Auf den langfristigen Versuchsflächen werden Ausfälle einzelbaumweise erfasst. Auf dieser Datengrundlage werden die Ausfälle in Baden-Württemberg in den zurückliegenden vier Jahrzehnten für Douglasie, Fichte, Tanne und Buche bilanziert. Obwohl in diesen Zeitraum mehrere säkulare Sturmschäden und gravierende Borkenkäfer-Kalamitäten fielen, lag die jährliche Ausfallquote von 0,8 % im Mittel aller vier Baumarten deutlich unter der Quote der planmäßigen Entnahmen (2,2 %). Dabei traten allerdings in Bezug auf Baumarten, Ursachen und Perioden zum Teil deutliche Unterschiede auf.

Analysen der in Forstbetrieben verbuchten „Zufälligen Nutzungen“ (ZN) können Indizien zur Dynamik von Schadgeschehen liefern, aber nicht die „echte“ Mortalität abbilden. Regelmäßig wird auch der vorsorgliche Einschlag stark beeinträchtigter, noch lebender Bäume einbezogen. Die stark pauschalierende Verbuchungssystematik sowie fehlende bestandspezifische Bezugswerte reduzieren die Eignung dieser Daten für genauere Analysen gehörig.

Mortalität: Erfassen von Ausfällen

Besser geeignet scheinen Daten aus turnusmäßigen Wiederholungsaufnahmen [1] auf langfristigen Versuchsflächen. Hierbei werden auch die ausgefallenen Bäume der zurückliegenden Periode erfasst und die Ursache – soweit sicher möglich – differenzial­diagnostisch dokumentiert.

Trotz scheinbar großer Ähnlichkeit mit der in Forstbetrieben üblichen ZN-Verbuchung bestehen tatsächlich erhebliche Unterschiede:

  • Streng einzelbaumweise Erfassung auf Versuchsflächen
  • Einstufung der Bäume nur dann als „ausgefallen“, wenn sie zum Aufnahmezeitpunkt tatsächlich abgestorben bzw. verschwunden sind. Leben solche Bäume noch, verbleiben sie im Grundsatz im Bestand.
  • Entnahme beeinträchtigter Bäume im Rahmen des Behandlungsprogramms (z. B. als Z-Baum-Bedränger) wird als „planmäßig“ verbucht, d. h. nicht als Ausfall (Mortalität) eingestuft.
  • Aus jeder Aufnahme sind die aktuellen quantitativen Kennwerte des Bestandes exakt bekannt und liefern damit eine genaue bestandspezifische Bezugsbasis.

Die hier dargestellten Bilanzierungen beruhen auf dieser Grundlage und bilden das Aus­maß „echter“ Mortalität sicher ab. Ausgewertet wurden Douglasie, Fichte, Tanne und Buche. Die umfangreichen Messdaten der individuell markierten Bäume der Versuchs­be­stände seit 1981 bilden die Datengrundlage. Eine Zusammenfassung nach Dekaden bis 2020 (Tabelle) dient der Bilanzierung. Die datenbankverfügbaren Aufnahmen aus den Jahren 2021 und 2022 mit Stand Januar 2023 sind ebenfalls dargestellt, umfassen aber nur Bruchteile einer Dekade.

Die Ausfälle wurden grundflächenbezogen ausgewertet unter Verwendung der für das jeweilige zurückliegende Aufnahmeintervall gemittelten jährlichen Ausfallprozente:

jährliches Ausfall-% = GAusfälle / GGesamtbestand / JahreLängeIntervall

 

Ausfälle im Überblick

In den Betrachtungszeitraum seit 1981 fielen mehrere säkulare Sturmschadens-Ereignisse (z. B. Vivian, Wiebke und Lothar). Zudem ereigneten sich wiederholt gravierende Bor­ken­käfer-Kalamitäten. Trotzdem lag die für den gesamten Zeitraum und alle 4 Baumarten gemittelte jährliche Ausfallquote in Höhe von 0,8 % deutlich unter der Quote der plan­mä­ßigen Entnahmen (2,2 %). Prinzipiell traf dies bei allen 4 Baum­arten zu, allerdings mit deutlich baumartenspezifischen Unterschieden im Verhältnis der beiden Quoten (Tabelle).

