Der Brotbaum der deutschen Forstwirtschaft steht unter enormem Klimastress. Großflächige Schadereignisse wie Stürme, extreme Trockenheit oder Borkenkäferkalamitäten führen europa- und deutschlandweit zum Absterben ganzer Fichtenbestände.

Die prognostizierten Klimaänderungen und die ökologischen Eigenschaften der Fichte schließen sie in weiten Teilen Deutschlands als führende Baumart aus. Da nicht von einer genetischen Anpassung der Fichte an die neuen Verhältnisse ausgegangen werden kann, besteht daher breiter Konsens darüber, dass es zur Minderung der klimabedingten Produktionsrisiken der Etablierung artenreicher, vitaler und stabiler Bestände und angepasster Pflegekonzepte bedarf.

Angepasste Behandlung von Fichtenbeständen

Um eine effiziente und effektive waldbauliche Behandlung der jeweiligen Fichtenbestände zu ermöglichen, bedarf es zunächst der Analyse des Ausgangszustandes und des ökologischen wie auch waldbaulichen Entwicklungspotenzials. Im Besonderen ist dabei das Widerstandspotential des Bestandes gegenüber klimawandeltypischen Mortalitätsrisiken und der langfristigen, standörtlichen Eignung von Bedeutung, um entsprechende waldbauliche Behandlungsmöglichkeiten abzuleiten. So ist z. B. der Umbau von Beständen mit einem zügigen Baumartenwechsel durch künstliche Verjüngung oder auch durch schrittweise Veränderung der Baumartenanteile durch Voranbau, Naturverjüngung und Mischungsregulierung meist nur in älteren Beständen auf Störungsflächen bzw. in der Jungwuchsphase möglich und sinnvoll (Abb. 2).

Erhöhung der Strukturvielfalt

Bei gleichaltrigen Fichtenreinbeständen mit einer aufkommenden oder bereits ausgeprägten Fichtennaturverjüngung mit einer hohen Exposition gegenüber Sturm oder Borkenkäferbefall ist die waldbauliche Möglichkeit zur Etablierung einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung bereits deutlich eingeschränkt. In diesen Fällen ist das vorrangige Ziel durch waldbauliche Maßnahmen eine Verbesserung der horizontalen wie auch vertikalen Struktur des Bestandes herbeizuführen. Eine Möglichkeit für die Entwicklung strukturreicher und ungleichaltriger Bestände stellen dabei lange Verjüngungszeiträume dar. Die so entstehenden dauerwaldartigen Strukturen können zu einer Reduktion der Exposition gegenüber Schadereignissen führen. Grund dafür ist, dass je nach Störung nur bestimmte Größenklassen betroffen sind. So nimmt z. B. das Windwurfrisiko mit der Baumhöhe zu.

Reduktion der Umtriebszeit

Eine weitere Möglichkeit zur Minderung der Produktionsrisiken in Fichtenbeständen liegt in der Verkürzung der Umtriebszeit (Abb. 3). Dies kann einerseits durch die Definition geringerer Zieldurchmesser erfolgen und andererseits durch Wuchsbeschleunigung, die durch eine veränderte Bestandesbehandlung erreicht wird. Eine Kombination von angepassten, geringeren Zieldurchmessern und einer zügigen Dimensionierung der Bestände bietet sich an, je nachdem wie alt bzw. wie stark der einzelne Bestand schon ist und welche Prognose die Fichtenbestände in der Region haben. Durch die Verkürzung der Umtriebszeit sinkt der Anteil besonders gefährdeter (alter) Bäume und führt so zu einer Verringerung des Risikos einer Störung. Hinzu kommt, dass durch kürzere Umtriebszeiten auch die Einbringung weiterer Baumarten in kürzerer Zeit ermöglicht wird, was im Hinblick auf die Dynamik des Klimawandels einen nicht zu verachtenden Vorteil darstellt.

Verbesserung der Störungsresistenz

Neben der Erhöhung der Strukturvielfalt, der Verkürzung der Umtriebsszeit und der Erhöhung der Baumartenvielfalt ist auch die Verbesserung der Störungsresistenz von Einzelbäumen ein geeignetes Mittel zur Verringerung klimabedingter Risiken. Die Verbesserung der Störungsresistenz einzelner Bäume führt nicht nur zur Vergrößerung der Überlebenswahrscheinlichkeit während und nach einer Störung, sondern führt auch zu einer Erhöhung der Resistenz des ganzen Bestandes.

Eine Möglichkeit, um die Störungsresistenz einzelner Bäume zu verbessern, ist durch starke Eingriffe in jungen Beständen und im Folgenden eine regelmäßige und konsequente Durchforstung. Das Ziel, das damit verfolgt wird, ist die Ausbildung großer Kronen (Ziel: grüne Krone 30% -50 % der Baumlänge) in Verbindung mit einem raschen Durchmesserwachstum, dem frühen Erreichen des technischen Produktionsziels (sog. Zieldurchmesser) bei gleichzeitig geringerer Baumhöhe. Durch die kürzeren, dickeren und somit stabileren Bäume kann so auch Windwurfgefahr erheblich reduziert werden (Abb. 4).

Literatur

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