In zwei Modellgebieten Baden-Württembergs überprüfen Wissenschaftler im Rahmen eines Forschungsprojektsdie Anbaumöglichkeiten von Energievorwäldern. Als weiterer Baustein bei der Waldbewirtschaftung sollen Energievorwälder das Schwachholzaufkommen mittelfristig erhöhen. Für Forstbetriebe wie auch für Energieholzabnehmer ist das Energievorwaldkonzept noch Neuland.

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Untersuchungsziele

  • Wie können Forstbetriebe und Energieholzabnehmer die Potenziale von Energievorwäldern erfolgreich nutzen?

Daraus ergaben sich folgende Fragen:

  • Wie kann man Forstbetriebe zu Anbau und Nutzung von Energievorwäldern bewegen?
  • Wie können Energieholzabnehmer die potenziellen zusätzlichen Mengen an Biomasse realisieren?

Die Autoren gingen dabei der Hypothese nach, dass kooperative Geschäftsmodelle zwischen Forstbetrieben und Energieholzabnehmern die Potenziale von Energievorwäldern deutlich vergrößern.

Warum können Kooperationen hilfreich sein?

Warum sollte ein Forstbetrieb eine Kooperation eingehen, um Vorwäldern oder vorhandene Pionierbaumarten-Schichten zu pflegen und zu vermarkten?

Warum sollte sich andererseits ein Energieholzabnehmer – sei es ein HKW-Betreiber oder ein Energieholz-Dienstleister – aktiv für Energieholzmengen aus Energievorwald einsetzen und Forstbetrieben Märkte öffnen?

Dazu ein Blick auf die Besonderheiten des Energievorwald-Konzepts (siehe auch Tab. 1):

  • Das Flächenpotenzial für Energievorwald ist begrenzt auf Freiflächen (> 0,4 ha), die bei naturnaher Waldwirtschaft relativ selten planmäßig entstehen. Sturm-, Schnee-, Eis- und Käferschäden führen aber auch dort regelmäßig zu Freiflächen. Planmäßig sind geeignete Freiflächen bei Umbau standortwidriger Bestockung, bei Eichenverjüngung, im Saumschlag mit Fichte oder Douglasie, bei Rekultivierungen und Erstaufforstungen zu erwarten.
  • In 15-20 Jahren werden ca. 50–100 m³/ha Schwachholzsortimente von 12-25 cm erzeugt. Nicht unerhebliche Mengen also, aber auch mit optimal angepasster Erntetechnik sind die Deckungsbeiträge derzeit gering.
Tab. 1: Beispiel für Anlage und Produktionsergebnis eines Energievorwalds: Birken-Vorwald bei Stieleichen-Anbau auf Stagnogley (Hunsrück)*
 VorwaldschichtHauptwirtschaftsschicht
Jahr 1Anlage Vorwald mit Birke: Doppelreihe Birke 3x3 m an/auf Rückegasse (alle 20 m), dazwischen alle 20 m Doppelreihe senkrecht zur Gasse.Anbau ca. 2000 SEi in Trupps vorwiegend in Zwischenfelder mit Distanz zu Birke. Restfläche: Buche und Fichte aus Naturverjüngung.
Jahr 20480 Birken/ha (Annahme 15 % Ausfall); BHD 17 cm; Hm 14,5 m; V/ha 70 m³; Biomasse/ha 50 t atro. Ernte komplett von Rückegasse aus möglich, da Pflanzschema Auszug bei Ernte berücksichtigt.Ca. 1600 SEi/ha; Hm 7-8 m**;

Ca. 500 Bu/ha und ca. 1000 Fi /ha

* Abgeleitet aus Versuchsflächen des Waldbau-Instituts angelegt nach Orkan Wiebke 1991. Anordnung der Vorwald-Bäume in dieser Modellrechnung gegenüber Versuchsanlage geändert und somit leicht veränderte Stammzahl (Unseld 2010). ** Mittelhöhe: 90% der I. Bonität (Ertragstafel Eiche nach Jüttner).

Ein Grundproblem ist also die naturbedingt lange Produktionszeit für Vorwaldprodukte, die eine 15–20-jährige Flächen- und Kapitalbindung beinhaltet. Nur wenige Abnehmer sind bisher bereit, überhaupt so langfristige Verträge zu schließen. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich nicht um Säge- und Wertholz, sondern um "low cost"-Produkte und eine vergleichsweise geringe (aber zusätzliche) Wertschöpfung handelt.

Dennoch ist in jüngster Zeit vielen Energieholzabnehmern klar geworden, dass die vorherrschenden Kurzfristverträge mit Landesforsten oder privaten Eigentümern zu keiner langfristig sicheren Beschaffungssituation führen. Aus vergleichbaren Situationen heraus – speziell bei Kurzumtriebsflächen mit etwas kürzerer Produktionsdauer (3-10 Jahre) – beginnt hier ein Umdenken. Es entstehen mittelfristige Kooperationen mit Vertragslaufzeiten von 15–25 Jahren.

