In Anbetracht des Klimawandels und darauf adaptierter Waldbaukonzepte steigt die Bedeutung der Weißtanne (Abies alba L.). Die Tanne ist ein wichtiger Bestandteil zukunftsangepasster stabiler Mischwälder. Im Rahmen des angestrebten Waldumbaus und den Wiederaufforstungen nach Schadereignissen, vor allem auf nassen und schweren Standorten, erhöht sich ihr Flächenanteil zusehens.
Seit einigen Jahren tritt in Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg allerdings wieder verstärkt die Nordmann-Tannentrieblaus Dreyfusia nordmanniana, oft gemeinsam mit Dreyfusia piceae, der Tannenstammlaus auf. Obwohl der Zwischenwirt, die Orientalische Fichte fehlt, ist Dreyfusia nordmanniana seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein gefürchteter Schädling an der Weißtanne in Mitteleuropa. Der Befall tritt nicht nur am Rande des Verbreitungsgebietes, sondern auch im Optimum der Tanne, also im Fichten-Tannen-Buchen-Wald beziehungsweise in den höheren Lagen im Fichten-Tannen-Wald auf.
Der Befall findet in allen Bestandesphasen statt und nicht nur bis zum Erreichen des Dickungsstadiums, wie es früher in der Regel der Fall war. Kunst- oder Naturverjüngungen sind gleichermaßen betroffen. Vor allem lang anhaltender Trockenstress begünstigt die Vermehrung von Triebläusen, aber auch die Einwirkung anderer biotischer und abiotischer Schadereignisse erhöhen die Anfälligkeit der Bestände. Vorzeitige Besonnung erzeugt bei jungen Tannen Lichtstress und fördert die wärmeliebenden Tannentriebläuse. Der Befall kann zu erheblichen Schäden führen, die von Wuchsdeformationen bis zum (flächigen) Absterben der befallenen Individuen reichen kann und stellt so eine ernsthafte Gefahr für die erfolgreiche Verjüngung der Baumart dar.
Abb. 1: Typische Verkrümmungen der Nadeln durch Befall der Tannentrieblaus.
Abb. 2: Überwinterte Tannentriebläuse mit schützender, weißer Wachswolle. Fotos: Bernhard Perny/ BFW
Als vorbeugende Maßnahmen zur Reduktion von Massenvermehrungen werden in der Literatur in erster Linie waldbauliche Maßnahmen genannt. Vorhergehende Schadereignisse sowie betriebswirtschaftliche Entscheidungen können die Durchführung präventiver Maßnahmen allerdings einschränken oder gänzlich verhindern. Die chemische Bekämpfung durch den Einsatz von Insektiziden stellt den Ausnahmefall dar. Dies auch deswegen, weil der Einsatz technisch schwierig ist und diesem in der Regel auch naturschutzfachliche und/oder wasserschutzrechtliche Bedenken/Einschränkungen im Wege stehen.
Ökologische Mittel mit hoher Wirkung
In mehreren Versuchsflächen in den Revieren Loibichl und Mondsee wurden ökologische Pflanzenschutzmittel auf Basis von Schmierseife und Rapsöl erprobt. Beide Mittel sind in Österreich bereits für den Obst-, Gemüse und Zierpflanzenbau zugelassen und finden in der biologischen Landwirtschaft vielfach Anwendung. Für den Bereich Forst gibt es derzeit noch keine Zulassung für diese Präparate. Sie könnten aber eine umweltfreundliche Alternative zum derzeit einzigen zugelassenen klassischen Insektizid sein. Durch ihre Wirkungsweise – Verschließen der Atemöffnungen der Insekten beziehungsweise bei Kaliseife zusätzlich Schädigung der Zellmembrane – wirken sie zum Zeitpunkt der Anwendung als Kontaktinsektizid. Danach sind sie, im Gegensatz zu herkömmlichen Insektiziden, für alle Insekten und damit auch Nützlinge ungefährlich.
Diese Mittel und verwandte Präparate werden bereits seit einigen Jahren vom BFW versuchsweise getestet und zeigen bisher vielversprechende Ergebnisse. Mit den vorliegenden Ergebnissen lässt sich sowohl die Wirksamkeit der Mittel gegen Tannentriebläuse der Gattung Dreyfusia bestätigen als auch die effektive Wirkung der bestandsweisen Anwendung ausreichend nachweisen. Vor allem die geringe Anzahl von Pflanzen, die im Rahmen der Vollaufnahme starken bzw. sehr starken Befall aufwiesen, lässt auf eine ausreichende Benetzung der Pflanzen mit den Mitteln schließen.
