023) stieg die Temperatur bereits um 0,7° C und der Niederschlag verringerte sich um 80 mm am Rhein und 30 mm an der Donau.
Verlustraten
Die Vollaufnahme erfasste knapp 13.000 lebende Bäume an rund 17.000 Pflanzpositionen. Über alle Baumarten, Teilflächen und Forstbetriebe gemittelt liegt der Ausfall bei 18 %. Die geringsten Verluste zeigen sich bei der Flatterulme (3 %). Es folgen Wildbirne (5 %), Feldahorn (7 %), Stieleiche (9 %) und Hybrid-Platane (15 %). Schwarzpappel und Tulpenbaum liegen mit 29 % bzw. 38 % deutlich darüber. Die nur in Rastatt gepflanzte Winterlinde schneidet mit 83 % Ausfall am schlechtesten ab. Sie ist als Begleitbaumart an der natürlichen Baumartenzusammensetzung der Hartholzaue beteiligt und toleriert dementsprechend kurzzeitige Überflutung. Die ersten beiden Jahre hat sie mit 5 % Ausfall auch sehr gut überstanden. Nach Einschätzung der Revierleiter sind längere Überflutungen die Hauptursache für den hohen Ausfall; die Flächen stehen zum Teil wochenlang unter Wasser. Das passt zum hohen Anbaurisiko bei starker Überflutung. Die Konkurrenz durch Begleitvegetation kann mitverantwortlich sein, zumal das Pflanzsortiment bei Winterlinde mit 50-80 cm Höhe das kleinste unter den Versuchsbaumarten war. Da nur in den ersten beiden Jahren gegen Verbiss geschützt wurde, könnte der Einfluss von Schalenwild ebenfalls eine Rolle spielen. Die Linde zählt zu den Arten, die gerne verbissen und gefegt werden, was auch deutlich auf den Parzellen zu sehen ist.
Regionale Unterschiede in der Mortalität
Die Gesamtmortalität über alle Baumarten ist mit 7 % auf den Kaisheimer Flächen am niedrigsten. Es folgen Genderkingen (14 %), Rastatt (20 %) und Bühl (27 %). Bei der Versuchsanlage kamen grundsätzlich Wuchs- und Netzhüllen zum Einsatz. Nur auf den Rastatter Flächen entschied man sich für chemischen Verbissschutz in Verbindung mit intensiver Bejagung. Im Vergleich zu den Flächen an der Donau ist der Ausfall hier etwa doppelt so hoch. Der Unterschied ist zum Teil durch den besonders hohen Ausfall der Winterlinde zu begründen, aber auch Wildbirne, Eiche und Feldahorn liegen deutlich über den Ausfallraten der Flächen an der Donau. Die nochmals höhere Mortalität in Bühl wird vor allem auf die Standortsbedingungen mit stagnierendem Wassereinfluss zurückgeführt.
Überschirmung und Mortalität
Auf den Versuchsflächen, die im Bereich von Pappelbeständen angelegt wurden, ist die Mortalität über alle Baumarten unter Schirm im Mittel höher als auf den Freiflächen. Dies gilt für die Forstbetriebe Genderkingen, Kaisheim und Bühl. In Rastatt dagegen ist die Mortalität unter Schirm etwas niedriger. Mutmaßlich bedingt durch die hohe Streuung der Messwerte ließ sich ein Effekt der Überschirmung aber nicht statistisch signifikant absichern. Bei den im Bereich der Eschenbestände angelegten Flächen deutete sich ein Überschirmungseffekt noch nicht einmal an. Dies überrascht nicht, da die Ausgangsbestände auch im überschirmten Bereich bereits zu Versuchsbeginn teilweise aufgelöst waren.
Baumhöhen
Spitzenreiter bei den Baumhöhen ist die Schwarzpappel. Am Rhein erreicht sie Oberhöhen (100 stärkste Bäume je Hektar) von knapp 9-10 m, an der Donau über 6 m (Abbildung 4). Der höchste Baum steht mit 13 m auf der Rastatter Eschen-Freifläche. Es folgen Hybrid-Platane mit Oberhöhen von 6,5-8,5 m, Feldahorn (5,7-6,8 m), Flatterulme (5,9 m), Wildbirne (4,4-5,8 m) und Stieleiche (4,0-5,2 m). Die niedrigsten Baumarten, der Tulpenbaum (3,4-5,0 m) und die Winterlinde (2,8 m), sind gleichzeitig diejenigen mit den höchsten Ausfallraten.