Die niedrigsten Ausfallquoten zeigten die Aufnahmen aus der Dekade 1981-90, die höchsten die aus der Dekade 2001-10 (Abb. 2a). Mengenmäßig die höchsten Ausfälle entstanden bei allen 4 Baumarten durch Sturm. Allerdings waren davon die Nadelbäume viel stärker betroffen als Buche (Abb. 2b). Die stärksten Schwankungen zwischen den Dekaden zeigten die Ausfälle infolge Sturm und Insekten (Abb. 2a).

Abb. 2: Mittlere jährliche Ausfallquoten auf Versuchsflächen mit Douglasie, Fichte, Tanne oder Buche in Baden-Württemberg seit 1981.

Ausfälle durch Sturm

In der forstlichen Praxis nicht selten kontrovers diskutiert sind die auf den Versuchsflächen zwischen den Baumarten klar ausgeprägten Intensitätsunterschiede der Ausfälle durch Sturm. Erstaunlich mag dabei besonders die zeitliche Entwicklung der Relation der sturmbedingten Ausfälle zwischen den Douglasien- bzw. Tannen-Versuchen im Vergleich zu den Fichten-Versuchen wirken (Abb. 2b und Abb. 3a).

Douglasie

Ausfälle bei Douglasie lagen in der ersten analysierten Dekade (1980er Jahre) noch deutlich unter denen bei Fichte. Danach wurden die Aus­fälle deutlich intensiver und übertrafen bei den beiden von säkularen Orkanen geprägten Aufnahmen in den Dekaden 1991-2000 (Vivian/ Wiebke; Spätwinter 1990) und 2001-2010 (Lothar; Dezember 1999) klar die Ausfallquoten bei den Fichten-Versuchen. Da Douglasie in der Praxis oft als relativ sturmstabile Nadelbaumart gilt, erscheint dieser Befund auf den ersten Blick etwas befremdlich. Tatsächlich ist er aber plausibel erklärbar. So wird Douglasie in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet keineswegs als ausgesprochen sturmstabil charakterisiert [2, 3]. Bei der Interpretation der Befunde ist auch unbedingt die (Höhen-) Entwick­lungs­dynamik des Kollektivs der Douglasien-Versuche zu berücksichtigen.

Wie in empirischen Beobachtungen angedeutet [4], zeigen auch auf breitester Datenbasis erstellte, methodisch unterschiedliche Sturmschadens­analysen [5-8] deutlich, dass die Baumhöhe neben Baumart und standörtlichen Wurzelhemmnissen eine zentrale Rolle für das Risiko eines Sturmschadens spielen. Generell steigt mit zunehmender Höhe der Bäume das Risiko überproportional an. Zwischen Baumarten bestehen Unterschiede im absoluten Niveau des Risikos. So kann bei sonst identischen Voraussetzung (wie z. B. gleicher Baumhöhe) folgende Risikoreihung gelten: Fichte > Tanne > Kiefer > Buche [5, 6].

Die mit steigender Baumhöhe verbundene überproportionale Zunahme des Risikos trifft aber prinzipiell bei allen (untersuchten) Baumarten zu – auch bei Douglasie. Dies gilt es beim Interpretieren der beobachteten Ausfalldynamik bei Douglasien-Versuchen unbedingt zu berücksichtigen.

Das Kollektiv der beobachteten Douglasien-Versuche hat nämlich im Lauf der Zeit deutlich an Höhe zugelegt. In der zweiten Dekade (1991-2000) waren die Douglasien-Versuche im Mittel etwa auf das Höhenniveau des Kollektivs der Fichten-Versuche herangewachsen. In der Folgedekade (2001-2010) übertrafen sie diese dann deutlich (Abb. 2b). Die Orkane Vivian/Wiebke waren also auf Douglasien-Versuche getroffen, die ähnlich hoch waren wie die Fichten-Versuche. Ein Jahrzehnt später traf der „Jahrhundertorkan“ Lothar auf Douglasien-Versuche, die deutlich höher waren als das Kollektiv der Fichten-Versuche. Deutlich höherer Ausfälle bei Douglasie als bei Fichte (Abb. 2a) waren die nicht ganz überraschende Folge.

