Biologische Merkmale

Die Art stammt aus dem westlichen und mittleren Himalaya. Dort besiedelt das Bunte Springkraut (Impatiens edgeworthii Hook. f.) in Höhenlagen von 1.800 bis 3.000 m bevorzugt beschattete Bachufer und Ruderalplätze. Unter guten Bedingungen kann das Bunte Springkraut Massenbestände bilden. 

Die elliptisch bis elliptisch-ovalen Blätter des Bunten Springkrauts sind lang gestielt, zugespitzt und kerbig gezähnt. Die kahle und stark verzweigte Pflanze aus der Familie der Springkrautgewächse (Balsaminaceae) erreicht eine Höhe von etwa 1,5 m, in Ausnahmefällen sogar bis zu 2 m. Das einjährige Bunte Springkraut wird damit etwas höher als das ebenfalls neophytische Kleine Springkraut (Impatiens parviflora) und als das einheimische Große Springkraut (Impatiens noli-tangere). Es erreicht aber nicht ganz die Höhen des Drüsigen Springkrauts (Impatiens glandulifera), das als besonders konkurrenzstarker Neophyt im Wald gefürchtet ist. 

Bunte Blüten

Wie der deutsche Name bereits verrät, ist die Blütenfarbe in Mitteleuropa im Gegensatz zur ursprünglichen Heimat sehr variabel. Die Blütenfarbe der Pflanzen einer Population variiert zwischen rein gelb, hellgelb, gelblich-bläulich, blasslila, weiß und violett-bläulich (Abb. 1). Das Bunte Springkraut blüht recht spät, erst zwischen Juli und Oktober erscheinen die mit Sporn 2,5 bis 3 cm langen Blüten. Sie hängen an dünnen aufrechten Blütenstielen, die oft zu mehreren zusammenstehen und annähernd endständig angeordnet sind. Die hübschen Blüten werden gerne von Hummeln und Honigbienen besucht. Nach der Blüte erscheinen die etwa 3 cm langen Kapselfrüchte mit den länglichen, längsrunzligen Samen. In seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet werden verschiedene Pflanzenteile des Bunten Springkrauts zu Heilzwecken genutzt, etwa als Mittel gegen Brandverletzungen, Harnwegsinfektionen oder Lungenentzündung.

 

Sammelart

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben intensiv diskutiert, ob sich im Hinblick auf die vorkommenden Blütenfarben die mitteleuropäischen Populationen im Verhältnis zu den Vorkommen im Himalaya konkret abgrenzen lassen. Nach aktuellem Wissensstand ist Impatiens edgeworthii als Sammelart zu werten. Unter dieser Bezeichnung fasst man nahverwandte, aber schwer unterscheidbare Arten zusammen. Nicht immer ist die von den Systematikern angestrebte Unterteilung der Pflanzen und der Tiere in klar voneinander unterscheidbare Arten eindeutig möglich. So können sich die Formen im Laufe der Artbildung verschieden ausgestalten, aber auch durch Hybridisierung bedingt sein.

Der Weg zu uns

Das Bunte Springkraut ist wahrscheinlich erstmalig 1983 in Form von Samen, die im Botanischen Garten Berlin-Dahlem ausgesät wurden, nach Deutschland gekommen. Seit dem Jahr 2001 sind Bestände auch außerhalb botanischer Gärten bekannt. Vor allem in der Umgebung von Leipzig hat sich das Bunte Springkraut bereits großflächig in Waldgebieten angesiedelt. Ein Vorkommen in einem Waldpark bei Essen in Nordrhein-Westfalen lässt sich ebenfalls bis in die frühen 2000er-Jahre zurückverfolgen. Neben den ersten Vorkommen in Berlin, Sachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen gibt es inzwischen auch Populationen in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern. 

Im Südosten der Tschechischen Republik sowie bei Prag wurde die Art erstmals in den Jahren 2020 und 2021 nachgewiesen. Für die Niederlande gibt es seit 2017 einzelne und seit 2022 vermehrte Nachweise. Da das Bunte Springkraut häufig Dominanzbestände bildet, wird die Art in Deutschland als potenziell invasiv eingestuft, zumal es sich voraussichtlich weiter ausbreiten wird. Inzwischen kann es als sicher gelten, dass sich die Art vorwiegend durch Fahrzeuge ausbreitet.  Vor allem sind es Forstmaschinen für Wegebau und Holzrückung sowie Holztransport-LKW, die oft deutschlandweit oder auch darüber hinaus eingesetzt werden und an deren Reifen mit Samen vermischte Erde anhaftet. Dementsprechend finden sich Vorkommen des Bunten Springkrauts vor allem an Straßen oder Forststraßen, häufig in direkter Nähe zu Holzlagerplätzen (Abb. 5) oder am Rand von Parkplätzen.