Natürliche Bestandsschwankung
Während des Untersuchungszeitraumes war ein Befallsrückgang bei zwei von sechs Kontrollflächen auffallend. Solche „unerwarteten“ Ereignisse begleiten fast alle Tannentriebläuse betreffenden Versuchsanlagen der letzten Jahre und sind auch aus dem benachbarten Bayern bekannt. Immer wieder verbessert sich die Kontrolle im Laufe der Versuchszeit auf ähnliche Werte wie die behandelten Varianten. Die Gründe können dabei mannigfaltig sein. Grundsätzlich geht man davon aus, dass günstige klimatische Bedingungen (Trockenheit, Wärme) beitragen, dass sich Tannentriebläuse rasch vermehren können, das Gegenteil dieser Faktoren sie aber auch rasch wieder zusammenbrechen lassen kann.
Auf manchen Flächen fand man sowohl bei behandelten wie auch unbehandelten Bäumen an den Kontrollzweigen Reste von Läusen, aber keine lebenden Individuen, geschweige denn Eiablagen oder Jungläuse. Im Rahmen der Vollaufnahmen wurden immer wieder an verdächtigen Zweigen Proben genommen und dahingehend untersucht. Am plausibelsten erscheint in diesen Fällen, dass normalerweise selten anzutreffende Nützlinge (Marienkäfer, Florfliegen, Schwebfliegen), diese oftmals gering befallenen Triebe „abgeäst“ haben und so die Lausdichte reduzieren konnten. Sowohl an Kontrollpflanzen als auch behandelten Pflanzen wurden gelegentlich Nützlinge gefunden. Eine genauere Untersuchung dieser „Selbstregulierung“ wäre sicherlich ein interessantes Thema für weitere Forschung.
Der richtige Zeitpunkt entscheidet
Die Wirksamkeit der untersuchten Präparate hängt stark vom Zeitpunkt der Behandlung ab. Optimal ist das zeitige Frühjahr (März bis Mitte April) – vor Beginn der Eiablage – oder im Spätherbst/Anfang Winter (November bis Dezember), wenn die Eiablage abgeschlossen ist und die Läuse in unbeweglichen Stadien überwintern. Andernfalls kann es notwendig sein 10 bis 14 Tage später ein zweites Mal zu behandeln, da die Eier die Behandlung überdauern. Erfolgt die Behandlung zu spät in der Vegetationsperiode bei bereits massenhaften Vorkommen von Triebläusen, kann die Schädigung der Nadeln bereits soweit fortgeschritten sein, dass es trotz Behandlungserfolg zum Absterben der betroffenen Triebe kommt.
Nachdem die Mittel per se nicht giftig sind, sondern über Abkapselung der Läuse wirken, ist es wichtig, dass die Mittel eine gewisse Zeit auf der Pflanze beziehungsweise den Läusen verweilen und diese umhüllen können. Die Mittel sollten daher dann appliziert werden, wenn Bedingungen herrschen, die keine sofortige Verdunstung oder Verdünnung begünstigen: beispielsweise nicht bei (Mittags-) Hitze, austrocknendem Wind oder bei Regen.
Abb. 3 & 4: Eigelege und Mutterlaus der Tannentrieblaus. Foto: Bernhard Perny/ BFW
Digitale Unterstützung: Drohnen im Forstschutz
Ergänzend wurde die Behandlung mittels Agrardrohne erprobt. Erste Spot-Spraying-Versuche mit Leitungswasser sowie die Erstellung von hochauflösenden Orthofotos und 3D-Modellen verliefen erfolgreich. Herausforderungen bestehen noch in der automatisierten Tannendetektion und der Integration in die Systeme der Drohnenhersteller. Dennoch zeigen sich die großen Vorteile einer Behandlung mit Agrardrohnen:
- Ressourcenschonende und gezielte Einzelbaumbehandlung (Spot-Spraying) in Mischbeständen
- Behandlung von großen Beständen mit schlechter Erschließung (etwa auf ehemaligen Windwurfflächen)
- Behandlung trotz schlechter Befahrbarkeit des Bodens (Schnee, Nässe, Geländeneigung)
Fazit & Ausblick
Das Projekt zeigt: Ökologische Pflanzenschutzmittel sind eine wirksame und naturschonende Alternative zur chemischen Bekämpfung von Tannentriebläusen. Entscheidend für den Erfolg ist die richtige Technik – und vor allem der richtige Zeitpunkt der Anwendung. Die Ergebnisse liefern wichtige Anhaltspunkte für eine praxisnahe und nachhaltige Schädlingsbekämpfung im Forst und geben wertvolle Impulse für die Digitalisierung des forstlichen Pflanzenschutzes. Im nächsten Schritt ist der Kontakt mit den Herstellern zu suchen und in Kooperation eine Zulassungserweiterung für die untersuchten Pflanzenschutzmittel anzustreben, um deren Einsatz im Forst und im Besonderen über Sprühdrohnen künftig zu ermöglichen und weiterzuentwickeln.







