Seit der Begründung der forstlichen Ertragslehre und Waldwachstumsforschung stehen die Wachstumsvorgänge im Wald im Mittelpunkt. Die Beeinflussung des Wachstums durch Bewirtschaftungsmaßnahmen und deren Prognose bilden die Entscheidungsgrundlage für alle waldbaulichen und forstbetrieblichen Maßnahmen zur Beachtung der Nachhaltigkeit. Der unmittelbare Augenschein der Auswirkungen von gut dokumentierten Behandlungen vor Ort, der durch entsprechend aufbereitete Versuchsergebnisse unterstützt wird, sagt meist mehr als tausend Worte.

Ausgewählte Lehrstücke der Waldwachstumskunde

Das Dauerversuchsprogramm des Instituts für Waldwachstum und Waldbau umfasst derzeit rund 80 Dauerversuchsflächen mit unterschiedlichen Zielsetzungen:

  • Erfassung des Einflusses von unterschiedlichen Begründungs- und Behandlungsvarianten,
  • vergleichende Beobachtung des Wachstums heimischer und ausländischer Baumarten und
  • Versuche zur Abschätzung von Umwelteinflüssen.

Pflanzverband und Holzqualität von Fichte

Am Hauersteig bei Wien wurde im Jahr 1892 ein Pflanzweiteversuch mit vier Pflanzverbänden angelegt und seit 1923 regelmäßig gemessen; 1997 wurde der Bestand genutzt und die Endaufnahme vorgenommen.

Kein anderer ertragskundlich-waldwachstumskundlicher Versuch ist bei Österreichs Forstleuten so bekannt und hatte so großen Einfluss auf die forstliche Praxis und Lehre. Grundlage für diesen Erfolg war das innovative Versuchskonzept von Cieslar, letzten Endes ermöglicht hat ihn aber erst Pollanschütz durch die erste Auswertung im Alter von 84 Jahren. Die vier Verbandsweiten ergaben in etwa gleiche Gesamtwuchsleistungen, der weiteste Pflanzverband war aber den übrigen hinsichtlich der Stabilität und Kosten deutlich überlegen.

Die Sorge um die Holzqualität bei weiteren Pflanzverbänden blieb aber bestehen. Bei der Endnutzung 1997 wurden daher auf allen vier Pflanzverbänden Holzproben geworben und diese einer holztechnologischen Beurteilung unterzogen. Es zeigte sich, dass die Pflanzweite einen geringeren Einfluss auf die Holzqualität der Proben hatte als deren Position im Stammquerschnitt bzw. auf die Entnahmehöhe am Stamm.

Die markante Folgerung „Ein klares Ja zum Weitverband, ein Nein zu hoher Stammzahl“, die Pollanschütz damals der forstlichen Praxis mit auf den Weg gab, trug entscheidend bei zum Umdenken hin zu weiteren Pflanzverbänden und förderte damit die Begründung von stabileren Beständen und kostengünstigeren Aufforstungen.

Wachstum und Qualität von Buchen

In einer Buchendickung am Speichberg im Wienerwald wurde um 1900 ein Versuch zur Untersuchung des Einflusses von unterschiedlichem Durchforstungsbeginn angelegt.

Bis zum Alter 80 im Jahr 1961 entsprach die Grundflächenhaltung weitgehend den Modellvorstellungen der Ertragstafel zwischen einer 4. und 6. dGZ Bonität. 40 Jahre später (2002) wurden jedoch Grundflächen erreicht, die weit über allen Ertragstafelwerten liegen. Dieses ursprünglich gar nicht angezielte Versuchsergebnis zeigt, dass die Modellvorstellungen der Ertragstafel für Buche die tatsächlichen Wuchsleistungen beträchtlich unterschätzen.

Ein weiteres Versuchsergebnis ergab sich beim Lichtungseingriff im Alter 120: Die repräsentativen Entnahmen erbrachten überhaupt keine Furnierqualität und nur 4% B- bzw. 26% C-Qualitäten. Der überwiegende Anteil konnte nur als Industrie- und Brennholz vermarktet werden.

Zweierlei ist aus diesem Versuch ableitbar: Einerseits sind mit dem angewandten Konzept einer (zu) frühen Stammzahlreduktion - trotz der über 60 Jahre hindurch gezielten Behandlung - keine Gewinnerwartungen gerechtfertigt. Andererseits wurde dadurch bewiesen, dass bei der Buche wesentlich höhere Grundflächenhaltungen möglich sind, was bei der Festlegung von Z-Baumzahlen zu bedenken ist.

Z-Baum-orientierte Auslesedurchforstung in Fichte in Ottenstein

Die vom Institut für Waldwachstum und Waldbau veranstalteten Durchforstungsseminare vermitteln theoretische Grundlagen und stützen sich auf ältere Versuche als Anschauungsobjekte in Kombination mit praktischen Auszeigeübungen in speziell vorbereiteten Übungsbeständen (Abbildung 3). Nachdem das optimale Stadium der Auslesedurchforstung in sehr wüchsigen Beständen nur wenige Jahre andauert, waren die Übungsbestände schnell nicht mehr geeignet und wurden in Demonstrationsflächen umgewandelt. Dazu wurden neben einer unbehandelten Nullfläche zwei Behandlungsvarianten vorgenommen: In der einen wurde bei der ersten Auslesedurchforstung der Vorrat um ein Drittel, bei der zweiten um die Hälfte abgesenkt. Diese starken Eingriffe sollen Entscheidungsgrundlagen für eine verkürzte Umtriebszeit zur Risikominimierung in der Fichtenbewirtschaftung liefern. Der Versuch wird in Zukunft durch seine Ergebnisse belegen, inwieweit auf sehr wüchsigen, aber auch risikoanfälligen Standorten durch wenige, aber frühzeitige und starke Eingriffe das Betriebsziel von „starkem Fichtennutzholz“ innerhalb von 60 Jahren erreichbar ist.

Nachhaltigkeitsprinzip auch bei Dauerversuchen

Versuche im Wald müssen langfristig geführt und konsequent betreut werden, nur dann können vor Jahrzehnten angelegte Versuche entscheidende Ergebnisse liefern und als wertvolle Anschauungsobjekte dienen. Für neue Fragestellungen (Klimawandelanpassung, Teilflächenbegründung, Wertholzerziehung, …) und für künftige Generationen ist dem Nachhaltigkeitsprinzip auch in der Anlage von Dauerversuchen genauso Rechnung zu tragen, wie dies in der gesamten Forstwirtschaft beachtet wird.