Wenn also verstärkte Mengennachfrage besteht und mit zusätzlichen Investitionen zusätzliches Energieholz produziert werden soll, dann könnte ein kooperatives Geschäftsmodell zwischen Forstbetrieben und Energieholzabnehmern beide Partner erfolgreich zusammenbringen.

Idealerweise sollten diese Geschäftsmodelle dem Erzeuger einen stabilen Absatzmarkt mit vorhersehbarer Preisentwicklung und damit einhergehender Planungssicherheit ermöglichen. Energieholzabnehmer wiederum sollten sich auf eine flexible und sichere Belieferung mit Rohstoffen zu akzeptablen Preisen verlassen können.

Partner und Rollenverteilung bei Anbau/Nutzung von Energievorwäldern

In der Waldenergieholzkette sind vornehmlich tätig:

  • der Forstbetrieb als Produzent,
  • forstliche Dienstleister als Beschaffungspartner der Holzindustrie oder unabhängige Selbstwerbungs- und Handelsunternehmen,
  • Energieholzverwerter (Heiz(kraft)werke, Pelletwerke) oder auch Industrieholzabnehmer.

Alle drei Akteure können unterschiedliche Teile der Prozesskette übernehmen (Abb. 1). Derzeit übernimmt sehr häufig ein forstlicher Dienstleister Ernte, Aufbereitung und Lieferung. Er kann dabei auf eigene Rechnung oder im Auftrag der Forstbetriebe bzw. der Abnehmer agieren.

Welche Formen kooperativer Geschäftsmodelle erscheinen geeignet?

Nachfolgend sollen Bandbreite und Beispiele kooperativer Geschäftsmodelle kurz vorgestellt werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die möglichen Geschäftsmodelle im Folgenden nur auf die Akteure Forstbetriebe und Energieholzabnehmer reduziert. Dass Dienstleister im Auftrag von Forstbetrieben oder Abnehmern dazwischen eine entscheidende Rolle einnehmen, ist unbenommen.

Die möglichen kooperativen Geschäftsmodelle können nach Intensität der Kooperation und Verflechtung zwischen Forstbetrieb und Energieholzabnehmer entlang der Wertschöpfungskette geordnet werden (Abb. 2). Zunehmende Verflechtung bietet dabei auf beiden Seiten zunehmender Sicherheit. Alle betrachteten kooperativen Geschäftsmodelle sind natürlich auch für andere Sortimente denkbar und nicht per se auf Energievorwald beschränkt. Dies wird auch an den Beispielen bereits existierender Kooperationen deutlich.

Beispiel kooperativer Geschäftsmodelle

Im Originalartikel werden drei Beispiele für kooperative Geschäftsmodelle (Pacht, technische und finanzielle Kooperation und Beteiligungsmodell) näher vorgestellt. Hier wird exemplarisch nur die technische und finanzielle Kooperation diskutiert, die sich als die am ehesten realistische Variante herausgestellt hat. Die dabei genannten Beispiele aus der Praxis lassen sich mit geringen Anpassungen auch auf Anbau und Nutzung von Energievorwäldern übertragen.

Modell 2: Technische und finanzielle Kooperation

Der Verflechtungsgrad zwischen den Geschäftspartnern innerhalb dieses Geschäftsmodells ist mittel bis hoch. Der Forstbetrieb ist für die komplette Flächenbewirtschaftung selbst verantwortlich, jedoch wird er bei der Anlage vom Geschäftspartner finanziell unterstützt. Dies kann beispielsweise durch die Bereitstellung von Pflanzgut oder über die Finanzierung der Ernte geschehen. Der Energieholzabnehmer kann genaue Vorgaben für die Bewirtschaftung machen (Umtriebszeit, Baumartenwahl, Sortimentierung usw.).

Verantwortung des Forstbetriebs

Bereitstellung der notwendigen Ausrüstung für Anlage, Pflege und Ernte. Durchführung dieser Arbeiten teilweise gegen Vergütung. Teile dieser Arbeiten können aber auch durch den Energieholzabnehmer/Unternehmer erfolgen; dann evtl. Qualitätskontrolle des Folgebestands mit dem Forstbetrieb. Abgabe des geernteten Materials an den Industrie- oder Geschäftspartner zu unter dem Marktpreis liegender Vergütung (Abb. 5)

Verantwortung des Energieholzabnehmers

Der Energieholzabnehmer trägt einen Teil oder sämtliche Kosten für Pflanzung, Pflanzmaterial, Ernte und Transport. Die Übernahme oder Vermarktung der geernteten Biomasse ist vertraglich geregelt. Je nach Vertrag trägt der Energieholzabnehmer das Betriebsrisiko ganz oder teilweise.

Besonders geeignet für:

Mittelgroße Forstbetriebe (20–200 ha) sowie Forstbetriebsgemeinschaften mit forstlichen Kenntnissen und Ausrüstung für Pflanzung, Pflege, evtl. Ernte oder FBG als Partner für Rahmenverträge.

