Mit den neuen Verordnungen, die ab Mitte Dezember 2019 gelten, sollen Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse und Holz strenger reguliert und kontrolliert werden. Wird ein Quarantäne-Schadorganismus im Wald oder in Waldesnähe nachgewiesen, müssen radikale Ausrottungsmaßnahmen gesetzt werden.

Warum muss der Pflanzenschutzbereich überhaupt rechtlich neugeordnet werden? Die wichtigsten Gründe sind:

  • Der globale Handel (Verpackungsholz als Risikoware) und der Fernreiseverkehr (Transport von Pflanzen im Handgepäck) nehmen zu.
  • Im Zuge des Klimawandels können sich invasive Arten leichter etablieren.
  • Das Einvernehmen wird mit der Internationalen Pflanzenschutzkonvention IPPC und der Welthandelsorganisation (WTO) hergestellt.
  • Bisherige Defizite im Vollzug von Kontrollen und Maßnahmen werden beseitigt (nur wenige eingeschleppte Schadorganismen konnten erfolgreich bekämpft oder eingedämmt werden).

Die neue EU-Pflanzengesundheits-Verordnung (PGH-VO) regelt gemeinsam mit der Kontroll-VO und den zahlreichen, zu spezifischen Themen noch zu erlassenden Durchführungsrechtsakten und delegierten Rechtsakten das zukünftige Pflanzengesundheitssystem der Europäischen Union.

Neuregelung gilt ab MitteDezember 2019

Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten ab 14. Dezember 2019 und müssen bis dahin national umgesetzt sein. In Österreich ist bereits ein neues Pflanzenschutzgesetz in Begutachtung, damit es noch im Jahr 2018 in Kraft treten und spätestens ab Dezember 2019 umgesetzt werden kann.

Die neue PGH-VO verfolgt vor allem präventive Ziele in Bezug auf die Einschleppung oder Ausbreitung von Pflanzenschädlingen in der EU: Um schwerwiegende Verluste in der Land- und Forstwirtschaft hintanzuhalten, müssen Ressourcen vermehrt in frühen Stadien eingesetzt werden (Europäische Kommission 2016).

Neu-Kategorisierung vonSchadorganismen

Anders als derzeit sind zukünftig alle Schadorganismen gemeinsam in der neuen PGH-VO gelistet, folgende Hauptkategorien werden unterschieden:

1. Unionsquarantäneschädlinge

Schädlinge, die in der EU entweder offiziell noch nicht auftreten bzw. lokal begrenzt vorkommen und amtlich überwacht werden. Strenge Maßnahmen zur Verhinderung der Einschleppung und weiteren Ausbreitung dieser Schadorganismen sind notwendig, das oberste Ziel ist die umgehende Ausrottung.

Prioritäre Schadorganismen sind Unionsquarantäneschädlinge, mit denen ein besonders großes wirtschaftliches, ökologisches bzw. soziales Gefährdungspotenzial einhergeht und für die daher intensivierte Maßnahmen im Sinne von Monitoring, Notfallplänen, Simulationsübungen und Aktionsplänen für ihre Tilgung vorgesehen sind.

Sinn dieser Ausweisung der gefährlichsten Schadorganismen ist es, Ressourcen zum Schutz der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und der Umwelt möglichst effektiv einzusetzen, auch die EU-Kofinanzierung soll erhöht werden.


Nach eingehender Beratung mit Expertinnen und Experten der Mitgliedsstaaten, der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) und der gemeinsamen Forschungsstelle der EU JRC (Joint Research Centre) werden die prioritären Schädlinge bis Ende 2019 mittels eines delegierten Rechtsaktes festgeschrieben.

Als gelistete Forstschadorganismen sind beispielsweise zu erwarten:

  • Asiatischer Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis, ALB) und Chinesischer Laubholzbockkäfer (A. chinensis, CLB)
  • Kiefernsplintholznematode (Bursaphelenchus xylophilus) samt Vektor (Monochamus spp.)
  • sowie der Eschen- und Birkenprachtkäfer (Agrilus planipennis und A. anxius).
 
2. Schutzgebiet-Quarantäneschädlinge

Schädlinge, die bereits in großen Teilen der EU vorkommen. Es gibt jedoch einige abgegrenzte Gebiete ("Schutzgebiete"), die aufgrund von intensivem Monitoring als frei von diesen Schädlingen gelten. Spezielle Maßnahmen (wie z.B. Verbringungsverbote oder -beschränkungen, Monitoring, etc.) sollen das Auftreten solcher Schädlinge in Schutzgebieten verhindern bzw. bei bereits erfolgtem Auftreten die Ausrottung gewährleisten.