Trotz Berücksichtigung dieser Unterschiede im Höhenspektrum der Versuchsflächen lässt sich die Douglasie nicht als besonders sturmstabile Baumart einstufen. Auch bei methodisch gebührender Berücksichtigung der unterschiedlichen Höhen der Versuchsflächen bleibt der Befund, dass das Sturmschadensrisiko der Douglasien bei diesen säkularen Orkanen (höhenbereinigt) nicht geringer ausfiel als bei der stark sturmschadengefärdeten Fichte [9]. Auch die Analyse der Hiebsnachweisungen im Stadtwald Freiburg, in dem Fichte und Douglasie stark vertreten sind, ergab keinen Hinweis auf geringere sturmschadensbedingte verbuchte zufällige Nutzungen bei Douglasie als bei Fichte. [10].
Angesichts dessen sind die in der Dekade 2011-2020 für Douglasien-Versuche im Vergleich zu Fichte dokumentierten relativ geringen Ausfallquoten durch Sturm bemerkenswert. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass es in dieser Dekade in Baden-Württemberg keine säkularen Orkane mit dem Format von „Vivian/Wiebke“ oder „Lothar“ gab.

  • Es bedarf weiterer Untersuchungen, um festzustellen, inwiefern dies als Hinweis gewertet werden könnte, dass die Sturmschadensgefährdung bei Douglasie besonders bei extremen Orkanen stark ausgeprägt ist.
  • Rückblickend auf die letzten 4 Jahrzehnte legen die Befunde auf den Versuchsflächen jedensfalls eindringlich nahe, die (höhenbezogene) Sturmschadensgefährdung von Douglasie weitgehend wie bei Fichte einzustufen.

Tanne

Auch bei Tanne lassen sich die auf den Versuchsflächen beobachteten Ausfallquoten durch Sturm unter Berücksichtigung des Höheneinflusses besser erklären. Prinzipiell weist die Tanne bei identischer Höhe ein etwas niedrigeres Schadniveau auf als die Fichte [5, 6]. Das Kollektiv der beobachteten Tannen-Versuche wies bei der von „Vivian/Wiebke“ betroffenen Aufnahmedekade (1991-2000) deutlich größere Höhen auf als das der Fichten-Versuche. Das kompensierte offenbar den Baumarten-Effekt. Die mittleren Ausfallquoten auf den Versuchsflächen beider Baumarten bewegten sich in dieser Dekade auf vergleichbar hohem Niveau.

Ausfälle durch andere Ursachen als Sturm

Mit Ausnahme der Dekade in den 1980er Jahren lagen die Ausfälle durch andere Ursachen als Sturm bei Fichte und Douglasie deutlich über denen bei Tanne oder Buche (Abb. 4). Bei Tanne erklärt sich die Abweichung der ersten Dekade vor allem durch in dieser Intensität ungewöhnlich starken Schneebruch. Bei Buche ließe sich dies evtl. daraus erklären, dass in dieser Dekade der in den 1970er Jahren auffällig starke Wolllausbefall zeitverzögert zu Ausfällen führte.

Bei Fichte spielen vor allem Borkenkäfer eine große Rolle (Abb. 2b). Durch Borkenkäfer-Kalamitäten verursachte Ausfälle können sowohl in kausaler Verknüpfung mit Ausfällen durch Sturm (gelegentlich auch Schnee) gesehen werden als auch mit Witterungsverläufen. Das nach Sturmschäden erhöhte Brutraumangebot spielt eine zentrale Rolle als Initialzündung für Borkenkäfer-Kalamitäten. Dieses initiale Befallsrisiko verschärft sich drastisch, wenn heiß-trockene Sommer nachfolgen oder wirksame Gegenmaßnahmen nicht konsequent durchgeführt werden.

Tatsächlich könnten die bei Douglasie – etwas weniger stark auch bei Tanne – in der jüngsten vollständig erfassten Dekade 2011-2020 angestiegenen Ausfallquoten als Hinweis gewertet werden, dass die Witterungsverläufe für Bäume tendenziell ungünstiger werden. Seit den Dürrejahren 2018/19 sind so beispielsweise auch auf den Buchen-Versuchs-flächen zunehmend „unerfreuliche“ Kronenzustände zu sehen. Jedoch war bis zu den Aufnahmen Ende 2022 (noch?) keine gegenüber den anderen Baumarten massiv erhöhte „echte“ Mortalität (vollständiges Absterben) zu beobachten.

Bevor hierzu sichere Aussagen möglich sind, heißt es deshalb für die nächsten Jahre:
Weiter beobachten – oder: Schau’n wir mal!