Lecanosticta-Krankheit der Kiefer erstmals im Wald nachgewiesen

Die Lecanosticta-Krankheit der Kiefer, verursacht durch den Schlauchpilz Mycosphaerella dearnessii = Scirrhia acicola (ungeschlechtliche Form Lecanosticta acicola), wurde 1996 in der niederösterreichischen Stadt Hollenstein an der Ybbs nachgewiesen (Cech 1997). Der Befall betraf zunächst eine Latschenhecke in einem privaten Garten im Stadtzentrum.

Um die Ausbreitung des Quarantäneorganismus laut Richtlinie 2000/29 der EU zu verhindern, wurde als Erstmaßnahme die Hecke gerodet sowie das infektiöse Material entsorgt. In der Folge wurde im Rahmen jährlich wiederholter Kontrolluntersuchungen die Befallssituation der Kiefern im gesamten Stadtgebiet überprüft. Dabei wurde die Krankheit von 1996 bis 2002 an insgesamt 19 Einzelfällen festgestellt (Krehan et al. 2004), in jedem Fall wurden nachfolgend Rodungen veranlasst.

Da sowohl nördlich wie westlich unmittelbar an das Stadtgebiet Wälder mit Weißkiefern (Pinus sylvestris) angrenzen und bereits 1998 ein von Lecanosticta infizierter Baum in einem Garten unmittelbar am Waldrand entdeckt worden war, wurden danach bei jeder Kontrolluntersuchung auch Stichproben von Weißkiefern aus den umgebenden Wäldern gezogen. Die Analysen dieser Proben waren bis zum Jahr 2004 negativ.

Allerdings ergaben sich Hinweise auf ein Auftreten im Wald: Von September 2001 bis Oktober 2002 waren einige Pollenfallen zur Überprüfung der Sporenausbreitung sowohl im Stadtgebiet wie auch im angrenzenden Wald exponiert worden, in denen in der Folge eine sehr geringe Zahl von Konidien von Lecanosticta gefunden wurden (Brandstetter und Cech 2003).

Erstnachweis im Wald

Im August 2008 wurden die umliegenden Waldbestände von Hollenstein erneut überprüft. Dazu wurden auf einer Strecke von 3,5 km 15 Proben von Kiefernzweigen mit lebenden, absterbenden und abgestorbenen Nadeln genommen und am BFW im Labor untersucht. Be­probt wurden Weißkiefern unterschiedlichen Alters (Jugend II bis Altholz) unmittelbar am Waldrand oder im Bestand bis zu 20 m vom Rand entfernt. Entnommen wurden Äste bis in etwa 3 m Höhe. Zusätzlich wurden Zweig- und Nadelproben von einer schon in den vergangenen Jahren mehrfach untersuchten Schwarzkiefer aus einem Garten nahe dem Bestandesrand genommen. Im Bestandesinneren (etwa 20 m vom Rand entfernt) wurde darüber hinaus eine Streuprobe genommen.

Die Untersuchung ergab positive Nachweise von Mycosphaerella dearnessii in zwei Fällen: einerseits an bodennahen Ästen einer etwa zehn Meter hohen Weißkiefer am Bestandesrand und andererseits in der Streuprobe aus dem Bestand. Die Probe der Schwarzkiefer war negativ. Zur Symptomatik der Krankheit bei dem befallenen Baum ist anzumerken: Bislang war das Schüttebild bei den Nachweisen aus dem Stadtgebiet stets deutlich ausgeprägt und makroskopisch gut ansprechbar, weshalb auch die Bevölkerung erfolgreich in die bisherigen Er­hebungen eingebunden werden konnte.

Im aktuellen Fall war das charakteristische Symptom nicht vorhanden: Es war keine deutliche Schütte erkennbar bzw. waren die geringen Nadelverluste zu unspezifisch, um auf einen Lecanosticta-Befall zu schließen. Daher kann bei Befallserhebungen von Mycosphaerella dearnessii im Wald die Auswahl von Probebäumen nicht oder nur teilweise nach Symptomen erfolgen, sondern es sind deutlich mehr "Blindproben" als im urbanen Bereich notwendig.

Gesetzliche Grundlagen für die Bekämpfung

Im Falle des Auftretens eines in der EU-Richtlinie 2000/29/EG aufgelisteten Schadorganismus (Anhang 1 und Anhang 2) in Österreichs Landschaft hat gemäß §40 des Pflanzenschutzgesetzes 1995 der Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch seine autorisierten Organe die EU-Kommission davon in Kenntnis zu setzen. Auch müssen die durchgeführten und geplanten Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung und die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen (Verordnungen) an die EU-Kommission übermittelt werden.

Für die Bekämpfungs- und Ausrottungsmaßnahmen ist jedoch grundsätzlich der Landeshauptmann des jeweiligen Bundeslandes zuständig. Er ist gemäß Pflanzenschutzgesetz auch für die Umsetzung entsprechender Verordnungen und Erlässe verantwortlich. Es ist in Österreich auch üblich, dass Bekämpfungsmaßnahmen gemeinsam mit der AGES (Agentur für Ernährungssicherheit) und - im Falle forstlicher Pflanzen - mit dem BFW (Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft) erarbeitet werden.

Tritt ein Quarantäne-Schadorganismus jedoch im Wald auf oder sind Waldbäume durch die Ausbreitung des Organismus gefährdet, so werden die Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 (Unterabschnitt IV B) wirksam. In diesem Fall beauftragt die Forstbehörde den Waldbesitzer mit entsprechenden Maßnahmen und veranlasst sowohl deren Kontrolle als auch Unter­suchungen über die weitere Ausbreitung. Auch hier ist die Zusammenarbeit mit dem BFW opportun (Bericht über das Auftreten in Forstgärten).

Verteilung und Maßnahmen

Entscheidend ist die Verhinderung einer weiteren Ausbreitung in Wäldern. Dazu ist zunächst eine genaue Feststellung der Verbreitung der Krankheit unumgänglich. Die bisherigen Untersuchungen, sowohl im Stadtbereich wie auch im angrenzenden Wald, haben stets nur Befall an Einzelbäumen ergeben, oft stockten unbefallene Kiefern in unmittelbarer Nähe zu den infizierten. Ähnliche Beobachtungen werden auch aus dem Stadtbereich von Zürich in der Schweiz gemeldet (Engesser 2008, pers. Mitteilung).

Daraus ergibt sich die Chance, die Krankheit nach der genauen Kenntnis der Befallssituation im betroffenen Bestand mittels forsthygienischer Maßnahmen zu­mindest soweit einzudämmen, dass die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Ausbreitung gering wird. Dafür spricht auch der Umstand, dass die Weißkiefer im Gebiet nicht flächig verbreitet ist: Die Entstehung von konzentrierten Befallsherden könnte daher verhindert werden.

Literatur

  • Brandstetter M., Cech T. 2003: Lecanosticta-Kiefernnadelbräune (Mycosphaerella dearnessii Barr) in Niederösterreich. Centralblatt für das gesamte Forstwesen, Wien, 120(3/4): 163-175.
    Cech, T. L. 1997: "Brown spot disease" in Österreich – Beginn einer Epidemie? Forstschutz Aktuell, Wien, (19/20): 17.
    Engesser, R. 2008: pers.Mitteilung.
    Krehan, H., Hoyer, U., Cech, T. L. 2004: Eingewanderte und ein­geschleppte Schadorganismen. Forstschutz Aktuell, Wien, (31): 6-12.