Untersuchung über die Auswirkungen dichter Springkraut-Bestände auf die Waldverjüngung
Seit einigen Jahren gilt: Sobald sich Indisches Springkraut und andere Neophyten im Sommer wieder aufdringlich ins Blickfeld drängeln, rücken sie auch wieder vermehrt in den Fokus der öffentlichen Berichterstattung. Um die Auswirkungen dieses bereits vor über 150 Jahren nach Europa verbrachten Neophyten auf die Waldverjüngung genauer beschreiben zu können, hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) bereits im Jahr 2005 einen 60 Parzellen umfassenden Versuch angelegt.
Da die einschlägigen Medien bei diesem Thema in den vergangenen Jahren aus unserer Sicht nicht immer ganz ausgewogen berichtet haben, wollen wir an dieser Stelle nochmals darauf eingehen, das Indische Springkraut vorstellen und sein vermehrtes Auftreten aus Sicht von Wald und Forstwirtschaft beleuchten.
Indisches Springkraut, seit einem Jahrzehnt auf dem Vormarsch
Das Indische oder Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) wurde bereits im Jahr 1839 aus dem westlichen Himalaja als Gartenpflanze nach Europa gebracht. Es war als Zierpflanze sehr beliebt. Auch Imker trugen zu seiner Ausbreitung bei, da sie die Art als Bienenweide anpflanzten.
Die ersten Meldungen aus Bayern stammen von Vollmann (1914) in der "Flora von Bayern". Bereits 1935 wurde es an vielen Fundorten in Oberbayern z. B. Partenkirchen, Oberau, Isartal bei Tölz nachgewiesen. In Kronach war das Drüsige Springkraut bereits Mitte der 60er Jahre an den Ufern der drei dort zusammenfließenden Frankenwaldflüsse Rodach, Kronach und Haßlach verbreitet. Auch im Fichtelgebirge ist das Drüsige Springkraut bereits seit mehreren Jahrzehnten anzutreffen.
Erste Anfragen von Forstämtern bzw. Naturschutzverbänden hinsichtlich einer stärkeren Ausbreitung des Indischen Springkrauts erreichten die LWF in den Jahren 1996 - 1998. Seit dieser Zeit hat sich das Drüsige Springkraut entlang von Gewässern oder Wegrändern verstärkt ausgebreitet. Dabei bevorzugt es feuchte bis nasse, nährstoffreiche Böden in luftfeuchter Lage, wie sie sich vor allem in Auwäldern, in Auengebüschen an Bachufern oder an Wegrändern finden. Vermutlich ist die starke Verbreitung während der letzten Jahre an Waldrändern und in der Nähe landwirtschaftlicher Flächen auf die durch Stickstoffeinträge veränderten Standortsverhältnisse zurückzuführen. In Ortsnähe mag die Ausbreitung des Indischen Springkrauts auch auf die Verwendung dieser imposanten einjährigen Staude als Gartenstaude ("Bauernorchidee" oder "Siedlerstolz") zurückzuführen sein.
Springkraut profitiert von Standortsveränderungen
Das Drüsige Springkraut ist eine einjährige Pflanze und gehört zur Familie der Balsaminengewächse, von denen bei uns nur eine Art, das Rühr-mich-nicht-an (Impatiens nolitangere) heimisch ist. Besonders häufig tritt das Drüsige Springkraut als Lückenfüller in der Auenvegetation auf. Die von Jahr zu Jahr sehr schwankenden Mengenanteile auf diesen Standorten führen häufig zu dem Eindruck, das Drüsige Springkraut würde andere Pflanzen bzw. Pflanzengesellschaften verdrängen. Sukopp /Sukopp (2005) weisen jedoch daraufhin, dass gerade in Flussauen die Wuchsorte der Bestände einjähriger Pflanzen aufgrund der hohen Dynamik von Wasser und Sedimenten von Jahr zu Jahr wechseln, so dass die beteiligten Arten an immer neuen Stellen keimen und vorkommen. Das insgesamt häufiger gewordene Auftreten des Drüsigen Springkrauts ist vielmehr die Kehrseite von Standortsveränderungen wie sie z. B. durch die Eutrophierung vieler Böden verursacht werden. Insofern werden mit Aktionen, mit denen der Ausbreitung des Drüsigen Springkrauts begegnet werden soll, in vielen Fällen Symptome, nicht aber Ursachen bekämpft.