Beispiele für Modell 2: Technische und finanzielle Kooperation Energievorwald

Im Waldbereich:

– In den Tropen als Vertragsanbau ("Outgrower schemes") z. B. von Eucalyptus oder Kautschuk

Bei Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen Flächen bieten u. a. die folgenden Firmen dieses Modell kooperierenden Landwirten an:

– Ny Vraa, Tylstrup Dänemark

– GESA gGmbH, Wuppertal

– Wald 21

– UPM Stracel & Cosylval, Elsass, Frankreich

– Projet Gazenbois Tournai, Belgien

In der Landwirtschaft: Gebräuchliches und weit verbreitetes Modell des Vertragsanbaus.

Initiierung von Pilot-Kooperationen

In den beiden Modellgebieten war die Initiierung von Fallstudien für Kooperationen von Forstbetrieben mit Energieholzabnehmern geplant sowie die Begleitung der Implementierung. Diese Pilot-Kooperationen bestehen im Kern aus je einem größeren Energieholzabnehmer. Diese können einen Markt für die neuen Produkte aus Energievorwäldern für Forstbetriebe anbieten bei klarer Definition der Produkte und Preise. Konkret konnten in den Modellgebieten die EnBW Klenk Holzenergie GmbH in Oberrot (Modellgebiet Nord) und die Fernwärme Ulm GmbH in Ulm (Modellregion Süd) als Pilot-Energieholzabnehmer gewonnen werden.

In beiden Pilotgebieten fand 2010/2011 eine Befragung von Forstbetrieben statt. Die Umfrage hob auf folgende Themen ab:

  • Einstellung und Meinung der Forstbetriebe zum Waldbausystem "Energievorwald", zu seinen Chancen und Risiken.
  • Angaben zum Flächenpotenzial in den Modellgebieten.
  • Ansichten zum Effekt von kooperativen Geschäftsmodellen.

Parallel dazu wurden Betreiber von Biomasse-Energieerzeugungsanlagen befragt. Hier ging es:

  • um die Beurteilung des zusätzlichen Rohstoffs aus Energievorwäldern,
  • die Möglichkeiten kooperativer Geschäftsmodelle aus Sicht der Energieholzabnehmer.

Erwartete Ergebnisse der Umfrage in Bezug auf kooperative Geschäftsmodelle waren belastbare Aussagen beider Seiten:

  • Ob die Arbeitshypothese zur Unterstützungswirkung kooperativer Geschäftsmodelle Zustimmung findet,
  • welche Ansprüche Geschäftsmodelle erfüllen müssen, um für beide Seiten akzeptabel zu sein und
  • welche Punkte Waldbesitzern und Energieholzabnehmern jeweils besonders wichtig sind.

Die Auswertung wird Teil einer weiteren Veröffentlichung sein. Im Kern lässt sich sagen, dass die Notwendigkeit kooperativer Geschäftsmodelle unterschiedlich gesehen wird. Die Vorstellungen der Waldbesitzer und die Vorstellungen der Abnehmer gehen auseinander:

  • Etwa die Hälfte der 31 antwortenden Waldbesitzer war an kooperativen Geschäftsmodellen interessiert, davon fast alle an Formen der technischen Kooperation (Bereitstellung optimaler Erntetechnik, daneben auch Pflanzmaterial, Pflanztechnik). Die Vorteile langfristiger Abnahmeverträge sah dagegen nur eine Minderheit (25 %). An Verpachtung des Energievorwalds oder institutioneller Verflechtung gab es kaum oder kein Interesse.
  • Von den Abnehmern sahen etwas mehr, nämlich zwei Drittel, die Vorteile kooperativer Geschäftsmodelle. Sie verstanden darunter aber fast ausschließlich langfristige Abnahmeverträge. Lediglich je einer der 13 antwortenden Abnehmer konnte sich auch eine technische Kooperation oder institutionelle Verflechtung vorstellen.

Mit Hilfe der Befragung wird derzeit an einem Vorschlag für ein Geschäftsmodell der Pilot-Partner (Energieholzabnehmer und regional kooperierende Forstbetriebe) gearbeitet. Eine exemplarische Umsetzung wird angestrebt.

Demonstrationsflächen

Abb. 4: Versuchs- und Demonstrationsflächen für Energievorwald im Staatswald Biberach. Hybridpappelsetzstangen (links) und Erlen (rechts), hier an und auf den Rückgassen

Im Umfeld der Pilot-Energieholzabnehmer beider Modellgebiete wurden Versuchs- und Demonstrationsflächen als Forschungs- und Anschauungsobjekt für die Diskussion angelegt. Dies sind Flächen im Landkreis Schwäbisch Hall (Käferflächen) und im Staatswald Biberach (Umbauflächen von Fichte zu Stieleiche, Abb. 4). Alle Flächen wurden im Frühjahr 2010 angelegt.