Ausbreitung im hessischen Reinhardswald

Im hessischen Reinhardswald wurde die Art erstmals 2016 gefunden und breitet sich seitdem dort weiter aus. Da bei einer systematischen Suche im Jahr 2018 schon 15 teilweise räumlich weit auseinanderliegende Bestände gefunden wurden, muss das Bunte Springkraut aber schon seit längerer Zeit im Reinhardswald vorhanden gewesen sein. Vor Ort besiedelt die Art bevorzugt mehr oder weniger feuchte Waldsäume sowie im Spätsommer austrocknende wegbegleitende Gräben. Dies entspricht der auch aus dem Himalaya bekannten Vorliebe der Art für gestörte Plätze. Die Art geht – zumindest bislang – nur wenig und wenn, dann entlang von Rückegassen in den angrenzenden Wald hinein. 

Im Reinhardswald weisen die meisten Bestände bereits beträchtliche Ausmaße auf, die größten umfassen sicherlich mindestens 1000 Individuen und erstrecken sich über 20 m bis zu 70 m entlang des Wegrandes. Dabei unterdrückt das Springkraut das Aufkommen anderer Arten. So zeigte sich dort bei Untersuchungen, dass im Zentrum der größeren Bestände so gut wie keine anderen Arten neben dem Bunten Springkraut wuchsen. Nur in den Randbereichen kommen auch andere Pflanzenarten vor, darunter das einheimische Große Springkraut (Impatiens noli-tangere) und die beiden Neophyten Drüsiges (Impatiens glandulifera) und Kleines Springkraut (Impatiens parviflora). Weitere Beobachtungen im thüringischen Leinawald ergaben, dass in halbschattig-feuchten Bereichen das etablierte Kleine Springkraut durch das Bunte Springkraut verdrängt wird, das Große Springkraut auf seinen Optimalstandorten jedoch nicht. 

Neue Funde in Niedersachsen

Das Bunte Springkraut ist erstmalig 2021 in Niedersachsen nachgewiesen worden. Der erste Fundort liegt im Bramwald, einem Waldgebiet in Süd-Niedersachsen (Abb. 5). Ein weiteres Vorkommen wurde im September 2022 etwa 3,5 km südwestlich der ersten Fundstelle ebenfalls im Bramwald entdeckt. Dort wächst die Pflanze entlang eines Rückeweges, der seinen Ausgang an einem Holzlagerplatz nimmt, der sich unmittelbar an einer Landesstraße  befindet (Abb. 6). In beiden Fällen gehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon aus, dass das Bunte Springkraut durch Forstmaschinen eingebracht wurde. Die Standorte entlang der Rückegasse am zweiten Fundort sind wechselfeucht, die Art wächst dort truppweise und bildet bisher keine Dominanzbestände. Im Fundjahr 2022 wuchsen auf besagtem Rückeweg genau 20 Pflanzen relativ dicht beieinander, eine einzelne weitere Pflanze konnte einige Meter entfernt inmitten der Vegetation am Waldsaum entdeckt werden. Im Herbst 2023 wurden auf dem ansonsten unbewachsenen Rückeweg bereits 275 Pflanzen gezählt (mit bis zu 35-40 Individuen pro m² im dichtesten Bereich). Am Waldsaum, wo im Vorjahr die einzelne Pflanze wuchs, wurden 2023 etwa zehn Individuen gefunden.

 

In den Jahren 2021-2024 suchten die Forscherinnen und Forscher im Bramwald allerdings vergeblich an Holzlagerplätzen und Wegrändern nach weiteren Vorkommen des Bunten Springkrauts. Dies lässt darauf schließen, dass sich die Art dort noch am Anfang einer möglichen weiteren Ausbreitung befindet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit, wie ein Belegfoto auf der Naturbeobachtungsplattform observation.org zeigt, kommt das Bunte Springkraut mittlerweile auch im südniedersächsischen Solling vor. An der Universität Kassel werden (Stand 2024) populationsgenetische Untersuchungen am Bunten Springkraut durchgeführt, bei denen auch die Populationen aus dem Bramwald berücksichtigt werden. Für eine abschließende Beurteilung, ob das Bunte Springkraut als neue invasive Art heimische Arten auf Dauer gefährdet, ist es nach dem derzeitigen Wissensstand (2024) noch zu früh.