Abb. 2: An zwei Versuchsstandorten untersucht die LWF die Auswirkungen des Indischen Springkrauts auf die Waldverjüngung. Im Bild ein Fichtenkeimling im 2. Jahr unter einem dichten Schirm von Springkraut (Foto: C. Ammer).
Freilandversuch soll Fragen zur Waldverjüngung klären
In der Liste der wirtschaftlich wichtigen Unkräuter taucht das Drüsige Springkraut nicht auf. Es verdrängt andere Arten auch nicht dauerhaft. Inwiefern es auf die Waldverjüngung eine verdämmende Wirkung hat oder deren Ankommen verhindert, ist bislang nicht bekannt.
Die LWF hat hierzu im Jahr 2005 an zwei Versuchsstandorten (Irschenberg und Wasserburg) einen Versuch angelegt, auf dem wir dieser Frage nachgehen. Dazu werden auf zwei vom Drüsigen Springkraut besiedelten Flächen auf insgesamt 60 Versuchsparzellen das Ankommen und Wachstum von natürlich verjüngten Pflanzen sowie die Entwicklung gepflanzter Bäumchen beobachtet. Darüber hinaus untersuchen wir den Einfluss von Bekämpfungsmaßnahmen auf die Waldverjüngung. Ein Drittel der Versuchsparzellen wird nicht behandelt. Auf einem weiteren Drittel wird das Springkraut gemäht, auf dem Rest der Parzellen wird es ausgerissen.
Bereits zu Beginn des Versuches schätzten wir die verdrängende und verdämmende Wirkung des Drüsigen Springkrauts auf die Verjüngung von Waldbäumen aber als wesentlich geringer ein als jene von Goldrute, Riesenbärenklau oder dem Japanischen Staudenknöterich. Der Lichtentzug durch das Drüsige Springkraut ist vermutlich nicht so stark, dass dies zum Ausfall von Verjüngungspflanzen führt. Zudem vermehrt es sich ausschließlich durch Samen und bildet keine Rhizome. Mit den ersten Nachtfrösten im Herbst stirbt die Pflanze ab.
Denkt man an eine Bekämpfung des Indischen Springkrautes, erscheint es daher am wirkungsvollsten die Bildung bzw. Reifung von Samen zu verhindern. Das wäre bei dieser einjährigen Pflanze bereits durch eine Mahd vor der Blüte erreicht. Vor einer im Zweifel aufwändigen Bekämpfung sollte in jedem Fall geprüft worden sein, ob das Drüsige Springkraut im vorliegenden Fall tatsächlich seltene bzw. bedrohte Pflanzen- oder Tierarten verdrängt und/oder ob es wirklich ein Verjüngungshindernis für Waldbäume darstellt.
Ein Herbizideinsatz im Wald gegen das Indische Springkraut sollte aus unserer Sicht im Sinne der guten fachlichen Praxis nicht erfolgen. Mechanische Maßnahmen reichen in aller Regel aus.
Neophyten und Archäophyten in Deutschland
Der Begriff Neophyten umfasst Pflanzenarten, die durch den Menschen in der Neuzeit (seit 1492) zu uns gelangt sind. Hierbei ist zu beachten, dass diese Grenze willkürlich festgelegt wurde.
Während Archäophyten, die sogenannten "Alteinwanderer" (vor 1492 zu uns gelangt) zum Teil auf der Roten Liste bedrohter Arten stehen, werden Neophyten häufig als kritische Arten angesehen.
Neophyten und Archäophyten bilden zusammen die Gruppe der nicht einheimischen Pflanzenartensippen. Ihre Zahl beläuft sich in Deutschland auf 687 Arten. In der "Flora von Deutschland" werden 3.062 Arten geführt, davon gelten 2.375 als einheimisch. Von den nicht einheimischen Arten sind in naturnaher Vegetation derzeit 277 Arten etabliert, darunter rund 30 Arten die spezifisch bekämpft werden.
Am häufigsten finden sich Neophyten in städtischen Ballungsgebieten (z. B. Berlin, Hamburg, Ruhrgebiet) und entlang der großen Fluss- und Stromtäler (z. B. Elbe, Neckar, Main und Rhein). In den Mittelgebirgen, in den Alpen und in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft ist der Anteil an Neophyten dagegen eher gering.