Innerhalb der Baumarten schwanken die Messwerte der Höhen stark. Die mittlere Höhe liegt oft in etwa bei der Hälfte der maximalen Höhe. Bei allen Baumarten gibt es kleine Exemplare: Kaisheim (3,9 m), Genderkingen (3,4 m) und Rastatt (3,3 m). Da in Rastatt mit Flatterulme und Winterlinde zum Teil andere Baumarten als auf den übrigen Flächen stehen, lassen sich die Werte jedoch nur eingeschränkt vergleichen. Die Baumhöhen von Schwarzpappel, Hybrid-Platane und Wildbirne fallen am Oberrheingraben im Schnitt höher aus als an der Donau. Die Gründe dafür dürften hauptsächlich im unterschiedlichen Klima mit höheren Temperaturen und einer längeren Vegetationszeit am Rhein liegen.
Wuchsverhalten und Qualität
Der durchschnittliche jährliche Höhenzuwachs ist von der Anwuchs- zur Jungwuchsphase bei Schwarzpappel und Platane sprunghaft von 0,5 auf 1,1 m/Jahr bzw. von 0,3 auf 0,9 m/Jahr (Median) angestiegen. Die zuwachsstärksten Schwarzpappel-Parzellen erreichen Mittelwerte um 2 m/Jahr. Bei den anderen Baumarten ist zwar ein geringerer, aber trotzdem deutlich erkennbarer Anstieg von rund 0,3 m/Jahr auf rund 0,5 m/Jahr zu beobachten.
Die Bestände befinden sich in der Qualifizierungsphase, sodass keine abschließende Einwertung der Wuchsformen möglich ist. Dennoch lassen sich Unterschiede feststellen. Unter Schirm ist feinastiger Wuchs häufiger als auf den Freiflächen. Schwarzpappel, Platane, Tulpenbaum und Eiche wachsen meist wipfelschäftig. Zwiesel sind häufig bei Feldahorn und Wildbirne, teilweise auch bei Flatterulme zu beobachten. Die markantesten Unterschiede treten bei der Wildbirne auf. Während sie auf den meisten Teilflächen zu Verbuschung neigt, stehen bei Rastatt auf der Eschen-Schirmfläche besonders wipfelschäftige und kräftige, hoch aufgeschossene Exemplare. Die Winterlinde neigt ebenfalls, bedingt durch hohe Ausfallzahlen und Verbiss, zu Verbuschung. Gelegentlich ist zu beobachten, dass insbesondere Birne und Platane einen Meter schief und darüber wieder senkrecht wachsen. Diese Pflanzen sind wahrscheinlich samt Wuchs- oder Netzhülle bei Überflutung umgeknickt worden. Dichtschluss und einsetzende Astreinigung sind bei der Platane mit Abstand am weitesten vorangeschritten.
Bereits fünf Jahre nach Pflanzung, also im Alter von sechs bis sieben Jahren, blühen einige Bäumchen oder tragen bereits Samen. Am häufigsten war dies bei Feldahorn, gefolgt von Hybrid-Platane und Wildbirne, seltener auch bei Flatterulme zu beobachten.
Biotische und abiotische Schäden
Die Schwarzpappel ist auf den Flächen an der Donau stark vom Dothichiza-Rindenbrand der Pappel (Cryptodiaporthe populea) betroffen. An rund drei Vierteln der Bäume sind krebsartige Rindennekrosen an Stamm und Zweigen erkennbar. Trockenstress, vor allem im Spätwinter und Frühjahr, begünstigt die Pilzerkrankung. Die Klimadaten zeigen sowohl eine allgemeine Abnahme des Frühjahrsniederschlags als auch geringere Niederschläge auf den Flächen an der Donau gegenüber denen im Oberrheingraben. Das massive Auftreten auf den Genderkinger und Kaisheimer Flächen legt daher einen Zusammenhang der Erkrankung mit der hohen Mortalität und dem gehemmten Wachstum nahe. Auch auf der Bühler Pappelfläche konnte der Dothichiza-Rindenbrand nachgewiesen werden, hier tritt er jedoch nur vereinzelt auf.
Einzelne Feldahorn-Parzellen sind bei Genderkingen sehr stark durch Fraß von Erd- oder Feldmaus betroffen. Die Schadstellen sind häufig stammumfassend und bis zu 20 cm hoch. Vernarbte Stellen weisen auf mehrjährigen Fraß hin, häufig ist der Stammteil oberhalb des abgenagten Bereichs deutlich dicker als darunter. Die am stärksten betroffene Parzelle bleibt mit einer mittleren Höhe von 3,4 m einen halben Meter hinter dem Mittelwert zurück. Im Nachgang zum Juni-Hochwasser 2024 ist die Mortalität bei Feldahorn auf der betroffenen Teilfläche von 7 % auf 48 % gestiegen.