3. Geregelte Nicht-Quarantäneschädlinge (= Qualitätsschädlinge)

Schädlinge, die in der EU weitverbreitet sind. Für eine Vielzahl von landwirtschaftlichen Kulturpflanzen, aber auch Forst- und Obstpflanzen sollen eine hohe Ausgangsqualität und der ökonomische Wert sichergestellt werden, weshalb vermarktetes Pflanzenvermehrungsmaterial garantiert frei oder fast frei von diesen Schädlingen sein sollte (Europäische Kommission 2016).

Strenges Importregime

Die neuen Verordnungen sehen vor, dass Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse und Holz, welche ein großes Risiko für die Einschleppung gefährlicher Schadorganismen darstellen, strenger reguliert sowie auch strenger kontrolliert werden. (Abbildung rechts: ALB-Spürhunde im Einsatz bei einer Ladung von Granitsteinen).

Bei der Importkontrolle ist der präventive Ansatz noch stärker als bisher ausgeprägt: Als Reaktion auf den zunehmend globalisierten Handel und die zahlreichen Einschleppungen neuer exotischer Schädlinge (z.B. Asiatischer Laubholzbockkäfer) werden künftig bei der Einfuhr aus Drittländern noch strengere Maßstäbe angelegt - bis hin zu befristeten Einfuhrverboten.

Durch die Einbeziehung des Pflanzengesundheitsbereiches in den Geltungsbereich der Kontroll-VO treffen nun auch hier die gleichen strengen Anforderungen an Kontrollen wie in der gesamten Lebensmittelkette zu.

Eine weitere Neuerung ist, dass die EU-Kommission innerhalb von zwei Jahren sogenannte "Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse mit hohem Risiko" festlegen muss. Betroffene Waren können nicht importiert werden, solange keine genaue Risikobewertung für sie vorliegt, die bestimmt, ob solche Importe zugelassen werden können, und wenn ja, welche Bedingungen daran geknüpft sind (Europäische Kommission 2016).

Das gilt auch für den Fall, dass in einem Mitgliedsstaat ein neu eingeschleppter, gefährlicher Schadorganismus aufgefunden und offiziell gemeldet wird, der noch nicht als Quarantäneschadorganismus gelistet ist. Auf Basis von wissenschaftlichen Risikoanalysen entscheidet dann die Kommission, ob der Schadorganismus oder die Risikoware EU-weit geregelt wird.

Pflichten der Waldbesitzerinnen und der registrierten Unternehmer

Es gibt eine Reihe verpflichtender Vorschriften, die zur Überwachung und Bekämpfung von besonders schädlichen, sogenannten prioritären Schadorganismen von den zuständigen Behörden, aber auch von den betroffenen Unternehmern und Grundeigentümern zu treffen sind. Die zuständigen Behörden registrieren betroffene Unternehmer, die zur Meldung von in ihrem Zuständigkeitsbereich auftretenden Quarantäneschadorganismen verpflichtet sind.

Im Falle eines nachgewiesenen Auftretens eines Quarantäneschadorganismus im Wald oder in Waldesnähe wird ein Gebiet abgegrenzt, das aus einer Befallszone und einer mehrere Kilometer breiten Pufferzone besteht. In diesen abgegrenzten Gebieten sind dann, solange bis der Schädling ausgerottet ist, beispielsweise folgende Maßnahmen durchzuführen oder zu dulden:

  • unverzügliche Schlägerungen und Vernichtung von befallenen Bäumen,
  • präventive Schlägerungen von Wirtsbäumen im Umkreis von 100 bis 500 m von befallenen Bäumen,
  • intensives Monitoring mit meist zerstörerischer Probenahmetechnik,
  • Verbot des Verbringens von unbehandeltem Holz oder Wirtspflanzen

neu sind des Weiteren Vorschriften zu umfassenden Schulungs- und Informationsmaßnahmen auf allen Ebenen. Dies wird insgesamt einen großen Aufwand für die Pflanzenschutzdienste, aber auch für Unternehmen bedeuten.

Vor gefährlichen Schädlingen wird in Zukunft auch auf Flughäfen und Bahnhöfen, in Reisebüros und an zahlreichen Verkehrsknotenpunkten mittels Warntafeln, Videospots oder Infobroschüren gewarnt. Public Awareness (öffentliches Bewusstsein) zählt zu den Schwerpunkten der neuen Pflanzengesundheitsstrategie der EU.

Literatur

  • Europäische Kommission 2016: MEMO/16/4310 - DE; Neue Pflanzengesundheitsverordnung: Strenge Vorschriften für einen besseren Schutz vor Pflanzenschädlingen, Brüssel, 13. Dezember 2016. Pressemeldung