In Genderkingen ist beim Tulpenbaum Chlorose beobachtet worden. Der pH-Wert liegt im Oberboden bei 8,1. Der Wert für pflanzenverfügbares Calcium ist ebenfalls sehr hoch. Eisen- und Manganmangel können bei diesen Bedingungen insbesondere bei Trockenheit auftreten.
Beurteilung der Ergebnisse
Auf den Standorten der Hartholzaue in Genderkingen, Kaisheim und Rastatt haben alle Baumarten bis auf Tulpenbaum und Schwarzpappel die extremen Dürrejahre 2019 und 2020 im Anwuchs recht gut überstanden. Die Kaisheimer Flächen wurden allerdings im April 2019 vorsorglich gewässert.
Beim Vergleich der Versuchsbaumarten fällt auf, dass es kaum eine Alternative gibt, die durchgehend gleich gut oder besser abschneidet als die Referenzbaumart Stieleiche (vgl. Abbildung 6). Lediglich die Flatterulme schneidet aktuell hinsichtlich der Ausfälle beim Anwuchs und beim Jungwuchs sowie der Höhenentwicklung besser ab – wurde aber auch nur an einem Versuchsort angebaut. Ein Vergleich mit den anderen Versuchsorten ist also nicht möglich und der Befall mit dem Ulmensterben in Zukunft nicht ausgeschlossen. Hybrid-Platane, Feldahorn und Wildbirne schneiden ebenfalls gut ab. Gerade die Platane zeigt sich vorwüchsig mit vorangeschrittenem Dichtschluss und einsetzender Astreinigung. Allerdings droht der Ausfall durch den Platanenkrebs (Ceratocystis fimbriata platani), wenn sich dieser nördlich der Alpen weiter ausbreitet. Bei Wildbirne und Feldahorn kommen häufiger Zwiesel oder Verbuschung vor, bei Feldahorn stellenweise auch Mäusefraß.
Flatterulme, Hybrid-Platane, Feldahorn und Wildbirne können neben der Stieleiche und vor dem Hintergrund der erst fünfjährigen Standzeit des Versuchs als Mischbaumarten empfohlen werden. Die Schwarzpappel mag als Wirtschaftsbaumart eine untergeordnete Rolle spielen, ist für den Naturschutz jedoch von hoher Bedeutung. Zum einen kommen besonders vielen Insekten, insbesondere Käfer und Schmetterlingsarten, an ihr vor. Zum anderen ist sie durch den Verlust der ursprünglichen Auendynamik in Deutschland bedroht und wird auf der Roten Liste als gefährdete Art geführt. Als Spitzenreiterin im Höhenwachstum kann sie in Auen zum Anbau empfohlen werden. Vorsicht sollte allerdings in Regionen gelten, in denen Probleme mit dem Pappelrindenbrand bekannt sind. Der für die Holzverwendung interessante Tulpenbaum kann auf Grund der hohen Mortalität (noch) nicht empfohlen werden. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die noch lebenden Exemplare entwickeln. Vor allem in Kaisheim stehen kräftige Exemplare guter Qualität. Da die Winterlinde ausschließlich in Rastatt gepflanzt wurde, fehlt ein Vergleich mit anderen Versuchsstandorten. Die hohe Ausfallrate lässt jedoch auf Probleme mit dieser Baumart schließen.
Drei Jahre nach Abschluss des Verbundprojekts “Auwald im Klimawandel” kann festgehalten werden, dass die Anlage der Versuchsflächen in den vier beteiligten Forstbetrieben sehr erfolgreich war. Auf acht Parzellen sind noch alle gepflanzten Bäume vorhanden, lediglich sechs von insgesamt 240 Parzellen sind von Totalausfall betroffen. Waldbesitzer können mit den hier empfohlenen Baumarten ihr Betriebsrisiko streuen. Diese Baumarten können also eine Alternative für die Auwaldbewirtschaftung darstellen und leisten damit einen Beitrag zur Optimierung der Waldfunktionen Biodiversität, Einkommen und Klimaschutz.
Schneller Überblick
- Das Eschen- und Ulmensterben sowie der Klimawandel stellen die Auwaldbewirtschaftung vor große Herausforderungen.
- Standortsangepasste Baumarten werden knapp, Alternativen sind notwendig.
- Ein 2019 gestarteter Versuch testet die Anbaueignung sechs heimischer sowie zwei nichtheimischer Baumarten
- Zum Zwischenstand fünf Jahre nach Pflanzung können neben der Referenzbaumart Stieleiche auch Flatterulme, Feldahorn, Hybridplatane und Wildbirne - eingeschränkt auch Schwarzpappel zur Beimischung - empfohlen werden.










